Warten Sie mehr ab, oder warten Sie mehr zu?

April 10th, 2006
  • Das lange Zuwarten
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 01.04.06 einen Artikel über die Entdeckung der Gebeine Mozarts im Grab von Rossini. Eine wunderbare Glosse zum 1. April, sehr gut gemacht, darin der Absatz:

    „Eine Rolle für das lange Zuwarten hat sicherlich auch die Tatsache gespielt, dass einige Musikhistoriker kein besonders grosses Interesse daran haben, unangenehme Wahrheiten über so genannte Idole zu Tage zu fördern“

    Das lange Zuwarten
    Nun fragen wir uns natürlich: Warten Sie auch mehr ab, oder warten Sie mehr zu?
    Wahrscheinlich mehr „zu“, denn das „Abwarten“ ist in der Schweiz eine Tätigkeit, die man eher dem freundlichen Herrn mit Dackel und blauem Kittel überlässt, der es immer nicht abwarten kann und darum „Abwart“ geworden ist, sogar von Berufes wegen.

    Diesen „Abwart“ gibt es in Deutschland seltener, der ist an keinem Ort zu finden, nicht mal am „Abort“. Er wartete nämlich früher eher Blogs Blocks, und wurde daher „Blockwart“ genannt.
    Der Duden kennt sogar den Plural „Abwärte“

    Ab|wart, der; -s, -e, (seltener:) Abwärte (schweiz.): Hausmeister, Hauswart
    (Quelle: duden.de)

    Das Wort „Blockwart“ ist heute in Deutschland nur noch als Schimpfwort für solche Hausmeister verwendbar, die ständig hinter Mietern herspionieren. Ansonsten mutierte der Blockwart in Deutschland zum Hauswart.

    Natürlich findet sich das Wort „zuwarten“ auch in Deutschland. Als Ersatz für „abwarten“ finden wir bei Google-Schweiz 45.400 Einträge.
    So finden wir einen Minister, der es nicht tun will:

    Leuenberger will nicht zuwarten
    (Quelle azonline.ch)

    Und Fraktionen, die es tun wollen:

    Fraktionen wollen zuwarten
    (Quelle: wie oben)

    Auch in der Diskussion um Kampfhunde und Hundhalter wird viel zu viel zugewartet:

    Die grösste Tragik an der Geschichte in Zürich ist die, dass die Gefahr seit langem bekannt ist, die Behörden jedoch zuwarten und zuwarten…..
    Dann passiert dieser Fall = grosses Geschrei, wir müssen handeln, man konnte dies nicht voraussehen, aber jetzt…..
    1 Jahr später: zuwarten, zuwarten…….
    Ich frage Sie, wie lange noch wollen die Behörden zuwarten.
    (Quelle: zollikofen.ch)

    Also werden wir es nicht weiter abwarten und uns dieses schöne Wort ganz schnell angewöhnen, dann bleibt uns nichts mehr, als zu warten bis wir es auch wirklich einsetzen dürfen. Und das Warten gehört bekanntlich zu unseren Schweizer Lieblingstätigkeiten, in beiden Ausprägungen (vgl. Blogwiese). In der langsamen und in der schnellen Art: „Wart’ schnell!“. Nun ich werde extrem schnell warten, und wenn es sein muss, auch zuwarten. Könnte bis dahin nicht mal jemand mit einem Bier aufwarten?

    Beim Forfait reut es uns das Reugeld

    April 9th, 2006
  • Gimmi five, gimmi four, gimmi Forfait
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger, dem Fachblatt für Wettrennen und Vertragsstrafen, am 25.03.06 auf Seite 12 die traurige Mitteilung:

    „René Rindlisbacher muss für die neue Fernsehserie „Der Match“ auf SF2 Forfait geben. Der Zürcher Komiker hatte am Dienstag nur wenige Stunden vor der Premiere seines neuen Bühnenprogramms einen Kreislaufkollaps erlitten.“

    Forfait geben
    Wir wünschen René Rindlisbacher an dieser Stelle natürlich gute Erholung vom Stress. Wir schätzen ihn sehr als begnadeten Situationskomiker bei der Schweizer Fassung von „Genial Daneben“ und als ehemaligen Moderator von „Wer wird Millionär“ Schweiz, auch wenn es mit der Gnade in letzter Zeit in der Sendung von Frank Baumann nicht mehr ganz so glänzend bestellt gewesen sein sollte. Kann ja wieder kommen, die Gnade, nicht die Sendung, denn die kommt auf jeden Fall gnadenlos jeden Dienstag um 20.00 Uhr im Schweizer Fernsehen. Halt! Es gab doch ein bisschen Gnade in dieser Sache, denn die Sendung wurde auf Sonntags 22:55 Uhr verlegt. Ausserdem wurde das Preisgeld für nicht gelöste Fragen um 100% erhöht, so sage und schreibe 100 Franken auf 200 Franken. Lösen die eigentlich mittlerweile auch mal eine Frage?

