Wo gibt es hier denn Elche? — Wenn die Schweiz in Schweden ist

Januar 23rd, 2006
  • Der Koch der Muppetshow kommt nicht aus Switzerland
  • Schweizer im Ausland haben ein Problem: Ihr Heimatland ist so schrecklich klein. Auf einem Globus ist es kaum zu sehen, und selbst auf einer Europakarte muss man es suchen. Dann sind da noch die verdammten Anfangsbuchstaben. Die Schweiz heisst auf Englisch „Switzerland“ und das fängt mit zwei exotischen Konsonanten hintereinander an: „SW-. Leider tun das die Namen von zwei anderen Ländern auch, so zum Beispiel „Sweden“. Und das kennt die Welt, besonders die amerikanische Welt. Denn einen Schweden gab es schon in der Muppet-Show, nämlich den Koch, der immer „Smörebröd, Smörebröd“ vor sich herbrummelte. Also wird die Schweiz wegen der gleichen Anfangsbuchstaben von den meisten Amis kurzerhand nach Schweden befördert.

  • „Switzerland is not Sweden“
  • Sie werden es kaum glauben, aber für diesen merkwürdigen Satz, sogar mit den Anführungszeichen drum herum, gibt es bei Google 280 Belege

    Das bedeutet schlichtweg, dass 280 Mal an diversen Stellen im Internet ein armer Auslandsschweizer sich genötigt sah, seinen neuen Freunden zu erklären, dass die Schweiz nicht das Land ist, aus dem der Koch der Muppet-Show kommt und in dem man Elche treffen kann.
    Wir warnen vor dem Elch in der Schweiz

    Elche gibt es auch im Schwarzwald (siehe Schwarzwaldelch von SWR3), aber nicht so weit im Süden, wie die Schweiz liegt.
    Schwarzwaldelch unterwegs

    Hier die Aussage einer Kanada-Schweizerin, die Mühe hat, ihren Wohnort zu erklären:

    It seems for some strange reason, that whenever I say that I live in Switzerland, I’m asked how I like living in Sweden. Switzerland is not Sweden…so please quit asking me that!
    (Quelle:)

    Und die eines Schweizers, der das mit „Schweiz ungleich Schweden“ erklären muss:

    Switzerland is NOT!!!! Sweden… Sweden is a country in northern Europe… Switzerland is famous for cheese, mountains, watchs, chocos…what more? ;)) but believe me there are lots of other things in Switzerland as well…Not everywhere in Switzerland are mountains!!! I don’t live in the mountains..: (and there are also very beautiful lakes and landscapes in Switzerland.)
    (Quelle:)

  • From Swaziland to Switzerland
  • Es gibt noch ein Land, das mit den Konsonanten SW- anfängt und so ähnlich heisst wie die Schweiz: „Swaziland“. Hier sind schon drei Konsonanten in der richtigen Reihenfolge sowie ein „–land“ vorhanden: „S-w-z-land“ Als ich mich einmal für eine Prüfung beim amerikanischen Online-Prüfungsanbieter PEARSON-VUE an einem Sonntag anmelden wollte, wählte ich die kostenlose Hotline in den U.S.A. Bei der Frage: „Which Country are you calling from?“ sagte ich gut gelaunt und nichts Böses ahnend: „Switzerland!“ Es wurde mir prompt „Swaziland? That’s fine…“ geantwortet.

    Seitdem kann ich die Probleme der Schweizer verstehen, wenn sie im Ausland erklären müssen: „Switzerland is not Swaziland and not Sweden“. Ich erhöhte das Weltwissen der freundlichen Telefondame von Pearson-Vue, in dem ich sie darüber aufklärte, dass die Entfernung von Swaziland nach Switzerland nur knapp 8.470 Km beträgt (Quelle:), also praktisch ungefähr die Distanz, die sie auch für ein Wochenende zum Skifahren in Colorado in den Rocky Mountains zurücklegt.

