Vorkehren Sie auch schon? — Vogelgrippe in Deutschland

Februar 23rd, 2006
  • Vorkehren Sie auch schon?
  • In Deutschland ist die Vogelgrippe ausgebrochen, in Italien und Österreich ebenfalls, und uns ist auch schon schlecht. So schlugen wir den Tages-Anzeiger am 21.02.06 auf Seite 15 auf und lasen:

    Vogelgrippe: Was Zürich vorkehrt

    Was Zürich vorkehrt
    Jetzt fragen wir uns, was ist hier so merkwürdig? Haben wir vielleicht etwas vorkehrt gelesen? Vor dem „Kehren“ kommt doch nicht etwa das „Vorkehren“? Denn „kehren“ heisst doch „umdrehen“ in der Schweiz, und nicht „fegen“, denn das heisst ja „wischen“, oder war das anders herum, „vorkehrt“ zu sehen?

    Wir suchen um Hilfe beim Duden, dem sprachlichen Tröster in allen Zweifelsfällen, zu „vorkehren“:

    vor|keh|ren (sw. V.; hat):
    1. (ugs.) herauskehren:
    den Vorgesetzten, den Chef vorkehren;
    Er mochte die Moral vorkehren, die Kirche davor stellen …, sie lächelte bei ihrer Antwort (Musil, Mann 1297).
    (Quelle: duden.de)

    Heh, das ist ja ein Zitat von Seite 1.297 aus Robert Musils genialem Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“! Der ging schliesslich 1938 nach Zürich ins Exil:

    Der Roman wurde nach seinem Erscheinen Anfang der 1930er Jahre zunächst wenig beachtet. (…) Der Mann ohne Eigenschaften wird als ebenbürtig mit Ulysses von James Joyce und mit A la recherche du temps perdu von Marcel Proust gesehen, und die drei Romane werden oft in einem Atemzug genannt.
    (…)
    1938 emigrierte er mit seiner Frau nach Zürich. In diesem Jahr wurden auch alle seine Bücher verboten. Aus finanziellen Gründen zog das Ehepaar Musil nach Genf um. Sie lebten dort in äußerst desolaten Verhältnissen; die einzige Unterstützung erfuhren sie durch das schweizerische Hilfswerk für deutsche Gelehrte.
    (Quelle: Wiki)

    Ob er in Zürich dieses Wort gelernt hat? Wir halten fest fürs Protokol: Ohne das schweizerische „Hilfswerk für deutsche Gelehrte“ gäbe es heute wahrscheinlich keinen Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“!

    Doch es gibt ja noch eine zweite Ziffer im Duden:

    2. (schweiz.) Vorkehrungen treffen, vorsorglich anordnen:
    geeignete Maßnahmen vorkehren; Was gedenkt der Stadtrat gegen … Versorgungsschwierigkeiten vorzukehren? (NZZ 28. 1. 83, 28); … um rechtzeitig vorkehren. zu können, wenn sich die Geschichte dramatisch entwickeln sollte (Wochenpresse 13, 1984, 18).

    Also üben wir das jetzt mal geschwind alle gemeinsam:
    Ich kehre vor, Du kehrst vor, er/sie/es kehrt vor… klingt für Norddeutsche Ohren verkehrt, aber „verkehren“ ist nun ganz bestimmt nicht das, was wir hier tun sollen. Wie sagen die Deutschen so schön umständlich für schweizerisch „vorkehren“ => Vorkehrungen treffen, vorsorglich anordnen.

    Da haben wir es wieder: Was für ein Wortungetüm ist bei den Deutschen dort notwendig, wo doch so eine schlichte kleine Vokabel wie „vorkehren“ vollkommen ausreichen würde. „Vorkehren“ wir also nun geeignete Massnahmen, dieses hübschen Wörtchen ab sofort in unseren Wortschatz einfliessen zu lassen!

