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Die Schweiz im Ausnahmezustand (Teil 1) — Fussball EM 2008

Die Schweiz will bei der Fussball EM 2008 die Fussballfans durch unbemannte militärische „Drohnen“ aus 1.500 Meter Höhe überwachen lassen.
Militärische Drohnen im Einsatz
Wir lasen in der Sonntagszeitung vom 11.12.2003 Seite 3

Die Armee hat die Drohnen verschiedentlich getestet. An Ostern 2005 überflogen sie das Gotthardgebiet und lieferten der Polizei Informationen über die Staus (…). Im Frühling des letzten Jahres beobachtete eine Drohnenkamera verdächtige Vorgänge in einem Wald bei Altbüron im Luzerner Hinterland. Die Polizei wurde alarmiert, und zwei Männer wurden beim Cannabiskonsum ertappt und festgenommen.

  • Nur mit Schirm in den Wald
  • Also aufgepasst, liebe Schweizer, wenn Ihr zukünftig in den Wald geht, um Euch gemütlich ein Pfeifchen, Shilum oder eine Schischa zu rauchen. Im Wald immer freundlich in Richtung Himmel blicken und lächeln, denn Ihr werdet gefilmt! Vielleicht solltet Ihr Euch angewöhnen, nur noch mit Regenschirm in den Wald zu gehen, um vor lästigen Kameras von oben geschützt zu sein? Die Gallier trugen bekanntlich ständig Helme, weil sie Angst hatten, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.

  • Abstürzende Starfighter
  • In Deutschland wäre es in den 70ern und 80ern in manchen Gegenden Bayerns auch angebracht gewesen, mit Helm spazieren zu gehen, weil dermassen viele F-104 Starfighter dort abstürzten. Es hätte rein theoretisch ausgereicht, sich ein Grundstück in Bayern zu kaufen, um mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit, die höher war als ein möglicher Lottogewinn, zu dem einmaligen Erlebnis zu kommen, ein Flugzeug der Luftwaffe im Garten zu finden. Meistens ohne Sitz, denn die Piloten konnten noch aussteigen. Zumindest die Schleudersitztechnik funktionierte leidlich bei diesen Maschinen. Leider nicht immer. Zwischen 1961 und 1989 stürzten 269 Maschinen ab, wobei 110 Piloten ums Leben kamen (Quelle).

  • Polizisten aus Deutschland im Einsatz in der Schweiz
  • Die EM 2008 wird eine Ausnahmesituation für die Schweiz sein, da braucht es aussergewöhnliche Hilfe durch die Armee, um den Überblick in der bergigen Schweiz nicht zu verlieren.

    Das war im Juni 2003 schon einmal so, anlässlich des G8 Treffens in Evian. Die Schweiz brauchte plötzlich Hilfe von Deutschland, der damalige deutsche Innenminister, Hardliner und Ex-Grüne Otto Schilly schickte 750 Polizisten aus Bayern und Baden-Württemberg, um den Genfer Flughafen zu bewachen. Das kostet die Schweiz 4 Millionen Franken. Ob die da jeden Polizisten einzeln in ein gutes Restaurant ausgeführt haben, um auf diese Summe zu kommen? Die Schweiz hatte einfach nicht genug Polizei für den erwarteten Andrang von G8-Gegnern.

    Diese Aktion wuchs dann zur Staatskrise: Was passiert wenn Deutsche Polizei auf Schweizer Boden einen Schweizer Demonstranten festnimmt? Die Schweiz war nie von Deutschland besetzt, dennoch empfanden es die Schweizer als grosse Schmach, in dieser internationalen „Krisensituation“ (ein paar Tage war Evian der Nabel der Welt) auf die Hilfe des grossen ungeliebten Nachbarn angewiesen zu sein.

