VBS und nicht EDV — Kleine Abkürzungskunde der Schweizer Exekutive
Wir können unseren Augen kaum trauen, aber die Blogwiese wurde beim Internet-Suchdienst MSN Schweiz zur absoluten Top-Informationsquelle für das Thema „Schweizer Militär“ erkoren:
Hier ist der Beweis.
Wie kommen wir zu dieser Ehre? Nun, durch immerhin fünf hoch brisante Artikel zum Thema „Militär in der Schweiz“ höchst wahrscheinlich. Andere Schweizer Webseiten, auch von ganz hochoffizieller Stelle, können da nicht mithalten. So finden wir erst an dritter Stelle die vom
„Amt für Militär und Zivilschutz“
http://www.amz.zh.ch
dann folgen Aufgebotsdaten und schliesslich das
VBS Eidgenössisches Departement für Verteidigung …
Homepage des Eidg. Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Informationen über die Schweizer Armee.
http://www.vbs.admin.ch
Um die Wahrheit zu sagen, so ganz geläufig war uns die Abkürzung „VBS“ bisher noch nicht. Wir dachten da immer mehr an Microsofts „Visual Basic Scripting“ Sprache VBScript. Aber wie wir bei Wiki erfuhren, tragen auch die „Verkehrsbetriebe Speyer“ (das liegt am Rhein in Deutschland) und „vernetzte Biosysteme“ diese schöne Abkürzung.
Uns ist vor allem die Kombination und Reihenfolge der Zuständigkeit in diesem Amt aufgefallen:
1. Verteidigung (Nicht im Fussball, sondern des Landes, nehmen wir an)
2. Bevölkerungsschutz (Bunkerbau, rechtzeitiges Ankaufen von Jod-Tabletten, genügend festes Schuhwerk für den Bunkeraufenthalt etc., vgl. Blogwiese)
3. Sport
Oups, wie ordnen wir den Sport da jetzt richtig ein? Wie kann ein Department zugleich für die Soldaten, den Bunkerbau und die Sportplätze zuständig sein? Sind die jährlichen Wiederholungsübungen der Schweizer Miliz-Soldaten als sportliche Trainingseinheiten zu verstehen? Kann man beim Bunkerbau seine Ausdauer und Kraft erhöhen? Oder wollte schlichtweg niemand anders die Ehrenplätze bei den Natzi-Spielen einnehmen müssen, als der Bundesrat für die Landesverteidigung? Zumal das, wie beim Spiel in Istanbul, ja auch nicht immer ganz ungefährlich ist ohne militärischer Profi-Ausbildung.
In Deutschland macht das der Bundesinnenminister. Es gibt kein eigenes „Sportministerium“ mehr, das gehört zum Innenministerium. Der Innenminister muss mit seinen Polizisten sowieso den ganzen Spielverlauf absichern und trägt bei Ausschreitungen die Verantwortung, also darf er zum Ausgleich auch neben Beckenbauer auf der Tribüne hocken.
Dennoch grübeln wir über den geheimen Sinn dieses Schweizer Departements. Kleiner Frankreichkunde-Exkurs vorne weg: Denken sie bei „Departements“ in der Schweiz auf keinen Fall an diese Dinger in Frankreich, die das einst zentralistisch regierte Land in kleine Herrschaftsbereiche zerstückeln, stets nach einem Fluss benannt und mit einer Nummer versehen (vgl. Wiki).
Die Départements wurden ebenso wie die Gemeinden 1789/1790 im Laufe der Französischen Revolution eingeführt. Durch ein Gesetz vom 22. Dezember 1789 traten sie an die Stelle der historischen Provinzen, die sich in Rechtsstatus und Größe stark voneinander unterschieden hatten. (…) Als Größe wurde dabei festgelegt, dass die Grenze von der Hauptstadt des Départements nicht weiter als einen Tagesritt zu Pferd entfernt sein dürfe.
Ist doch genial: Die Reichweite eines Pferdes als geographische Grössenordnung!
Das VBS Eidgenössische Departement für Verteidigung liesse sich übrigens auch hübsch als „EDV“ abkürzen. Es hat als einziges Departement in der Abkürzung kein E enthalten. Ob es uns damit etwas Besonderes sagen möchte?
Für was steht EVD, UVEK, EDI, EDA, EJPD und EFD? Das wissen Sie nicht? Wie lange leben Sie denn schon in der Schweiz? Zugegeben, bisher kannten wir auch nur das EDA, weil wir nicht genug bekommen können von
Madame Micheline Calmy-Rey, besonders wenn Sie im Schweizer Fernsehen auf Hochdeutsch Interviews gibt. Faszinierend! Immerhin haben wir sie noch nie Schwiizerdütsch reden hören. Sie wird in Charme und Anmut bei Interviews nur noch übertroffen von der derzeitigen Schönheitskönigin Lauriane Gilliéron (vgl. Blogwiese) . Vielleicht gibt es irgendwann mal eine DVD zu kaufen, mit allen TV-Interviews der beiden Damen drauf?
