Geheime Bunker und geheime Botschaften — Die Schweiz rüstet ab
Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 14.02.06, unserem Fachblatt für geheime Botschaften:
Das Ende der geheimen Bunker
Bern. – 18 Regierungsratsbunker gibt es in der Schweiz. Sie hätten im Krisenfall sowohl der jeweiligen Kantonsregierung als auch der Armee Schutz bieten sollen.
Und hier gehen unsere Verständnisschwierigkeiten schon los. Dass eine Kantonsregierung sich im Krisenfall in einem Bunker verschanzt, können wir ja noch nachvollziehen, denn schliesslich muss ihre Handlungsfähigkeit gesichert bleiben. Hoffentlich haben die Regierungsmitglieder auch ihr Paar festes Schuhwerk dabei beim Betreten des Schutzraumes, wie es unsere Schutzraumvorschrift im Hausflur vorschreibt (siehe Blogwiese).
Warum sich allerdings die Armee da auch noch in den engen Schutzraum quetschen möchte, im Krisenfall, das ist uns unbegreiflich: Wir dachten, die hocken dann draussen in den getarnten Unterständen und halten ihre Hochpräzisionsgewehre im Anschlag? Oder sind damit beschäftigt, die geheimen Panzersperren in den Strassenlöchern für die geheime Landesverteidigung in Stellung zu bringen? (Vgl. Blogwiese)
Aber Entschuldigung, wir vergassen es zu erwähnen: Die Bunker sind ja geheim!
Und sämtliche Bunker sind noch heute geheim. So wurden bis vor kurzem Journalisten gebüsst, weil sie den ohnehin schon weitherum bekannten Standort eines solchen Bunkers erwähnten.
Da sind wir ja mal erleichtert, dass der Tages-Anzeiger diese Bunker gar nicht erwähnt hat, wäre ja sonst glatt ein Geheimnisverrat. Alle geheimen Informationen stehen im jüngsten Jahresbericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungskommssion (GPK):
Quelle: Tages-Anzeiger 14.02.06
„Dort erfährt man auch, dass der Bund den Grossteil der Baukosten übernommen hat, wobei er die Budgets auf mehrere Rubriken verteilte und in geheimen Botschaften versteckte.“
Dieser Satz wirft erneut Rätsel auf: Wie kann Budget in geheimen Botschaften versteckt werden? Hat die Schweiz neben ihren offiziellen Botschaften im Ausland, vor denen die stolze Rot-Weisse Flagge mit dem Kreuz weht, noch geheime Botschaften, in denen sie Geld verstecken kann? Wozu sollte das gut sein, wo doch die Schweiz das Land der geheimen Nummernkonten ist, in denen sich viel einfach und „erst noch“ im Land Geld verstecken liesse?
Oder sind es kleine Papier-Nachrichten, diese Botschaften, in die das Geld eingerollt wird und dann versteckt? Wir glaubten zu erst an einen Schreibfehler, bis wir das Wort googelten:
Bundesrat verabschiedet Botschaft über Zusatzkredit für Expo.02
(Quelle: admin.ch)
Oder hier:
Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Pensionskasse des Bundes
(Quelle: parlament.ch)
In der Parlamentsprache der Schweiz wimmelt es geradezu von Botschaften:
Botschaften der Regierung an den Grossen Rat
(Quelle: )
Sollte es da einen geheimen Schweizer Sinn geben, den wir noch nicht kannten?
Wir landen einen Volltreffer im Duden:
Bot|schaft, die; -, -en [mhd. bot(e)schaft, ahd. botoscaft:
(…)
b) feierliche amtliche Verlautbarung o. Ä.:
eine Botschaft des Präsidenten verlesen;
In seiner Botschaft. (schweiz.; Bericht u. Stellungnahme der Regierung zu einer bestimmten Vorlage für Parlament od. Volksabstimmung) vom 1. Juni 1981 begründet der Bundesrat die beabsichtigten staatlichen Gestaltungsvorschriften für Radio und Fernsehen (NZZ 30. 8. 83, 15).
Komisch dass die Schweizer hier kein französisches Wort verwenden, so wie „Motion“.
Nach diesem erfolgreich gelernten Stück Schweizer Politiksprache müssen wir daran gehen, unsere eigentliche Botschaft rüberzubringen:
„Ein Teil der Schutzbauten soll entklassifizert werden was eine breitere Nutzung ermöglichen würde.“
Das Wort „entklassifizert“ erinnert uns irgendwie an „entnazifiziert“. Wie muss man sich eine „breitere Nutzung“ von Bunkern vorstellen?
(Motto: „Gemeinsam durch dick und dünn“, wobei ‚dick‘ die Wände sind und ‚dünn‘ die Zudecke im Notbett ist
Kleiner Tipp: In Deutschland hat man 60 Jahre Erfahrung damit, was sich aus alten Bunkern alles so machen lässt. Zum Beispiel Wohnungen in der Altstadt von Gelsenkirchen:
Dies war einmal ein Luftschutzbunker. Die Wände sind 2 Meter dick:
(Quelle: CDU-Gelsenkirchen)
Fehlt nur noch der hübsche Tarnanstrich, den wir von den „falschen Chalets“ kennen. Film über die getarnten Chalets hier:
März 1st, 2006 at 9:39
Das Wort Bunker oder Reduit muss hier etwas behagliches austrahlen, so wie es gute Sitte ist, auch mitten in der Stadt abends die Fensterläden zu schliessen. Das echte Wohlbefinden kommt erst auf, wenn der Kontakt zur Aussenwelt abgeschnitten ist, am besten hermetisch. Da möchte sogar die Armee mit unter den Beton. Wir hatten es uns in der Bundeswehr für den Fall des 3. Weltkriegs immer besser vorgestellt an der frischen Luft zu verglühen als im Bunker zu verschmoren.
März 2nd, 2006 at 9:08
Ach, als Bergvolk haben die Schweizer schon immer in Höhlen gewohnt.
Da es aber aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl nicht mehr genügend natürliche Höhlen gibt, musste die Armee ein bisschen nachhelfen.
Wer seine 14 WKs à 3 Wochen in den Bunkern abgesessen hat, der kommt von diesem tollen Undergound-Feeling einfach nicht mehr los.
März 29th, 2006 at 8:06
Damit die Bunker wirklich geheim blieben und auch keine Fotos nach Links, das ist dort wo Osten ist, waren sie früher beschildert:
„Militärisches Objekt! Fotografieren verboten!“ Da freute sich der böse Feind.
Mai 26th, 2006 at 13:34
Also am meisten haben mir die Müncher imponiert. Die haben aus ihrem Bunker eine Volksternwarte gemacht.