Ob Spanner auch zusammen spannen? — Neue Schweizer Lieblingswörter

Mai 9th, 2011

(reload vom 15.05.07)

  • Was ist eigentlich ein Spanner?
  • Ein „Spanner“ ist eine Vorrichtung zum Spannen, erklärt uns unser Duden:

    Spạnner, der; -s, -:
    1. a) Vorrichtung zum Spannen von etw.: den Tennisschläger in den Spanner stecken;
    b) kurz für Hosenspanner;
    c) kurz für Schuhspanner.

    Das Verb „spannen“ kann in der Schweizer weitere spannende Bedeutungen bekommen, denn hier wird ständig gespannt, und zwar zusammen und in Gemeinschaft:

    So hörten wir in der Sendung 10 vor 10:

    „Die UBS spannt zusammen mit dem WEF“

    Und lasen im Tages-Anzeiger:

    Vergangenes Jahr lehnte es beispielsweise das reiche Brugg in einer Volksabstimmung ab, mit dem verschuldeten Windisch zusammenzuspannen.
    (Quelle: Tages-Anzeiger 10.03.07 S. 5)

    Die hochindustrialisierte Eidgenossenschaft, in der gern mal das „Heu auf der gleichen Bühne gelagert“ wird, oder so mancher „sauber überm Nierenstück“ ist, pflegt auch im 21. Jahrhundert das Zusammenspannen:

    Es spannt die Binnenwirtschaft zusammen
    (Quelle: www.sbv-usp.ch)

    Die SBB mit dem SRK (Schweizer Roten Kreuz) (Quelle: redcross.ch), und sogar der japanische Mischkonzern Sanyo mit Telion.

    Unser Duden erklärt:

    zusạmmenspannen :
    1. als ein Gespann einspannen: vier Pferde z.; Ü einen alten und einen jungen Mann z.
    2. (schweiz.) sich mit jmdm. zusammentun, zusammenschließen: sie spannte mit ihrer Nachbarin zusammen.
    (Quelle duden.de)

    Eindeutig ein helvetisches Erbe in der gemeinsamen Deutschen Sprache! Die belegen zusätzlich die 33.500 Fundstellen bei Google-CH für „spannt zusammen“. Deutlich erkennen wir die Sprache der ehemaligen Pferdebesitzer. Vom anfänglich erwähnten Spanner, der sein privates Hobby des Spannens gern allein und nicht zusammen ausübt, ist leider nirgends mehr die Rede. Doch unser Duden kennt auch ihn:

    3. (salopp) a) Voyeur: er ist ein alter Spanner;
    b) jmd., der bei unerlaubten, ungesetzlichen Handlungen die Aufgabe hat, aufzupassen u. zu warnen, wenn Gefahr besteht, entdeckt zu werden.
    (Quelle: duden.de)

    Die zweite Bedeutung unter b) kannten wir nicht. Das war bisher jemand, der „Schmiere steht“. Aber man lernt ja nie aus. Den Schmetterling namens „Spanner“ haben wir auch unerwähnt gelassen. Wo gibt es denn noch Schmetterlinge, ausser im Papilorama bei Kerzers?
    Echter Spanner
    Echter Spanner
    (Quelle Foto: rotholl.at)

    Telefonieren Sie ihm oder mit ihm? — Ich ruf dir an

    Mai 1st, 2011

    (Reload vom 14.5.07)

  • Er telefonierte seinen Kollegen
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger den Satz:

    (…) telefonierte der Beamte seinen Kollegen auf den Nachbarstationen und liess alle Züge Richtung Bhopal stoppen.
    (Tages-Anzeiger 12.05.07 S. 36)

    Moment mal, fehlt da nicht das Wörtchen „mit“? Er „telefonierte seinen Kollegen“ steht dort geschrieben, ganz direkt und frank und frei, ohne jegliche Präposition. Es steht nicht: „Er rief ihn an“ oder er „kontaktierte ihn“, sondern er „telefonierte ihnen“, als Mehrzahl von „ihm“. Sie sind halt doch etwas direkter, die Schweizer, und brauchen für die Kommunikation über das Telefonnetz keine Präposition wie wir Deutsche.

