Was die Schweizer gerne trinken: Cüpli und Schale

Januar 18th, 2006
  • Im Cüpli-Fieber
  • Seit das Schweizer Team Alinghi 2003 den America’s CUP gewonnen hat, ist die ganze Schweiz im „Cup“ Fieber.
    America's Cup
    Nur mit der Aussprache hapert es noch ein bisschen. Die Schweizer sind da ein bisschen gehandicaped. Wir meinen das Adjektiv „handicap“, nicht die Trophäe der Weltmeiser im Handy-Weitwurf, den „Handy-Cup“.

    Ein echtes „handicap“ ist eine Dauerbehinderung, unter der extrem vor allem Golfspieler leiden. Die fragen sich ständig gegenseitig danach: „Wie ist Dein Handicap?“

    In der Schweiz darf man übrigens an Stelle von „Behinderung“ auch ein sehr schönes altes Wort verwenden: „Das Gebresten“. Google-Schweiz hat 291 Verwendungsbeispiele dafür.

    Der Fifa-Pokal, den die Schweizer Natzi Spieler (ohne Braunhemden aber mit weissem Kreuz auf Brust und Rücken) in Bälde bei der Weltmeisterschaft in Deutschland gewinnen möchten werden, wird in der Schweiz einfach „Köpp“ genannt. Ganz ähnlich wie ihr Trainer „Köbi“ Kuhn, der eigentlich „Jakob“ mit Vornamen heisst.

  • Fifa-Cup-Köpp
  • Das erinnert uns Deutsche an den nordischen „Fisch-Kopp“, ganz ohne Umlaut, oder den „Köpper“, wenn wir kopfüber bei knackigen 21 Grad Celsius während der heissesten Hundstage in Norddeutschland ins Freibadbecken hechten. Einen solchen bezeichnet man in der Schweiz als „Köpfler„. Auch als Familienname sehr häufig, die Köpflers. Sowohl der teutonische Köpper als auch schweiz./österr. Köpfler finden ihre Erwähnung im Duden, unserem rein deskriptiv-beschreibenden Lieblingswörterbuch.

    Weil der „Cup“ in der Schweiz also ein „Köpp“ ist, muss das Teil, aus dem man trinken kann, leicht modifiziert werden. Die Schweizer verpasstem ihn ein „li“ und einen Umlaut, und so wurde ein „Cüpli“ draus:

  • Das Cüpli
  • Das ist in der Schweiz ein spezielles Glas mit einem speziellen Inhalt, der nur aus Champagner bestehen sollte, also diesem sauteuren und trockenen Schaumwein aus der französischen Champagne.
    Cüpli-Glas
    In allen anderen Fällen, wenn dort aus Spargründen nur Sekt eingefüllt wird (was in der Schweiz fast nie passiert), erregt dies in der Öffentlichkeit Anstoss, denn dann ist es ein „A-stösserli“.

    Cüplis sind immer in cash zu bezahlen, mit Kreditkarte geht da gar nichts. Damit Sie das nicht vergessen steht es bei jedem Cüpli gleich fest angeschrieben: „Cüpli-bar
    Cüpli nur in Bar

  • Wenn Ihnen der Kaffee irgendwie schal schmeckt
  • In Deutschland trinkt man höchst selten Champus, sondern meistens trockenen Sekt. Den auch gern mal aus einer „Schale“. Eigentlich gehört dieses Teil verboten, denn sie zwingt uns dazu, den Champus sehr schnell zu trinken, bevor er keine Kohlensäure mehr hat und so schmeckt wie sein Gefäss, nämlich „schal“.
    In der Sekt-Schale wird Sekt schnell schal
    Damit lassen sich tolle Pyramiden aufbauen, die dann von oben mit Sekt gefüllt werden können. Immer ein lustiger Einfall für eine laue Fete.

    Etwas, was die Schweizer nicht nachvollziehen können, denn für sie ist doch die Schale reserviert für heissen Kaffee mit viel Milch! „Schale“ bezieht sich hier weder auf den abgestandenen Geschmack noch auf die Form der Tasse (die anders als die Bezeichnung vermuten lässt immer einen Henkel hat!), sondern auf die Menge:
    Espresso – Café Crème – Café Doppel-Crème – Schale ist die korrekte Steigerung in der Schweiz. Tückisch ist hingegen „Kaffee-Fertig“. Wer den trinkt, sollte sich vom Verkehr fernhalten, denn der Schnapsgehalt einen macht wirklich ganz schön fertig.
    Kaffee-Schale
    Jetzt habe ich fertig und brauche erstmal nen Kaffee.

