Einmal in was warmes Weiches fassen — Mit Hund unter Hündelern in der Schweiz
Richtig angekommen sind Sie als deutscher Hundebesitzer in der Schweiz erst, wenn Sie zum ersten Mal, vielleicht gleich am Morgen nach ihrem Umzug, ihrer „Aufhebepflicht“ nachgekommen sind: Einmal in was warmes Weiches fassen, mit dem über die Hand gestülpten braunen Plastiksack,
das Häufchen aufheben, den Sack sauber verknoten, und dann ab damit in den grünen Hundebriefkasten:
Hier ist es richtig.
Hier ist es falsch.
Dann sind sie ein waschechter „Hündeler“, dann haben Sie ihre Feuerprobe bestanden und können wie alle anderen Hündeler in Zukunft mit Stolz ihren braunen Sack als Abzeichen an die Hundeleine geknotet spazieren führen.
Das braune Ehrenzeichen am roten Bande:
Das System ist perfekt. Die Schweiz ist ein angenehm Hundekot freies Land, sieht man einmal ab von den eigensinnigen Welschen in Genf. Dort behilft man sich an Stelle der Aufhebepflicht mit Mosaiken von Hunden, die schwören, nicht auf den Gehweg zu kacken zu wollen.
Ob das funktioniert und die Hunde das entziffern können?
Die Nachbarländer haben begonnen, dieses Erfolgsmodel der Aufhebepflicht fleissig zu imitieren. Anders als in Berlin oder Paris muss man bei Spaziergängen durch eine schweizer Stadt nicht permanent den Gehweg (Schweizerdeutsch „Trottoir“) im Auge behalten, um nur ja nicht in eine Tretmine zu tappen.
Bisweilen findet man auch speziel abgezäunte kleine Grundstücke mit einem einladenden Schild: „Hundeversäuberungsplatz“. Hier können sich also Hunde „versäubern“, aber warum liegen dann nicht Handtuch und Seife bereit?
Eine Steuer müssen Sie selbstverständlich auch zahlen für ihren Hund, nur hat die in der Schweiz einen viel schöneren Namen. Sie wird „Hundeverabgabung“ genannt. Welch geniale Sprachschöpfung eines deutschen Wortes! Jede Gemeinde hat hierzu ihre eigenen Vorschriften, wie ein Blick in Google zu dem Wort „Hundeverabgabung“ beweist: (301 Treffer dazu!)
Zitat:
Es sind alle Hunde im Alter von über sechs Monaten zu verabgaben.
Das Wort ist scheints so schwer, dass es nicht immer gleich geschrieben wird, so wie in der Gemeinde Grüningen, denn dort wird „Hundevergabung“ daraus. Vergibt man hier den Hunden? Oder werden Hunde vergeben? Oder geschah dies vielleicht alles früher einmal, den „Vergabung“ ist doch offensichtlich die Vergangenheit?
Übrigens nehmen die meisten schweizer Gemeinden mit der Hundeverabgabung mehr Geld ein, als das Aufstellen und Leeren der Hundebriefkästen kostet, und die Mehreinnahmen werden dem Stadtsäckel stillschweigend als „Zustupf“ (Schweizerdeutsch für „Hilfsgelder, Stütze“) zugesteckt. Also keine Rückzahlung an die Hündeler in Form von Hundekuchen oder so. Denn merke: Hündeler haben keine Lobby, die haben Hunde.
Als Hündeler in der Schweiz werden Sie schnell Kontakt finden zu anderen Hündelern, sie werden die Hundenamen und Rassen kennenlernen und beim Griff ins warme Weiche werden sie uneingeschränkte Solidarität empfinden!
Pinkeln erlaubt auf der Hunde-Versäuberungsstrecke:
November 11th, 2005 at 15:44
Hallo Jens
Meine Eltern haben auch einen Hund, aber die bezahlen ganz einfache Hundesteuern. Und eine Hunde-Versäuberungsstrecke habe ich auch noch nie, weder in Natura noch in beschriebene Form, gesehen.
Aber du musst zugeben, dass unsere Gassitütchen, wie ihr sie nennt, eine geniale Erfindung sind 😉
Gruss
Nienna
November 20th, 2005 at 13:26
Es war ja auch ein Berner, der das System „erfunden“ hat – als er einmal mehr in Paris in ein Häufchen getreten war, und sich überlegte, was man dagegen tun könnte, ohne die Liebe zum Hundevieh aufgeben zu müssen!
