Deutsch am Rande der tunesischen Wüste

August 14th, 2009

(reload 8.8.06)

  • Deutsch am Rande der tunesischen Wüste
  • Die Geschichte mit den Deutschen in Strasbourg erinnerte mich an einen Aufenthalt auf der Ferieninsel Djerba, im Süden von Tunesien, welches zu den Maghrebstaaten in Nordafrika gehört. Dort kam in einem Strassencafe der tunesische Kellner und fragte mich sofort auf Deutsch nach meinen Wünschen. Hatte ich denn das grosse „D“ auf die Stirn tätowiert, oder einen Schwarz-Rot-Goldenen Schminkstift benutzt? Nicht einmal ein Versuch wurde auf Französisch gestartet, obwohl Djerba auch eine bei den Franzosen beliebte Insel ist. Als Deutscher zu Gast im Norden von Afrika löste das bei mir gemischte Gefühle aus. Ist es wirklich nur eine Minderheit von Deutschen, die im Ausland ihr Schulfranzösisch zu sprechen wagt? Wer mit einem Billigflieger für 349 Euro nach Djerba fliegt, gehört wahrscheinlich nicht dazu und erwartet für sein Geld, dass er sich nirgends auf die Anstrengung gefasst machen muss, eine Fremdsprache zu sprechen.

  • Der Wüstenfuchs war auch schon hier
  • Generalfeldmarschall Erwin Rommel, von den Engländern „desert fox“ genannt wurde, Vater des späteren Stuttgarter Oberbürgermeisters Manfred Rommel, zog hier im Februar 1941 durch Tunesien auf dem Weg nach Ägypten:

    Die britische Großoffensive Crusader am 19. November 1941 zwang Rommel zum ersten Mal zum Rückzug. Daraufhin verkürzte er die Nachschublinien, führte Verstärkung herbei und bluffte die Engländer. Er ließ Panzerattrappen auf Volkswagen montieren, die ständig im Kreis fuhren. Die dabei aufgewirbelten Staubwolken sollten das Herannahen eines großen Panzerverbandes anzeigen, woraufhin die Briten ihren Kampf abbrachen und sich zurückzogen. Dadurch stand er im Januar 1942 wieder in dem Gebiet, von dem aus sein Afrikafeldzug Anfang 1941 begonnen hatte.
    (Quelle: Wikipedia Rommels Afrikafeldzug)

    Im „ordentlich Staub aufwirbeln“ waren Deutsche also auch schon früher ganz gut.

  • Mercedes Benz und Judenvernichter
  • Deutsche, die in Tunesien, Marokko oder Ägypten tatsächlich mal mit älteren Einheimischen ins Gespräch kommen, können heute noch merkwürdige „Zeugnisse der Hochachtung“ vor den Deutschen zu hören bekommen. Es ist eine Mischung aus Bewunderung für die Erfinder von Mercedes Benz, den Bekämpfern der Ex-Kolonialherren aus England, Frankreich und Italien, sowie den Organisatoren der Judenvernichtung. Für die Araber sind wir ein tolles Volk. Was die selbsternannten „germanischen Herrenmenschen“ nach einem Sieg in Europa mit den Völkern des Maghrebs und des Vorderen Orients angestellt hätten, wurde offensichtlich im Geschichtsunterricht dort nicht genauer erklärt.

    Sind Deutsche unhöflicher? — Wie Deutsche in Strasbourg nach dem Weg fragen

    August 13th, 2009

    (reload vom 7.8.06)

  • Ein Volk von Unhöflichen?
  • Vorweg eine Einschränkung: Wir sprechen oft und gern von „den Deutschen“ als ein Volk. Natürlich wissen wir, dass es sich hier um 75 Millionen Individuen handelt, die unterschiedlicher nicht sein können. Höfliche und Unhöfliche gibt es unter ihnen sicherlich gleichermassen. Es ist schwierig, hierfür einen objektiven Massstab festzulegen. Den Schwaben und Badener wird eine gewisse Scheu und Zurückhaltung nachgesagt, was den Umgang mit Zugezogenen angeht.

    Berliner sagt man ihre „Berliner Schnauze“, eine sehr direkte und unverfrorene Art nach, die Dinge auf den Punkt zu bringen und keinen ausserordentlichen Respekt gegenüber Fremden zu haben. Lässt sich daraus ableiten, dass „die Deutschen“ unhöflich sind?