    Schliesslich gibt es bei Google-Schweiz 42.300 Funde!
    und bei Google-Deutschland nur läppische 821 Stellen.
    Hübsch ist auch die substantivierte Form in Schweizer Gesetzestexten:

    Vorkehren bei Nichtbefolgung von Vorschriften oder Verfügungen

    Werden Vorschriften des Gesetzes oder einer Verordnung oder wird eine Verfügung nicht befolgt, so macht die kantonale Behörde, das Eidgenössische Arbeitsinspektorat oder der Arbeitsärztliche Dienst den Fehlbaren darauf aufmerksam und verlangt die Einhaltung der nicht befolgten Vorschrift oder Verfügung.
    (Quelle: admin.ch)

    Man hört richtig bei jedem „V“ ein Zischen in der Luft wie von einem Peitschenschlag!
    Schade, das „Fehlbare“ nicht auch mit „V“ geschrieben werden dürfen… Aber wir wissen ja schon aus der Schulzeit, welches die drei Dinge mit „F“, sind, die ein Mann niemals, auch nicht seinem besten Freund, verleihen darf: Frau, Füllfederhalter und Ferd. Fertig.

    VBS und nicht EDV — Kleine Abkürzungskunde der Schweizer Exekutive

    Februar 22nd, 2006
  • MSN-Schweiz Top-Thema „Schweizer Militär“
  • Wir können unseren Augen kaum trauen, aber die Blogwiese wurde beim Internet-Suchdienst MSN Schweiz zur absoluten Top-Informationsquelle für das Thema „Schweizer Militär“ erkoren:
    Geheime Informationen über das Schweizer Militär
    Hier ist der Beweis.
    Wie kommen wir zu dieser Ehre? Nun, durch immerhin fünf hoch brisante Artikel zum Thema „Militär in der Schweiz“ höchst wahrscheinlich. Andere Schweizer Webseiten, auch von ganz hochoffizieller Stelle, können da nicht mithalten. So finden wir erst an dritter Stelle die vom

    Amt für Militär und Zivilschutz
    http://www.amz.zh.ch

    dann folgen Aufgebotsdaten und schliesslich das

    VBS Eidgenössisches Departement für Verteidigung
    Homepage des Eidg. Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Informationen über die Schweizer Armee.
    http://www.vbs.admin.ch

    Um die Wahrheit zu sagen, so ganz geläufig war uns die Abkürzung „VBS“ bisher noch nicht. Wir dachten da immer mehr an Microsofts „Visual Basic Scripting“ Sprache VBScript. Aber wie wir bei Wiki erfuhren, tragen auch die „Verkehrsbetriebe Speyer“ (das liegt am Rhein in Deutschland) und „vernetzte Biosysteme“ diese schöne Abkürzung.

  • Bunker bauen und dabei sportlich bleiben
  • Uns ist vor allem die Kombination und Reihenfolge der Zuständigkeit in diesem Amt aufgefallen:
    1. Verteidigung (Nicht im Fussball, sondern des Landes, nehmen wir an)
    2. Bevölkerungsschutz (Bunkerbau, rechtzeitiges Ankaufen von Jod-Tabletten, genügend festes Schuhwerk für den Bunkeraufenthalt etc., vgl. Blogwiese)
    3. Sport
    Oups, wie ordnen wir den Sport da jetzt richtig ein? Wie kann ein Department zugleich für die Soldaten, den Bunkerbau und die Sportplätze zuständig sein? Sind die jährlichen Wiederholungsübungen der Schweizer Miliz-Soldaten als sportliche Trainingseinheiten zu verstehen? Kann man beim Bunkerbau seine Ausdauer und Kraft erhöhen? Oder wollte schlichtweg niemand anders die Ehrenplätze bei den Natzi-Spielen einnehmen müssen, als der Bundesrat für die Landesverteidigung? Zumal das, wie beim Spiel in Istanbul, ja auch nicht immer ganz ungefährlich ist ohne militärischer Profi-Ausbildung.

    In Deutschland macht das der Bundesinnenminister. Es gibt kein eigenes „Sportministerium“ mehr, das gehört zum Innenministerium. Der Innenminister muss mit seinen Polizisten sowieso den ganzen Spielverlauf absichern und trägt bei Ausschreitungen die Verantwortung, also darf er zum Ausgleich auch neben Beckenbauer auf der Tribüne hocken.

