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Was Schweizer gerne essen (Teil 6) — Chüngeliragout

(reload vom 22.01.06)

  • Kein Klüngel um den Chüngel
  • In Köln, da gibt es den Kölschen Klüngel. An den mussten wir denken, als wir in der Schweiz zum ersten Mal das Wort „Chüngel“ oder „Küngel“ hörten:

    Kölner Klüngel, intern auch „Kölsche Klüngel“ genannt, bezeichnet (tendenziell verharmlosend) ein System auf Gegenseitigkeit beruhender Hilfeleistungen und Gefälligkeiten, das zur Vermischung von gesellschaftlichen, politischen und industriellen Interessen führt. Der Begriff Klüngel datiert aus dem 19. Jahrhundert. Er stand ursprünglich für ein Faden- oder Zwirnknäuel. (Quelle Wiki).

    In der Schweiz schreibt sich das Wort meist mit „CH“, wie denn sonst, steht ja extra hinten auf jedem Auto drauf, und spricht sich, je nach Gegend mit Rachen-Kratz-Laut wie „Chinsgi“ oder mit „K“ wie in Klünkelskerl. Der wiederum ist in meiner Heimat, dem Ruhrpott, der Alteisen-Einsammler:

    Besonders im Ruhrgebiet fuhren früher Leute mit ihrem Karren oder Wagen durch die Straßen und sammelten altes Metall ein. Sie nennt man Klüngelskerl oder auch Klüngelspit. Für das Metall gab es ein paar Pfennige. Meist bekamen diese die Kinder um sich Bonbons zu kaufen. Der Klüngelskerl wiederum brachte das alte Metall zu einem Wertstoffhof. Er macht durch einen „Vogelgesang“ (ähnlich der Melodie eines Eiswagens, nur sehr viel unmelodischer) auf sich aufmerksam. Zu bestimmten Tagen in der Woche wurden bestimmte Straßenzüge abgefahren. (Quelle Wiki)

    Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung befindet sich der Beruf des Klüngelskerls durch die gestiegenen Rohstoffpreisen wieder mächtig im Aufwind, siehe hier.

  • Kein Alteisenhändler sondern ein Langohr
  • Doch kommen wir endlich zum Chüngel! Google-Schweiz weist 12400 Treffer dafür. Es ist bei den Schweizern kein Klüngel und kein Altwarenhändler sondern ein kleines putziges Tierchen, das die Schweizer auch gern als Ragout oder im Topf verspeisen. Nein, keine Katze und kein Mehrschweinchen, sondern ein Kaninchen:

    Kaninchen oder Chlüngel?
    (Quelle Foto: www. natur-lexikon.com)

    Hmm, irgendwie kriegen wir jetzt Hunger! Dazu passend also gleich das Rezept für den Chüngeli-Topf

    Wie gesagt, die Chüngeli dürfen sich auch mit K schreiben als Küngeli, dann leben sie in einem K-Z-V = Küngeli Züchter Verein wie dem KZV Nottiswil. Es soll Zeiten gegeben haben, da war die Mitgliedschaft in einem Verein, der den Buchstaben „K“ in der Abkürzung enthält, für Deutsche ein Hindernis bei der Einreise in die USA. Zum Glück ist das heute vorbei. Solange sie keine Witze über ne Bombe im Handgepäck machen, dürfen sie Mitglied sein wo immer so wollen.

    

    12 Responses to “Was Schweizer gerne essen (Teil 6) — Chüngeliragout”

    1. Brun(o)egg Says:

      Keine Kommentare: Ich empfehle: www. swissgourmande.ch Da hats ein hervorragendes Tessiner Rezept.

      Nebenbei: Glückliches Deutschland: Ihr habt einen Reich Ranicki und eine Heidenreich.