    Basel und Zürich — Die Geschichte einer langen Freundschaft

    Januar 9th, 2006
  • Pendeln über die Leckerli-Linie
  • Basel und Zürich, das ist in der Schweiz ein Synonym für die enge Beziehung zweier grosser Wirtschaftsräume, für eine tiefe Städte-Freundschaft. Die Basler und die Zürcher stehen im regen Austausch und in herzlicher Freundschaft zu einander. Jeden Morgen fahren einige Pendlerzüge von Basel aus nach Zürich, gefüllt mit gut gelaunten Baslern, die an der ETH studieren oder in den Banken von Zürich arbeiten. Sie freuen sich auf die Überquerung der „Leckerli-Linie“, jener unsichtbaren Grenze mitten im Kanton Aargau, von dem wir das wichtige Faktum festhalten müssen, dass er zwischen Basel und Zürich liegt.
    Zürich
    In der Gegenrichtung sind Züge von Zürich nach Basel unterwegs, diesmal mit Naturwissenschaftlern, Chemikern und Physikern, die am Rheinknie in der Basler Chemie in der „Life Science“ ihren Lebensunterhalt verdienen. Abends fahren beide Gruppen wieder nach Hause zurück. Man will ja der freundlichen Stadt, in der man arbeitet, auf keinen Fall länger als nötig zur Last fallen.
    Basel am Rhein
    Eine Wohnung in dieser Stadt suchen, in der man arbeitet? Um Gottes willen, dann würde ja die gemütliche Lektürestunde morgens im Zug wegfallen. Wer liest da was? Nun, die Basler ihre BaZ = Basler Zeitung, die Zürcher den Tages-Anzeiger, die Neue Zürcher Zeitung oder, wenn sie besonders gut über Basel informiert sein wollen: Facts.

  • Zum Karneval nach Zürich
  • Die Basler lieben die Zürcher, und darum laden sie auch jedes Jahr zur Basler Fasnacht eine Gruppe Zürcher als Ehrengäste ein. Die Basler hingegen kommen gern zum Zürcher Knabenschiessen, ein äusserst beliebter Anlass bei den Baslern. Sie bedauern nur stets aufs Neue, dass sie dabei ihre eigenen Sturmgewehre nebst Munition daheim lassen sollen. Ausserdem werden sie von den Zürchern eingeladen zum absoluten Highlight-Event der Faschingszeit: Dem Zürcher Carneval!

    Die Basler mögen in Zürich besonders den Hauptbahnhof, genau wie die Zürcher den Bahnhof SBB in Basel. Warum das so ist? Ganz einfach, von dort fährt der Zug zurück nach Basel, bzw. Zürich.

  • Gegenseitige Unterstützung
  • Beide Städte haben einen Flughafen, wenn auch der von Basel eigentlich in Frankreich liegt und nur über einen merkwürdigen Korridor von der Schweiz aus angefahren werden kann. Beide Städte freuen sich, dass es dem Flughafen der anderen Stadt auch so gut geht. Nach dem Grounding der Swissair und der Gründung der Swiss (bekannt auch als die „Tipp-Ex-Lösung“) waren die Basler begeistert dabei, um die in Basel ansässige Fluggesellschaft Crossair in die neue Gesellschaft aufgehen zu lassen.

    Die Zürcher finden es völlig ok und gerechtfertig, dass die SWISS heute ihren Sitz in Basel hat, denn schliesslich waren die Basler bei der Entstehung der UBS aus der Schweizer Bankgesellschaft und dem Schweizer Bankverein auch absolut damit einverstanden, dass diese ihren Hauptsitz in Zürich bekam.

  • Weltstadt und weicher Dialekt
  • Was die Zürcher weiterhin schätzen an den Baslern ist die weiche und in ihren Ohren extrem wohlgefällige Aussprache des dortigen Dialekts, fast so weich wie ein Basler Leckerli. Im Gegenzug anerkennt die mit Deutschland und Frankreich durch zahlreiche Grenzübergänge verbundene Rheintal-Metropole Basel den Status der „Weltstadt Zürich„.

