Wenn Experten in den Knast müssen — „Einsitzen“ und „Einsitz nehmen“ in der Schweiz

November 25th, 2008

(reload vom 17.2.06)

  • Die Experten müssen einsitzen
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 30.01.06 (S. 6) über die Aktivitäten des Schweizer Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss bei der Gründung eines neuen (Achtung: jetzt tief Luft holen!) „Forums für Zusammenarbeit im Bereich von Investitionen und Handel“ (jetzt wieder ausatmen) mit den Amerikanern.

  • Experten in den Knast
  • Bevor die Experten allerdings mit ihren Aktivitäten beginnen können, müssen Sie erst mal in den Knast, denn wir lasen wörtlich:

    Doch werden im neuen Forum Experten beider Seiten einsitzen (…)

    Einsitzen in der Schweiz
    Natürlich ist das nur wieder eine Deutsch-Schweizer Sprachverwirrung. Während man in Deutschland das Verb „einsitzen“ oder die Formulierung „der sitzt gerade“ als höfliche Umschreibung für einen Gefängnisaufenthalt bezeichnet, ist es in der Schweiz eine typische politische Tätigkeit: „Einsitz nehmen“ oder schlicht „einsitzen“.
    Einsitzen heisst in den Knast gehen
    (Foto: Nelson Mandelas ehemalig Zelle via schreinerweisenheim.de)

  • Auch unser Duden kennt das Wort:
  • 1.ein|sit|zen (unr. V.; hat): 1. (südd., österr., schweiz. auch: ist) (Rechtsspr.)
    inhaftiert sein, im Gefängnis sitzen:
    er sitzt zurzeit [im Landesgefängnis] ein; er hat schon öfter eingesessen;, (…)
    ein|sit|zen (unr . V.; hat):
    2.a) durch häufiges Daraufsitzen eindrücken:
    b) (einsitzen + sich) durch häufiges Daraufsitzen eingedrückt werden:
    so ein billiges Polster sitzt sich leicht ein.
    3. (Reiten) sich in den Sattel setzen; im Sattel sitzen
    (südd., österr., schweiz. auch: ist): sicher, gut einsitzen.;
    4. (veraltet) wohnen (südd., österr., schweiz. auch: ist):
    5. sich hineinsetzen (südd., österr., schweiz. auch: ist):
    Sitzet nur ein (= in die Kutsche; Goethe, Hermann u. Dorothea 6, 303).

  • Beispiele für „einsitzen“ in der Schweiz:
  • Der America’s Cup (AC) wagt den Schritt in die Moderne: Mit Gabrielle Kaufmann-Kohler wird erstmals eine Frau im fünfköpfigen Schiedsgericht einsitzen.
    (Quelle: nzz.ch)

    In dieser Kommission werden Vertreter der Liegenschaftskommission, der Pächter, der Bühnenvereine (…) sowie der Liegenschaftsverwalter einsitzen.
    (Quelle: gstaadonline.ch)

    In Deutschland hat „einsitzen“ immer was mit Knast und Gefängnis zu tun:

    Einsitzen statt eincremen
    Eltern haften für ihre Kinder – manchmal ganz wörtlich: Großbritannien macht jetzt kurzen Prozess mit Eltern, die ihre Kinder die Schule schwänzen lassen, um mit ihnen den Urlaub zu genießen. Die Höchststrafe per Schnellgericht lautet „Ab in den Knast„. Die ersten Prozesse laufen derzeit.
    (Quelle: Spiegel Online)

    Die Variante „Einsitz nehmen“ ist in Deutschland zwar bekannt, jedoch wesentlich häufiger in der Schweiz zu finden. So bei Google-Schweiz 15.400 Mal
    Beispiel:

    Würde der neu gewählte Primarschulpflegepräsident erst im Sommer im Stadtrat Einsitz nehmen, (…)
    (Quelle: Zürcher Unterländer)

    Wir hoffen bloss, dass wenn die sich alle „einen Sitz nehmen“, beim „Einsitz nehmen“, dass es dann auch immer noch genügend Sitzgelegenheiten geben wird, in diesen Gremien. Die müssen dann ja schon tüchtig eingesessen sein, wenn da Eingesessene drin Einsitz nehmen.