  • So weit der Präfekt reiten kann
  • Dennoch grübeln wir über den geheimen Sinn dieses Schweizer Departements. Kleiner Frankreichkunde-Exkurs vorne weg: Denken sie bei „Departements“ in der Schweiz auf keinen Fall an diese Dinger in Frankreich, die das einst zentralistisch regierte Land in kleine Herrschaftsbereiche zerstückeln, stets nach einem Fluss benannt und mit einer Nummer versehen (vgl. Wiki).

    Die Départements wurden ebenso wie die Gemeinden 1789/1790 im Laufe der Französischen Revolution eingeführt. Durch ein Gesetz vom 22. Dezember 1789 traten sie an die Stelle der historischen Provinzen, die sich in Rechtsstatus und Größe stark voneinander unterschieden hatten. (…) Als Größe wurde dabei festgelegt, dass die Grenze von der Hauptstadt des Départements nicht weiter als einen Tagesritt zu Pferd entfernt sein dürfe.

    Ist doch genial: Die Reichweite eines Pferdes als geographische Grössenordnung!

  • Nicht EDV aber VBS
  • Das VBS Eidgenössische Departement für Verteidigung liesse sich übrigens auch hübsch als „EDV“ abkürzen. Es hat als einziges Departement in der Abkürzung kein E enthalten. Ob es uns damit etwas Besonderes sagen möchte?

  • Kleine Schweizer Abkürzungskunde der Exekutive
  • Für was steht EVD, UVEK, EDI, EDA, EJPD und EFD? Das wissen Sie nicht? Wie lange leben Sie denn schon in der Schweiz? Zugegeben, bisher kannten wir auch nur das EDA, weil wir nicht genug bekommen können von
    Madame Micheline vom EDA
    Madame Micheline Calmy-Rey, besonders wenn Sie im Schweizer Fernsehen auf Hochdeutsch Interviews gibt. Faszinierend! Immerhin haben wir sie noch nie Schwiizerdütsch reden hören. Sie wird in Charme und Anmut bei Interviews nur noch übertroffen von der derzeitigen Schönheitskönigin Lauriane Gilliéron (vgl. Blogwiese) . Vielleicht gibt es irgendwann mal eine DVD zu kaufen, mit allen TV-Interviews der beiden Damen drauf?

    Aber jetzt flugs die Augen aufgesperrt und auswendig gelernt:

  • EVD = Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (fast wie „EDV“, aber nur fast!)
  • VBS = Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (und nicht EDV!)
  • UVEK = Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
  • EDI = Eidgenössisches Departement des Innern (könnte auch „Electronical Data Interchange“ heissen
  • EDA = Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten
  • EJPD = Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
  • EFD = Eidgenössisches Finanzdepartement
  • (Quelle: Wiki)

    Haben Sie mitgezählt? Die Schweiz hat nur sieben Exekutiv-Departments, sind ja auch nur 7 Bundesräte in der Regierung. Kleiner Schwenk in das Kabinett von Angela Merkel in Berlin. Hier finden wir immer noch 14 Ministerien, wenn auch schon manches zusammengelegt wurde, und einen Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes (das immer noch nicht „Bundeskanzlerinamt“ wurde):

    Arbeit und Soziales
    Auswärtiges
    Inneres
    Justiz
    Finanzen
    Wirtschaft und Technologie
    Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
    Verteidigung
    Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Gesundheit
    Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
    Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
    Bildung und Forschung
    Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
    Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes

    Was schliessen wir daraus: Ein grosses Land braucht viele Minister, ein kleines Land kommt mit weniger aus, die Dank „Konkordanz“-Postulat und Zauberformel zusammenhalten, was das Zeug hält und keine Kanzlerin mit „Richtlinienkompetenz“ benötigen.