  • Gummis für alle
  • Und so könnten wir ewig weiter berichten von dieser zarten Freundschaft, die jedes Jahr in Freundschaftsspielen zwischen dem FC Basel und dem FC Zürich gipfelt. Kommen die Basler nach Zürich, werden sie bereits in Altstetten besonders zuvorkommend empfangen. Kommen die Zürcher Fans nach Basel, so ist die Basler Polizei betont nett und verteilt Gummis für alle, sozusagen als Willkommensgeste.

    Die Schweizer-Deutsche Fussball-Hassliebe

    Januar 4th, 2006
  • Deutschland, wir kommen
  • Der Satz des Jahres 2005 in der Schweiz lautet

    „Deutschland, wir kommen“. (Quelle:)

    Angespielt wird damit von den Schweizern auf die Tatsache, dass sie durch den Sieg über die Türkei im Relegationsspiel es doch noch auf den allerletzten Drücker geschafft haben, sich für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland zu qualifizieren.

    Die Antwort der Deutschen könnte lauten:
    „Schweiz, wir sind schon da!“

    Gemäss dem Bundesamt für Statistik hat die Gesamtzahl der Deutschen in der Schweiz zwischen 1995 und 2003 um 69% zugenommen, von 96 907 auf 163 923 Personnen (…). Quelle LaLiberté.ch vom 23.12.05

    Die Zahlen aus „La Liberté“ sind aus dem Jahre 2003. Heute sind es über 200.000 Deutsche und die Anzahl der Italiener wurde im Sommer 2005 überrundet.

  • Der Skandal um das Spiel in Istanbul
  • Die Deutschen haben sich von ganzen Herzen gefreut, als ihr Nachbarland in Istanbul gegen die Türkei gewonnen hat. Der nachfolgende Skandal und die Übergriffe in den Umkleidekabinen, den Hass, den die Schweizer Spieler in der Türkei zu spüren bekamen, all das wurde ausführlichst in Deutschland berichtet, in der Sportschau, in der Bildzeitung und in der sonstigen Presse. (Beispiel: )
    Die Deutschen haben grosse Sympathien für ihr Nachbarland und freuen sich wirklich, dieses bei der WM 2006 begrüssen zu dürfen.

    Ob die Symphatien noch so gross wären, wenn alle Deutschen genau wüssten, wie viele Schweizer über sie denken?

    Schaffte es bei den letzten Weltmeisterschaften Deutschland ins Endspiel, schlugen die Herzen der Schweizer stets für den Gegner. Wir waren 2002 erschrocken über die unverholenen Sympathien, die in Zürich für Brasilien im Endspiel gegen Deutschland gehegt wurden. Klar war Brasilien eine Spitzenmannschaft und ihr Sieg war verdient, aber mit welcher Inbrunst die sonst so neutralen Schweizer plötzlich auf der Seite des Gegners von Deutschland zu finden war, das ernüchterte uns doch ziemlich.

  • Als Deutscher wie ein Elefant im Porzellanladen
  • LaLiberté zitiert die Deutsche Christine, Ihre Erinnerungen an das Spiel Deutschland-Brasilien im Endspiel 2002:

    «Qu’un pays préfère applaudir une équipe venant d’un continent lointain, plutôt que l’équipe des voisins parlant de surcroit la même langue, ça m’a un peu estomaquée», lâche-t-elle. «Les préjugés ne s’expriment pas de façon ouverte, mais on se sent parfois comme un éléphant au milieu d’un magasin de porcelaine. Mais est-on arrogant parce qu’on parle vite?»

    „Das ein Land es vorzieht, eher einer Mannschaft zu applaudieren, die von einem weit entfernten Kontinent kommt, als die Mannschaft der Nachbarn, die obendrein auch noch die selbe Sprache spricht, das hat mir schwer auf den Magen geschlagen. “ (…)
    „Die Vorurteile werden nicht offen geäussert, aber man fühlt sich doch manchmal wie ein Elefant im Porzellanladen. Aber sind wir arrogant, nur weil wir schnell sprechen?
    Quelle LaLiberté.ch vom 23.12.05

  • Alte Feindschaften werden frisch aufgewärmt
  • Nun, die Deutschen haben leider nur wenig Wahrnehmung dafür, dass sie als Fussballnation von keinem ihrer Nachbarn geschätzt werden. Mit Holland verbindet sie eine alte Fussball-Feindschaft, mit den Briten ebenso. Scheinbar werden hier Schlachten bis zurück in die Zeit des Zweiten Weltkrieges auf dem Rasenplatz erneut durchgespielt.