    Wir kennen diese direkte Art zu telefonieren aus Frankreich, dort heisst es auch „téléphoner à qn“, also mit der Präposition „à“ zwischen dem Verb und der Person, aber gemeint ist damit der Akkusativ wie in „jemanden anrufen“, aber nicht wie in „jemanden telefonieren“. Oder haben dies die Deutsch-Schweizer tatsächlich erneut von ihren Welschen Landsleuten übernommen? Es ist, zugegeben, eine sehr elegante und platzsparende Variante, die neben „jemanden anrufen“ oder „jemanden benachrichtigen“ sehr logisch und konsequent auftritt. Doch seit wann ist Sprache logisch? Wenn Deutsche „er telefoniert ihm“ lesen, dann kommen da Assoziationen wie „er glaubte ihm“ oder „er verzieh ihm“ auf. Oder nicht? Es ist einfach ungewohnt, so direkt ohne „mit„.

  • Rufst Du mir an? Ja, ich ruf dir an
  • Wenn Sie diesen kleinen Satz ohne mit der Wimper zu zucken äussern, dann leben Sie eindeutig in der Schweiz, oder im Schwabenland.

    Im Forum der Wörterbuchseite LEO.org lasen wir zu der Frage, ob anrufen ein „dir“ oder „dich“

    Denke auch, dass „ruf mir an“ ein Fehler ist, der typischerweise von Schweizern begangen wird, die nicht gut Deutsch können.
    (Quelle: Leo.org)

    Na na, wer wird denn da so voreingenommen den Schweizern gegenüber sein. Was heisst hier eigentlich „gut Deutsch können“? Einen Sprachstandard sollten wir doch völlig wertfrei betrachten. Er wird einfach von der grössten Sprechergruppe als „richtig“ empfunden, was jedoch nicht heissen soll, dass keine Varianten zulässig sind, oder? Wir finden diese ewige Beurteilung „das ist gut“ und „das ist nicht gut“ ziemlich egozentrisch und borniert. Sie findet sich mehrheitlich bei Menschen, die Sprache für regelbar und eindeutig festgelegt halten.

    Die Erklärung zum „dir anrufen“ und „dich anrufen“ Problem findet sich im Duden. Auch diesmal sitzen alemannischen Deutschschweizer und Südwestdeutsche im gleichen Boot:

    anrufen: In der Standardsprache wird anrufen nur mit dem Akkusativ verbunden. Die Verbindung mit dem Dativ gehört zur regionalen Umgangssprache, besonders in Südwestdeutschland und der Schweiz. Es heißt also: Ich rufe dich morgen an (nicht: Ich rufe dir morgen an).
    (Quelle: duden.de)

    Die Verwechslung von Akkusativ und Dativ ist nicht nur in Südwestdeutschland bekannt, wie dieser bekannte Berliner Spruch verdeutlicht:
    „Ick liebe Dir, ick liebe Dich – wie’t richtich heeßt, dat weeß ick nich.“

    Wie die Eidgenossen das Hochdeutsche entwickeln halfen

    März 28th, 2011

    (reload vom 5.5.07)
    (zweiter Teil des Beitrags von Ingomar König)