  • Weniger Höflichkeitsrituale
  • Sie sind sicherlich um einiges direkter in ihrer Art, und pflegen weniger „Höflichkeitsrituale“, wie sie in der Schweiz üblich und vorgeschrieben sind. Zum Beispiel die formalisierte Begrüssung per Handschlag unter gleichaltrigen Arbeitskollegen ist garantiert etwas, was wir in Deutschland noch nicht erlebt haben.

  • Wie Deutsche in Strasbourg nach dem Weg fragen
  • Wir erlebten an einem verschlafenen Sonntagnachmittag in der Elsässisch-Französischen Stadt Strasbourg, der „Hauptstadt Europas“, wie ein Auto aus Deutschland mit Tagesbesuchern bei einem französischen Polizisten am Strassenrand anhielt, der Fahrer das Fenster herunterkurbelte und den verdutzten Staatsbeamten sofort auf Deutsche fragte: „Wie kommen wir zur Kathedrale?

    Keine Begrüssung, kein „Entschuldigen Sie bitte“, kein „Sprechen Sie Deutsch?“, kein „Könnten Sie uns bitte erklären“. Einfach nur die direkte Frage nach dem Zielort. Der Polizist war überfordert, und erklärte wiederholt auf Französisch, dass er leider kein Deutsch versteht, bis ein Kollege hinzukam und die Auskunft geben konnte. Wir hätten diese Geschichte nicht notiert, wenn nicht exakt zwei Minuten später das Gleiche nochmals passierte: Die Deutschen waren kaum weitergefahren, da hielt ein Auto an derselben Stelle, wieder Deutsche, wieder die Frage. „Zur Kathedrale?“

    Diesmal war der Französische Kollege mit den Deutschkenntnissen schon dort, um zu antworten. Die Deutschen waren wahrscheinlich Urlauber aus dem nahen Schwarzwald, einer deutschen Ferienregion, die sich die wunderschöne Stadt Strasbourg mit ihrer Kathedrale anschauen wollten. Man wird ihnen in ihrer badischen Pension erklärt haben, dass dort im Elsass garantiert jeder Deutsch oder zumindest Elsässisch spricht, was leider nicht ganz der Wahrheit entspricht.

    Fasziniert und sprachlos stand ich zweimal daneben, ohne mich einzumischen, und konnte beobachten, wie deutsche Direktheit im Ausland wirkt. Meine Güte, was sind wir doch für ein unhöfliches Volk! Eine Erkenntnis, die jedem Deutschen nach einigen Jahren Schweizaufenthalt unweigerlich kommt. Wären Schweizer dort so aufgetreten? Hätten sie überhaupt nach dem Weg gefragt oder ihn lieber gleich selbst gesucht?

    Zur Ehrenrettung der Deutschen Urlauber möchte ich noch erklärend anfügen, dass sie im touristischen Teil Strasbourgs sehr wohl ohne Französischkenntnisse zurecht kommen können und diese Erfahrung vielleicht bereits früher gemacht haben.

    (2. Teil Morgen: Deutsche in Tunesien und im Maghreb)

    Leben wie ein Saisonnier — Als Deutscher mit L-Ausweis unterwegs (2. Teil)

    August 12th, 2009

    (reload vom 6.8.2006)

  • Einkaufen ohne Hemmungen
  • Christian schreibt weiter darüber, was ein L-Ausweis im Schweizer Alltag bedeutet:

    Die 16% Mwst. bei Einkäufen in Deutschland wird nur an B- und C-Ausländer zurückerstattet.

    Vorteil: Man kann ungenierter einkaufen und muss nicht immer auf diese Maximalmengen achten: 2 Liter Wein, 5 Kg Milchprodukte etc.

    Meine Frau hat den Status „Familienangehörige“, ihr Ausweis ist also zeitlich an meinen gekoppelt. Als sie sich nach unserem Umzug hier nach Arbeit umgesehen hatte, erklärte man ihr in einem Vorstellungsgespräch, dass es ja nicht sicher sei, dass sie in der Schweiz bleibe (mit Verweis auf meinen Ausweis) und dass man doch daher lieber auf Schweizer oder Kandidaten, bei denen das sicher sei, zurückgreift.

    Gleiches Verfahren wie bei der Wohnungssuche: Ist die Nachfrage gross genug und das Angebot an Fachkräften klein genug, regelt sich auch dies hoffentlich von selbst.