    Etwas anderes ist es mit einzelnen Vereinen. Ich habe schon Schweizer vorzeitig bei einer Veranstaltung aufbrechen sehen, weil sie unbedingt noch das Spiel vom FC Bayern München im Fernsehen live erleben wollten. Die Bayern haben Anhänger in der Schweiz, die Deutsche „Nati“ ohne „z“ nicht. Und Bayern ist zwar eine überragende Mannschaft, wird aber längst nicht von allen Deutschen gleich stark geliebt.

    Wenn die Deutschen wüssten, was die Schweizer von ihnen denken…

    Der aus Basel stammende Dichter Urs Widmer (Jahrgang 1938) schrieb dazu:

  • Urs Widmer: Traum
  • Im WM-Finale:
    Die Deutschen. Die Schweiz.
    Zum erstletzten Male.
    Ein Spiel voller Reiz.

    Die Schweizer gewinnen.
    Der Kahn kentert. Und
    Klins denkt, Mann, die spinnen.
    Der Ballack bleibt rund.

    (Quelle: )

    Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns noch diese streng geheime PowerPoint Präsentation, in der die Taktiken der diversen Nationalmannschaften für die WM 2006 anschaulich demonstriert werden. Uns gefällt die französische Strategie am besten, die der Schweizer ist hingegen noch leicht verbesserungswürdig:
    Fussball Strategien verschiedenere Länder (PowerPoint 336kb)

    Schweizerdeutsch für Fortgeschrittene (Teil 15) — Fischen gehen mit Fussballrowdies

    Dezember 26th, 2005
  • English for run-aways
  • Wir haben uns in den letzten Jahren daran gewöhnt, dass in der Schweiz die Fussballsprache nicht Deutsch sondern Englisch ist. Wie es sich für die Heimat der „Super League“ und „Champions League“ geziehmt (vergleiche: ), dass es hier keinen Torhüter sondern einen Goalie gibt, und dass der Schiedsrichter keinen Freistoss pfeift, sondern vom „referee“ ein „penalty“ „ge-whistle-d“ wird, das dann womöglich als „throw-in“ oder „corner“ endet, falls die Spieler nicht in die „offside trap“ gelaufen sind.

    Doch mitunter verstehen wird dennoch nicht genau, was damit gemeint ist, wenn im Tages-Anzeiger vom 16.12.05 zu lesen stand:
    Hooligans fichieren
    Werden sie „ge-fischt“, herausgefischt aus einer grösseren Menschenmenge?

    Oder geschieht sonst etwas Schreckliches mit ihnen, denn in dem Artikel wird ja gesagt, dass sie in der Schweiz „härter angepackt“ werden sollen. Werden sie „frittiert“ oder „filetiert“? So brutal wird es schon nicht, wenn es hier um eine nationale Datenbank geht.

    „Fichieren“ tut man in der Schweiz gern, Google-Schweiz findet das Wort 600 Mal.

    Diesmal findet sich die Lösung des Rätsels nicht in der Fussballsprache Englisch, sondern in der Lieblingsprache der Schweizer für alle Lehnwörter, dem Französischen.

  • Fichieren kommt von „ficher“
  • Fichieren ist die Schweizer Fassung von Französisch „ficher“, und das heisst laut Leo

    FRANZÖSISCH DEUTSCH
    f ficher einrammen
    f ficher einschlagen
    f ficher erfassen
    f ficher festmachen
    f ficher hineinstecken
    f ficher karteimäßig erfassen
    f ficher karteimäßig registrieren
    f ficher lustig machen
    f ficher machen
    f ficher pfeifen
    f ficher rausschmeißen
    f ficher registrieren
    f ficher werfen

    Nun, zwischen „einrammen“, „werfen“ und „rausschmeissen“ sind natürlich grosse Unterschiede. Gemeint ist hier in der Schweiz das „karteimässige erfassen, registrieren“, wenn von „fichieren“ die Rede ist. Die Schweizer kennen sich da gut aus, denn sie hatten einmal einen grossen „Fiche“ Skandal, und auch der hatte nichts mit Angeln und „Petri Heil“ zu tun, auch wenn die ganze Geschichte gewaltig stank, wie alter Fisch nur stinken kann.

