Wo gibt es hier denn Elche? — Wenn die Schweiz in Schweden ist

Oktober 14th, 2008

(reload vom 26.01.06)

  • Der Koch der Muppetshow kommt nicht aus Switzerland
  • Schweizer im Ausland haben ein Problem: Ihr Heimatland ist so schrecklich klein. Auf einem Globus ist es kaum zu sehen, und selbst auf einer Europakarte muss man es suchen. Dann sind da noch die verdammten Anfangsbuchstaben. Die Schweiz heisst auf Englisch „Switzerland“ und das fängt mit zwei exotischen Konsonanten hintereinander an: „SW-. Leider tun das die Namen von zwei anderen Ländern auch, so zum Beispiel „Sweden“. Und das kennt die Welt, besonders die amerikanische Welt. Denn einen Schweden gab es schon in der Muppet-Show, nämlich den Koch, der immer „Smörebröd, Smörebröd“ vor sich herbrummelte. Also wird die Schweiz wegen der gleichen Anfangsbuchstaben von den meisten Amis kurzerhand nach Schweden befördert.

  • „Switzerland is not Sweden“
  • Sie werden es kaum glauben, aber für diesen merkwürdigen Satz, sogar mit den Anführungszeichen drum herum, gibt es bei Google 92 Belege

    Das bedeutet schlichtweg, dass 92 Mal an diversen Stellen im Internet ein armer Auslandsschweizer sich genötigt sah, seinen neuen Freunden zu erklären, dass die Schweiz nicht das Land ist, aus dem der Koch der Muppet-Show kommt und in dem man Elche treffen kann.
    Wir warnen vor dem Elch in der Schweiz

    Elche gibt es auch im Schwarzwald (siehe Schwarzwaldelch von SWR3), aber nicht so weit im Süden, wie die Schweiz liegt.
    Schwarzwaldelch unterwegs

    Hier die Aussage einer Kanada-Schweizerin, die Mühe hat, ihren Wohnort zu erklären:

    It seems for some strange reason, that whenever I say that I live in Switzerland, I’m asked how I like living in Sweden. Switzerland is not Sweden…so please quit asking me that!

    Und die eines Schweizers, der das mit „Schweiz ungleich Schweden“ erklären muss:

    Switzerland is NOT!!!! Sweden… Sweden is a country in northern Europe… Switzerland is famous for cheese, mountains, watchs, chocos…what more? ;)) but believe me there are lots of other things in Switzerland as well…Not everywhere in Switzerland are mountains!!! I don’t live in the mountains..: (and there are also very beautiful lakes and landscapes in Switzerland.)

  • From Swaziland to Switzerland
  • Es gibt noch ein Land, das mit den Konsonanten SW- anfängt und so ähnlich heisst wie die Schweiz: „Swaziland“. Hier sind schon drei Konsonanten in der richtigen Reihenfolge sowie ein „–land“ vorhanden: „S-w-z-land“ Als ich mich einmal für eine Prüfung beim amerikanischen Online-Prüfungsanbieter PEARSON-VUE an einem Sonntag anmelden wollte, wählte ich die kostenlose Hotline in den U.S.A. Bei der Frage: „Which Country are you calling from?“ sagte ich gut gelaunt und nichts Böses ahnend: „Switzerland!“ Es wurde mir prompt „Swaziland? That’s fine…“ geantwortet.

    Seitdem kann ich die Probleme der Schweizer verstehen, wenn sie im Ausland erklären müssen: „Switzerland is not Swaziland and not Sweden“. Ich erhöhte das Weltwissen der freundlichen Telefondame von Pearson-Vue, in dem ich sie darüber aufklärte, dass die Entfernung von Swaziland nach Switzerland nur knapp 8.470 Km beträgt (Quelle:), also praktisch ungefähr die Distanz, die sie auch für ein Wochenende zum Skifahren in Colorado in den Rocky Mountains zurücklegt.

    Flagge von Swaziland:
    Flagge von Swaziland

    Flagge von Schweden
    Flagge von Schweden

    Merke! Die Flagge der Schweiz zeigt ein Kreuz, und sie ist Weiss und Rot!

    Flagge der Schweiz

    Was Schweizer gerne essen (Teil 6) — Chüngeliragout

    Oktober 13th, 2008

    (reload vom 22.01.06)

  • Kein Klüngel um den Chüngel
  • In Köln, da gibt es den Kölschen Klüngel. An den mussten wir denken, als wir in der Schweiz zum ersten Mal das Wort „Chüngel“ oder „Küngel“ hörten:

    Kölner Klüngel, intern auch „Kölsche Klüngel“ genannt, bezeichnet (tendenziell verharmlosend) ein System auf Gegenseitigkeit beruhender Hilfeleistungen und Gefälligkeiten, das zur Vermischung von gesellschaftlichen, politischen und industriellen Interessen führt. Der Begriff Klüngel datiert aus dem 19. Jahrhundert. Er stand ursprünglich für ein Faden- oder Zwirnknäuel. (Quelle Wiki).

