Warum es nervt, wenn alle nur für Costa Rica sind

Juni 9th, 2006
  • Wie war noch mal das Torverhältnis nach den Testspielen?
  • Heute beginnt die Fussballweltmeisterschaft in Deutschland. Wochenlang wurde ein gigantischer Medienrummel veranstaltet, nie war die „Hype-Blase“ so gross wie bei dieser WM. Gab es eigentlich früher schon Liveübertragungen von Freundschaftsspielen oder Testspielen sämtlicher beteiligter Mannschaften zur besten Sendezeit? Berichterstattung, Kommentare, sogar Ergebnisstabellen von Testspielen bereits eine Woche vor einer WM?

    Wir können uns nicht erinnern. Diesmal findet die WM in Deutschland statt, was nicht dem Kaiser zu verdanken ist, wie alle meinen, sondern der Satirezeitschrift Titanic, wie es mittlerweile auch auf der offiziellen Fifa-Website nachzulesen ist: Wie TITANIC einmal die Fussball-WM 2006 nach Deutschland holte.

  • Die Schweiz ist dabei
  • Dank eines Stausees bzw. eines Sperrfeuers (vgl. Blogwiese) ist die Schweiz in Deutschland dabei. Sie wird in Bad Bertrich auf, dem 27. Kanton der Schweizer Eidgenossenschaft, umjubelt und verwöhnt.
    Bad Bertrich im Schweiz-Fieber
    (Quelle Foto Bad Bertrich)

    Sogar einen Schwiizerdütsch-Kurs haben die Einwohner dort gemacht, um ihre Gastfreundschaft zu demonstrieren!

  • Ob das die Schweizer in der Schweiz wirklich interessiert?
  • Durch die Schweizer Teilnahme an der WM ist die Begeisterung im Lande gross. Schweizer Fahnen hängen an vielen Fenstern, bereits Tage vor dem WM-Start sah man Autos mit wehender Schweizerflagge im Strassenverkehr. Das erste Spiel findet heute um 18.00 Uhr statt. Ausgerechnet Deutschland, der Gastgeber, bekommt diese besondere Ehre zugeteilt, gegen Costa Rica gewinnen verlieren spielen zu dürfen. In Bülach wie in vielen anderen Städten werden die Spiele im Kino und sogar auf einer Grossleinwand in der Stadthalle übertragen.

  • Als Deutsche unter lauter Costa Rica Fans
  • Sollen wir da wirklich auch hingehen und uns anschauen, wie Deutschland spielt? Macht es Spass, einige hundert Schweizer dabei zu beobachten, wie sie sich über jeden Freistoss für Costa Rica freuen, und wie sie jedes Foul eines Deutschen Spielers auspfeifen? Am Freitag werden die Schweizer Fussballfans ein einig Volk von Costa Rica Fans sein, das ist sicher. Ganz egal, wer gegen Deutschland spielt, Hauptsache Deutschland verliert.

  • Costa Rica ist die Schweiz Südamerikas
  • Der kleine Staat Costa Rica hat viel Ähnlichkeiten mit der Schweiz. Seit 1948 hier das Militär abgeschafft wurde, ist der Staat neutral. Na gut, seine Milizarmee hat die Schweiz immer behalten, aber Neutralität wird auch hier gepflegt. Während in den umliegenden Staaten eine Militärregierung die nächste ablöste, bemühte sich das Land um die friedliche Beilegung der Konflikte in Mittelamerika, wofür sein Präsident, Óscar Arias Sánchez, 1987 den Friedensnobelpreis erhielt:

    Costa Rica wird auch die „Schweiz Mittelamerikas“ genannt, nicht nur wegen der bergigen Landschaft, sondern auch wegen des relativen Wohlstands.
    (Quelle: Wikipedia)

  • Ob die Schweizer Fussballfans das wussten?
  • Wir glauben es eigentlich weniger. Höchstens Schweizer, denen es früher zu eng wurde in Helvetia, so dass sie nach Südamerika gingen, für ein Jahr oder in die Ferien, und dort ihre künftige Frau kennen lernten, werden sich ein wenig in der Geographie und Geschichte Lateinamerikas auskennen. Den anderen wird es egal sein. Hauptsache, die Deutschen kriegen tüchtig eins auf die Mütze.

