-->

Bitte halten Sie die Linie — Erlebnisse bei der Swisscom

  • Alle unsere Linien sind besetzt
  • Ich kannte bisher Bus-Linien, Strassenbahn-Linien, Produkt-Linien und Wäsche-Linien, aber in der Schweiz gibt es anscheinend auch „Telefonlinien“. Neulich begegnete mir eine solche in Gestalt einer freundlichen Automatenstimme: „Alle unsere Linien sind besetzt, bitte versuchen Sie es später noch einmal.“

    Steht man auch drauf, auf der Linie, oder ist das dann wieder die „Leitung“?

    Kommentar meines Schweizer Kollegen Thomas: „Wir haben auch Linien, die wir uns ‚reinziehen‘, wenn wir Kokain meinen.“

  • Bitte halten Sie die Linie
  • Ein anderes Mal wurde ich von einer Automatenstimme freundlich aufgefordert, doch die Linie zu halten. Na gut, ich hatte gerade beschlossen nicht mehr so viel zu essen, und meine Linie zu halten. Aber warum musste ich mich am Telefon in der Warteschleife immer wieder daran erinnern lassen? Noch dazu von diesem unbekannten Automatenschnösel?

  • Neulich bei der Swisscom
  • Die Swisscom ist für die Schweizer das, was wir in Deutschland die Telekom nennen: Ein für kundenorientiertes Auftreten und extreme Freundlichkeit berüchtigter Ex-Staatsmonopolbetrieb. Besonders merkwürdig geht es zu, wenn man dort telefonisch mit einem Menschen sprechen möchte.

    Nach einem Jahr in der Schweiz war es so weit: Ich bekam eine Abrechnung über die für unseren Telefonanschluss hinterlegte Kaution, die „Garantiehinterlage“. Allein dieses Wortungetüm war es wert, die Geschichte im Blog zu erwähnen. „Sollten Sie diesbezüglich Fragen haben, stehen wir Ihnen für weitere Auskünfte zur Verfügung“.

    Dieses Versprechen wollte ich einlösen und das Kommunikationsangebot des Kommunikationsbetriebs nützen, also rief ich die kostenfreie 0800er-Nummer an. Es ertönte „Night-Fever“, in einer Techno-Disko Version, und „alle unsere Linien sind besetzt, bitte warten“. Ich versuchte es um 8:00 Uhr, um 10:00 Uhr, um 12:00 Uhr, um 13:00 Uhr, um 15.00 Uhr, um 18:00 Uhr, immer umsonst, denn stets waren alle Service-Mitarbeiter mit „Night-Fever“ hören beschäftigt, oder fuhren Bus, denn die Linien waren immer noch besetzt.

    Als ich es gerade aufgeben wollte, am Abend, wurde ich doch noch mit einem Menschen verbunden. Kurz und schmerzlos wurde mir verkündet, dass ich meine Garantiehinterlage wieder vorgelegt bekomme. „Auf welches Konto sollen wir das Geld transferieren“?

    Was für ein Service! Ein Jahr war rum, wir waren tatsächlich nicht aus der Schweiz getürmt und haben die Swisscom mit einem horrenden Berg von unbezahlten Rechnungen zurückgelassen, die sicherlich dann mit den 500 CHF Garantiehinterlage bezahlt worden wären.

  • Wechsel zu N-Tel: Zum Vertragsabschluss „JA“ sagen
  • Einige Zeit später wechselte ich zum billigeren Telefonanbieter N-Tel. Der Wechsel kam sehr ungewöhnlich zustande. In Deutschland bekommt man bei solchen Gelegenheiten auf dem Postweg einen Vertrag in doppelter Ausführung zugeschickt, den man unterschreiben und zurückschicken muss, natürlich im Freiumschlag.

    Anders in der Schweiz: Ich wurde am Ende des Anwerbungsgespräches telefonisch über alle meine Rechte und Pflichten aufgeklärt und dann von einem Tonband in einer feierlichen Zeremonie aufgefordert, mit „JA“ mein Einverständnis zu bekräftigen. Aber bitte erst wenn das Band läuft! Ich konnte mir nicht verkneifen ein „JA, mit Gottes Hilfe“ zu Protokoll zu geben.

    Der so mündlich abgeschlossene Vertrag wurde dann von einer neutralen Firma überprüft. Das heisst, da sass jemand mit Kopfhörer und kontrollierte im Akkord, ob meine Daten und viele andere Gesprächsmitschnitte echt waren, und ob ich auch wirklich eine Männerstimme hatte, oder ob da nicht vom Verkäufer gepfuscht wurde und er womöglich selbst das JA im entscheidenden Moment gekrächzt hatte. Solche via Telefon zustande gekommenen Verträge sind rechtskräftig in der Schweiz.

    

    17 Responses to “Bitte halten Sie die Linie — Erlebnisse bei der Swisscom”

    1. Philipp F. Says:

      Sehr geehrter Herr Wiese.

      Drogen darf man nicht tolerieren, ansonsten nimmt die Kriminalität in der Schweiz die Oberhand. In Zürich wird noch auf offener Strasse Drogen verkauft, hauptsächlich von Schwarzen, und die Polizei tut nichts dagegen.