  • Fichen-Skandal
  • Das Schweizer Synonym für den „Big-Brother“ Staat (nein, mit der TV-Sendung, bei der man stundenlang zusehen musste, wie sich gelangweilte Mitteleuropäer auf Ikea-Sofas rumlümmeln und Nichtigkeiten von sich gaben, hat das jetzt nichts mehr zu tun.) ist der „Fichen-Skandal“.

    Ein „fiche“ ist Französisch für eine Akte, eine Datei. Englisch „a file“, was eigentlich den Stahldraht bezeichnet, an dem diese „Fiches“ aufgehängt im Aktenschrank gelagert werden.
    Akten hängen im Aktenschrank an Stahldrähten = Files

    Gemeint ist mit dem Begriff „Fichenskandal“ das Bekanntwerden einer geheimen Staatsdatenbank, in der für alle Schweizer, ob schuldig oder nicht, solche „Fiches“ angelegt wurden mit Daten darüber, wer wo wann auf welcher Demo war, sich sonst wie auffällig verhalten hat, etc. Die ostdeutsche Stasi-Krake lebte in der Schweiz also munter weiter. Es wurden Informationen gesammelt was das Zeug hielt. Im Jahr 2002 bekam die Schweiz einen (negativ) Preis, für den grössten unbegründeten Datensammler:

    So ging am 30.10.2002 ein „Big Brother“-Preise in der Schweiz an Polizei, Geheimdienste, und Abhörbehörden

    Zum dritten Mal sind gestern Abend in der Schweiz die Big Brother Awards verliehen worden. Ausgezeichnet mit den „Preisen, die niemand will“ wurden Behördenstellen, Unternehmen und Einzelpersonen, die sich im laufenden Jahr durch die Geringschätzung der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger besonders hervorgetan haben. Organisiert wurde die Preisverleihung von der Swiss Internet User Group und dem Archiv Schnüffelstaat Schweiz.

    Wenige Tage nach den Preisverleihungen in Deutschland und Österreich sind gestern Abend im Casinotheater des Städtchens Winterthur zum dritten Mal die größten Datenschnüffler der Schweiz mit den „Big Brother“ Preisen ausgezeichnet worden. Neben den Ehrungen in den Kategorien Staat, Business, Telekommunikation und Lebenswerk, wurde ein weiteres Mal der so genannte Winkelried-Award – benannt nach einem Eidgenossen, der sich anno 1386 gegen die Habsburger heldenhaft in die Schlacht gestürzt hatte – für besonders lobenswerten Widerstand gegen Überwachung und Kontrolle vergeben.

    „Ein Preis, der niemand will“
    Die vier Negativ-Kategorien wurden von den üblichen Verdächtigen dominiert, die bereits in den vergangenen Jahren zu zweifelhaften Ehren gekommen waren. Als staatlicher Schnüffler Nummer 1 gilt seit gestern die Polizei des Kantons Zürich. Anlass ist die von t-systems Schweiz entwickelte Fahndungsdatenbank „Joufara II“, in der eine Vielzahl polizeilicher Vorgänge gespeichert werden können. Zugriff auf die Daten haben sämtliche Polizeibeamten des Kantons und der Stadt Zürich, sowie der Stadt Winterthur. Eine formelle gesetzliche Grundlage für die Datensammlung fehlt offenbar; dies hat die Kantonspolizei im vergangenen Juli dem Tagesanzeiger gegenüber bestätigt. Neben diesem Umstand war für die Auszeichnung vor allem die Tatsache Ausschlag gebend, dass die Einträge nur mangelhaft aktualisiert, respektive gelöscht werden. So figuriere eine unschuldig verhaftete Wissenschaftlerin aus Zürich nach wie vor als angeschuldigte Posträuberin in der Fahndungsdatenbank, schreibt die Initianten des „Big Brother-Awards“. (Quelle Heise.de)

    Nun, das ist jetzt alles schon 3 Jahre her, und seitdem wird sich die Situation natürlich deutlich verbessert haben. Es sei denn, sie sind ein Hooligan, dann ab in die Datenbank! Wie würden die Franzmannen sagen: „Fiche-moi la paix, je m’en fiche„. Zu Deutsch: Fische mit mir den Frieden, ich fische mit.