  • Geht es um den Match?
  • Jedenfalls verdanken wir dieser kurzen Notiz im Tages-Anzeiger eine neue Wortentdeckung. Nein, nicht „der Match“, das ist uns nix Neues. Denn Match haben wir vor der Haustür bei diesem fiesen Regenwetter jeden Tag, wenn wir auf den Parkplatz gehen, oder mit dem Hund aufs Feld. Wir kriegen ihn kaum wieder von den Schuhe, so fies klebt der an den Sohlen. Wahrscheinlich sollte es bei dieser neuen Fernsehserie auf SF2 um Schlammschlachten mit Match handeln, so genannten „mud-wrestling“ oder einem zünftigen „jawing match“. Nicht unser Stil, wir gucken lieber Talkshows.

  • Was heisst „forfait geben“?
  • Entdeckt haben wir das Wörtchen „forfait geben“. Wir kennen „gimmi five“, vielleicht gibt es ja auch „give me four“, „give me forfait?“
    Unser Duden belehrt uns wie immer eines Besseren:

    For|fait, das; -s, -s [frz. forfait = Reugeld (2),

    Was ist denn Reugeld? Klingt wie eine Hundekrankheit, die Räude, aber die schreibt sich ja mit „äu“. Es handelt sich hier bestimmt wieder um eine Übersetzung von 1871 von Campe und Co:

    Reu|geld, das:
    1. (Rechtsspr., Wirtsch.) Geldsumme, die vereinbarungsgemäß beim Rücktritt von einem Vertrag zu zahlen ist.
    2. (Rennsport) Geldbuße, die der Eigentümer zu zahlen hat, wenn er sein zu einem Rennen gemeldetes Pferd nicht teilnehmen lässt.

    Der Duden weiss aber auch, was „Forfait“ besonderes in der Schweiz bedeutet:

    Forfeit] (schweiz., bes. Sport):
    Zurückziehung einer Meldung bes. für einen Sportwettbewerb; Absage: (…)

    Forfait geben (seine Teilnahme absagen; seine Meldung zurückziehen)
    :
    Die Rückenschwimmerin … musste schon auf die WM verzichten, ihre Schulterprobleme zwangen sie, auch für die nationalen Titelkämpfe Forfait zu geben (NZZ 29. 8. 86, 44).

    Da haben wir es! Hier wird überhaupt nichts gegeben, hier wird einfach nur die Teilnahme abgesagt, und zwar in eleganter französischer Form. Da sage noch mal einer, dass Englisch die Sprache des Sports in der Schweiz sei. Nach der Barrage, in der gespielt wird, und der „Blamage“, die nie eintreten wird, nun das „Forfait“, von dem wir nicht mal die deutsche Version „Reugeld“ wirklich kannten.

  • Wer verwendet denn das?
  • Ob das viele sagen in der Schweiz? Na, aber locker 502 Fundstellen bei Google-CH. Und in Deutschland? Immerhin noch 325 Funde, was ja nicht sooo schlecht ist. Doch es stellt sich raus, dass es fast alles Schweizer Websiten sind, die nur in Deutschland gehostet werden.

    Dafür ist der Begriff „Reugeld“ in Deutschland 783 Mal belegbar. Wir lesen vielleicht einfach nicht intensiv genug den Sportteil bzw. die juristischen Fachblätter, die sich mit 353 BGB „Rücktritt gegen Reugeld“ befassen. Da reut es uns dann das Geld, die zu kaufen.

    In der Tagi-Meldung vom 25.03.06 heisst es weiter:

    Zurzeit werde eifrig nach einem Ersatz für Rindlisbacher gesucht, allfällige Kandidaten werden aber keine genannt. Am 9. April werden 18 prominente Schweizer in ein Fussballcamp einrücken und unter Trainer Gilbert Gress den Alltag von Profifussballern leben.