    2. Guggeere Says:

      Bei mir wars natürlich genau umgekehrt: Beim ersten Anblick des Wortes Klüngel dachte ich automatisch an Chüngel.
      Über das Wort Kaninchen wunderte ich mich schon als Primarschüler und dachte, diese Deutschen haben schon komische Ausdrücke. Ich wusste ja, dass ein Wort mit -chen eine Verkleinerungsform ist; aber wie zum Kuckuck hiess dann die Normalgrösse? Vielleicht Kanin? Und was für ein Tier wäre denn das schon wieder? – Heute bin ich fast sicher, dass da nur der Deutsche Riese in Frage kommt:
      http://www.tierschutz.org/unterhaltung/kuriosa/chuengel_und_buesi.php

    3. Simone Says:

      Wo ist denn mein Kommentar gelandet? Hatte doch nur geschrieben, dass ich so ein Tierchen niemals essen könnte.
      @Guggeere:
      Von dem Rammler da im Blick kann man ja die komplette Schweiz ernähren!!!

    4. Honigbaerli Says:

      Kaninchen wird auch in magdeburg und dem osten gegessen..hier in der schweiz wird es nicht mehr oft angeboten zu meiner jugendzeit war das immer ein sonntagsessen…übrigens die normale grösse des hasen nennt man Chüngel oder in bern chüngu..
      zu meiner jugend zeit nannten wir das tier auch tablarkuh denn zu der zeit so in den 70er jahren des letzten jahrhunderts hat man auch selber wenn man konnte ein paar langohren gehalten!

    5. AnFra Says:

      @Guggeere

      Mit dem „Kanin“ liegst Du sogar richtig.

      Das ist nun ein hasenartiger Erdbaubewohner. Der für nördlich orientierte Deutsche etwas seltsame Ch-Tiername „Küngel / Küngeli oder Chüngel / Chüngeli“ hat nun aber auch eine Verkleinerungsform im Namen, eben das „li“.
      Der Name Kaninchen wird im westgerm. und im ostgerm. /slawisch. Sprachbereich seltsamerweise mit den Begriff des „Königs“ in Verbindung gebracht. Der König und das Kaninchen sind in pol. „krul“ und im tschech. „krol“.

      Hier ist m. E. möglicherweise eine sprachliche Verwirrung wg. der lautlichen Ähnlichkeit der Begriffe für „Kanin“ und „König“. Es ist mir auch kein anderer Aliasname bzw. verhüllender Tiername für das Kaninchen bekannt, wie z. B. Brauner / Bruno für Bär oder Grauer für Wolf.
      Es könnte der Begriff des Königs als verhüllender Name bei der Jagt verwendet worden sein, wobei man auch unbedingt daran denken sollte: Das Karnickel und der Hase habe eine m.E. noch nicht geklärte innere (mystische / religiöse / rituelle ) Verbindung zum „König“ der Menschen!
      Der Name „Küngel / Chüngel“ für das Tier dürfte etwas jünger als der Begriff „König“ sein, da ein verdeckender Name eigentlich nach dem originalen Tiernamen entstehen dürfte.

      Im Namen „Küngel“ steckt sowieso der Begriff des Königs, hier als allem. -oberdt. „Küng“ drin, wie z. B. im bay. Sprachraum der Königsbegriff „Kini“ aus der mhd., „küniklin“ bzw. aus dem lat. „cuniculus“.
      Die lat. Bezeichnung würde wohl aus der baskischen Sprache stammen. Im afr. ist es noch „conin“ (lat. bzw. fränk.-germ. Quelle) und später verändert im fr. zu „lapin“.

      Ob die Germanen als Zuwanderer / Asylanten schon einen eigenen Tiernamen für das Kaninchen hatten, möchte man etwas bezweifeln, denn wenn es aus der lat./iber. Quelle entstammt, haben unser Altvorderen diesen Namen eigentlich logischerweise übernommen, als sie diese Tiergattung kennen lernten.
      Ob es in Skandinavier damals auch Karnickel gab ist schnell nicht überprüfbar. Auch möchte man für die Zeit vor der skandinavischen Bewohnung bei der Zuwanderung in den euro-asiatischen Flachländern eine Kenntnis über die Karnickel bezweifeln. Und natürlich über einen dann notwendigen Tiernamen.