    Was machen die Berner in Zürich? Einen Verein gründen…

    Februar 21st, 2006

    Falls es ein Berner aus dem Zürcher Unterland eines Tages bis in die grosse Stadt Zürich schafft, und er damit seiner eigentlich Heimatregion gut 20 Minuten Fahrtzeit näher gekommen ist, braucht er auch dort nicht auf sein Brauchtum verzichten. Denn in Zürich gibt es den „Berner-Verein Zürich“. Wir zitieren von der Webseite:

    Der Berner-Verein Zürich bezweckt die Förderung und Pflege des bernischen Brauchtums, die Freundschaft und Geselligkeit, sowie die Durchführung von gesellschaftlichen und kulturellen Anlässen.
    (Alle Zitate siehe Quelle: bernerverein-zuerich.ch)

    Bezwecken sie auch gern im Verein? Ich bezwecke, du bezweckst, er/sie/es bezweckt… mit oder ohne Heftzwecke? Was denn so zum Beispiel?

    die Förderung des landsmännischen Sinnes der in Zürich und Umgebung niedergelassenen Berner und Bernerfreunde

    Eine Genitiv-Konstruktion, die wir so gewagt selten erleben durften. Aber es kommt noch besser. Bitte laut und deutlich lesen, aber langsam:

    die Unterstützung der dem Heimatschutz dienenden Bestrebungen des Trachtenwesens

    Wir fassen zusammen: „die..der..dem..dienenden..des. “ Kurz gesagt: Am Berner Trachtenwesen soll der Heimatschutz genesen!
    Nur beim letzten Zweck müssen wir passen:

    des freiwilligen Schiesswesend durch seine Schützengesellschaft

    Erstens Genitiv und zweitens ein Wort das wir nicht kennen: „Der Schiesswesend“? Oder „das Schiesswesend“? Ein Wesen das schiesst? „Wes-End“ wird hier beschossen? Oder wird hier am Ende gar nicht auf „Enden“ geschossen?

    Auf jeden Fall bekommen die Berner Vereine den Sonderpreis für die „Erhaltung des Genitivs im Schriftdeutschen“ von uns verliehen.

    Und glauben Sie jetzt nicht, es sei nur eine Besonderheit der Berner, sich 70 Fahrminuten von ihrer Heimat bereits in einem Verein zu organisieren. Auch die Obwaldner tun das in Zürich, siehe hier und die Urschweizer sowieso (siehe hier)
    Wie heisst es noch so schön im Rütli-Schwur (den Schiller schrieb, ohne je einen Fuss in die Schweiz gesetzt zu haben):

    „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern.“

    Aber bitte jeder mit seinem eigenen Verein im fremden Nachbarkanton!

    Was machen die Berner im Zürcher Unterland? Einen Verein gründen.

    Februar 20th, 2006
  • Es ist immer ein weiter Weg bis nach Bern
  • Die Schweiz ist ein ziemlich grosses Land. Vom nördlichen Grenzübergang bei Basel bis zur italienischen Grenze bei Chiasso sind es 286 Km, was laut unserem Routenplaner 2h 50 min Fahrt bedeutet. Knapp 85 Minuten braucht man von Bülach im Zürcher Unterland bis nach Bern, denn das sind immerhin 138 Km. Eine ziemlich weite Strecke in diesem grossen Land. So weit, dass es für die Berner, die es aus beruflichen oder privaten Gründen ins Zürcher Unterland verschlagen hat, als Grund genügt, hier einen Heimatverein zu gründen:

    Im Januar 1946 war es soweit. In Bülach wurde von einer stattlichen Anzahl „Heimweh-Bernern“ der Bernerverein Zürcher Unterland aus der Taufe gehoben. Gemäss den damaligen wie auch den heutigen Statuten bezweckt er „die Erhaltung und Förderung der bernischen Eigenart der im Zürcher Unterland niedergelassenen Bernerinnen und Berner. Neben der Pflege der Freundschaft und der Geselligkeit wünscht der Verein mit den in seiner Umgebung wohnenden Landsleuten auch das bernische Brauchtum zu pflegen. Mitglied des Vereins können Personen mit bernischem Heimatort werden. Es können auch Personen ohne bernisches Bürgerrecht, die den kameradschaftlichen Bestrebungen förderlich sind und sich dem bernischen Brauchtum verbunden fühlen, in den Verein aufgenommen werden.“
    (Quelle: bvzu.ch)