  • Und was heisst „allfällig“?
  • Also nur kein Stress unter Trainer Gress. Ob „allfällig“ bedeutet, dass die häufiger mal hinfallen oder bald alle zu den Gefallenen (in welchem Krieg?) zählen, wissen wir nicht. Das Wörtchen gehörte bisher nicht zu unserem Wortschatz. Aber auch hier hilft uns der Duden:

    allfällig [auch: ] (bes. österr., schweiz.):
    etwa[ig]; allenfalls, gegebenenfalls [vorkommend], eventuell:

    Das soll uns doch allfällig mal nützlich sein, wenn die Zeit fällig ist!

    Jetzt blas mir doch in die Schuhe — Air Condition auf Schweizerdeutsch

    April 8th, 2006
  • Heisse Füsse auf dem Weg der Schweiz
  • Die Schweizer sind ein wanderlustiges Völkchen. Gern sind sie in ihren wunderschönen Bergen unterwegs, zum Beispiel auf dem „Weg der Schweiz“, der in knappen 36 Km am Tag rund um den Urnersee bewältigt werden kann (vgl. Blogwiese)
    Der Weg der Schweiz rund um den Urner See

  • Was tun gegen heisse Füsse?
  • Natürlich werden bei solchen sportlichen Aktivitäten, vor allem wenn sie im Sommer stattfinden, schnell mal die Füsse heiss. Was tun gegen die unerwünschte Hitze im Schuhbereich? Genau, da hilft nur Frischluft. Also fordern sich die Schweizer gegenseitig gern auf:
    „Jetzt blas mir doch in die Schuhe“,
    oder auf Schwiizerdütsch:
    „Du chasch mer mal i d‘Schueh blasä.“.

    Auffällig ist hier die persönliche Anrede auf der Du-Ebene. Selbst wenn ein Schweizer allein ist, vermutet er oft die Ursache seines Kummers bei den heissen Füssen. Darum hört man ihn dann auch leise vor sich hin brummeln: „Jetzt blas mir doch in die Schuh“.

    Auch der Schweizer Kult-Liedermacher Mani Matter erwähnt diesen Wunsch in seinem Lied „Ds Nüünitram“, hier sogar auf Bärndütsch „id Schue!“

    Druf ischs wider stiller worden und de schliesslech Rue
    Ds Nüünitram isch hinden um e Rank em Depot zue
    Eine het no grüeft: I pfuuse, blaset mir id Schue!
    Und dir heit jitz vo mym Gschichtli sicher alli gnue
    (Quelle: )

    Selbst kommen sie ja nicht dran, an den heissen Fussbereich, jedenfalls nicht der durchschnittlich trainierte Schweizer, also braucht er Unterstützung vom Nebenmann.

    Wenn sie es unterlassen, das „In die Schuhe blasen“, dann gibt es selbige, nämlich Blasen, und zwar in den Schuhen, genauer gesagt: An den Füssen.
    Da wurde zu wenig in die Schuhe geblasen

    Merke die Schweizer Lebensweisheit: „Gegen Blasen im Schuh hilft nur in die Schuhe blasen„.

    Nach einer anderen Theorie, die wir jedoch nicht teilen, würden die Schweizer in die Schuhe reinblasen, um dann den Geruch so richtig tief inhalieren und geniessen zu können. Der Grund: Exzessive Käsesucht im fortgeschrittenen Stadium.

    Alles klar? Dann sind jetzt alle entlassen und dürfen sich zur Abwechslung mal die Füsse im kühlen Urnersee waschen.

    Was wir als Deutsche in der Schweiz vermissen (Teil 3) — Die Bierkultur

    April 7th, 2006
  • Es gibt kein Bier in Deutschland, sondern viele Biere
  • In Deutschland gibt es praktisch in jeder Stadt eine andere Biersorte zu geniessen. Die Kölner trinken „Kölsch“, die Düsseldorfer „Alt“. Wenn Sie mal richtig Spass haben wollen in einer Kneipe der Kölner Altstadt, dann bestellen Sie lautstark, so das alle anwesenden Jecken es hören können, „eine Runde Alt für alle“.