    (Teil 2 zum G8-Gipfel 2003 folgt morgen)

    

    12 Responses to “Die Schweiz im Ausnahmezustand (Teil 1) — Fussball EM 2008”

    1. Phipu Says:

      Die empfohlene Ausrüstung für gutbürgerliche Waldaktivitäten (joggen, reiten, biken, Hund spazierenführen, Holz freveln, wildern, Drogen konsumieren) wird laufend erweitert:
      – Helm gegen Flugzeugabstürze
      – Aufgespannter Schirm gegen Drohnenkameras
      – Hundehalter: Robidog-Plastiksack http://www.blogwiese.ch/archives/23
      – Kugelsichere Weste gegen Jagdunfälle (besonders im Herbst)
      – Leuchtfarbene Warnweste gegen Jagdunfälle
      – Wörterbuch Dialekt–Hochdeutsch für Begegnung mit deutschen Polizisten
      – Im Raum Genf-Evian für die lokale Bevölkerung: Wörterbuch Französich-Deutsch für Begegnung mit deutschen Polizisten

    2. markus Says:

      die hamse doch wohl nicht mehr alle oder? die spieler werden wohl auch in gepanzerten bussen + panzerbegleitung zum spiel gefahren und schlafen dann in bunkern! ist das krieg oder ist das fussball??

    3. Rainer aus Krefeld Says:

      Da muss ich auch mal meinen Senf dazu geben.

      markus sagte:

      > ist das krieg oder ist das fussball??

      Wo ist denn der Unterschied? Denk doch mal zurück an das Spiel Türkei-Schweiz in der Barrage (Relegation).
      Oder der allwöchentliche Wahnsinn in der Bundesliga. Auf dem Rasen treten sich die Spieler gegenseitig krankenhausreif (in der Pressekonferenz heisst das dann „taktisches Foul“); auf den Stehplatztribünen liefern sich die „Fans“ Gefechte nicht nur mit Worten; anschliessend wird auf dem Weg zum Bahnhof die halbe Innenstadt verwüstet; am Spielfeldrand gibt ein Trainer einem gegnerischen Spieler eine Kopfnuss (und wird vom Verein entlassen, ausserdem kassiert er eine Sperre vom DFB).

      Da frage ich mich auch:
      Ist das Krieg oder ist das Fussball…?!?

      Und noch eine Frage an Jens-Rainer.
      Du schriebst in deinem Blog:
      > Die Schweiz war nie von Deutschland besetzt, dennoch empfanden es
      > die Schweizer als grosse Schmach, in dieser
      > internationalen „Krisensituation“ (ein paar Tage war Evian der Nabel der
      > Welt) auf die Hilfe des grossen ungeliebten Nachbarn angewiesen zu
      > sein.

      Sind wir Deutsche denn wirklich der grosse ungeliebte Nachbar? Eigentlich hatte ich bei meinen Besuchen in der Schweiz immer den Eindruck, dass wir „Alt-EUler“ willkommen seien und die Abneigung sich auf die Osteuropäer beschränkt (hauptsächlich Menschen aus Ex-Jugoslawien). Wäre schön, wenn du zu diesem Thema ein paar Takte sagen könntest…

      Ein Schweizer hat mir mal folgenden Witz erzählt:

      Ein Chinese, ein Amerikaner, ein Jugoslawe und ein Schweizer sitzen in einem Zugabteil. Der Chinese öffnet das Fenster und wirft Reis aus dem Fenster. Auf die Frage was das soll antwortet er: „Wir haben genug davon, weg mit dem Zeug.“
      Daraufhin wirft der Amerikaner ein handvoll Dollarnoten aus dem Fenster. Gleiche Frage, gleiche Antwort: „Wir haben genug davon, weg mit dem Zeug.“
      Da sagt der Jugoslawe zum Schweizer:
      „Ey, Alter, komm jetzt bloss nicht auf krasse Gedanken…“

    4. Administrator Says:

      Hallo Rainer,
      ich finde den Witz nicht rassistisch, da ist immer hin der Jugoslawe
      schneller auf die Idee gekommen als der Schweizer…

      Die Schweiz denken nicht alle schlecht über die Ex-Jugoslawen.
      Siehe: http://www.blogwiese.ch/archives/117
      Spreitenbach hat jede Menge Mitbürger aus Ex-Jugoslawien
      zu Schweizer gemacht. Nur mal so als positives Beispiel.