Doch, doch, Nienna, solche Versäuberungsplätze gibt es – in unserem Städchen (ich wohne am selben Ort wie Jens) jedenfalls. Der Ort der blauen Tafel ist mir bestens bekannt… Aber auch dort gilt: Hundekot in den Beutel, hundert Meter weiter hinten hat es einen „Briefkasten“ dafür.
Die Rest-Europäer (*grins*) werden sich das System schon noch gründlich aneignen. Spätere Archäologen werden wohl in einen gewiseen Erklärungsnotstand geraten…
Graubart
Dezember 19th, 2005 at 10:19
Es ist nicht ganz korrekt, Schweizer Städte im Allgemeinen als „Hundsdräck“ (Hundekot)-frei zu bezeichnen. Dies trifft nämlich in keiner Weise für Genf zu. Dass die schmutzigen Trottoirs dort ein Problem sind, zeigen die als Mosaik im Zement eingelegten Bilder mit einem Hund, der auf die Strasse verweist (ähnlich diesem Bild) http://www.trottoir.free.fr/photodeb.html begleitet durch den Text: „je ne salis pas le trottoir!“ (ich verschmutze den Gehsteig nicht).
Diese Stadt orientiert sich in vielen Bereichen eher an Paris als an Zürich oder Bern. Was dies also für Hundehäufchen-freie Trottoirs bedeutet, kann man sich ja vorstellen; obwohl dort übrigens ebenfalls Robidogs und „Hundetoiletten“ (ich kannte bisher nur diesen Ausdruck für Versäuberungsplätze) eingerichtet wurden. Tipp: Fahren Sie in Genf Velo, damit die Schuhe täglich sauber bleiben; Achtung, die Disziplin der Autofahrer ist auch Paris-orientiert!
Januar 20th, 2006 at 17:20
Der Hundebriefkasten heisst Robidog.
Leider werden nicht alle im Plastiksack verpackten Tretminen in diesen abgeliefert,sondern werden mit einem eleganten Schwung in die nächste Hecke geschleudert.
Zu sehen bekommt man sie erst wieder im Herbst,wenn die Blätter fallen.
Da hängen sie wie Weihnachtbaumschmuck (leider nur in braun und voller Sch…..)
Januar 20th, 2006 at 18:14
@Walti
Vielen Dank für die Information! Jetzt verstehen wir endlich, warum auf dem braunen Beutel auch „Robidog“ aufgedruckt steht. Der ist gar nicht für Roboterhunde aus Japan, sondern gehört in den Hundebriefkasten, der auch gar keiner ist, sondern ein Robidog-Kasten! Is ja irgendwie einleuchtend, denn Hunde können gar keine Briefe schreiben oder bekommen. Wie konnten wir nur so naiv sein…
Gruss, Jens
Januar 20th, 2006 at 22:02
Ich hatte in meinem Kommentar den Ausdruck „Robidog“ verwendet, ohne zu merken, dass er im Artikel fehlte, und vielleicht unbekannt ist. Wenn man es weiss, kann man das „G“ dieses eingetragenen Markenzeichens mit seinem Schriftzug noch am abgebildeten „Hundebriefkasten“ lesen.
Brauchen japanische Roboterhunde überhaupt einen Robidog-Sack oder – Kasten? Reicht nicht eine Ölwanne, oder die Altmetall-Sammlung?
Noch eine Spezialität Genfs in diesem Zusammenhang (Ich habe dies noch in keiner anderen Schweizer Stadt gesehen): Wieso sollen die Hunde auf die Strasse koten? Dort fährt wöchentlich einmal eine grosse Tankreinigungsmaschine vorbei. Die spritzt mit Hochdruckwasserstrahl allen Dreck selbst unter parkierten Autos weg. Einige Stellen würden mit gewöhnlichen Wischmaschinen nämlich gar nie gereinigt, da immer parkierte Autos auf den Feldern stehen. Auf dem Trottoir kommt nur eine normale Wischmaschine vorbei, die Hundekot weniger effizient aufwischen kann. In Paris gibt es immerhin schon Staubsauger für diese spezifischen Verschmutzungen der Trottoirs.