  • „Hochdeutsch“ zum zweiten.
  • Ich weiss, Ihr sprecht alemannisches Hochdeutsch und nicht Standardhochdeutsch, aber dennoch hochdeutsch. Und Ihr meint natürlich „Standardhochdeutsch“, wenn Ihr „Hochdeutsch“ sagt. In einer online-Zuschrift an jenes gewisse Zürcher Massenmedium klagt eine junge Frau darüber, sich wegen der vielen Deutschen in ihrem Umfeld „kaum noch mit jemandem auf Schweizerdeutsch unterhalten“ zu können. Die gnädige Frau unterschlägt, dass zu keiner Zeit irgendeine äussere Macht Euch die standardisierte Form des Hochdeutschen aufgezwungen hat; dass im Gegenteil die Berner Patrizier im 17. Jahrhundert den Predigern befohlen haben, „sich des affektierten neuen Deutsch zu müßigen“ (sz-/ss-Ligatur „ß“ im Original). An der Entwicklung zur deutschen Gemeinsprache wart Ihr Eidgenossen führend beteiligt. Zu Beginn des Neuhochdeutschen stellte die „eydgenoßisch Landspraach“ (sz-/ss-Ligatur „ß“ im Original) der Tagsatzung bereits eine überregionale, alemannisch-bairisch-fränkisch gemischte oberdeutsche Standardisierung dar. Basel war ein bedeutender Druckort für Publikationen in „Gemeinem Deutsch“. Nicht nur Ihr, aber auch Ihr, liebe Nachbarn, habt die Standardform des Hochdeutschen bis an Nord- und Ostsee exportiert – und Ihr „empfindet“ sie als Import, als Fremdsprache? Eine klassische Verwechslung von Ursache und Wirkung, Wesen und Erscheinung und ein bedenklicher Fall kollektiven Realitätsverlustes.

  • „Hochdeutsch“ zum dritten
  • Klar, wenn das Standardhochdeutsche im mündlichen Gebrauch aus dem Alltag verschwindet, wenn es nur bei hochoffiziellen Gelegenheiten, abgelesenen Reden oder aus Rücksicht gegenüber den lateinischen Eidgenossen verwandt wird, wenn es zum reinen Schulfach, zur Pflichtübung, zum Anti-Spass-Faktor, zu einer Belästigung in der Freizeit und in den informellen Situationen des Arbeitsalltags wird, wenn es schliesslich zu einer kalt-formalen Sprache erstarrt und Ihr es nicht (mehr) als lebendige, spontane Umgangssprache benutzt, dann ist es kein Wunder, dass Ihr allmählich aus der Übung kommt; dann ist es kein Wunder, dass Ihr Euch im Vergleich zu Deutschen (und Österreichern?) sprachlich langsam und ungelenk vorkommt; dann ist verständlich, dass Euch das geballte Auftreten von Standardhochdeutsch-Sprechern auf die Nerven geht.

  • Halte ich ein Plädoyer gegen Eure alemannische Sprache?
  • Ganz im Gegenteil. Die alemannische Sprache ist ein kulturelles Erbe, das zu bewahren Pflicht jedes Alemannen sein sollte. Sie ist eine von vielen deutschen Sprachen in der Funktion eines Dialekts. Das Standardhochdeutsche ist unser aller gemeinsames Dach zur überregionalen schriftlichen und mündlichen Verständigung. Auf diese Funktion haben auch und besonders Eure eidgenössischen Vorfahren gedrängt. Was für ein Gegensatz zu solch’ geistiger Schlichtheit und provinzieller Ignoranz, die Standardsprache als Import, als Fremdsprache zu „empfinden“; was für ein kleinkariertes „Gefühl“, sie mache „Stress“. Im übrigen bleibt es Eure souveräne Entscheidung, das Verhältnis von Dialekt und Standardsprache so zu bestimmen, wie Ihr es für richtig haltet. Kein germanophoner Nicht-Eidgenosse nimmt sich das Recht heraus, Euch in dieser Frage Vorschriften zu machen.