  • Warum es nervt, wenn alle für Costa Rica sind
  • Es macht uns traurig und wütend, diese unverblümt zur Schau getragenen Anti-Deutschen Ressentiments zu beobachten. Anstatt die Spieler nach ihren Leistungen zu beurteilen, die saumässig gut oder loosermässig schlecht sein mögen, wird hier pauschal draufgeklopft und Frust abgebaut, der sich offensichtlich angesammelt hat. Natürlich drücken wir für Deutschland die Daumen, natürlich freuen wir uns, wenn die Gastgeber dieser WM von der Begeisterung ihres Landes mitgetragen werden, und es weit schaffen. Es täte Deutschland gut, wieder so einen Kick und ein bisschen Selbstvertrauen zu kriegen, um sich in der derzeitigen Wirtschaftsmisere selbst am Schopf aus dem Sumpf der Hoffnungslosigkeit und Arbeitslosigkeit zu ziehen.

    Falls die Jungs aber scheisse spielen, dann heult ihnen niemand eine Träne nach, und sie werden garantiert schnell und kalt abserviert. Die Deutsche Boulevardpresse ist da ziemlich gnadenlos, wenn es Schuldige zu bestimmen gilt.

  • Wer guckt das Spiel?
  • Freitag um 18.00 Uhr sind die meisten Deutschen in der Schweiz wohl gerade auf dem Heimweg um sich brav das Spiel vor dem Fernseher anzuschauen. Einen Autokorso werden sie garantiert nicht nach dem Spiel veranstalten, aber ich wette, es finden sich 30 Costa Ricaner in Zürich, die es tun werden… falls sie gewinnen.

  • 1974 war die WM in Deutschland
  • Als die Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland stattfand, war es für mich als Kind völlig ausser Frage, dass Deutschland den Titel holt. Ich hatte ja vom ersten Tag an jedes Spiel im neu gekauften Schwarzweiss-Fernseher mitangesehen und konnte die Mannschaftsaufstellung rauf- und runterbeten. Also konnte Deutschland überhaupt nicht verlieren. Für deutsche Kinder wird es heute nicht anders sein. Deutschland wird Weltmeister. Fragen wir hingegen Schweizer, wie weit die Schweiz kommen wird, dann sprechen die allenfalls von einer Teilnahme am Viertelfinale. Warum ist Optimismus eigentlich so grauenhaft unschweizerisch?

    Blick auf den Schreibtisch eines Deutschen in der Schweiz:

    Deutschland Wimpel

    Haben Sie auch einen Knopf in der Leitung?

    Mai 19th, 2006
  • Der Knopf in der Leitung
  • Wir lasen im Tagesanzeiger vom 05.05.06 auf Seite 28:

    Der Knopf in der Doha-Leitung

    Der Knopf in der Leitung
    und verstanden natürlich erst mal nur noch Bahnhof. Verstehen Sie das?

  • Wenn Deutsche nichts verstehen
  • Wenn Deutsche etwas nicht verstehen, dann können Sie das auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel, in dem Sie „gerade auf der Leitung stehen„. In der Schweiz klappt das nicht, denn die Schweizer telefonieren nicht über Leitungen, sondern über Linien, genauer gesagt „Telefon-Linien“, wenn man den digitalen Ansagen des Telekommunikationsanbieters Swisscom Glauben schenken darf „Alle unsere Linien sind belegt“ (vgl. Blogwiese).

    Die Schweizer weigern sich, im Falle eines Verständnisproblems nach draussen zu gehen. „Ich komme nicht draus“ (vgl. Blogwiese). Wahlweise kann man in Deutschland auch noch auf dem „Schlauch“ stehen, wenn man nichts versteht. Ob das nun die Sauerstoffleitung auf der Intensivstation ist, auf der man da steht, oder der Bierschlauch, welcher vom grossen Tank der Kleinbrauerei hinüber in den Biergarten führt, ist nicht bekannt. Wenn alle Stricke reissen, dann verstehen die Deutschen nur noch Bahnhof, oder es kommt ihnen alles Spanisch vor.