Aber jetzt flugs die Augen aufgesperrt und auswendig gelernt:
(Quelle: Wiki)
Haben Sie mitgezählt? Die Schweiz hat nur sieben Exekutiv-Departments, sind ja auch nur 7 Bundesräte in der Regierung. Kleiner Schwenk in das Kabinett von Angela Merkel in Berlin. Hier finden wir immer noch 14 Ministerien, wenn auch schon manches zusammengelegt wurde, und einen Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes (das immer noch nicht „Bundeskanzlerinamt“ wurde):
Arbeit und Soziales
Auswärtiges
Inneres
Justiz
Finanzen
Wirtschaft und Technologie
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Verteidigung
Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Gesundheit
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bildung und Forschung
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes
Was schliessen wir daraus: Ein grosses Land braucht viele Minister, ein kleines Land kommt mit weniger aus, die Dank „Konkordanz“-Postulat und Zauberformel zusammenhalten, was das Zeug hält und keine Kanzlerin mit „Richtlinienkompetenz“ benötigen.
Februar 22nd, 2006 at 15:55
> Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Von wem werden die Seniorinnen und Männer betreut? Ist diese Bezeichnung nicht diskriminierend?
Februar 22nd, 2006 at 15:55
Nunja, unsere tausend Minister, Staatsminister usw. scheinen mir einfach der Ausdruck der deutschen Bürokratie und Beamtenmentalität zu sein. Es geht ja nicht, dass Man man nicht sofort logisch herleiten kanne, warum jemand für ein Ressort zuständig ist…
Februar 22nd, 2006 at 18:18
Naja, wieviele Ministerien es gibt, ist auch eine Frage der Regierungsform. Ich mag mich noch an einen NZZ Artikel erinnern in dem von der Regierungsbildung in Israel geschrieben wurde. Die haben dort gegen die 20 Ministerien bzw Minister gehabt. Inkl Minister ohne Portfeuille. Hauptsache jede Partei welche bei der Regierung mit macht, hat ein paar Minister…
Insofern ist es in der Schweiz mit 7 Köpfen gut aufgeteilt. Es ist so auch interessant mal
Umweltminister
Verkehrsminister
Landwirtschaftsminister
etc zu hören und dann zu überlegen welches Deparement nun dafür zuständig ist (ok, sobald der Name des Bundesrates genannt ist, weiss man zu welchem er gehört)
Februar 23rd, 2006 at 13:43
Micheline Calmy-Rey ist eine Verräterin, Sie sollte gefälligst in die EU auswandern und dort den Mann spielen.
Mai 26th, 2006 at 10:38
Gut hat Jens noch nicht die EAV gefunden (Eidg. Alkoholverwaltung und nicht „Erste allgemeine Verunsicherung“.
Juli 5th, 2006 at 13:03
Früher hatte das VBS ein E: es hiess EMD – Eidgenössisches Militärdepartement
August 27th, 2006 at 17:09
Es ist zu bemerken, dass Frau Calmy-Rey bis zu ihrer Wahl in den Bundesrat praktisch kein Deutsch konnte!!
Also Hut ab vor ihrer Leistung, in bemerkenswert kurzer Zeit derart redegewandt Interviews auf Schriftdeutsch zu komplexen Themen geben zu können, vor welchen sogar native german speakers kapitulieren würden!
Februar 9th, 2007 at 22:56
Dass der Sport zur Verteidigung und dem Bevölkerungsschutz gekommen ist, ist ein seltener Fall der Anpassung eines Verantwortungsbereiches an die Stärken und Erfahrungen eines Regierungsmitgliedes.
Adolf Ogi: „Seit 2001 ist er Sonderberater für Sport im Dienste von Entwicklung und Frieden im Auftrag der UNO.“
„Von 1988 bis 1995 stand er dem Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement vor. Nach eigener Aussage liebte er diese Aufgabe. (…) Seine grösste Niederlage war wohl die Annahme der Alpeninitiative am 20. Februar 1994 durch das Volk. Die Initiative forderte den Verlad des Verkehrs auf die Schiene und ein Stopp des Ausbaus von Transitstrassen. Ogi erwies sich nach dieser Abstimmung als schlechter Verlierer. Deshalb forderten immer mehr Leute, vor allem auch das Initiativkomitee, einen Rücktritt Ogis als Verkehrsminister. Am 1. Oktober 1995 musste Ogi durch einen Beschluss des Gesamtbundesrates gegen seinen Willen das nach Ende des Kalten Krieges nur noch wenig prestigeträchtige Militärdepartement übernehmen, welches 1997 zu „Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport“ (VBS) umbenannt wurde.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Ogi
Der Sport war also das Zückerchen für Ogi, weil er von seinen Bundesratskollegen dazu gezwungen wurde, das Departement zu wechseln. Denn Sport war schon immer sein Steckenpferd. Er war Präsident des Skiverbandes und der Olympiakandidatur „Sion 2006“.
Ogi ging – das Departement blieb – Schmid freut’s.
Oktober 13th, 2010 at 16:59
Hmm also bei genauerer Betrachtung wäre ich auch gerne Minister.