    In der Schweiz schreibt sich das Wort meist mit „CH“, wie denn sonst, steht ja extra hinten auf jedem Auto drauf, und spricht sich, je nach Gegend mit Rachen-Kratz-Laut wie „Chinsgi“ oder mit „K“ wie in Klünkelskerl. Der wiederum ist in meiner Heimat, dem Ruhrpott, der Alteisen-Einsammler:

    Besonders im Ruhrgebiet fuhren früher Leute mit ihrem Karren oder Wagen durch die Straßen und sammelten altes Metall ein. Sie nennt man Klüngelskerl oder auch Klüngelspit. Für das Metall gab es ein paar Pfennige. Meist bekamen diese die Kinder um sich Bonbons zu kaufen. Der Klüngelskerl wiederum brachte das alte Metall zu einem Wertstoffhof. Er macht durch einen „Vogelgesang“ (ähnlich der Melodie eines Eiswagens, nur sehr viel unmelodischer) auf sich aufmerksam. Zu bestimmten Tagen in der Woche wurden bestimmte Straßenzüge abgefahren. (Quelle Wiki)

    Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung befindet sich der Beruf des Klüngelskerls durch die gestiegenen Rohstoffpreisen wieder mächtig im Aufwind, siehe hier.

  • Kein Alteisenhändler sondern ein Langohr
  • Doch kommen wir endlich zum Chüngel! Google-Schweiz weist 12400 Treffer dafür. Es ist bei den Schweizern kein Klüngel und kein Altwarenhändler sondern ein kleines putziges Tierchen, das die Schweizer auch gern als Ragout oder im Topf verspeisen. Nein, keine Katze und kein Mehrschweinchen, sondern ein Kaninchen:

    Kaninchen oder Chlüngel?
    (Quelle Foto: www. natur-lexikon.com)

    Hmm, irgendwie kriegen wir jetzt Hunger! Dazu passend also gleich das Rezept für den Chüngeli-Topf

    Wie gesagt, die Chüngeli dürfen sich auch mit K schreiben als Küngeli, dann leben sie in einem K-Z-V = Küngeli Züchter Verein wie dem KZV Nottiswil. Es soll Zeiten gegeben haben, da war die Mitgliedschaft in einem Verein, der den Buchstaben „K“ in der Abkürzung enthält, für Deutsche ein Hindernis bei der Einreise in die USA. Zum Glück ist das heute vorbei. Solange sie keine Witze über ne Bombe im Handgepäck machen, dürfen sie Mitglied sein wo immer so wollen.

    Ein Deutscher will zurück nach Zürich — Arthur Horváth live in Zürich am 18.10.08

    Oktober 10th, 2008
  • Ode an die heimliche Hauptstadt
  • Kann das gut gehen? Der Kölner Arthur Horváth schrieb eine Ode an die heimliche Hauptstadt der Schweiz, an Zürich, den beliebteste Ort hierzulande überhaupt, und wurde vom Stadtmarketing Zürich Tourismus gleich „gekauft“. Der Song unterlegt den offiziellen Werbespot von Little Big City:

    Und die Zürcher? Die freuen sich wie narrisch, dass endlich ein Kölner ihre Stadt besingt. Auf Hochdeutsch, nicht in der Sprache Zwinglis oder in der Mundart von BAP. Die Versionen in den drei anderen Schweizer Landessprachen sind in Arbeit. Gab ja noch kein Lied über diese Stadt. Könnte es einen Schweizer geben, der Zürich besingen würde? Nein, auf so eine Idee kommt man nur als Deutscher. Wir sind gern hier, und wir kommen gern immer wieder!

  • Live im Zwinglihaus am 18.10.08
  • Am nächsten Wochenende kann man den guten Mann Mann live erleben, denn er tritt in Zürich auf, im Kulturmarkt (Ämterstrasse 23, Lageplan hier), ab 19:30 Uhr ist Einlass und um 20:30 Uhr geht es los. Eintritt 25 Fr., 15 Fr. ermässigt. Mit „Legi“ heisst das in der Schweiz, was keine Legosteine sind, sondern eine „Legitimation“, dass man Student oder Schüler oder Zivildienstleistender oder Soldat oder Deutscher ist in diesem Staat.