      Durch die Wortgleichheit und die mögl. mystischen Verbindung der Könige mit den Kaninchen / Hasen (Osterfest) entstand möglicherweise dieser nicht mehr einfach aufzubröselnder „Klüngel“ (= mittelalt. Bezeichnung für aufgewickelten Garn- oder Schnurknäuel).
      In Bayern für „Klüngel“ wohl besser als „Filz“ bekannt.

    6. Oranje Says:

      @ Guggeere
      Hier noch ein intressanter Link zu deiner Frage nach dem Kanin.
      http://sv.wikipedia.org/wiki/Kaniner

    7. Phipu Says:

      Meine französisch beeinflusste Sprachfaser lässt mich bei „Kanin“ eher an einen Hund denken. Das Substantiv „chien“ wird im Adjektiv dort zu „canin/canine“. Hier ein Beispiel: http://pagesperso-orange.fr/cctarbais/ . Ohne Lateinischkenntnisse kann ich mich lediglich des Italienischen bedienen, wo „cane“ Hund heisst, was auf die gemeinsame lateinische Wurzel hindeutet.

      Nun sollen aber „Kanin“ und auch „Küngel“ regelrechte deutsche Wörter (gewesen) sein, – in Anlehnung an AnFras Ausführung – denn die stehen sogar mit dem Hinweis auf „Kaninchen“ Grimms Wörterbuch (
      http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GA00001 )

    8. solanna Says:

      Weil bei uns der Kneuel „Chrungele“ heisst, muss ich wohl annehmen, dass gemäss AnFras Aussagen zum Chüngel/König wohl die Krone dahinter steckt.

    9. Brun(o)egg Says:

      @ Honigbärli

      Kaninchen, Chüngel, und Hase haben nicht viel gemeinsames. Kaninchen sind mit Katzen verwandt, Hasen nicht.
      Was dazu führt, dass man Coniglio in Italiens Restaurants besser nicht bestellen sollte.

    10. AnFra Says:

      @Phipu

      Das mit dem König und Kaninchen ist sprachlich schon so ein Ding.

      Hier die Entwicklungsdarstellung für „König“: mhd. „künic“ “küne”, engl. “king”, niederl. „koning“, schw. „kuning“, ahd. „kuning“ “kunni”, abgeleitet vom got. “kuni” = Geschlecht. Geht zurück auf germ. „kuninga“ sowie „kunja“ für edles Geschlecht. Dies etwa vergleichbar im Polnischen für das herrschende Königgeschlecht im MA = „Königslinie der „Schlachta““ = eigentl. in dt. „“Geschlecht““! Das dt. „Geschlecht“ ist mit lat. „genus“ verwandt.

      Heutzutage wird in CH noch oft nicht wie in D nach dem Nach- oder Zunamen gefragt, sondern nach dem „Geschlecht“.
      Als ich in der CH mein Praxissemester gemacht habe, hatte mich ein Schweizer mehrmals nach meinem „Geschlecht“ befragt. Jedoch:
      Ich nix verstehen. Der Schweizer wurde immer verrückter und schrie mich an, ich müsse doch mein „Geschlecht“ wissen, denn ich habe ihm nur den Vornamen „AnFra“ gesagt. In meiner Verzweiflung bin ich hinter eine Baubude gegangen und habe mich auf mein „Geschlecht“ untersucht. Danach rief ich ihm zu: „Ich bin männlich“. Seine Antwort: “Geht doch, bist du also „AnFra Männlich“!!!

