Der Tolgen im Reinheft — Sie haben einen Fleck da!
März 4th, 2006Nein, nicht der „Fänger im Roggen“, der ist von J. D. Salinger. Der Tolgen im Reinheft ist eine typische Schweizer Angelegenheit. Niemand kann so richtig klären, woher das Wort „Tolgen“ stammt und was es eigentlich bedeutet. Aber lesen können Sie den Satz häufig.
Beispiel:
Dass sich die Genossenschaften mit den Löhnen der Verkäuferinnen einen Schnitzer erlaubten ist leider ein grossen Tolgen im Reinheft.
(Quelle: symlink.ch )
In der Schreibung mit zwei „g“ als „Tolggen“ finde er sich gar noch häufiger bei Google, nämlich 190 Mal.
Ich wehre mich für Pratteln, das bereits den grössten Ausländeranteil hat und wir brauchen keinen weiteren „Tolgen im Reinheft“.
(Quelle: pratteln.ch)
Es ist ein schwarzer Fleck, von dem hier gesprochen wird, ein „Schandfleck“, eine dunkle Stelle. Das „Reinheft“ ist das Schreibheft, in dem die Schweizer Primarschüler die Schönschrift üben. Mit französischen Schreibschrift-Z zum Beispiel. Ein Tolgen ist ein hässlicher Tintenfleck. Der Ausdruck heisst also soviel wie „einen Schandfleck haben“, oder „einen Fleck auf der weissen Weste haben“.
Kennen wir ja alle noch von Asterix bei den Schweizern: „Sie haben einen Fleck da“. Diese Sprüche aus dem Asterix-Band haben es weit in das kollektive Bewusstsein zum Thema „Schweiz“ gebracht. Dazu gehört die berühmte Fondue-Strafenfolge (1. Der Stock, 2. die Peitsche, 3. Mit einem Gewicht an den Füssen in den See) genauso wo Obelix Antwort, wie er denn die Schweiz fand: „Flach!„.
Als Kind hatte ich in Deutschland alle verfügbaren Asterix-Bände verschlungen und immer darauf gewartet, dass endlich mal „Asterix bei den Germanen“ erscheint. Den Band „Bei den Goten“ hatte ich zwar gelesen, aber absolut nicht verstanden, dass hier auf die Deutschen angespielt wurde (Ost-Goten vs. West-Goten, der Zweite Gotische Krieg etc.). So ist das mit der Selbstwahrnehmung als Deutscher. Einfach nicht vorhanden.