    Artur Horváth

    Wir werden deutsch sein dort sein und uns diesen Landsmann mit dem sympathischen Haarschnitt und seinem Trio mal genau angucken. Wäre cool, wenn noch viele andere kämen. Die Musik kann man sich auf der Homepage www.arthur-horvath.de auch schon mal probeweise reinziehen.

    „Horváth verzaubert mit charmanter Stimme, humorvollen deutschen Texten und erfrischend positiven Liedern. Neben Akustikgitarren, Bass und Gesang setzt das Trio auch ungewöhnliche Instrumente wie Akkordeon, Cajon und allerlei Flöten ein.“
    (Quelle: Kulturmarkt im Zwinglihaus)

    Charmant, humorvoll, deutsch. Ist das eine Steigerung? Oder eine Konsequenz? Wir sind jedenfalls schon sehr gespannt auf den Live-Auftritt am nächsten Samstag. Wer mehr Details zum Mitnehmen oder Ausdrucken braucht, kann sich diesen Flyer hier runterladen.

    Werde Botschaftsschützer oder Botschaftsschützerin — Ausbildung aber nur auf Deutsch

    Oktober 9th, 2008
  • Das Viertel mit den Botschaften
  • Neulich waren wir in Bern ausserhalb der Altstadt unterwegs und gerieten in der Nähe der Thunstrasse in ein Viertel, in welchem zahlreiche Botschaften fremder Länder zu finden sind. Hohe Zäune und Kameras an den Einfahrten sorgten für Sicherheit, und wir trafen auf zwei Schweizer Soldaten mit Sturmgewehr und militärisch grossem Funkgerät, die für die Bewachung der Gegend zuständig waren. Als wir sie nach dem Weg fragten, stellte sich heraus, dass sie nur Französisch sprachen. Ob sie Profis waren oder nur ihren WK ableisteten, war nicht ersichtlich. Jedenfalls waren sie „Stellvertreter“, denn eigentlich sind für den Schutz der ausländischen Botschaften in der Schweiz Spezialkräfte vorgesehen.

  • Werde Botschaftsschützer
  • Lange Zeit glaubte ich, dass es nur in Deutschland für jede berufliche Nische einen eigenen Ausbildungsweg gibt. Von der Fleischfachverkäuferin über den diplomierten Raumkosmetiker sei dort alles möglich. Da nun stiess ich auf diese ausgeschriebene Stelle als „Botschaftsschützer/in“ in Bern:
    Werde Botschaftsschützer
    (Quelle Foto: police.be.ch)

  • Stehvermögen ist gefragt
  • An 365 Tagen rund um die Uhr stellen die Botschaftsschützerinnen und Botschaftsschützer die Sicherheit ausländischer diplomatischer und konsularischer Vertretungen sicher. Sie leisten ihren Dienst uniformiert und bewaffnet. Nebst ihrem Einsatz vor den entsprechenden Gebäuden – bei jeder Witterung – zirkulieren sie in den Patrouillenfahrzeugen des Botschaftsschutzes durch die Botschaftsviertel. In dringlichen Fällen unterstützen sie zudem die Kolleginnen und Kollegen der Polizei bei sicherheitspolizeilichen Einsätzen.
    (Quelle: www.police.be.ch

    Solange diese Stellen in Bern nicht ausreichend besetzt werden können, müssen WK Soldaten diesen Job provisorisch übernehmen. Das Botschaftsviertel in Bern wird von diesen geschützt.

    Sie werden dabei auch bei der polizeilichen Bewältigung von politischen Demonstrationen und Grossanlässen eingesetzt. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen des Verkehrsdienstes bei der Kontrolle des ruhenden und rollenden Verkehrs in der Stadt Bern.

    Aufpassen, dass der geparkte Lieferwagen vor der Botschaft nicht in die Luft fliegt usw. Technisches Verständnis und physische Belastbarkeit sind gefragt, um eine Bombe schon am Ticken zu erkennen oder an den vielen Kabeln.

    Die Erfüllung dieser Aufgaben erfordert Geschick im Umgang mit Menschen, eine überdurchschnittliche psychische und physische Belastbarkeit, technisches Verständnis und eine gute körperliche Verfassung. Ausgeglichener Charakter, logisches und schlussfolgerndes Denkvermögen und Entschlusskraft, vor allem aber auch Standvermögen bei Wind und Wetter sind weitere wichtige Voraussetzungen für diesen Beruf.
    (Quelle www.police.be.ch)

    Unerwähnt bleibt, welche Niederlassungsbewilligung für diesen Beruf vorausgesetzt wird, und nur indirekt ist ersichtlich, dass diese Ausbildung nicht auf Französisch oder Italienisch angeboten wird. Klickt man auf die Französische Fassung dieser Stellenanzeige, so steht dort nur:

    Formation en allemand
    „Formation en allemand“

    Deutschkenntnisse sind also die Voraussetzung. Die beiden Soldaten, die wir dort trafen, hätte also gar keine Chance, diesen Beruf wirklich zu lernen. Sie machen ihn einfach so.