    Wir haben neulich einen Jahreswagen bei einem Händler hier in der Schweiz gekauft. Da wir nicht einen Grossteil unseres Kapitals auf einmal ausgeben wollten, dachten wir an einen Leasingvertrag. Bis dahin war der Händler noch freundlich und machte uns ein gutes Angebot. Als dann aber die Frage nach dem Ausländerausweis kam, änderte sich dies schlagartig. Ein kurzes Telefonat zwischen dem Händler und der Kreditabteilung, und man beschied uns, dass wir nicht kreditwürdig seien.

    Alternative: Ich könne ja am nächsten Tag einen unbefristeten Arbeitsvertrag vorlegen inklusive Angabe über mein Salär und unsere sonstigen finanziellen Verhältnisse. Wir mussten das Auto dann bar bezahlen (was unser Bild beim Händler wohl wieder gerade rückte, denn dies machen offensichtlich die wenigsten Schweizer).

  • Anruf vom Migrationsamt: Same Procedure as every year
  • Vier Wochen vor Ablauf des Ausweises hatten wir einen freundlichen Brief von der Einwohnerkontrolle bekommen, wir möchten doch bitte einen neuen Ausweis beantragen. Das machten wir auch umgehend.

    Nach mehr als 3 Wochen kam ein weiterer Brief, diesmal direkt vom Migrationsamt in Zürich: Ich möchte doch bitte meinen Arbeitsvertrag (der ja dort eigentlich schon vorlag) sowie eine aktuelle Bestätigung meines Arbeitgebers, dass ich nach wie vor dort angestellt und nicht arbeitslos bin, schicken. Als ich daraufhin beim Migrationsamt anrief und nach dem Grund hierfür fragte, erhielt ich als Antwort, in einem Jahr könne sich ja viel ändern und ausserdem sehe es danach aus, dass wir nun (endlich) den B-Ausweis bekommen würden. Nach weiteren 5 (!) Wochen trafen die Ausweise ein – und die Enttäuschung war gross: wieder nur L-Ausweise für 364 Tage, wieder mussten wir pro Person 65 SFr bezahlen – und nächstes Jahr wird’s wohl wieder so sein.

    Während dieser 8 Wochen waren wir gänzlich ohne Ausweis, was ebenfalls zu interessanten Erfahrungen geführt hat. Ich wollte meinen deutschen Führerschein umschreiben lassen (4 Wochen vor Ablauf der 12-monatigen Frist). Dafür braucht man aber unbedingt das Original des Ausländerausweises, und den hatte ich ja schon bei der Einwohnerkontrolle abgegeben, Ich dachte, dass dieser schon noch bis zum Ablauf der Frist kommen würde. Tja, wie gesagt, so schnell sind sie auf dem Migrationsamt auch nicht. Das hat dazu geführt, dass ich 4 Wochen keinen gültigen Führerschein hatte…

    Diesen Rekord können wir toppen: Wir sind 6 Monate mit einem im Deutschland gemeldeten Auto, das bereits verzollt war, mit Deutschem Kennzeichen herumgefahren, ohne selbst an der Halteradresse noch gemeldet zu sein. Das sind so Lücken im Umzugswald.

  • Aus Deutschland einfach zu viele?
  • Jetzt kann man natürlich sagen: Ach ja, das geht ja allen Ausländern so. Eben nicht! Einer portugiesischen Kollegin und ebenso einem Kollegen aus China wurde sofort der B-Ausweis ausgestellt, obwohl beide nach mir in die Schweiz gezogen sind. Möglicherweise gibt es für die verschiedenen Länder feste Kontingente, und aus Deutschland sind einfach zu viele in die Schweiz gezügelt. Aber die kommen ja nicht, weil die Luft hier so gut ist, sondern weil hier offensichtlich ein Bedarf an den sog. High Potentials herrscht und offenbar sehr viele davon in Deutschland zu finden sind. Das weiss man dann aber und passt das Kontingent entsprechend an. Oder sind die 65 SFr pro Person gar eine nette Einnahmequelle?!? Mir ist klar, dass die Händler Gründe haben, warum sie so mit Saisonarbeitern verfahren.