      Kein Wunder, wenn manche lieber eine radikale Veränderung vorziehen, zum Beispiel als Neonazi.

      In Ihrem Fall empfehle ich Ihnen Ihren Kollegen bei der Polizei anzuzeigen.

      Es grüsst Ihnen,
      Philipp F.

    2. Administrator Says:

      Vielen Dank für Ihren Kommentar!
      Ich werde ihre Anregung beherzigen und meinen Kollegen das nächste Mal anzeigen, wenn er wieder einmal das Wortspiel „sich eine Linie reinziehen“ gebraucht, wie es für den Konsum von Kokain praktiziert wird. Toleranz gut und schön, aber was zu weit geht, geht einfach zu weit. Wehret den Anfängen!
      Die Neonazi-Szene wird den Drogenkonsum sicherlich sofort durch radikale Veränderungen in den Griff bekommen, z. B. durch das kollektives Beitreten zum Verband der Blaukreuzer. Immer mit gutem Vorbild voran.
      Gruss, Jens Wiese

    3. Mikki Studer Says:

      Dieser (schweizer-)deutsche Ausdruck „Bitte halten Sie die Linie“ kommt daher, dass die Schweizer häufig eine pseudo-englische Ausdrucksweise wählen. So leitet sich „Bitte halten Sie die Linie“ eindeutig vom englischen „Please, hold the line“ ab. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass bei einer Übersetzung in drei oder vier verschiedene Sprachen, sich die jeweils internationalsten Varianten durchsetzen. Meine Vermutung ist jedoch eher, dass es englischer und damit für viele Schweizer hipper klingen soll.
      So werden zum Beispiel im Schweizer Fernsehen die englischen Varianten der Champions League-Werbeclips (z.B. JVC) verwendet und nicht die deutschen.
      Viele Schweizer sprechen auch die Markennamen englisch (bzw. original) und nicht deutsch aus: JVC, Sensodyne, Maggi, Suchard.

    4. Jens Wiese Says:

      Vielen Dank für den Kommentar!
      Maggi wird in der Schweiz tatsächlich „Madschii“ ausgesprochen, aber ich dachte dass sei Italienisch, und nicht Englisch, oder irre ich mich?

      Bei Wikipedia finden wir:
      Die Maggi-Würze wurde 1886 von Julius Maggi in der Zürcher Ortschaft Kemptthal (Gemeinde Lindau ZH) als preiswerter Ersatz für Fleischextrakt erfunden, bzw. der ihm aus einem Japanaufenthalt bekannten Sojasauce nachempfunden. Die deutsche Niederlassung von Maggi wurde 1887 in Singen am Hohentwiel (in der Nähe von Konstanz) gegründet, wo sich seit 2002 der deutsche Produktionsschwerpunkt befindet

      Es ist also ein Zürcher Name, wahrscheinlich von Italienischen Einwanderern abstammend.
      Gruss, Jens Wiese

    5. Räulfi Says:

      jou, ‚matschi‘ stimmt… aber ’süschaar‘ ist französisch…

    6. ItaloRaver Says:

      Man geht auch nicht zu N-Tel, also so eine Vertragsabschluss habe ich ja noch nie erlebt

    7. Administrator Says:

      Ich bin da nicht hingegangen, die haben mich angerufen, und ich habe „JA“ gesagt, so war das. Diese Form des „telefonischen Vertrags“ gibt es in Deutschland jetzt auch schon, wurde mir berichtet.
      Gruss, Jens

    8. En Büülemer Says:

      Noch was Maggi…
      Der Gründer von Maggi (Julius Michael Johannes Maggi) ist das fünfte Kind eines italienischen Einwanderes. Nach seiner Ausbildung in Budapest hat er die Mühle seines Vaters übernommen. Um die wirtschaftliche Kriese zu überwinden, hat er ein bisschen ‚getüftelt‘ und neue Produktionszweige gesucht (und offensichtlich auch gefunden). Siehe auch http://www.maggi.ch/de/aboutus/history1.asp

      Und noch was zum Telefon…
      ‚Ich gib dr dänn no es Telefon am Abig, gäll.‘
      Wieviele Telefone hast du schon zu Hause? Schweizer sind grosszügig, wenn es ums Anrufen geht. Sie verschenken immer gleich ein Telefon, wenn sie jemanden anrufen wollen… 😉

    9. Colin Says:

      Vielleicht ist dieser Kommentar absolut sinnlos aber muss sein :D.

      Zum 1. Kommentar (Philipp F. Says): Da kann man nur etwas sagen –> ROFL (falls jemand ROFL nicht kennt, findet man sicher bei Wiki).

      Zu Linie halten: Stimme ich Mikki Studer absolut zu, kommt vor allem aus dem IT-Bereich, dort lernt man als 1. wenn man am Telefon arbeitet:

      Please wait a moment –> Sehr unhöflich

      Please hold the line –> höflich

      Zu Swisscom: Man merke, bei Swisscom ist egal zu welcher Tageszeit, immer jede Linie besetzt.