    Haben Sie schon einen Atomstromfilter? — Kampf den gefährlichen Notebook-Strahlen!

    November 24th, 2008
  • Ist das ein Notebook mit WLAN?
  • Neulich hatte ich auf dem Heimweg im gut besetzten Pendlerzug von Zürich nach Bülach ein seltsames Erlebnis. Es gab nicht mehr viele freie Sitzplätze und so war ich froh, gleich am Eingang des Abteils noch einen zu finden. Mein Gegenüber nickte zunächst freundlich, doch als ich mein Notebook auspackte und es aufstartete (auf deutsch sagt man „booten“ dazu), verfinsterte sich seine Miene. Es ist ein sehr kleines Notebook, das wirklich nichts Böses zu tun vermag. Der Sitznachbar fragte mich dann etwas sehr Merkwürdiges: „Ist das ein Notebook mit WLAN?“ Ich bejahte diese Frage, denn jedes handelsübliche Notebook kann heutzutage kabellos, d. h. „wireless“ in einem LAN, also einem „lokalen Netzwerk“ betrieben werden.

  • Auf der Flucht vor den Strahlen
  • Da ergriff er seine Tasche und machte sich mit ängstlicher Miene aus dem Staub, um ein paar Sitzreihen weiter wieder Platz zu nehmen. Was war das denn für eine Aktion? Hatte dieser Reisende etwa Angst vor den gefährlichen Strahlen, die der Funkadapter des Notebooks aussendet? Dann sollte er besser überhaupt nicht mehr mit einem Zug fahren in der Schweiz, denn die SBB rüstet seit einiger Zeit ihre Zugskompositionen mit Funkverstärkung für den optimalen Handyempfang aus. Und überhaupt würde ich, bei Angst vor Strahlen, die Nähe von Menschen im öffentlichen Raum grundsätzlich meiden, denn fast jeder trägt ein Handy auf sich, das in der Schweiz kaum mehr Natel und häufig gleich „mobile“ oder „cell phone“ genannt wird, wenn sein Besitzer aus England oder den USA stammt. („auf sich tragen“ ist ein Helvetismus, Deutsche dürfen die Dinger weiter „bei sich“ tragen)

    Jedes dieser Geräte enthält einen vielfach leistungsstärkeren Sender als ein Notebook. So stark ist dieser Sender, dass einem bei langen Telefonaten ohne Kopfhörer die Ohren warm werden oder dass er ein lautes Schnarren in einem Radio oder im PC-Lautsprecher in der Nähe erzeugt, wenn er eine Netzverbindung sucht.

  • 314 Jahre Kant, hilft uns das weiter?
  • Die Angst vor gefährlichen Strahlen ist Beleg dafür, wie wenig vom „Zeitalter der Aufklärung“ tatsächlich im Alltag zu spüren ist. Immanuel Kant, der nicht die Kanti (=“Kantonsschule“) gründete, definierte Aufklärung 1784 so:

    Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
    (Quell: Wikipedia.de)

    Schwierige Kost, zugegeben, da lassen wir uns doch lieber weiter von unseren irrationalen Ängsten leiten, schalten den Verstand aus und verbleiben in der selbstverschuldeten Unmündigkeit.

  • Jeder braucht einen Atomstromfilter!
  • Atomstromfilter
    (Quelle Foto: fh42.de)

    Ein paar Scherzbolde machten im Internet Werbung für ihren selbstgebauten „Atomstromfilter“: „

    Ein Atomstromfilter hält Radioaktivität aus Atomkraftwerken fern. Es kann auf jeden Fall nicht schaden, wenn Sie den Atomstromfilter installieren, ich gebe ihn Ihnen sogar verbilligt.“

    Die Macher der Webseite staunten nicht schlecht, als daraufhin Bestellungen en masse eingingen, auch wenn offensichtlich war, dass es sich hier um einen Scherz handelte, mit denen die Geldgeschäfte bei der Bekämpfung diffuser Ängste angeprangert werden sollten. Vor der Reformation waren es die Ablassbriefe, die einem ohne Anstrengung einen Platz im Himmelreich versprachen.

