VBS und nicht EDV — Kleine Abkürzungskunde der Schweizer Exekutive
Februar 22nd, 2006Wir können unseren Augen kaum trauen, aber die Blogwiese wurde beim Internet-Suchdienst MSN Schweiz zur absoluten Top-Informationsquelle für das Thema „Schweizer Militär“ erkoren:
Hier ist der Beweis.
Wie kommen wir zu dieser Ehre? Nun, durch immerhin fünf hoch brisante Artikel zum Thema „Militär in der Schweiz“ höchst wahrscheinlich. Andere Schweizer Webseiten, auch von ganz hochoffizieller Stelle, können da nicht mithalten. So finden wir erst an dritter Stelle die vom
„Amt für Militär und Zivilschutz“
http://www.amz.zh.ch
dann folgen Aufgebotsdaten und schliesslich das
VBS Eidgenössisches Departement für Verteidigung …
Homepage des Eidg. Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Informationen über die Schweizer Armee.
http://www.vbs.admin.ch
Um die Wahrheit zu sagen, so ganz geläufig war uns die Abkürzung „VBS“ bisher noch nicht. Wir dachten da immer mehr an Microsofts „Visual Basic Scripting“ Sprache VBScript. Aber wie wir bei Wiki erfuhren, tragen auch die „Verkehrsbetriebe Speyer“ (das liegt am Rhein in Deutschland) und „vernetzte Biosysteme“ diese schöne Abkürzung.
Uns ist vor allem die Kombination und Reihenfolge der Zuständigkeit in diesem Amt aufgefallen:
1. Verteidigung (Nicht im Fussball, sondern des Landes, nehmen wir an)
2. Bevölkerungsschutz (Bunkerbau, rechtzeitiges Ankaufen von Jod-Tabletten, genügend festes Schuhwerk für den Bunkeraufenthalt etc., vgl. Blogwiese)
3. Sport
Oups, wie ordnen wir den Sport da jetzt richtig ein? Wie kann ein Department zugleich für die Soldaten, den Bunkerbau und die Sportplätze zuständig sein? Sind die jährlichen Wiederholungsübungen der Schweizer Miliz-Soldaten als sportliche Trainingseinheiten zu verstehen? Kann man beim Bunkerbau seine Ausdauer und Kraft erhöhen? Oder wollte schlichtweg niemand anders die Ehrenplätze bei den Natzi-Spielen einnehmen müssen, als der Bundesrat für die Landesverteidigung? Zumal das, wie beim Spiel in Istanbul, ja auch nicht immer ganz ungefährlich ist ohne militärischer Profi-Ausbildung.
In Deutschland macht das der Bundesinnenminister. Es gibt kein eigenes „Sportministerium“ mehr, das gehört zum Innenministerium. Der Innenminister muss mit seinen Polizisten sowieso den ganzen Spielverlauf absichern und trägt bei Ausschreitungen die Verantwortung, also darf er zum Ausgleich auch neben Beckenbauer auf der Tribüne hocken.
Dennoch grübeln wir über den geheimen Sinn dieses Schweizer Departements. Kleiner Frankreichkunde-Exkurs vorne weg: Denken sie bei „Departements“ in der Schweiz auf keinen Fall an diese Dinger in Frankreich, die das einst zentralistisch regierte Land in kleine Herrschaftsbereiche zerstückeln, stets nach einem Fluss benannt und mit einer Nummer versehen (vgl. Wiki).
Die Départements wurden ebenso wie die Gemeinden 1789/1790 im Laufe der Französischen Revolution eingeführt. Durch ein Gesetz vom 22. Dezember 1789 traten sie an die Stelle der historischen Provinzen, die sich in Rechtsstatus und Größe stark voneinander unterschieden hatten. (…) Als Größe wurde dabei festgelegt, dass die Grenze von der Hauptstadt des Départements nicht weiter als einen Tagesritt zu Pferd entfernt sein dürfe.
Ist doch genial: Die Reichweite eines Pferdes als geographische Grössenordnung!
Das VBS Eidgenössische Departement für Verteidigung liesse sich übrigens auch hübsch als „EDV“ abkürzen. Es hat als einziges Departement in der Abkürzung kein E enthalten. Ob es uns damit etwas Besonderes sagen möchte?
Für was steht EVD, UVEK, EDI, EDA, EJPD und EFD? Das wissen Sie nicht? Wie lange leben Sie denn schon in der Schweiz? Zugegeben, bisher kannten wir auch nur das EDA, weil wir nicht genug bekommen können von
Madame Micheline Calmy-Rey, besonders wenn Sie im Schweizer Fernsehen auf Hochdeutsch Interviews gibt. Faszinierend! Immerhin haben wir sie noch nie Schwiizerdütsch reden hören. Sie wird in Charme und Anmut bei Interviews nur noch übertroffen von der derzeitigen Schönheitskönigin Lauriane Gilliéron (vgl. Blogwiese) . Vielleicht gibt es irgendwann mal eine DVD zu kaufen, mit allen TV-Interviews der beiden Damen drauf?
Aber jetzt flugs die Augen aufgesperrt und auswendig gelernt:
(Quelle: Wiki)
Haben Sie mitgezählt? Die Schweiz hat nur sieben Exekutiv-Departments, sind ja auch nur 7 Bundesräte in der Regierung. Kleiner Schwenk in das Kabinett von Angela Merkel in Berlin. Hier finden wir immer noch 14 Ministerien, wenn auch schon manches zusammengelegt wurde, und einen Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes (das immer noch nicht „Bundeskanzlerinamt“ wurde):
Arbeit und Soziales
Auswärtiges
Inneres
Justiz
Finanzen
Wirtschaft und Technologie
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Verteidigung
Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Gesundheit
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bildung und Forschung
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes
Was schliessen wir daraus: Ein grosses Land braucht viele Minister, ein kleines Land kommt mit weniger aus, die Dank „Konkordanz“-Postulat und Zauberformel zusammenhalten, was das Zeug hält und keine Kanzlerin mit „Richtlinienkompetenz“ benötigen.