  • Warum ist ein Knopf in der Leitung?
  • Als Deutsche wundern wir uns, wenn plötzlich von Knöpfen geredet wird, obwohl es gar nicht um Kleider und Hemden geht. Der Knopf ist in der Schweiz dass, was wir Standarddeutschen als „Knoten“ bezeichnen. Knöpfe braucht man beim Klettern mit Seil, beim Segeln und beim Schuhe zubinden sollten man sie tunlichst vermeiden.
    Das Variantenwörterbuch verrät uns:

    Knopf der; -(e)s, Knöpfe: 1. A CH D-süd Verknüpfung von Fäden, Schnüren o. Ä:
    Du machst oben an der Scheibe einen Knopf in den Faden, unten befestigst du eine bunte Holzperle (Bastellecke, 2002, Internet; A); Die Turnschuhe dürfen lediglich mit einem normalen Knopf verschnürt werden (Schweizerischer Turnerverband, 2002, Internet; CH)

    Sogar die Krawatte erhält in der Schweiz einen „Krawattenknopf“, ganz ohne Knopfloch.

    Wenn in der Schweiz „jemandem der Knopf aufgeht“, dann verliert er nicht gleich seine Hose, sondern er ist

    „plötzlich zu sehr guter Leistung fähig, macht einen sprunghaften Fortschritt“
    (Quelle: Variantenwörterbuch, S. 420)

    Gerade im Sport scheint in der Schweiz der Knopf recht häufig aufzugehen:

    Der als Vorlage gedachte Schuss fand den direkten Weg ins Tor von Piamont. In der Folge ging der Knopf auf und Kerzers fing an zu spielen – und zu treffen.
    (Quelle: freiburger-nachrichten.ch)

    Wir fanden noch einen Beleg beim FC Henau:

    Wir mussten bis ca. in die 15. Minute, bis uns endlich das erste Tor gelang. Erst jetzt ging der Knopf auf, bis zur Pause gelangen uns noch zwei weitere Treffer.
    (Quelle: fchenau.ch)

    Zum Schluss noch ein Tipp: Wenn der Knopf mal nicht aufgeht, dann hilft es manchmal, ihn einfach abzuschneiden. So wie im „Krieg der Knöpfe“.

    Die illegale Gleis-Lotterie am Bahnhof Museumstrasse

    Mai 9th, 2006
  • Perron oder Bahnsteig, Gleis oder Ge-leis?
  • Am Bahnhof Museumsstrasse gibt es zwei Bahnsteige und vier Gleise. Schweizer dürfen diese Dinge gerne weiterhin „Perron“ (=Vortreppe, heute sagt man „quai“ in Frankreich) und „voie“ nennen, wie die Deutschen es vor der grossen Eindeutschung und Reichsgründung um 1870 auch taten, bei der die Schweizer natürlich nicht mitmachten. Meinetwegen sagen Sie als Schweizer auch „Ge-leise“, wie die Aufforderung, doch bitte „leise zu gehen“, also mit einem „e“ mehr als in Deutschland üblich, laut unserem Duden in der Schweiz noch möglich:

    Geleise, das; -s, – [mhd. geleis(e) = Radspur, Kollektivbildung zu: leis(e), ahd. (wagan)leisa = (Wagen)spur] (österr., schweiz., sonst geh.)

    Doch wo wir hinschauen, steht „Gleis“ angeschrieben, auch in der Schweiz. Wahrscheinlich hatte der Duden hier wieder Probleme mit der korrekten Einordnung von „schweizerisch“. Soll ja vorkommen.