    Das Alemannische jedoch als speziell schweizer „Identitätsmerkmal“ anzusehen und deshalb das Standardhochdeutsche aus dem Alltag zu verdrängen, es zum blossen „Schriftdeutschen“ verkommen zu lassen, hat zwangsläufig den Verlust einer gewissen Gewandtheit im mündlichen Ausdruck zur Folge. Darüber hinaus entsteht eine Kluft zwischen Intellektuellen, die in beiden Sprachformen zu Hause sind, und den breiten Volksmassen, die nur im Dialekt über vollständige Sprachkompetenz verfügen. Ein wenig mehr gesprochenes „Schriftdeutsch“ im Alltag scheint wohl auch in Eurem Interesse zu liegen, wenn schon der Kandidat für den Zürcher Gemeinderat, Samuel Knopf, sich in diesem Gremium „ein paar Leute“ wünscht, „die Hochdeutsch sprechen können, ohne zu stottern.“ Ihr müsst es ja nicht gleich so übertreiben wie die Romands, die aus freien Stücken ihr frankoprovenzalisches Idiom zugunsten des Französischen so gut wie völlig ausgerottet haben.

    (dritter und letzter Teil morgen)

    Haben Sie auch eine Schere im Kopf? — Wie erkenne ich Schriftsprache?

    März 16th, 2011

    (reload vom 3.5.07)

  • Hasse-kannze-musse-bisse
  • Als Kind sprach ich daheim Hochdeutsch. Na ja, das was man im Ruhrgebiet so unter „Hochdeutsch“ versteht. „Hasse-kannze- musse-bisse“ (Hast Du, kannst Du, musst Du, Bist Du) wurde gesprochen, aber nicht geschrieben. Automatisch schrieb ich „bist Du“ an Stelle von „bisse“. Die unterschiedliche Verwendung von „Schriftdeutsch“ und „gesprochenem Deutsch“ war mir nicht bewusst. Nur bei einem Tätigkeitswort fiel es auf. Das war durchaus üblich in der gesprochenen Sprache, durfte aber nie geschrieben werden. Die Rede ist vom „kriegen“.

  • Bekommen und nicht kriegen
  • Sei brav, dann kriegst Du was Süsses von mir“ sagt die Mutter zum Kind. Wer das jedoch schrieb, bekam es durchgestrichen und sollte „bekommst Du was Süsses“ schreiben. In einem englischen Restaurant hingegen soll der Satz „I become a fish!“ grössere Irritation beim Personal auslösen, und vorsorglich wird dem Gast der Weg zum nächsten Teich oder Fluss gezeigt, falls er davon schwimmen möchte.

  • Die Schere im Kopf
  • Schweizer Kinder und Deutsche Kinder aus Gegenden, in denen noch stark Mundart gesprochen wird, stehen ständig vor diesem Problem, anders schreiben zu müssen als sie sprechen. Ich beobachtete einen schwäbischen Schuljungen in Stuttgart bei den Hausaufgaben. Er sollte Beispielsätze schreiben, in denen Obstsorten vorkommen, und schrieb: „Ich esse Äpfel. Ich esse Birnen. Ich esse Körschen“. Dann wurde er korrigiert: „Wie heissen diese Früchte richtig? Sprich es nochmals langsam und deutlich aus“. Er antwortete folgsam langsam und überdeutlich: „Kööörschen“. Ein Schweizer Kinde hätte vielleicht noch „ich esse Öpfel“ geschrieben?

    Eine Schweizerin erzählte mir, dass es ihr immer schwer fällt zu unterscheiden, was denn nun geschrieben werden darf, und was nicht. Sie scheue zurück vor „ich finde das gut“ und schreibt lieber „ich halte das für gut“ oder sie schreibt „ich bekomme den Verleider“ an Stelle von „ich erhalte den Verleider“. Gehört die Formulierung „etwas für richtig halten“ eher zum Schriftdeutschen als „etwas richtig finden“? Oder ist „etwas erhalten“ eher Schriftdeutsch als „etwas bekommen“?