      Gruss, Jens

    5. Heinrich R. Says:

      Geehrter Herr Rainer.

      > Die Schweiz war nie von Deutschland besetzt, dennoch empfanden es
      > die Schweizer als grosse Schmach, in dieser
      > internationalen „Krisensituation“ (ein paar Tage war Evian der Nabel der
      > Welt) auf die Hilfe des grossen ungeliebten Nachbarn angewiesen zu
      > sein.

      Sicherlich nicht, wir sind für die deutsche Hilfe mehr als dankbar. Woher Herr Wiese diese Information hat, ist mir schleierhaft – eine Schmach ist es höchstens für ausländische Chaoten und Demonstranten.

      Heinrich R.

    6. Berner Says:

      Tut mir Leid wenn ich es in der Anwesenheit von Deutschen (in der Vergangenheit extreme Rassisten, nun extreme Moralapostel *augenroll*) so offen sage, aber mir gehen diese Zecken gehörig auf den Sack, wie wohl jedem nicht-Yugo (es muss nichteinmal Schweizer sein).

      Achja, und die Drohnen werden eher zur Vorsorge gegen Anschläge als zur Überwachung der Fans eingesetzt. Wäre ja noch schöner …

    7. Administrator Says:

      Hallo Berner,
      wenn Du Probleme mit Zecken hast, empfehle ich Dir ne Zeckenzange, gibt es in jeder guten Apotheke. Damit kann man die Dinger prima rausdrehen. Ich kann mir vorstellen, dass die am Sack besonders weh tun. Also schön vorsichtig drehen empfiehlt sich.

      Gruss, Jens

    8. Johann Lohner Says:

      Sind die Jugoslawen nicht die Südslawen?

    9. Administrator Says:

      Johann,
      Du hast recht: „Jugo“ steht für „süd“, ich hatte es verwechselt mit dem alten „Lang-Namen“ von Jugoslawien, das war auch eine „foederatio“: „Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien“ hiess das Gebilde bis 1992.
      Gruss, Jens

    10. MaxH Says:

      Du schreibst

      >Hardliner und Ex-Grüne Otto Schilly schickte 750 Polizisten aus Bayern und Baden-Württemberg, um den Genfer Flughafen zu bewachen. Das kostet die Schweiz 4 Millionen Franken. Ob die da jeden Polizisten einzeln in ein gutes Restaurant ausgeführt haben, um auf diese Summe zu kommen?

      Nur kurz zur Berechnung der 4 Millionen,

      wenn die 750 Leute 5 Tage da waren und Herr Schily lediglich die 8 Stunden Arbeitszeit in Rechnung gestellt hat, dann heißt das wir müssen rechnen:
      (4 Mio / 750) / 40 = 133,33 Euro die Stunde. Da ist das Gerät mit dabei, also Helm, Hund und Wasserwerfer. Ich finde das sind ganz moderate Preise.

      Viele Grüße

    11. sirdir Says:

      Will ja mal sehen wie das funktioniert, wird der Flugbetrieb in Belp während der EM eingestellt?

    12. Gizmo Says:

      Wer glaubt das Fussball noch was mit Spielen zu tun hat glaubt auch an den Weinachtsmann, oder? Es geht nur um €/Franken/$/£

      Wenn ich meine Frau für ein paar Tausend Franken an irgendjemanden Verkaufen würde hätte ich sicher schnell ein paar Polizisten die mich befragen im haus und eine Anzeige wegen Menschenhandels. Beim Fussball (auch andere „Sportarten“ kein Problem)

      ähnliches beim Boxen: stell Dich mal auf die Strasse und verkünde das Du jemanden windelweich schlagen wirst, und dann verabredet Ihr Euch um Euch auf die Birne zu hauen. Dürfte auch eine Anzeige geben. Wenn allerdings genug Wetten abgeschlossen werdenund jeder Beteiligte ne grosse Summe bekommt erscheint die Polizei nur um die Zufahrt zum Schauplatz freizuhalten, nicht um die Schläger festzunehmen.

      Komische Welt, komisches Verständnis von „Sport“