  • Alles wirklich nur ein Zufall?
  • Wo genau auf welchem Gleis jetzt hier Ihr Zug halten wird, das weiss kein Fahrplan sondern wird jeweils fünf Minuten vor der Einfahrt des Zuges von einem Computer wahrscheinlich per Zufallsgenerator bestimmt. Wer das daheim mit seinem Microsoft Excel nachbauen will verwende am besten die Funktion „randomize“ zur Erzeugung einer Zufallszahl, im deutschen Excel als =WENN((ZUFALLSZAHL()*2+1)<2;21;22) zu haben, einfach in eine Excel-Tabelle kopieren und mit der F9-Taste aktualisieren. Egal was der Computer sagt, die Menschen auf diesem Bahnsteig starren wie gebannt auf die Anzeigetafeln. Müssen sie sich nun nach links oder nach rechts wenden? Manche versuchen die Röhre, aus der ihr Zug zu ihnen rollen wird, zu erahnen. Am Luftstrom die Ankunft des baldigen Zuges zu erspüren. Wie beim Roulette, wo manche Spieler auch versuchen, den Lauf der Kugel vorauszuberechnen: Wenn der Zug eben links ankam, und der Zug danach rechts, dann müsste mein Zug aller Wahrscheinlichkeit wieder links… doch halt, da hat ja ein Zug Verspätung! Es bleibt spannend bis zum Schluss, und die Menschen sind beschäftigt. Sind abgelenkt vom tristen Alltag, ihrem Weg zur Arbeit oder nach Hause. Für einen Moment werden alle zu Spielern. Warum auf den Anzeigentafeln eigentlich keine Werbeeinblendungen erfolgen, so wie beim Boxkampf im TV, in der kurzen Pause zwischen zwei Runden, ist uns schleierhaft.

  • Wetten Sie einfach mit!
  • Man sollte da unten am Bahnhof Museumstrasse eigentlich einen Croupier beschäftigen: „20 Franken für Ankunft auf Gleis 21, 10 Franken für Zieleinlauf auf Gleis 22, rien ne vas plus!“ aber solch nicht-staatliches Glückspiel ist illegal in der Schweiz. Auch der Discounter FUST bekam mächtig Ärger, als er im Rahmen einer Werbeaktion der Kauf eines neuen TV-Geräts mit dem Spielglück der Schweizer „Nati“ (=Nationalmannschaft ohne Parteiabzeichnen) verband.

    28.04.2006 — Tages-Anzeiger Online
    Fust-Wettbewerb wird untersucht
    Die Fust AG verspricht in Inseraten und TV-Spots Gratis-Fersehgeräte, falls die Schweizer Fussball-Elf an der WM den Viertelfinal erreicht. Jetzt prüft die St. Galler Staatsanwaltschaft, ob dies gegen das Lotterie-Gesetz verstösst.

    Der Elektronik-Discounter Dipl. Ing. Fust AG mit Sitz in Oberbüren SG will den Kaufpreis für neu gekaufte TV-Geräte zurückerstatten, falls die Schweizer Fussballnationalmannschaft den WM-Viertelfinal erreicht. Allerdings muss der Käufer auch noch einen Tippschein korrekt ausfüllen.

    An Wettbewerb gekoppelt
    Weil die Teilnahme am Wettbewerb an den Kauf eines Fernsehgeräts gekoppelt ist, verstösst die Praxis der Fust AG laut dem St. Galler Finanzdepartement möglicherweise gegen das Lotterie-Gesetz. Es hat Fust aufgefordert, den Wettbewerb abzubrechen.
    (Quelle: tagesanzeiger.ch)

  • Und was passiert, wenn die Schweiz Vize-Weltmeister wird?
  • Unlauterer Wettbewerb? Genehmigungspflichtiges Glückspiel? Wer nur diesen Verdacht äussert, bezogen auf den programmierten Fussballerfolg der Schweizer Kicker, muss der sich nicht in der Schweiz gegen den Vorwurf des versuchten Landesverrats rechtfertigen?