    Die Schweiz im Ausnahmezustand (Teil 1) — Fussball EM 2008

    Dezember 19th, 2005

    Die Schweiz will bei der Fussball EM 2008 die Fussballfans durch unbemannte militärische „Drohnen“ aus 1.500 Meter Höhe überwachen lassen.
    Militärische Drohnen im Einsatz
    Wir lasen in der Sonntagszeitung vom 11.12.2003 Seite 3

    Die Armee hat die Drohnen verschiedentlich getestet. An Ostern 2005 überflogen sie das Gotthardgebiet und lieferten der Polizei Informationen über die Staus (…). Im Frühling des letzten Jahres beobachtete eine Drohnenkamera verdächtige Vorgänge in einem Wald bei Altbüron im Luzerner Hinterland. Die Polizei wurde alarmiert, und zwei Männer wurden beim Cannabiskonsum ertappt und festgenommen.

  • Nur mit Schirm in den Wald
  • Also aufgepasst, liebe Schweizer, wenn Ihr zukünftig in den Wald geht, um Euch gemütlich ein Pfeifchen, Shilum oder eine Schischa zu rauchen. Im Wald immer freundlich in Richtung Himmel blicken und lächeln, denn Ihr werdet gefilmt! Vielleicht solltet Ihr Euch angewöhnen, nur noch mit Regenschirm in den Wald zu gehen, um vor lästigen Kameras von oben geschützt zu sein? Die Gallier trugen bekanntlich ständig Helme, weil sie Angst hatten, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.

  • Abstürzende Starfighter
  • In Deutschland wäre es in den 70ern und 80ern in manchen Gegenden Bayerns auch angebracht gewesen, mit Helm spazieren zu gehen, weil dermassen viele F-104 Starfighter dort abstürzten. Es hätte rein theoretisch ausgereicht, sich ein Grundstück in Bayern zu kaufen, um mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit, die höher war als ein möglicher Lottogewinn, zu dem einmaligen Erlebnis zu kommen, ein Flugzeug der Luftwaffe im Garten zu finden. Meistens ohne Sitz, denn die Piloten konnten noch aussteigen. Zumindest die Schleudersitztechnik funktionierte leidlich bei diesen Maschinen. Leider nicht immer. Zwischen 1961 und 1989 stürzten 269 Maschinen ab, wobei 110 Piloten ums Leben kamen (Quelle).

  • Polizisten aus Deutschland im Einsatz in der Schweiz
  • Die EM 2008 wird eine Ausnahmesituation für die Schweiz sein, da braucht es aussergewöhnliche Hilfe durch die Armee, um den Überblick in der bergigen Schweiz nicht zu verlieren.

    Das war im Juni 2003 schon einmal so, anlässlich des G8 Treffens in Evian. Die Schweiz brauchte plötzlich Hilfe von Deutschland, der damalige deutsche Innenminister, Hardliner und Ex-Grüne Otto Schilly schickte 750 Polizisten aus Bayern und Baden-Württemberg, um den Genfer Flughafen zu bewachen. Das kostet die Schweiz 4 Millionen Franken. Ob die da jeden Polizisten einzeln in ein gutes Restaurant ausgeführt haben, um auf diese Summe zu kommen? Die Schweiz hatte einfach nicht genug Polizei für den erwarteten Andrang von G8-Gegnern.

    Diese Aktion wuchs dann zur Staatskrise: Was passiert wenn Deutsche Polizei auf Schweizer Boden einen Schweizer Demonstranten festnimmt? Die Schweiz war nie von Deutschland besetzt, dennoch empfanden es die Schweizer als grosse Schmach, in dieser internationalen „Krisensituation“ (ein paar Tage war Evian der Nabel der Welt) auf die Hilfe des grossen ungeliebten Nachbarn angewiesen zu sein.

    (Teil 2 zum G8-Gipfel 2003 folgt morgen)