    Ob die auch Kurse in Bärntütsch anbieten für die sprachlich unbeholfenen Zürcher?
    Wenn Sprachkurse auf Bärntütsch, dann nur in gesungener und gejodelter Form:

    Unsere Aktivmitglieder singen und jodeln in einem Gemischten Jodelchor, spielen in der Theatergruppe, musizieren in der Örgeligruppe und fahren Velo und Töff in der Velo- und Motogruppe.

    Der Vereinspräsident heisst Fredy Lehmann. Sein Verein feiert gerade das 60jähriges Bestehen mit den 400 Mitgliedern. Über diese sagt Lehmann in einem Interview mit dem Zürcher Unterländer:

    „Wir sind es uns noch gewohnt, die Leute auf der Strasse zu grüssen. Hin und wieder werden wir deshalb schräg angeschaut. Scheinbar ist man sich das hier nicht gewohnt, besonders nicht die Jüngeren.
    (Quelle: Zürcher Unterländer vom 2.2.06, S.3)

    Wow! Diese reflexive Rückbezüglichkeit in der Form „es sich gewohnt sein“ beeindruckt unser verkümmertes norddeutsches Grammatikverständnis. Dabei dachten wir bisher immer, die Schweizer hätten die reflexive „Sich-Form“ abgeschafft! Wie in „das Wetter ändert“ statt „das Wetter ändert sich“ oder „das rentiert“ an Stelle von „das rentiert sich“.

    Offenbar ist das im Berndeutschen ganz anders. „Scheinbar ist man sich das hier noch gewohnt“.

  • Grüssen auf der Strasse
  • Stichwort „Grüssen auf der Strasse„: Wenn es danach geht, ist Bülach ein Dorf voller Berner, denn ausser „Downtown“ im Städle oder an sehr belebten Plätzen (wo man aus dem Grüezi sagen gar nicht mehr herauskommen würde), wird in jeder einsamen Wohnstrasse fleissig gegrüsst. Und wer nicht mitgrüsst, wird skeptisch angeschaut. Begegnen sich zwei Bülacher abends in der Innenstadt, kurz vor dem Hochklappen der Bürgersteige, grüssen sie sich selbstverständlich, ganz unabhängig davon, ob sie nun aus Bern stammen oder nicht.

  • Bratpfannen und Kaffeemaschine mieten
  • Was machen die Berner im Unterland sonst noch so? Nun, sie sind sehr geschäftstüchtig und halten mit ihren Dienstleistungen und Angeboten nicht hinter dem Berg:

    Organisieren Sie hie und da ein Fest? Benötigen Sie dazu ein Festzelt (max. 100 Personen), eine Kaffeemaschine oder eine Bratpfanne (Durchmesser 90 cm, mit Gasbrenner)? Sie können alles bei uns mieten! Wir singen, jodeln und örgelen auch für Sie!
    (Quelle: bvzu.ch)

    Ob die 100 Personen im Festzelt gleich mitgemietet werden können? Ach, und das hier keine Missverständnisse bei den Deutschen Lesern aufkommen: Wenn die Berner „örgelen“, dann hat das nichts mit „nörgeln“ zu tun, sondern dann spielen sie auf der Handorgel, das ist in der Schweiz ein Akkordeon.

    Morgen gehts weiter mit den Bernern in Zürich!

    Hatten Sie auch schon einen Exploit?