  • Wer eine L-Ausweis hat, der ist gefährlich
  • Mich ärgert, dass aber alle L-Bürger über einen Kamm geschert werden und, dass man nur aufgrund dieses Stück Papiers als potentielle Bedrohung angesehen und wie oben geschrieben wie ein Gauner und Dieb behandelt wird. Und dass dies nur verhindert werden kann, in dem man bei jeder mittleren bis grösseren Anschaffung einer x-beliebigen Person lückenlose Auskunft über die finanziellen Verhältnisse gibt.

    So, viel Ärger, viel Text. Hab mich da wohl ein wenig rein gesteigert. Ich möchte aber anmerken, dass wir uns hier sehr wohl fühlen, wir keine Probleme mit unseren Schweizer Mitbürgern haben und wir uns superschnell sowohl an die Sprache (man hat Vorteile, wenn man aus dem Saarland kommt;-) ) als auch diverse Skurrilität gewöhnt haben. Würde mich aber mal interessieren, ob es weitere Leidgenossen bei den Eidgenossen gibt und vielleicht kann man daraus ja einen Blog machen.


    Hallo Schweiz.de
    ist vielleicht das richtige Forum für diese Erfahrungsberichte.

  • Rufen Sie doch einfach das Migrationsamt an!
  • Wollte dem Migrationsamt demnächst auch einen Brief zu dem Thema zukommen lassen. Keine Beschwerde, nur eine Schilderung des Ist-Zustands. Mal gespannt, ob was zurückkommt.

    Übrigens ist mir gerade eingefallen, dass mir die nette Dame vom Migrationsamt bei unserem Telefonat den Vorschlag gemacht hat, dass ja jeder, der ein Problem mit dem L-Ausweis hat, doch beim Migrationsamt anrufen könne und sich bestätigen lassen, dass das Kontingent ausgeschöpft sei. Prima Idee, oder?

    L wie Loser? Die Erlebnisse von Deutschen mit der L-Bewilligung (1. Teil)

    August 11th, 2009

    (reload vom 5.8.2006)

  • L wie Learner?
  • Der Buchstabe L wurde von den Schweizern aus Grossbritannien importiert. Dort klebt er am Auto, wenn jemand gerade erst das Fahren erlernt und somit noch ein „L-earner“ ist, der das L auch verdient. Die Schweizer nennen es das „Löli-L„. Der Begriff ist ein Synonym für Fahranfänger, es gibt sogar schon Webseiten von Fahrschulen, die diese Bezeichnung aufgreifen, wie www.loeli.ch zum Beispiel. „Achtung Fahranfänger“ klebt man sich in Deutschland ans Auto, oder kurz „Anfänger„, aber erst, wenn die Fahrprüfung bereits bestanden und der teure Führerschein in der Tasche steckt. In Frankreich ist ein „A“-Aufkleber Vorschrift, und das A steht jetzt nicht für „A..loch“ oder „A-nstandswauwau“, oder „Austria„, sondern kommt von „Apprenti“ = Anfänger oder Lehrling.

  • Mit dem L-Ausweis geht der Spass erst los
  • In der Schweiz hingegen gibt es ausser bei den Automobilisten den L-Ausweis auch noch in Form einer Bewilligung. Viele haben ihn, wenige wollen ihn, und glücklich ist niemand damit, aber lesen Sie selbst, was uns der deutsche Ingenieur Christian dazu schrieb:

    Meine Frau und ich sind vor etwas über einem Jahr in die Schweiz „gezügelt“, da ich hier eine Anstellung in einem renommierten Forschungsinstitut bekommen habe. Von meinem Arbeitgeber wurde mir erklärt, dass ich einen B-Ausweis bekommen werde, da ich einen mehrjährigen Arbeitsvertrag habe. Bei der Wohnungssuche hatten wir auch gar keine Probleme, bei den obligatorischen Angaben zur Person auf den Vordrucken der Vermieter hatte ich meinen Beruf (Wissenschaftler) und meinen Status (B-Ausländer) angegeben, und von den 7 angeschauten Wohnungen hätten wir in 5 einziehen können.

    Hier regeln Angebot und Nachfrage den Markt. Solange die Wohnungssuchenden in der Minderzahl sind, und es ein Überangebot an Wohnung gibt, wird eher geschaut, ob die Kaution in bar bezahlt wird und genug Gehalt für die Miete da ist. Eine Wohnung gibt es immer, auch wenn Sie noch keine Betreibungsauskunft vorlegen können, weil sie als Deutscher noch gar nicht wissen, was das ist.