    Die Schwarzwälder trinken „Tannenzäpfchen“ oder unser Lieblingsbier, frisches „Alpirsbacher“ vom Fass. Die Bayern lieben Paulaner oder Weizenbier, bei dem es eine Kunst und Wissenschaft für sich ist, die Flasche schnell und mit Schwung so kopfüber ins hohe Weizenbierglas zu stellen, dass sie sich entleert ohne dabei allzuviel Schaum zu bilden.

  • Flens muss ploppen
  • Ganz oben an der Grenze zu Dänemark in Flensburg werden sie nicht umhin kommen, ein „Flens“ zu trinken, das aus der Bügelflasche, die so schön „plopp“ macht.
    Flens in der Bügelflasche
    Diese Bierflasche wurde übrigens zum Verkaufsschlager auf Grund des „Werner“ Comix, weil dort permanent nur Bier aus Bügelflaschen gekippt wird. Nur handelte es sich hierbei nicht um die Sorte Flens (danke für die Hinweise in den Kommentaren!).
    Berühmtes Zitat aus der Werner-Welt:

    „Werner, Bölkstoff is‘ alle, sach mal Bescheid..“ Werner geht zur Theke und sagt: „Bescheid“. Werner kommt zurück und die Kumpels fragen ihn: „Na, hasse Bescheid gesagt?“. Antwort: „Na klar, man“

  • Pils dauert sechs Minuten
  • Ja, das vermissen wir manchmal in der Schweiz: Die Deutsche Biervielfalt. Obwohl man sie selten richtig geniessen kann, denn dort wo sie sich gerade befinden in Deutschland, von dort weden sie auch das Bier kredenzt bekommen. Die Deutschen nehmen sich Zeit zum Biertrinken. Und sie sind sehr skeptisch, wenn nach einer Bestellung in zu kurzer Zeit das Bier bereits serviert wird. Denn das lernen die Deutschen, sobald sie eine „Tulpe“ (so heisst das Bierglas wegen seiner Form) halten können: „Ein Pils dauert 6 Minuten“.
    Eine Tulpe ist ein Glas und keine Blume

    Schneller geht das nicht mit dem Zapfen, denn das Bier muss sich ja mit dem Schaum erst setzen können und die Deutschen schätzen eine schön geformte „Krone“ auf dem Glas. Anders als die Engländer, die ihr Glas immer bis zum Überlaufen gefüllt haben möchten und sich sonst vom Wirt betrogen fühlen. Wenn das Bier doch schneller serviert wird als in sechs Minuten, ist es entweder abgestanden oder der Wirt hat verschwenderisch die Hälfe daneben gehen lassen, statt die nötige Geduld aufzubringen.

  • Der magische Swimmingpool
  • Dazu gibt es einen alten Witz aus Helmut Kohls Regierungszeit:

    Die Staatsoberhäupter Europas sind bei einem Scheich im Orient zu Gast. Der Scheich macht eine Führung durch seine Besitztümer und sie kommen schliesslich zu einem wunderschönen, vergoldeten Swimming-Pool ohne Wasser, aber mit Sprungturm. Der Scheich erklärt den erstaunten Gästen, das es sich hier um einen magischen Pool handelt. Man können vom Sprungturm aus hineinspringen, nachdem man einen Getränkewunsch geäussert habe, und schon füllt sich das Becken mit der gewünschten Flüssigkeit.
    Mitterand macht den Anfang, klettert auf den Turm und sagt: „Champagner“ und springt. Das Becken ist sofort mit prickelndem Schampus gefüllt. Als nächstes klettert Craxi (Italien) auf den Turm und sagt: „Vino Rosso“, und sofort füllt alter italienischer Edelwein das Becken. Es folgen einige weitere Staatsoberhäupter, und schliesslich ist Kohl an der Reihe. Er klettert auf den Turm, sagt „Pils“ und springt. Prompt knallt er unten auf den harten Beckenboden, worauf eine Stimme aus dem Off ertönt: „Pils dauert 6 Minuten“…

    Es gibt dann noch einen zweiten Teil, bei dem Kohl vor lauter Überlegen schliesslich das Gleichgewicht verliert, fällt, und im Fallen „Scheisse“ ruft, aber den lassen wir jetzt weg. Keine Witze über den Vater der Deutschen Einheit bitte.