      Für „Kaninchen“: Ist Verkleinerung vom „Kanin“. Durch M. Luther in obersächs. „caninchen“ aus mhd. „kuniklin“, dies wieder aus lat. „cuniculus“. Bemerkung: Beim „kuniklin“ liegt bereits eine Verkleinerungsform „-lin“ vor.

      Was eigentlich m. E. entscheidend sein könnte, ist dieses:
      Der „Hase“ ist eher ein „Einzelgänger“, welcher Jungtiere mit Fell bekommt und Nester baut sowie keine Erdlöcher oder Gruben nutzt. Bei Flucht duckt er sich auf die Erdoberfläche. Könnte somit entwicklingsgesch. ein europ. Waldtier sein.
      Bei den „Kaninchen“ ist die „Horde“ üblich, die Jungtiere werden ohne Fell geboren und werden in Erdhöhlen aufgezogen. Bei Flucht sucht er sein Erdloch auf. Könnte deshalb ein afrik. Savannen-, Steppen- und / oder Wüstentier sein.

      Wenn tatsächlich Spanien von den „Kaninchen“ seinen Landesnamen abgeleitet bekommen hat, so weist folgendes darauf hin:
      Die Kaninchen sind in der Entwicklungsgeschichte eindeutig Erdbewohner und haben ihre Gattungstypologie darauf eingestellt. Deshalb wage ich die These: Die Kaninchen als Bewohner von Erdhöhlen sind wohl Zuwanderer aus Afrika und sind über Spanien nach Europa eingewandert. Deshalb scheint es auch glaubhaft zu sein: Unsere germ. Vorfahren haben einen eigenen Namen für den „Hasen“ (ahd. „haso“ verwandt mit „hasan“ = grau, also in germ. verhüllender Sprache ist der Hase der „Graue“, in lat. „canus“ = grau) gehabt und haben für das ihnen noch nicht bekannte Kaninchen den Namen aus der rom.-lat. Sprache als „cuniculus“ übernommen, welches selber ursprünglich aus der baskischen Sprache stammen würde. Dies hätte was an sich, da die bask. Sprache weit vor der röm.-lat. Okkupantensprache in Iberien verwendet wurde. In Folge über Rom könnte sich die fränk.-germ. Bezeichnung „conin“ entwickelt haben.
      Nun hätte man auch eine mögliche Lösung für die recht ähnlich klingenden / tönenden dt. Namen für das Kaninchen und den König.

      Phipu hat vollkommen recht, wenn er auf die starke Namenähnlichkeit in lat. auf „Hund“ und „Kaninchen“ hinweist. Aber man sollte beachten:
      Wenn der Name für die Tiergattung aus dem lat. kommend zum „cane“ = grau führt, so muss man berücksichtigen: Der „Hund“ und das „Kaninchen“ haben den sprachlich ähnlichen Ursprung in der Beschreibung des „Grauen“ (Wolf = Vater aller Hunde“) und möglicherweise in der namentlichen Nähe zum bask. abstammenden Namen „Cuniculus“ für das Kaninchen, welches sogar möglicherweise (???) auch „Grau“ sein könnte. Es könnte aber auch aus der Grundbezeichnung der Kaninchengänge als Röhren aus dem lat. „can(n)a, can(n)o“ abstammen.

      Es gilt im Zweifelsfalle immer noch der alte Spruch: „Nomen Est Omen“.
      Die Basken und Lateiner mögen uns bitte hierbei helfen.

    11. Oranje Says:

      @Admin
      Wundere mich gerade darüber, dass auf diesem Blog das grenzüberschreitende und völkerverbindende Gericht „Kratzete“ noch nicht erwähnt wurde…

    12. Philipp Says:

      Kaninchen und Katze verwandt? Wusste ich nicht! Gut, die Herleitung von Namen ist ja immer so eine Sache. Hört sich aber auch besser an….nehme diese Namensvariation wohl mal bei uns auf ( http://www.kosenamen-verzeichnis.de )