  • Schneller radeln mit dem Energiewandler-Lack
  • Heute verkaufen ernsthafte Zeitgenossen erfolgreich „Energiewandler-Lack“ für das Velo. Man streicht damit ein Velo ganz ein. Die negative Energie, die beim Fahren von vorn auf das Velo einströmt, wird durch den Lack in positive Energie umgewandelt und nach hinten abgegeben. Schon ist das Fahrrad 10 % schneller, und Radfahren viel gesünder. Das ist kein Scherz, dieses Produkt kann man wirklich bestellen. Vielleicht sollte ich einfach mein Notebook damit einlackieren, falls ich demnächst wieder diesem vorsichtigen Zeitgenossen im Zug gegenübersitze. Meinen Atomstromwandler kann ich ja schlecht immer mit mir rumschleppen, denn der ist fest mit unserem Flux-Generator daheim verbunden. Lang lebe die Aufklärung!

    Wir riefen Arbeitskräfte, doch es kamen Deutsche — Warum sollte ein arbeitsloser Deutscher die Schweiz verlassen wollen?

    November 21st, 2008
  • Jetzt doch dafür dass sie dagegen sind
  • Die SVP veröffentlichte gestern eine Pressemitteilung zum Thema “Freizügigkeitsabkommen”. Nach langem hin und her, will sagen „hülst und hott“ , hat man sich doch dafür entschieden, bei der Abstimmung im Februar dagegen zu votieren. Erst wollte man sich bei der SVP bei dem Thema zurückhalten, denn die Schweizer Unternehmer, welche die SVP unterstützen, profitieren ja von der Freizügigkeit, weil der Bedarf an Fachkräften aus dem Ausland ist immer noch hoch. Doch dann kam die Finanzkrise und mit ihr jetzt die Rezession, und nun lässt sich mit dem Thema wieder Stimmung machen. Frei nach dem Motto: „Der Mohr Deutsche hat seine Schuldigkeit getan, nun kann er gehen“ (vgl. Wiki):

    Wie blauäugig sich der Bundesrat in Bezug auf das Freizügigkeitsabkommen und die wirtschaftliche Lage verhält, zeigt die Tatsache, dass er noch im Mai 2008 auf die Wiedereinführung von Höchstzahlen für die Einwanderung aus der EU verzichtet hat, obwohl deren stete Zunahme dies problemlos ermöglicht hätte. Wie sinnvoll eine neue Kontingentierung gewesen wäre, zeigt sich heute – nur 5 Monate später – im Angesicht einer drohenden globalen Rezession. Die Behauptung, dass ein arbeitsloser Deutscher wieder in seine Heimat zurückkehrt und dort von Hartz IV lebt, während er hier ein Recht auf Schweizer Arbeitslosengeld hat, ist realitätsfremd. Dies gilt umso mehr in Bezug auf den zu befürchtenden Zustrom von Personen aus Rumänien und Bulgarien.
    (Quelle: www.svp.ch)

    Es waren Schweizer, die millionenfach und Jahrhunderte lang ins Ausland zogen, um eine Arbeit und ein besseres Auskommen zu suchen. 72 000 Schweizer fanden dies in Deutschland. Wenn sie arbeitslos werden, dann kommen sie nicht zurück in die Schweiz sondern beziehen das Arbeitslosengeld dort, wo sie dafür die Versicherungsbeiträge bezahlt haben. Mit den Deutschen in der Schweiz ist es nicht anders, aber trotz globaler Rezession werden sie nach wie vor in der Schweiz gesucht und angeworben. Und was den befürchteten Zustrom von Personen aus Rumänen und Bulgarien angeht, so muss man für einen Umzug in die Schweiz Geld haben, denn nur schon um eine Wohnung zu mieten, muss Kaution hinterlegt werden. Einen Informatiker aus Bulgarien oder Rumänien mit guten Deutsch-, Französisch- oder Englisch-Kenntnissen, eine Pflegefachkraft oder eine sonstigen Fachkraft wird der Schweizer Arbeitsmarkt nach wie vor mit einem freundlichen „Grüezi“ begrüssen.