    Nachdem ich mich bei der Einwohnerkontrolle angemeldet hatte, erfuhr ich, dass die B-Ausweise kontingentiert seien, das Kontingent schon ausgeschöpft sei und wir stattdessen den L-Ausweis bekommen würden (eigentlich für Saisonarbeiter gedacht), ausgestellt für 364 Tage. Den B-Ausweis würden wir bekommen, sobald wieder welche verfügbar seien. Und damit fing der Ärger an. Überall, wo man den Ausweis vorlegen muss, wird man sofort als potentieller Betrüger und Dieb behandelt:

    Orange wollte 1’000 SFr Depot für einen Mobilfunkvertrag

    (obwohl ich kein neues Handy haben, sondern mein altes aus Deutschland weiterverwenden wollte). Ich könnte ja abhauen und die offenen Handy-Rechnungen nicht bezahlen…Nachdem ich meinen Arbeitsvertrag samt Jahresverdienst vorlegte (Hallo, wo bleibt der Datenschutz??), hat man „freundlicherweise“ aufs Depot verzichtet.

    Swisscom gab sich mit 500 SFr Depot für einen Telefonanschluss zufrieden. Im Anschreiben bezog man sich auf meinen Status als L-Ausländer.

    Diese Erfahrung mit der Swisscom haben wir vor 5 Jahren auch gemacht. Es war den Angestellten unendlich peinlich irgendwie, diese Vorgehensweise. Heute gibt es die Alternative „Digital-Phone“ bei der Cablecom, zu mindestens im Raum Zürich. Die wollen keine Kaution und locken noch dazu mit kostenlosen Inlandsgesprächen am Abend, am Wochenende und während der ersten 1440 Minuten tagsüber.

    Christian schreibt weiter:

    Trotz vorgelegtem Arbeitsvertrag mussten auf meinem Bankkonto 3 Monatsgehälter eingehen, damit ich eine Maestrocard und eine Kreditkarte beantragen durfte. Bis dahin musste ich alle Rechnungen bar bezahlen. Grund: „Sie hänt ja nur de L-Uuswiis, do wüsset mir nööt ob sie bliibe oder nööt“.

    (Anmerkung: Korrekturvorschläge und Anmerkungen zu dem hier von einem Deutschen gewagten Versuch, Schweizerdeutsch zu schreiben, bitte per Mail an die Blogwiese, wir leiten sie gern weiter. )

    Über die Zurückhaltung Schweizer Banken bei der Vergabe von Dispokredit hatten wir schon hier berichtet. Als ehemaliger Kunde der Citibank Deutschland bekam ich beim Schweizer Ableger dieses Unternehmens eine barsche Abfuhr. An Privatkunden mit weniger als 200.000 Franken Vermögen sei man nicht interessiert. Andere Länder, andere Geschäftspraktiken. In Deutschland herrscht gerade um Girokunden ein erbarmungsloser gegenseitiger Abwerbekampf.

    (2. Teil morgen: Was Ihnen alles blüht, wenn Sie nur einen „Saisonier“-Ausweis haben)

    Wenn der grosse Chlapf kommt

    August 7th, 2009

    (reload 4.8.06)

  • Wir warten nicht auf Godot, wir warten auf den Chlapf
  • In anderen Kulturen ist das Warten auf religiöse oder mythische Gestalten Teil des Alltags. Während die Iren und andere Beckett-Fans immer noch auf „Godot“ warten, die Menschen mosaischen Glaubens den Messias (Maschiach) erwarten und für ihn am Schabbat, extra ein Gedeck mehr auf den Esstisch stellen, warten die Deutschen auf den Briefträger mit dem Bescheid vom Arbeitsamt.

    In der Schweiz gibt es auch eine mystische Gestalt, auf die alle warten. Es ist der sagenumwobene „grosse Chlapf“.

    Zitat:

    Es liegt nun am EMD und an der Armeeführung, den entstandenen Schaden zu beheben. Die Zeit heilt bekanntlich Wunden, aber es darf in nächster Zukunft wirklich nicht mehr etwas Ähnliches passieren, sonst kommt der grosse Chlapf.
    (Quelle: http://www.parlament.ch/Poly/Suchen_amtl_Bulletin/cn97/printemp/241.HTM?servlet=get_content

    Wir geben zu, diese Quelle ist neun Jahre alt, denn das „Eidgenössische Militär Departement“ hat sich mittlerweile zum Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport kurz VBS gewandelt, wie wir bereits hier erläuterten.