  • Im Land der Biervielfalt
  • Denn Bierbrauen ist eines der ganz seltenen noch existierenden „Polypole“, was bedeutet: Viele kleine Anbieter teilen sich den Markt, die umsatzstärksten Brauerein haben zusammen nur einen geringen Marktanteil. Anders als in Skandinavien, wo Carlsberg 1970 den letzten Konkurrenten Tuborg schluckte und seitdem praktisch den Markt allein dominiert. Zu Carlsberg gehören heute die folgenden Marken in Deutschland und der Schweiz:

    * Holsten Pils
    * Astra, Hamburg
    * Feldschlösschen in Braunschweig, Dresden und Rheinfelden AG (Marktführer in der Schweiz)
    * Hannen Alt, Mönchengladbach
    * Landskron, Görlitz
    * Lübzer, Lübz
    * Cardinal Lager, Freiburg im Üechtland (Schweiz)
    (Quelle: Wiki)

    Der Trend geht also auch in Deutschland dahin, dass immer mehr kleine Brauereien von grossen Anbietern wie z. B. Carlsberg geschluckt werden. Sie behalten pro forma ihren Namen, gehören aber zu grossen Bier-Konzernen.

  • Der Deutsche trinkt mehr Kaffee als Bier
  • Es ist übrigens auch ein Gerücht, dass die Deutschen viel Bier trinken. An erster Stelle kommt in Deutschland der Kaffee, der dünner und häufiger pro Tag getrunken wird, als Bier, rein vom Volumen her:

    Was trinken die Deutschen am liebsten? Kaffee ist mit insgesamt 151 Litern pro Jahr Dauerspitzenreiter beim Verzehr. Mineralwässer – vor allem kohlensäurearme Sorten – wurden im letzten Jahr deutlich mehr konsumiert (135 Liter) und verbannen das Bier (118 Liter) auf Platz drei der Rangliste.
    (Quelle: fitforum.msn.de)

    Zusätzlich zu den grossen Brauereien, wie z. B. die Ganter-Brauerei in Freiburg im Breisgau, gibt es zahlreiche kleine Lokalbrauereien, die das Bier in geringer Menge nur für die eigenen Gäste brauen. Wir beobachten in Deutschland, dass die hohe Anzahl solcher lokaler Brauereien oft den Rückschluss zulässt, dass die eigentliche Marke im Ort nicht so beliebt ist. Eigentlich sollte ja nix drin sein im Bier, ausser Hopfen, Malz und Wasser, gemäss dem Reinheitsgebot:

    Das bayerische Reinheitsgebot wurde am 23. April 1516 von dem bayerischen Herzog Wilhelm IV. (Bayern) in Ingolstadt erlassen. Dieser Erlass regulierte einerseits die Preise, andererseits die Inhaltsstoffe des Bieres. Es galt bis 1998 als das älteste Lebensmittelgesetz.
    (…)
    Das bayerische Reinheitsgebot war nicht das erste Gesetz seiner Art: Von folgenden Städten ist ein Erlass überliefert, der die Qualität des Bieres betraf: Augsburg (1156), Nürnberg (1293), Erfurt (1351), München (1363), Landshut (1409), Weißensee in Thüringen (1434), Regensburg (1447), Eichstätt (1507). Einige dieser Verordnungen wurden erst in den letzten Jahrzehnten wieder entdeckt. Es ist wahrscheinlich, dass in vielen Fällen keine Zeugnisse mehr erhalten sind und diese Liste deshalb nur exemplarischen Charakter hat.
    (Quelle: Wiki)

    Dennoch gab es in den letzten 500 Jahren auch beim Bier den ein oder anderen Skandal wegen unerlaubter Zusatzstoffe im Gerstensaft, was aber die Freude der Deutschen an diesem Getränk nicht wesentlich trüben konnte. Bekanntlich trinken die Deutschen ihre Bier nicht stangenweise, wie die Schweizer, sondern lieber in Massen, aus einer „Mass“ genauer gesagt.
    Eine Maß mit Scharfem-ß

    Ach, jetzt vermissen wir plötzlich das Deutsche Scharf-ß, denn ohne dies sieht es ja so aus, als ob die Deutschen nur in grossen Menschenmassen Bier trinken würden! Solches passiert vorwiegend in München, auf dem Oktoberfest. Aber das ist ja definitiv nicht in Deutschland, sondern im „Freistaat Bayern„.
    Bayern ist übrigens ein dreisprachiges Land:

    Gesprochen werden mehrere Dialekte aus drei großen Dialektfamilien:
    Bairisch im Großteil des Landes (Nord- und Mittelbairisch, am Rand zu Tirol auch Südbairisch)
    Fränkisch von etwa 3 Millionen im nördlichen und westlichen Landesteil
    Alemannisch von 2 Millionen Schwaben im Westen
    (Quelle Wiki)

    Aber jetzt kommen wir wirklich zu weit vom Thema ab, Bayern ist nicht unser Bier. Und ein solches werden wir jetzt trinken. Prost!