  • Auch Schweizer wandern aus
  • Die SVP übersieht, dass vom Freizügigkeitsabkommen auch die eigenen Landsleute profitieren, wenn sie sich in einem anderen europäischen Land niederlassen wollen. Das geschieht gar nicht so selten:

    In den letzten Jahren hat die Auswanderung wieder zugenommen und beläuft sich auf etwa 30’000 Personen pro Jahr. Ungefähr eine halbe Million Schweizerinnen und Schweizer leben gegenwärtig im Ausland. Frankreich ist das von Emigranten aus der Schweiz am meisten gewählte Land, gefolgt von Deutschland, USA, Italien, Kanada, Grossbritannien, Australien und Spanien. – Die Zahl der jährlichen Rückwanderer in die Schweiz beträgt etwa 23’000. –
    (Quelle: sozialinfo.ch)

  • Wer zahlt denn für die AHV ein?
  • Die SVP hat Angst vor der Unbezahlbarkeit der AHV und will die Einwanderung bremsen, dabei sind es die zahlreichen gut ausgebildeten Einwanderer, die mit ihren hohen AHV Beiträge das System stützen, zum Wohle aller Schweizer, weil sie selbst niemals soviel aus der AHV beziehen werden, wie sie im Leben einzahlen (vgl. Blogwiese).

  • Die Schweizer Kirchen profitieren ebenfalls
  • Die Kirchen im Kanton Zürich verzeichnen seit Jahren zum ersten Mal eine Trendwende bei der stets zunehmenden Zahl von Austritten und einen Mitglieder-Zuwachs, den sie den deutschen Zuwanderen verdanken. Von den deutschen Pfarrerinnen und Pfarrer, die vielerorts in der Schweiz das Gemeindeleben aktiv gestalten, könnte man auch noch erzählen. Mehr Mitglieder, das heisst auch mehr Kirchensteuer.

    Nicht durch die Reihe, sondern durchs Band — Neue Schweizer Redensarten

    November 20th, 2008

    (reload vom 16.2.06)

  • Nicht durch die Reihe, sondern durchs Band
  • Wir lasen in der Sonntagszeitung vom 29.01.06:
    durchs BAnd

    „Seit Ingrid Deltenre den Kurs bei SF bestimmt, sinken die Quoten praktisch durchs Band.“

    Und wir glaubten immer, das Fernsehen arbeitet mit Funkwellen, und nicht mehr mit Tonbändern. Oder werden die Sendungen auf dem „Fliessband“ hergestellt? Die Kult-Sendung „Am laufenden Band“ von und mit Rudi Carrell war unser Lieblingsprogramm in den 70ern. Dort durfte sich der Gewinner soviele Gegenstände wie möglich merken, die auf einem Fliessband an ihm vorbei fuhren. Gar nicht so einfach, wie jeder hier selbst ausprobieren kann: Spiel „Am laufenden Band“.
    Wer geht hier durchs Band?
    (Foto: tv-nostalgie.de)
    Doch was bedeutet die Formulierung „durchs Band“? Sie ist auf jeden Fall etwas Alltägliches, wie die 970 Funde bei Google-Schweiz beweisen.

    Ein paar Beispiele:

    „… Erfolg durchs Band bei konsequenter Anwendung … mit Kunden und privat …
    (Quelle: umberto.ch)

    oder

    Laibach zeigt tolle Weine durchs Band (…)
    (Quelle: Suedafrikainfo.ch)

    oder

    Auf Stock.xchng gibt es in 15 Kategorien rund 184 000 Fotos zu bewundern, und die Qualität ist durchs Band gut.
    (Quelle: Tagesanzeiger)

    Oder hier beim Schriftsteller Roger Graf:

    Schliesslich kann man in jedem Geschichtsbuch nachlesen, dass in den Jahrhunderten vor der Erfindung der Massenmedien friedliche und durchs Band intelligente, phantasievolle Menschen diesen Planeten bevölkert haben.
    (Quelle: rogergraf.ch)

    Wir finden es nicht im Duden, Redensarten-Duden oder bei den Brüdern Grimm. Durch die zahlreichen Belege bei Google-Schweiz vermuten wir, dass es die Schweizer Variante von „durch die Reihe“, „durchweg“ (= durch Weg), als „immer, ständig, die ganze Zeit“ bedeutet. Vielleicht hat es ja auch mit dem „Band auf der Ziellinie“ bei Wettläufen zu tun, das vor der Einführung von anderen Messmethoden vom Sieger durchtrennt werden musste, wodurch das Zielfoto automatisch geschossen wurde?