    Oder hier:

    Oke… in ein paar Tagen erfolgt der grosse Chlapf!!
    (Quelle: kopfmehl.net )

  • Warten auf den Chlapf im Permafrostgebiet
  • Das hübsche Wörtchen „Chlapf“ lernten wir im heissen Sommer 2006, also durch die hohen Temperaturen in den Permaforstgebieten der Alpen die Wahrscheinlichkeit zunahm, dass in den Bergen ordentlich was abging:

    Am Waldrand oberhalb der Häuser sitzend beginnt der Stuttgarter von der Schweiz im Allgemeinen und von «dieser einzigartigen Berglandschaft» im Besonderen zu schwärmen. Doch wie viele andere Gäste auch hält er seine Kamera in der Hand und wartet auf den grossen «Chlapf» –das schweizerdeutsche Wort muss ihm niemand erklären.
    (Quelle: espace.ch)

    Nun, der Stuttgarter ist von Haus aus Schwabe, versteht also einen Alemannischen Dialekt, darum muss ihm niemand den Chlapf erklären.

    Wir lasen in der Sonntagszeitung vom 23.07.06

    Hitze bedroht die Berge
    An vielen Orten in den Schweizer Alpen schmilzt der Permafrost-Boden. Schattenhänge oberhalb von 2400 Meter werden instabil, es drohen Felsstürze und Murgänge. « Mit fortschreitendem Eisverlust nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass in der Schweiz ein Grossereignis passiert»

    Kurzgesagt. Der Berg ruft nicht mehr, sondern er kommt gleich selbst.

    Der „Chlapf“ ist für Schweizer auch eins von vielen Koseworten für ihr Auto. Hier eine kleine Übersicht aus dem Slängikon für Züridütsch:

    Badwanne, Bäne, Bläch-Guutsche, Büchs, Bütti, Charre, Chischte, Chlapf, Dräckschlüüdere, e Garette, e Soife-Chischte (selbstgebasteltes Auto für Kinder), es Gschooss (schnelles Auto), galoppierendi Öpfelhurde oder Runkle (kleines oder altes Auto), Gelte, Göppel, Griite-Schlepper, Guutsche (Kutsche), Kilometer-Frässer, Maggina (von ital. macchina), Mühli, Pfüpferli, Poschti-Chörbli, Rääbe, Rochle, Roschthuufe, Roschtlaube, Sackgäld-Verdampfer, Schlitte, Schnupf-Trucke, Tasse, Trog, Wartsaal (langsames Auto)
    (Quelle: Slängikon)

    Es fällt auf, dass in diesem Lexikon all die Dinge und Tätigkeiten besonders gut und variantenreich vertreten sind, die der Schweizer gern hat oder gern tut. So findet sich zum Beispiel zum Thema „arbeiten“:

    aaschaffe, ackere, ad Seck gah, Batzeli verdiene, bügle, chnuppere, chnüttle, chrampfe, chrämpferle, chrüpple, d Stämpel-Uhr beschäftige, Freiziit vergüüde, grüble, hacke, in Bou gah, in Bunker gah, in Stolle gah, maloche, noddere, pickle, rackere, robottere, rüttle, s Bättle versuume (zu wenig verdienen), schufte, wörke (von engl. to work)

    Oder Geld:

    Geld Thema [Geld] Züri-Släng Chies, Chlöibi, Chlööte, Chlotz, Chludi, Chlütter, Chole, Flider, Flocke, Hammer, Höde, Käsch (von engl. cash), kei Schruube am Arsch ha (kein Geld haben), Kneete, Moni (von engl. money), Moos, Münz, Müüs, Noote, Rubel, Schnee, Schotter, Schruube, Stei, Stiis, Stutz, Zaschter
    (Quelle: Slängikon)

    Sagen die echt nicht „Fränkli“ zu ihrem Geld?

    Nicht so gern tun die Zürcher streiten:

    chääre, chifle, Chritz haa, Lämpe haa, zangge

    dafür aber umso lieber „Liebe machen“, vgl. hier.

    Eine Ehemaligenvereinigung einer Schule hat sich die Domäne www.chlapf.ch schon 1999 gesichert, in der Urzeit des Internets.
    Der grosse Chlapf als Abizeitung
    Sieben Jahre später haben alle ehemaligen Abiturienten das Surfen verlernt und arbeiten in richtigen Berufen.