    Geiz ist nicht geil — Sind Deutsche geizig?

    April 6th, 2006
  • Geiz ist geil
  • Die „Geiz ist geil“ Werbung des Saturn-Markts in Deutschland drückt für viel Schweizer genau das aus, was sie schon immer über die Deutschen dachten: Deutsche sind geizig und kleinlich beim Geldausgeben. Was stimmt an dieser Behauptung und was nicht?

  • Sehen sich die Deutschen selbst als geizig?
  • Interessant ist vielleicht zunächst mal die Selbstwahrnehmung der Deutschen. Sie sprechen zwar von „geizigen Schotten“, oder von „sparsamen Schwaben“, aber sich selbst mit dem Wörtchen „Geiz“ in Verbindung bringen, auf diese Idee würde sicherlich kein Deutscher kommen. Das Phänomen der sparsamen Schwaben, die den privaten „Häuslesbau“ anstreben, ist ein Faktum, das man nicht nur im Musterländle Baden-Württemberg beobachten kann. Auch die Friesen in der Norddeutschen Tiefebene bauen an ihrem Eigenheim, sofern es finanziell irgendwie machbar ist.

    Arm sind die Deutschen schon, im Vergleich zu den Schweizern. Denn es herrscht eine wesentlich höhere Arbeitslosigkeit, dementsprechend natürlich auch Unsicherheit und Zukunftsangst. Vielleicht ist darum eine Werbung wie „Geiz ist geil“ so erfolgreich. Denn nun kann man seine persönlichen Finanzprobleme damit kaschieren, dass man sich offiziell als „geizig“ bezeichnet und damit erst auch noch ein positives Image gewinnt.

  • Schnäppchenjäger beidseits des Rheins
  • Die Jagd nach Billigangeboten bei Aldi, Plus und Edeka ist eine Beschäftigung, die nicht nur die Deutschen lieben. Auch in der Schweiz ist es grosse Mode, nur „Aktion“ oder „Budget“ bei Migros zu kaufen. Was wir jedoch als Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz beobachtet haben, ist die Höhe der Lock-Rabatte: In der Schweiz sind 5% – 10% Rabatt schon ein Argument, einen weiten Weg in Kauf zu nehmen, in Deutschland müssen es schon 20% – 50% sein, die einen Käufer locken. Konkretes Beispiel dazu: Unser altes Fitnesscenter in Süddeutschland verlangte für den Ehepartner nur noch 50% der Jahrsbeitrags, in Zürich waren maximal 10% Ermässigung denkbar.

  • Beim Essengehen für alle bezahlen
  • Etwas, das die Deutschen nicht kennen, was wir aber in Frankreich kennengelernt haben, ist die Gewohntheit, beim Essen nicht „getrennte Kasse“ zu machen, sondern einen für alle zahlen zu lassen. Mit der Gewissheit, dass es beim nächsten Mal andersherum sein wird.

    Nun, vielleicht gehen Deutsche nicht so oft essen, und wenn, dann mit der Familie und nicht mit Freunden, wo sie in diese Situation kommen könnten. Das „Essengehen“ ist in Deutschland etwas für den Sonntag, wenn man Familienbesuch hat, oder sich die Küchenarbeit sparen möchte. Ein Ding der Unmöglichkeit in der Zürcher Agglomeration, denn Sonntags haben fast alle Restaurants geschlossen.