    Das spricht mal wieder Bände über unseren geringen Wortschatz. Wir geraten ausser Rand und Band über diese neue Entdeckung und knüpfen eine zarte Bande mit allen Helvetismen, doch jetzt ist das Band zu Ende. Ab durch die Mitte? Nein, ab durchs Band!

    Wenn die Schule ein Kapitel schreibt dann ist Schulkapitel

    November 19th, 2008
  • Schulkapitel ohne Buch
  • Wir lasen in der Fachzeitschrift für das angewandte Schweizerdeutsch der Gegenwart, dem Tages-Anzeiger:

    Schulkapitel

    Lehrer müssen freien Nachmittag opfern.
    Schulkapitel sollen kein Grund mehr sein, den Kindern frei zu geben. Der Kantonsrat verlangt, dass sie auf die unterrichtsfreie Zeit gelegt werden.
    (Quelle: Tages-Anzeiger 17.11.08 )

    Grund genug, ein Kapitel aufzuschlagen und sich einmal mit dem Schulkapitel zu beschäftigen. Es gibt dafür bei Google.ch 1680 Fundstellen. Google-Deutschland hingegen erzählt uns etwas vom „Schulkapitel in den Buddenbrooks“. Kennen Sie nicht? Ein sehr lesenwerter Roman von Thomas Mann. Thema vieler Referate und Hausarbeiten, so auch dieser:
    Schulkapitel in den Buddenbrooks

  • Wie geistig ist die Körperschaft?
  • Eigentlich ist ein „Kapitel“, neben dem bekannten „Buch-Kapitel“, etwas sehr Geistliches, mit Köpfchen. Es geht auf Latein „Caput“ = das Haupt, Oberhaupt zurück, allerdings in der Verkleinerungsform. Wir lasen bei Wikipedia:

    Kapitel (latein. capitulum „Köpfchen“) steht für: (…)
    * eine geistliche Körperschaft, beispielsweise ein Domkapitel oder ein Stiftskapitel
    * die Versammlung der stimmberechtigten Mitglieder eines Konvents oder von Mitgliedern des gesamten Ordens, siehe Ordenskapitel sowie Generalkapitel,
    * Haushaltskapitel, Bestandteil eines Haushaltsplans.
    (Quelle: Wikipedia)

    Unser 1680 Mal bezeugtes „Schulkapitel“ wird aber nicht erwähnt. Dafür die „geistliche Körperschaft“ des Domkapitels und Stiftskapitels. Ist denn eine Schule in der Schweiz auch eine „geistliche Körperschaft“? Wahrscheinlich Überbleibsel aus der Zeit vor der Reformation, als die Schulen noch Sache der Kirchen und Klöster waren.

    Ein schönes Beispiel für gelebtes Schweizerdeutsch ist auch dieses Zitat, ebenfalls aus dem Fachblatt Tages-Anzeiger:

    Die Bildungsdirektion solle die Einführung der zwei zusätzlichen Handarbeitslektionen für Fünft- und Sechstklässler verschieben – das verlangt das Schulkapitel des Bezirks Pfäffikon.
    (Quelle: Tages-Anzeiger 11.11.08 )

  • Kultus im Beutel und im Ministerium
  • Bildungsdirektion, Handarbeitslektionen und Schulkapitel. Wir müssen angestrengt nachdenken, wie diese Dinge in Deutschland benannt würden. Was die Bildungsdirektion im Kanton Zürich leistet, dürfte im Nachbarland Baden-Württemberg Aufgabe des Kultusministeriums sein. Ein Ministerum für Kultus, und einen Beutel für Kultur, so sind die Deutschen drauf.

  • Ein Direktor aber keine Direktion
  • Die „Direktion“ kennen wir in Deutschland nur vom Zirkus oder Hotel. Es gibt zwar einen „Direktor“ an einer deutschen Schule, aber selten wird der mit einer „Direktion“ in Verbindung gebracht. Wahrscheinlich stecken da wieder die Franzosen mit ihrem „Direktorium“, dem „directoire“ aus der Revolutionszeit dahinter. Wäre nicht das erste politische Erbstück, dass die Schweiz der Französischen Revolution und dem kleinen Korsen verdankt.