    Flagge von Swaziland:
    Flagge von Swaziland

    Flagge von Schweden
    Flagge von Schweden

    Merke! Die Flagge der Schweiz zeigt ein Kreuz, und sie ist Weiss und Rot!
    Flagge der Schweiz:
    Flagge der Schweiz

    Schweizer Flagge

    Was Schweizer gerne essen (Teil 6) — Chüngeliragout

    Januar 22nd, 2006
  • Kein Klüngel um den Chüngel
  • In Köln, da gibt es den Kölschen Klüngel. An den mussten wir denken, als wir in der Schweiz zum ersten Mal das Wort „Chüngel“ oder „Küngel“ hörten:

    Kölner Klüngel, intern auch „Kölsche Klüngel“ genannt, bezeichnet (tendenziell verharmlosend) ein System auf Gegenseitigkeit beruhender Hilfeleistungen und Gefälligkeiten, das zur Vermischung von gesellschaftlichen, politischen und industriellen Interessen führt. Der Begriff Klüngel datiert aus dem 19. Jahrhundert. Er stand ursprünglich für ein Faden- oder Zwirnknäuel. (Quelle Wiki).

    In der Schweiz schreibt sich das Wort meist mit „CH“, wie denn sonst, steht ja extra hinten auf jedem Auto drauf, und spricht sich, je nach Gegend mit Rachen-Kratz-Laut wie „Chinsgi“ oder mit „K“ wie in Klünkelskerl. Der wiederum ist in meiner Heimat, dem Ruhrpott, der Alteisen-Einsammler:

    Besonders im Ruhrgebiet fuhren früher Leute mit ihrem Karren oder Wagen durch die Straßen und sammelten altes Metall ein. Sie nennt man Klüngelskerl oder auch Klüngelspit. Für das Metall gab es ein paar Pfennige. Meist bekamen diese die Kinder um sich Bonbons zu kaufen. Der Klüngelskerl wiederum brachte das alte Metall zu einem Wertstoffhof. Er macht durch einen „Vogelgesang“ (ähnlich der Melodie eines Eiswagens, nur sehr viel unmelodischer) auf sich aufmerksam. Zu bestimmten Tagen in der Woche wurden bestimmte Straßenzüge abgefahren. (Quelle Wiki)

    Doch kommen wir endlich zum Chüngel! Google-Schweiz weist 12’400Treffer dafür. Es ist bei den Schweizern kein Klüngel und kein Altwarenhändler sondern ein kleines putziges Tierchen, dass die Schweizer auch gern als Ragout oder im Topf verspeisen. Nein, keine Katze und kein Mehrschweinchen, sondern ein Kaninchen:
    Chüngeli oder Küngeli ist ein Kaninchen
    Hmm, irgendwie kriegen wir jetzt Hunger! Dazu passend also gleich das Rezept für den Chüngeli-Topf

    Wie gesagt, die Chüngeli dürfen sich auch mit K schreiben als Küngeli, dann leben sie in einem K-Z-V = Küngeli Züchter Verein wie dem KZV Nottiswil. Es soll Zeiten gegeben haben, da war die Mitgliedschaft in einem Verein, der den Buchstaben „K“ in der Abkürzung enthält, für Deutsche ein Hindernis bei der Einreise in die USA. Zum Glück ist das heute vorbei. Solange sie keine Witze über ne Bombe im Handgepäck machen, dürfen sie Mitglied sein wo immer so wollen.

    Tausendmal berührt — Den Lastwagen touchiert

    Januar 21st, 2006
  • Lastwagen touchiert
  • Lastwagen touchiert. Treffer -- versenkt
    Quelle: Tages-Anzeiger vom 11.01.06 S. 17
    Und wieder fuhr der Lenker ganz alleine weiter, ganz ohne Fahrer am Steuer, aber nicht mehr unfehlbar.