  • Diesbezüglich rufe ich sie wieder an
  • Schweizer müssen sich ständig diese Fragen stellen. Ist „ich habe den Verleider bekommen“ nun in der standardisierten Schriftsprache möglich, oder sollten man besser „es wurde mir überdrüssig“ schreiben?
    In einem Büro in Deutschland lernte ich einen Deutschen kennen, der immerzu am Telefon die Formulierung „diesbezüglich“ verwendete. Mir erschien sie absolut nur geschrieben möglich. Wer sie ständig in der gesprochenen Sprache verwendet, pflegt einen ziemlich künstlichen weil manierierten Stil.

  • Wie klingt es, wenn man „es tönt“ schreibt?
  • Was wir bei den Schweizern immer wieder mit grosser Faszination beobachten, ist die permanente Schere im Kopf, die es erlaubt, auf Ausdrücke wie „das tönt gut“ in der geschriebenen Sprache zu verzichten, und automatisch „das klingt gut“ zu schreiben. Ein Erfolgsautor wie Martin Suter schreibt „die Matura“ statt „das Abitur“, oder „das Tram“ statt „die Strassenbahn“, also Helvetismen, die bei Dürrenmatt und Frisch noch radikal vom Lektorat in Deutschland gestrichen wurden. Wenn es aber ans „Umziehen“ geht, ist auch bei Suter nicht mehr vom „Zügeln“ die Rede.

  • Für einmal der Tages-Anzeiger und erst noch die NZZ
  • Während ich im Tages-Anzeiger pro Seite mindestens 2-3 Helvetismen finde, ist es bei der NZZ oder bei unserer Lokalzeitung „Neues Bülacher Tagblatt“ schon um einiges schwieriger, überhaupt ein Beispiel für einen nur in der Schweiz gebräuchlichen Ausdruck zu finden. Dem Tagi ist es offensichtlich egal, oder er gibt sich durch Syntax und Wortwahl absichtlich betont schweizerisch. Jeder zweite Artikel beginnt mit „Für einmal“ und die Formulierung „erst noch“ (= ausserdem) taucht auch sehr regelmässig auf, während andere Zeitungen das radikal und erfolgreich vermeiden.

  • Hat denn nicht jeder Schweizer eine Schere im Kopf?
  • Wir lernen daraus, dass es gewaltige Unterschiede gibt bei der „Schere im Kopf“ der Schweizer. Dem einen fällt es auf, wenn er etwas aus der gesprochenen Sprache schreibt, dem anderen nicht. Der eine verwendet absichtlich den „Unterbruch“, der andere korrigiert beim Aufschreiben automatisch zur „Unterbrechung“. Und uns geht es, je länger wir hier leben, so, dass wir kaum mehr umhin können, auch Helvetismen zu verwenden im Hochdeutschen Sprachfluss, weil sie einfach oft so schön praktisch sind.

    Ja, das ändert von Tag zu Tag. Anfang Jahr war es im Fall besonders schlimm.

    Was verleidet der Verleider? — Haben Sie auch schon den Verleider bekommen?

    März 2nd, 2011

    (reload vom 30.4.07)

  • Der Aufsteller, der Ablöscher
  • In der Schweizer Gegenwartssprache entdecken wir immer wieder „Aktanten“, die uns bis dahin unbekannte Tätigkeiten hauptberuflich und in Vollzeit ausführen. Da wäre an erster Stelle der „Aufsteller“ zu nennen, dessen Tätigkeit für gute Laune sorgt und Stimmung bringt, aber ganz bestimmt nicht im sexuellen Bereich, denn dafür gibt es schliesslich Viagra von Pfizer oder Frank Baumann von Genial Daneben. Ach nein, der hatte ja einen anderen Job und war dort „der Tätschmeister“.

    Dann als zweites der direkte Gegenspieler vom „Aufsteller“, sein Kontrahent, hierzulande bezeichnet als der „Ablöscher“. Leider arbeitet der selten bei der Feuerwehr sondern ist zuständig für das „kalte Ablöschen“, ähnlich wie in der alten Werbung für Fisherman’s Friend „Wie schmecken denn die„? In dem Spot bekam der Fragesteller eine eine Ladung Meerwasser über den Kopf, als er diese Frage stellte. So stellen wir uns einen Ablöscher im echten Leben auch vor.