    Februar 19th, 2006
  • Was ist ein Exploit?
  • Wie so häufig stolpern wir bei der Morgenlektüre unseres Tages-Anzeigers über einen Ausdruck, der uns scheinbar bekannt vorkommt, dennoch unverständlich ist:

    „Das Nationalteam verpasste an der Heim-EM durch ein 30:37 gegen die Ukraine die Hauptrunde und schied trotz des vorangegangenen 31:31-Exploits gegen Polen als Gruppenletzter aus.“
    (Quelle: Tages-Anzeiger 30.01.06)

    Was ist ein Exploit?
    Wir versuchen auch diesmal, ganz von allein auf die Bedeutung dieses Wortes zu kommen.
    Englisch „to exploit“ heisst laut Leo ausbeuten, ausnutzen, ausschöpfen, auswerten“.
    Wie kann das nun für ein Handballspiel gelten, wenn 31:31 Gleichstand herrscht? Heisst „Exploit“ vielleicht „Gleichstand“?

    Wir googlen das Wort ein bisschen und finden weitere Belege aus dem Bereich Sport:

    Bei den Bobfahrerinnen in Altenberg am 27.01.06

    Kein Exploit der Schweizerinnen
    (Quelle: www.news.ch)

    Beim Ski:

    Medaillenchancen: Intakt, aber es braucht einen Exploit.
    (Quelle: Blick.ch)

    Kein Exploit am Lauberhorn
    (Quelle: blick.ch 14.01.06)

    Mit Wiki kommen wir da nicht weiter, denn dort hat der Exploit nix mit Sport zu tun, sehr wohl aber etwas mit Lücken in Computerprogrammen:

    Ein Exploit (englisch to exploit – ausnutzen) ist ein Computerprogramm oder Script, welches spezifische Schwächen beziehungsweise Fehlfunktionen eines anderen Computerprogramms, zur Erlangung von Privilegien oder in Absicht einer DoS-Attacke, ausnutzt.
    Ein Exploit wird oft auch einfach nur zur Demonstration einer Sicherheitslücke geschrieben und veröffentlicht. Dieser Beweis der Machbarkeit wird in der Fachsprache auch Proof of Concept genannt. Dadurch soll erreicht werden, dass Hersteller von Software möglichst schnell auf bekannt gewordene Sicherheitslücken reagieren. Oft bezeichnet man auch nur die theoretische Beschreibung eines Exploits als Exploit.
    (Quelle: Wiki)

    Sind wir jetzt schlauer dadurch? Haben die Schweizer bisher versäumt, eine Lücke in einem Softwareprogramm auszunutzen, oder warum sprechen sie sonst ständig von „Exploits“ im Sport?

    Die Wahrheit findet sich wie so oft im Duden:

    Ex|ploit, der; -s, -s [frz. exploit afrz. esploit, über das Vlat. zu lat. explicitus, explizit]
    (schweiz., bes. Sport): hervorragende Leistung, Glanzleistung:
    Exploit der Spätaufsteherin Whitbread am frühen Morgen: Weltrekord-verbesserung um über 2 m (NZZ 30. 8. 86, 33); Auch Erfolge wie die Halbfinalqualifikation der Grasshoppers 1978 kommen in der Regel dank Exploits auf eigenem Platz nach einer knappen Auswärtsniederlage zustande (NZZ 25. 10. 86, 39).

  • Hochdeutsch ist eine Fremdsprache
  • Wir fragen uns bei diesen Wortentdeckungen immer: Wieso lamentieren die Schweizer eigentlich ständig darüber, dass Hochdeutsch für sie eine Fremdsprache sei und schwierig zu lernen. Gleichzeitig verwenden sie permanent selbst die kniffligsten Fremdwörter. Wissen Schweizer Jugendliche tatsächliche alle auf Anhieb, was ein „Exploit“ im Sport ist?

    Jedenfalls haben wir wieder was gelernt, unser Schweizerdeutsches Fachwortschatz ist durch diesen Exploit erheblich touchiert worden diesmal, wir können die ständige Wortschatzerweiterung nicht sistieren, irgendwann muss unsere Auffassungsgabe doch mal plafoniert werden, aber das foutiert uns dann wohl nicht mehr, auch wenn es doch irgendwie goutiert.
    Noch Fragen? Noch Pendenzen? Was war gleich das nächste Traktandum? Ich brauche jetzt dringend einen Zapfenzieher