  • Tausendmal berührt — tausendmal nichts gespürt
  • Diesmal sind wir seelisch und moralisch gestärkt durch die Diskussion um den „Tätschmeister“ und das „touch-me“.
    Der Duden drückt aus, was wir vermuten:

    tou|chie|ren [, …] . V.; [frz. toucher = berühren, befühlen. afrz. touchier, urspr. lautm.]:1. (bes. Sport) berühren (1): ein Hindernis t.; Er touchierte die Leitplanke auf der Gegenfahrbahn (NZZ 30. 8. 86, 7); das Pferd touchierte das letzte Hindernis, aber die Stange blieb liegen; den Gegner mit der Klinge, die Billardkugel mit der Queue touchieren; Übertragung: Auch wenn die Zwei-Prozent-Marke touchiert wird, verbirgt sich dahinter kein Aufflackern der Inflation (Capital 9, 1997, 107).
    Quelle: www.duden.ch

  • Im Land der „Ieren“
    Wir leben im Land der „Ieren„, zwar nur mit einem „r“ aber mit langem „ie“ wie in den Verben auf „-ieren“ am Ende:

    parkieren
    touchieren
    foutieren
    goutieren
    sistieren
    plafonieren


    Unser Rat an alle Deutschen, die einen Umzug in der Schweiz planen:
    a. Macht vorher noch mal schnell einen Französischkurs.
    b. Kauft Euch unbedingt ein gutes Fremdwörterlexikon.
    c. Fragt im Bedarfsfall einfach die Schweizer, die wissen zum Glück alle immer ganz genau und sofort, was „sistieren“ und die anderen -ieren Wörter bedeuten.

  • Kommen Sie auch aus einem anderen Kulturkreis?

    Januar 20th, 2006
  • Leben in einem anderen Kulturkreis
  • Zum ersten Mal hörten wir den Satz: „Sie kommen ja aus einem ganz anderen Kulturkreis“ von einem Schweizer Primarschullehrer. Er wurde ohne Ironie und Hintergedanken vorgebracht, jedenfalls war kein spöttischer Unterton und kein Zucken im Mundwinkel des Sprechers festzustellen.

    Wir waren baff, wir hielten dies für einen Joke, den wir nicht verstanden. Doch später hörten wir diesen Satz immer wieder. So zum Beispiel in einer Diskussionsrunde der Sendung „Arena“, in der echte Schweizer „Streitkultur“ gepflegt wird:
    • Alle dürfen ausreden.
    • Keiner wird laut oder ausfallend.
    • Nie würde jemand einem anderen ins Wort fallen.
    • Selbstverständlich wird nur Schwiitzerdütsch gesprochen.

    Denn auf die 1.7 Millionen Nicht-Schweizer im Land braucht hier niemand Rücksicht zu nehmen. Bei den deutschen Zuschauern geht man davon aus, dass sie alles verstehen. Aber das Tempo der Diskussion ist angenehm schnell. Auf der ARENA-Website von SF1 gibt es für die nur Hochdeutsch Verstehenden eine Zusammenfassung der Diskussionsbeiträge auf Schriftdeutsch:
    Sendung vom 06.01.06

  • Ein anderer Kulturkreis
  • Ist die Schweiz wirklich ein „anderer Kulturkreis“? Oder definiert sie sich einfach nur so? Als Abgrenzung zum „Kulturkreis Europa“? Je häufiger wir diesen Satz hören, desto mehr sind wir davon überzeugt, dass er nicht als Witz sondern sehr ernst gemeint wird.

    In unserem Kulturkreis, da fressen sie noch Hunde, zur winterkalten Stunde.

    Dieses Zitat fällt uns ein, dessen Ursprung nicht mehr feststellbar ist (es findet sich in abgewandelter Form in einem Liedtext von Rainald Grebe).

    Wenn das benachbarte Baden-Württemberg schon ein „anderer Kulturkreis“ sein soll, wie fremd müssen sich dann Menschen aus Afrika oder Asien in der Schweiz fühlen.