  • Auf alle Fälle allfällig
  • Der Beruf des Botschaftsschützers oder der Botschaftsschützerin sind aber keine beruflichen Sackgassen. Der Aufstieg zum Gruppenchefstellvertreter oder zur Gruppenchefstellvertreterin oder gar zum Gruppenchef oder zur Gruppenchefin sind durchaus möglich. Ebenfalls der allfällige späterer Wechsel in den Polizeiberuf.

    Allfälliger Wechsel
    (Quelle Foto: www.police.be.ch)

    Der ist auf alle Fälle fällig, also allfällig. Nicht auffällig, anfällig oder gar ausfällig. Nein, allfällig. Gefallen aus dem All, sozusagen. Oder nicht?

    Ein Dezi ist nur ein Schluck — Weintrinken für Sparsame in der Schweiz

    Oktober 8th, 2008
  • Schluck runter, Dezi rein
  • Neulich waren wir zu einem guten feinen Essen in einem Schweizer Restaurant eingeladen. Zum Essen wurde Wein gereicht. Weil es ein besonders gutes Restaurant war, musste man sich als Gast nicht selbst um das Nachschenken kümmern. Aufmerksame Kellner standen im Hintergrund bereit und füllten einem das Glas, sobald es leer war. Na ja, „füllen“ ist etwas übertrieben. Sie gossen genau ein „Dezi“ nach. Das sind angeblich 100 ml, auch als „1 dl.“ abgekürzt. Sieht verdammt nach wenig aus. Ist auch wenig. Man nimmt einen Schluck, das Glas ist leer, und wieder gibt es ein Dezi. Noch ein Schluck, Glas ist wieder sofort leer, ein Dezi wird nachgefüllt.

    Nur ein Dezi ist ziemlich wenig
    (Quelle Foto: ipics.design.de)

  • Dauerbeschäftigung für Kellner
  • Was ist das eigentlich? Eine Methode um Wein zu sparen oder den Kellnern eine sinnvolle Dauerbeschäftigung zu geben? In so ein Glas passen locker 2-3 Dezi hinein, aber es wird stets nur dieser geringer Bodensatz aufgefüllt, nicht einmal ein Zentimeter hoch die Flüssigkeit. Soll man sich dabei genieren, so oft nachgeschenkt zu bekommen, wenn der Wein gut schmeckt? Kostet jedes Nachfüllen extra? Macht da im Hintergrund jemand Striche auf einer Liste, wie oft der Deziliter ausgeschenkt wurde?

  • Viertele schlotzen in Südbaden und Schwaben
  • Wir kramten in unseren Erinnerungen an Landgasthöfe im südbadischen „Markgräflerland“, wo der Riesling und der Spätburgunder Weissherbst in „Vierteln“ ausgeschenkt wird, also ziemlich genau 2.5 Dezi pro Glas.

    Viertele Riesling
    (Quelle Foto: hande.files.wordpress.com)

    Das badische (und schwäbische) Viertele wird auch nicht getrunken, es wird „geschlotzt“. Und wenn es dann leer ist, wird ordentlich nachgefüllt. Nicht so in der Schweiz. Dort gibt es zum Apéro spezielle „1-Dezi-Gläser“. So klein, dass aus einer herkömmlichen 0.7 Liter Weinflasche damit sieben Gläser (!) gefüllt werden können. Ist das nun extremer Genuss, oder extreme Sparsamkeit, in solch kleinen Gläsern den Wein zu offerieren?

    Selbst wenn das Glas grösser ist, wird nie mehr als ein Deziliter nachgegossen. „Damit sich die Blume richtig entfalten kann“, und damit die Bedienung nie ohne Beschäftigung ist.

    Nachtrag:
    Es erreichte uns noch dieser wichtige Hinweis der Blogwiese-Leserin Marianna:

    Soeben habe ich in der Zeitschrift des Schweizerischen Landesmuseums einen Hinweis zu einer Ausstellung über schweizerische Trinksitten gefunden gefunden. Zwei Bilder finde ich gelungen:
    Das eine von Cuno Amiet, eine Reklame für das Bahnhofbüffet Basel: Geniesser mit gefülltem Glas in erstklassigem Büffet;
    Bahnhofsbuffet

    Das andere von Werlen „Ein Gläschen zuviel“: kleines Glas und trotzdem nicht mehr nüchtern:

    Werlen