    10. ItaloRaver Says:

      Also dazu muss ich ja noch Sagen das ich bei der Swisscom eigentlich sehr selten warten muss, jedenfalls bei der Mobile Helpline.

      Mit „zu N-Tel gehen“ meinte ich ja eigentlich „zu N-Tel wechseln

    11. Barbara Says:

      Hallo,

      finde es toll mal zu hören was ein Deutscher so von der Schweiz für einen Eindruck erhält. Ist witzig.
      Nur zum Zebrastreifen in gelb: sie müssten mal nach Thun kommen, ich weiss nicht wie es in Zürich ist aber in Thun halten die meisten Autofahrer und lassen die Fussgänger über den gelben Zebrastreifen laufen ob mit oder ohne Danke des Fussgängers

      Gruss Barbara

    12. Marc Says:

      Hi,

      erst mal: ich finde deine Eindrücke und Kommentare zu deinen aufgeführten Themen genial. 🙂

      Wollte aber was zu Phillipp sagen:
      Was bist du denn für ein Witzbold? Du kennst ja den Begriff „sich eine linie ziehen“ sicher auch?! Dann bist du also auch eine Koksnase?
      Also ich kann diesen Begriff meines erachtens mit gutem Gefühl gebrauchen, ohne das ich Kokain nehme.
      Ausserdem: Wenn du Kollegen hast, die Koks „ziehen“ und du bereit wärst, ihn anzuzeigen hast du da den Sinn eines Freundes nicht verstanden verstanden?

      Schlussendlich muss sowieso jedermann selber wissen, was er mit seinen Nasenhöhlen anfangen will.

      PS: ich bin mir 98,72% sicher das du die Zynik in Jens Wiese’s antwort ned kapiert hast. 😉

    13. Michael Says:

      Kleiner Zusatz zum Vertragsabschluss. Im OR ist verankert, dass mündlich abgeschlossene Verträge rechtsgültig sind. OR ist übrigens das Obligationsrecht und hat nichts mit politisch angesiedelten Anleihen zu tun 🙂

    14. Daniel Says:

      Sehr lustig die Story über Swisscom 0800 🙂

      Ich arbeite selber in dem Laden, allerdings nicht bei Fixnet, wo man immer am falschen Ort landet. Früher hatte ich mal bei der Deutschen Telekom einen BTX-Anschluss. Sowas gab es um 1992 rum. Ich zahlte DM 500.– „Kaution“. Im Gegensatz zur Swisscom bekam ich das Geld aber nie mehr wieder zurück. Bei der Kündigung versicherte mir die unfreundliche Telekom-Schl…., der Betrag sei mit „offenen Rechnungen“ verrechnet worden. Dabei gab es keine offenen Rechnungen. Diese wurde jeweils direkt meinem Konto belastet. Fand ich recht arrogant 😉

    15. Gizmo Says:

      @ Phillip F.: –und die Polizei tut nichts dagegen.—

      Nein die ist damit beschäftigt zu schauen ob man nicht 51 statt 50 fährt und ob man nicht beim ersten blinken des lichts am bahnübergang doch noch rübergefahren ist, denn merke: das verhaften des koksdealers KOSTET geld, denn der muss anschliessend in gewahrsam genommen und gefüttert werden. Das anhalten dieser üblen raser die mit 1 km/h zuviel durch die gegend brausen und das wohl der ganzen schweiz gefärden, die BRINGEN geld… und darum wundert es mich das es sie wundert warum die polizei nichts dagegen tut… dabei sit die erklärung doch so einfach und naheliegend…

    16. Gerry Says:

      Um weiter oben auf ‚Madschii‘ und ’süschaar‘ zurückzukommen.
      Etwas verstehe ich bei den Deutschen einfach nicht:
      Da klauen die doch bei uns unser von Herrn Dr. Bircher erfundenes Birchermüesli. Schön dass es ihnen allen schmeckt. Und in chinesischer Manier wird es tausendfach kopiert.
      Soweit so gut!
      Aber …. Jetzt kommt der Witz der Sache – Es wird auch noch ‚umbenannt‘.
      Wer hat jemals in Deutschland ein ‚Müesli‘ gegessen?
      NIEMAND!
      Die essen doch alle > igitt igitt

    17. Chrisbo Says:

      Drogen darf man nicht tolerieren, ansonsten nimmt die Kriminalität in der Schweiz die Oberhand. In Zürich wird noch auf offener Strasse Drogen verkauft, hauptsächlich von Schwarzen, und die Polizei tut nichts dagegen.

      Der Post hat eindeutig einen satirischen Charakter. 😀 Mit der gleichen Argumentation(?) könnte man Alkohol verbieten, denn das Suchtpotential ist auf jeden Fall höher. Das dies nicht der Fall ist, erklärt, warum die Beschaffungskriminalität bei Alkohol endenwollend ist. Verbotene Drogen sind halt lukrativer für mafiöse Vereinigungen, da sie mit schlechter Qualität hohe Gewinne erzielen können. Das widerum führt erst zur so genannten Beschaffungkriminalität. Die Jagd auf friedlichen Koksern und Kiffern hat andernorts deshalb schon viele Menschenleben gefordert.