  • Woran leidet der Verleider?
  • Dieser unfreundliche Zeitgenosse hat offenbar noch einen Kollegen, den „Verleider“
    So lasen wir im Tages-Anzeiger:

    Die Gäste, vor allem Familien, die für viel Geld ein Abo gelöst haben, bekommen schnell den Verleider, wenn sie es nicht amortisieren können.
    (Quelle: Tages-Anzeiger)

    Sie bekamen den Verleider. Nicht den „Verleger“, also den für die Teppichware, und nicht den für die Bücher. Vielmehr kommt jemand zu ihnen und „verleidet“ etwas. Interessante Vorstellung, und garantiert durch und durch schweizerisch.

    Bei Google-CH fanden wir ihn 1’940 Mal. Darunter auch den „Absoluten Verleider“ im Schweizer „ Beobachter“ (das ist kein Aktant, sondern eine Wochenzeitschrift).

    Den technischen Verleider fanden wir beim Turnverein Bellach Schliesslich gibt es da noch den Verleider im aargauischen Gesetz über die Ausübung der Fischerei:

    § 16
    1 Von den ausgesprochenen Geldbussen fällt ein Drittel dem Verleider zu.
    2 Ist diese wegen Unvermögenheit des Gebüssten nicht erhältlich, so sollen dem Verleider wenigstens seine Anzeige- und gerichtlichen Erscheinungsgebühren vom Staate vergütet werden.

    So ganz begriffen haben wir diese Paragraphen auch nach mehrmaliger Lektüre nicht. Sollten wir mal einen „Fürsprecher“ fragen, der kennt sich da bestimmt gleich aus, d. h. in der Schweiz „Er kommt (da) raus„, aus dem Fischteich oder was weiss ich wo das Leiden des Verleiders begann.

  • Und was heisst nun „Verleider“?
  • Ein wichtiger Mensch, dieser Verleider in der Schweiz. Wo der nicht alles gebraucht wird? Doch bevor wir es unseren Lesern nun verleiden, sich weiter mit dem „Verleider“ auseinanderzusetzen, hier die Lösung des Rätsels, wie so oft im Duden erklärt:

    Verleider, der; -s, – (schweiz. mundartl.): Überdruss: er hat den Verleider bekommen (ist der Sache überdrüssig geworden).
    (Quelle: Duden.de)

    Nun ja, das mit dem „mundartlich“ wollen wir jetzt mal geflissentlich überlesen, denn er wird ja fleissig geschrieben, der Verleider. Warum auch nicht, ist doch so schön praktisch. Ein anderes Wort für „Überdruss“ also, so einfach ist das. Und wie schrecklich kompliziert das wieder auf Hochdeutsch ausgedrückt werden muss! „Er ist der Sache überdrüssig geworden“, daneben elegant schweizerisch: „Er hat den Verleider bekommen“.

    Kein Wunder also, dass sich dazu in der Jugendsprache einiges entwickelte, von „kein Bock mehr haben“ über „gewaltig Frust schieben“ bis „voll auf den Blues gekommen sein„. Was wir hier so locker als „Jugendsprache“ bezeichnen ist mittlerweile auch veraltet und sicherlich durch neue Ausdrücke ersetzt worden.

    An die armen „Verleger“ denken wir nicht mehr, bei all dem Überdruss, und reihen ihn ein, den freundlichen „Verleider“, gleich neben den „Aufsteller“, den „Ablöscher“ und meinetwegen auch den „Frank Baumann“ „Tätschmeister„.

  • Ablöscher live on stage
  • Als Beispiel für richtig „gröhlendes Ablachen“ ein typischen Ablöscher-Sketch von Frank Baumann, live vorgestellt beim Arosa Humor Festival 2005. Aber dass hinterher niemand schreibt, ich hätte vor diesem Video nicht ernsthaft gewarnt!