    Darum beobachten wir in der Schweiz das grosse Staunen, wenn plötzlich Freunde aus Deutschland jeder für sich im Restaurant zu zahlen beginnen. Es fehlt die Gewohnheit, es fehlt die Erfahrung: Beim nächsten Mal werde ich dann eingeladen. Deutschschweizer haben unserer Beobachtung nach diese Angewohnheit von den Romands und damit den Franzosen übernommen. Geht es aber um das gemeinsame Mittagessen unter Kollegen im Stammrestaurant um die Ecke, dann ist es völlig normal, dass jeder selbst für sich zahlt: „Sali-z’amme“ für „Das zahl ich jetzt alles zusammen“ hatten wir schon erläutert (vgl. Blogwiese)

  • Das geht auf meinen Deckel
  • In Deutschen Kneipen gibt es für so was einen Bierdeckel, auf dem die getrunkenen Biere per Strich notiert werden, und wenn jemand eine Runde ausgeben möchte, sagt er einfach „das geht auf meinen Deckel“. Ist ein Deutscher knapp bei Kasse, bekommt der Deckel seinen Namen und wird vom Kneipenwirt verwahrt bis zum nächsten Besuch. Das klappt aber nur, wenn man sehr guter Stammkunde ist.
    Die Engländer pflegen ihre Biere direkt an der Theke mit Bargeld zu kaufen. So ist jeder mal dran, eine Runde für alle zu besorgen und keiner bezahlt nur sein eigenes Bier.

  • Die Schweizer mögen keine Preisvergleiche
  • Es nervt die Schweizer an den Deutschen das ständige Gerede über Preise, Preisvergleiche und ihr Entsetzen, wie teuer alles in der Schweiz ist. Die Schweizer stören die Nachteile der „Hochpreisinsel“ Schweiz aber auch selbst, weil hier durch künstliche Importzölle und einem ausgeklügelten Reglement bei der Einfuhr von Waren der Binnenmarkt geschützt werden soll. Nimmt man alle Einkäufe, die Schweizer in grenznahen Supermärkten durchführen, zusammen als eine fiktive Handelskette, dann ist diese heute bereits mit ihrem Umsatzvolumen an dritter Stelle nach Migros und Coop, zu finden, gefolgt vom Denner. Vor ein paar Jahren war Denner noch auf Platz Drei.

  • Dann bin ich halt blöd und kaufe bei Volg
  • Auffallend ist die Anti-Media-Markt Werbung von der Handelskette Volg: „Dann bin ich halt blöd„, mit der für den Einkauf im vergleichsweise teuren aber nahen Schweizer Einzelhandel geworben wird. Sie spielt damit direkt an auf den Media-Markt-Slogan „Ich bin doch nicht blöd“. Die Aussage „dann bin ich halt blöd“ auf den Werbeplakaten für den Einkauf bei Volg ist übrigens ironisch gemeint, nur falls das hier ein Leser aus Deutschland nicht mitbekommen haben sollte. In Wirklichkeit ist der Einkauf bei Volg nämlich für einen Schweizer eine extrem clevere Angelegenheit: Kurze Weg (es gibt fast überall in der Deutschschweiz einen Volg) und gute Preise, die das Bruttosozialprodukt steigern helfen. Blöd ist das bestimmt nicht.

    „Volg“ ist übrigens kein falsch geschriebenes „Volk“, sondern steht urprünglich für „Verein Ostschweizerischer Landwirtschaftlicher Genossenschaften“.

  • In Zürich fährt man schwarze und dunkle Autos
  • Wir glauben, dass die Ausgabefreudigkeit oder der Geiz von Deutschen und Schweizern gleichermassen direkt mit der persönlichen finanziellen Situation gekoppelt ist. Beide geben zum Beispiel gern ordentlich Geld für ein attraktives Auto aus, ob sie es sich nun leisten können oder nicht, um an Selbstwertgefühl und Prestige bei den Kollegen und Nachbarn zu gewinnen. Spötter meinen, im Raum Zürich müssen solche Autos grundsätzlich Schwarz oder Dunkelblau sein, um etwas zu gelten. Wir können das nicht beweisen, fanden aber in zahlreichen Firmengaragen überwiegend diese Farben.

  • Nur die Schwaben sind wirklich sparsam
  • Dort im Schwabenland lernten wir die „Schwäbische Einladung“ kennen:

    „Kommen Sie doch einfach nach dem Kaffee zu uns, damit Sie zum Nachtessen wieder daheim sind!“

    Und wussten Sie auch schon, was die Schwaben mit dem Opa machen, wenn er verstorben ist? Na ganz einfach: Der wird eingeäschert und kommt in eine Sanduhr, damit er noch „ebbes schafft“.