    Wir werden mal bei FUST nachfragen, was es zu gewinnen gibt, wenn die Schweiz wie geplant Vizeweltmeister wird dieses Jahr. Vielleicht einen Zweitfernseher für den Zweitplatzierten oder einen Harddisk-Videorekorder mit der Aufzeichnung aller sensationellen Erfolge der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft der letzten 30 Jahre. Braucht es dafür eine Harddisk? Würde nicht auch eine DVD reichen? Oder eine CD? Oder eine Diskette? Wir werden das auf jeden Fall mal durchrechnen lassen.

    Grüezi, ich hätte gern eine Deutschlandflagge — Fussballfieber bei der Migros

    März 30th, 2006
  • Fussballfieber bei der Migros
  • Wir lasen im MIGROS-Magazin Nr. 12 vom 21. März

    Fussballfieber
    Wahre Fans zeigen während der Weltmeisterschaft Flagge.
    Die Untensilien dazu findet man in der Migros.

    Fussballfieber in der Migros

    Dann werden sie noch auf der gleichen Seite vorgestellt, die Utensilien und Fanartikel für Gross und Klein.

    T-Shirt Spanien und Kappe für Brasilien

    Es gibt ein T-Shirt „Spanien“, eine Kappe mit Schlüsselanhänger „Brasilien“, Shorts und Trägershirt zu „Italien“ und sogar „Croatia“ (spielt am 22.06. in Stuttgart gegen Australien) ist vertreten.

    Italien, Kroatien und Brasilien

  • Was wir nicht finden können?
  • Nun, dreimal dürfen Sie raten: Keine Schwarz-Rot-Goldene Flagge, kein Bundesadler weit und breit zu sehen. Wir gehen selbst in die Migros zum Nachschauen: Dort hängen tatsächlich neben den Italienischen „Trainern“ ein paar in Schwarz-Rot-Gold!
    Schwarz-Rot-Goldene Trainer rechts

    Sagen wir lieber: In drei hübschen Farben. Rot und Gelb ist auch darunter. Vielleicht merkt es ja so niemand, dass hier die Nationalfarben des geliebten Nachbarn aushängen. Stark nachgefragt scheinen die Dinger jedenfalls nicht zu sein.

  • Was uns tröstet?
  • Fan-Artikel für die Schweiz sind ebenfalls nicht in der Migros-Zeitung abgebildet. Vielleicht weil sich die Herstellung von Schweiz-Fanartikel für nur drei Spiele am 13. Juni, 19. Juni und 23. Juni nicht wirklich lohnen würde? Wer würde die schon kaufen? Dabei könnten man bei guter Qualität die Sachen doch noch bis zum 1. August, dem Schweizer Nationalfeiertag, weitertragen! Wie gut die Qualität wohl ist? Schauen wir uns das Preisschild an. Die Migros ist ja berühmt für ihre hervorragende „Swiss Made“ Qualität bei (fast) allen Artikeln.

  • Woher kommen die Fan-Artikel?
  • Kleine Ironie des Schicksals: Raten Sie mal, in welchem Land diese hübschen Anzüge hergestellt wurden. Sie sehen es ja selbst auf dem Preisschild: Made in Turkey.

    Fanartikel made in Turkey

    Und wir waren so blauäugig zu glauben, es sei von der Schweiz ein Handelsboykott über die Türkei verhängt worden, nach dem letzten Skandalspiel in Istanbul. Obwohl, das kann nicht ganz angehen, denn Döner essende Schweizer haben wir seither auch schon ein paar gesehen, wahrscheinlich war das alles „Hammelfleisch aus der Innerschweiz“, und keine Importware.

    Deutschland gegen die Türkei — Für wen würden Sie die Daumen drücken?

    März 21st, 2006
  • Deutschland gegen die Türkei
  • Angenommen es gäbe am Wochenende ein Länderspiel mit entscheidender Bedeutung. Angenommen, es treten die Nationalmannschaften von Deutschland und der Türkei gegeneinander an. Für wen würden Sie, als guter Schweizer, nun die Daumen drücken?