    Sicherlich gibt es grosse Mentalitätsunterschiede zwischen den Schweizern und Deutschen, aber sind dies Unterschiede schon Grundlage genug, von einem „anderen Kulturkreis“ zu sprechen? Wir glauben, dass die Gräben innerhalb Deutschlands zwischen Ost und West, zwischen den „Ossies“ mit 40 Jahren SED-Diktatur als Lebenserfahrung, und den „Wessies“ die oft als „Besser-Wessies“ bespöttelt werden, mindestens genauso gross, wenn nicht grösser sind. Oder zwischen dem tiefsten Bayern, Oberschwaben und den kühlen Hanseaten aus Bremen und Hamburg. Dennoch teilen wir Deutschland nicht in Kulturkreise auf. Lasst uns nicht von Kreisen reden, sondern von Gräben. Und lasst uns fleissig weiter Brücken über diese Gräben bauen!

    Verhaftet das Hochhaus — Was heisst eigentlich „sistieren“?

    Januar 19th, 2006
  • Verhaftet das Hochhaus!
  • Bei unserer morgendlichen Bildungsbürger-Lektüre des Tages-Anzeigers stiessen wir auf folgende gescheite Überschrift:

    Hochhaus sistiert“.
    (Tages-Anzeiger 11.01.06 S. 17)

    Hochhaus sistiert
    Da haben wir nun 5 beschwerliche Jahre die Germanistik studiert, uns einst mit Latein und „Caesar Ora Classis Romana“ (= Cesar Küste die Flotte Römerin) rumgeschlagen, lernen seit weiteren 5 Jahren täglich den Fachjargon der Schweizer, und dann wieder so eine Pleite, einfach beim Zeitungslesen: Was bedeutet denn „sistieren„? Wir insistieren nicht zu lange, schauen konsterniert in die Runde und greifen flugs zum Fremdwörter-Duden. Ohne den geht gar nix in der Schweiz:

    sis|tie|ren [lat. sistere = stehen machen, anhalten]:
    Quelle: Der Duden

    Wie kann man ein Hochhaus zum stehen bringen? Ist es umgefallen?
    Oder es anhalten? Ist es denn am Weglaufen???

    Der Duden führt weiter aus:

    1. (bes. Rechtsspr.) zur Feststellung der Personalien zur Wache bringen; festnehmen:
    den Verdächtigen s.; „Im Zuge der Auseinandersetzungen sistierte die Polizei auch noch einen 34 Jahre alten Mann“ (MM 21. 4. 78, 20);
    Doch nicht die Spur eines Beweises gelingt, um den Sistierten mit den Doppelmorden zu belasten (Noack, Prozesse 107).

    Moment mal: Die wollen ein Hochhaus verhaften? Gibt es denn überhaupt so grosse Handschellen? Doch weiter heisst es im Duden:

    2. (bildungssprachig) [vorläufig] einstellen, unterbrechen; unterbinden, aufheben:
    die Ausführung von etw., die Geschäfte s.; (…)
    „Belgrad sistiert Schuldenzahlungen“ (NZZ 27.01.1983, S. 13).

  • Wenn der Master einen Plan hat
  • Da haben wir es also schwarz auf weiss vom Duden bestätigt bekommen. Es ist „Bildungssprache“, die in der heimlichen Hauptstadt der Rapp-Musik, dem „Rapper’s ville“ Rapperswil, gekonnt gesprochen wird, hier im Rahmen des grossen „Masterplans“.

    Master-Mind haben wir früher auch immer gespielt, und schrecklich oft verloren, so ganz ohne Plan. Aber in der Schweiz sind sie alle wahnsinnig trainiert für sowas, durch den neuen Volkssport „Sudoku“. Jeden Samstag im Tages-Anzeiger versuche ich es wieder, und scheitere nach nur 3 Kästchen. Zu wenig mathematische Begabung, und sprachlich bereits völlig überanstrengt durch die Lektüre des Tages-Anzeigers. Falls sie mal beim Tagi Lesen im morgendlichen Berufsverkehr kein Fremdwörterbuch dabei haben, fragen Sie doch einfach den Schweizer, der ihnen in der S-Bahn gegenüber sitzt. Der weiss sicherlich, was „sistiert“ heisst und freut sich darüber, Ihnen das Wort spontan und flüssig auf Hochdeutsch erklären zu dürfen. Nur Mut! Haben Sie stets Vertrauen in die Fremdwortkompetenz der Schweizer!