    Für die Deutschen, weil das Ihre sprach- und seelenverwandten lieben Nachbarn aus dem Norden sind, denen man sowieso alles Gute wünschen muss, da sie es ja stets nur durch irgendwelche Zufälle bei Weltmeisterschaften bis ins Endspiel schaffen und dann besiegt werden, jedenfalls meistens?

    Oder für die Türken, weil Sie ihnen so dankbar sind, dass sie der Schweiz vor nicht allzu langer Zeit in letzter Minute noch das Ticket für die Weltmeisterschaft in Deutschland verschafft haben? „Deutschland wir kommen“ und so weiter?

    Wie, Sie wissen die Antwort auf meine Frage nicht so genau? Es ist eine ziemlich knifflige Fragestellung, zugegeben, denn eigentlich schlägt ihr Herz ja für beide Mannschaften gleich stark, und am liebsten wäre ihnen ein Unentschieden mit vielen Toten Toren, und anschliessend eine tüchtige Keilerei auf dem Platz, alle gegen alle?

    Aber sowas Schönes gibt es leider nur bei Asterix und Obelix oder beim Eishockey. Und dafür interessieren Sie sich, als patriotischer und sportbegeisterter Schweizer, sowieso viel mehr.

    Gibt es eigentlich Eishockey in der Türkei? Müssen wir noch abklären. Zumindest sind da Schlägereien auf dem Spielfeld nicht ganz so tragisch, weil doch alle prima Schutzausrüstung tragen.

  • Was wir den Türken sonst noch verdanken
  • Den Türken verdanken wir viel in Europa, zum Beispiel die Idee zum „Croissant“, dem „Hörnchen“ oder „Halbmond“, welches sich nach der Legende ein Bäcker in Wien ausdachte, als die Türken vor Wien standen:

    Laut umstrittener Überlieferung sollen Croissants (Kipferl) ursprünglich in Österreich nach der Belagerung Wiens durch die Türken im Jahre 1683 entstanden sein. Weil die Bäcker in der Stadt schon früh morgens aufstehen mussten, bemerkten sie als Erste, dass die Türken die Stadtmauern unterminierten und schlugen Alarm. Dadurch sollen sie maßgeblich zur Rettung Wiens beigetragen haben. Zur Erinnerung an dieses Ereignis erfanden sie das Croissant, in Anlehnung an das türkische Feldzeichen in Form des Halbmondes.
    (Quelle Wiki)

    Natürlich ist es nicht nur „Feldzeichen“, sondern auch Religionssymbol für den Islam, weswegen das „Rote Kreuz“ in der islamischen Welt als „Roter Halbmond“ auftritt.
    Roter Halbmond und Rotes Kreuz
    Foto aus Wiki

    Und schon sind wir wieder bei unserem Lieblingsthema: Die Schweizer Flagge ist Weiss und Rot und hat die Form eines Kreuzes… aber das haben wir ja schon an anderer Stelle ausdiskutiert. (vgl. Blogwiese)

    Damit hier jetzt keine Missverständnisse und anti-türkische Stimmung aufkommt: Wir sind grosse Fans der türkischen Küche, die weit mehr zu bieten hat als Döner Kebab und Lahmacun. Wir erwähnen nur gefüllte Weinblätter „Sarma“, gefüllte Zucchini oder Auberginen („Dolma“) mit Joghurtsosse „Cacik“. Ausserdem kommen geniale junge Musiker aus der Türkei, die uns wunderbare poetische Momente im Sonnenlicht schenken, wie die Grup Tekkan.
    Wenn ständig behauptet wird, die Jungs könnten nicht singen oder würden den Ton nicht treffen, so weisen wir nur auf die Tradition der arabisch-türkischen Musik, die stets mit halben Halbtönen arbeitet, was in unseren westlich trainierten Ohren wie „Gejammer“ und „schief“ klingen mag, im Orient aber durchaus zum normalen Musikverständnis und Hörgefühl gehört. Also bitte ein bisschen mehr Kulturverständnis, Toleranz und Offenheit für neue Klänge!