März 30th, 2006 at 0:47
Übrigens, zum Hundesäckli an der Leine… Den muss man leider an die Leine
knüpfen. Sonst vergisst man ihn andauernd und wenn man dann im Fall der Fälle das Weiche nicht einpacken kann, kommt sicher jemand vorbei und sieht es. Was zur Folge hat, dass man als „wieder so ein Säuhund“ angeschaut wird (gesagt wird Gott sei Dank nichts) und man ist gezwungen beim nächsten Lauf die selbe Strecke zu absolvieren nur um das „Häufchen“ einzupacken. Sonst läuft das „Buschtelefon“ wieder heiss.
Gruss binsi
April 5th, 2006 at 7:39
@nienna; so einen „Hundeversäuberungsplatz“ (mir sägät däm Hundeschiisi, aber lömmer da) gibt es z.B. in Neuhausen am Rheinfall beim Restaurant Metropol hinter dem grossen Parkplatz. Es ist klar, wenn du in der Aglo wohnst, wirst du das eher weniger sehen. Schliesslich hat es genug Felder. Die Stadt-Zürcher kennen das scheinbar auch nicht, habs dort noch nie gesehen. Aber auch dort hat es genug Grünstreifen mit Robidog.
August 7th, 2006 at 23:18
Um das Thema noch etwas mehr nach Osten auszudehnen: In Wien fand grad eine Kampagne für eine saubere Stadt statt. Die Wettbewerbsbeiträge sind umwerfend:
http://www.wien.gv.at/spezial/hundekampagne/kennzahlen/1.html
…
Notabene: Manche Wiener-Deutsch gehaltenen Texte muss man mehrmals (laut) lesen, bis man sie versteht…
September 13th, 2006 at 9:26
Selbst erlebt: Deutsche Touristen in Bern haben gerade ein paar Postkarten geschrieben, sehen sich um und… werfen sie in den nächsten Robidog.
Genialer Blog – weiter so!
November 22nd, 2006 at 18:56
[…] Ich rate einfach mal… der Plastiksack wurde bestimmt in einem asiatischen Land hergestellt. Mal von den hübschen Rechtschreibefehlern abgesehen, gefällt mir vor allem der schwer verständliche Part der Kernaussage. Was ist eine «verhinderte Erstickungsgefahr»? Ist das nicht bereits der Atemstillstand? […]
Januar 6th, 2007 at 15:57
Ich bin auch Deutscher und lebe in der Schweiz. Bin sowas von froh dass es hier die Aufnahmepflicht gibt, möchte das nicht mehr wie in Hamburg und München. Alle paar Meter eine Tretmine. Tolle Erfindung, einfach aber genial.
Februar 3rd, 2007 at 17:47
alternativ könnte man ja einfach die Hunde verbieten, dann hat sich das problem auch erledigt…
Februar 8th, 2007 at 18:44
Sicher doch! So eine provokation musste natürlich noch her *grins* Bin selber begeisterte hundehalterin und hab natürlich auch besagte robidogsäckli immer bei mir. Allerdings knote ich sie nicht an die leine. Dafür hab ich in jeder hosen- und jackentasche und in jeder handtasche solche tollen säcke. Ist vor allem interessant, wenn man wäsche faltet *lol* Eigentlich gäbe es ja inzwischen tolle erfindungen für die aufbewahrung solcher säcke. Aber es geht ja auch einfach.
Februar 10th, 2007 at 14:01
die Erfindung eines Robidog finde ich eine tolle Sache…muss man doch nicht alle zwei Meter nachsehen, ob da nicht gleich die nächste Tretmine lauert.
Deutsche Grossstädte tun gut daran das zu übernehmen, denn wer lässt schon gern sein Kind im Hundekot spielen 🙁
Hier in Solothurn sind wir modern, bei uns gibt es seit längerem den gelben Hundeschiissi Sack, aber auch der ist auffällig genug 🙂
und ich knote den Sack auch immer an die Leine….
Februar 18th, 2007 at 0:50
Habe selbst 3 Jahre mit 2 Hunden in der Schweiz gelebt und dabei Tausende braune Beutel gefüllt, verknotet und entsorgt. Jetzt da ich wieder in München wohne vermisse ich oft das Gefühl der Sicherheit, das eine Jackentasche voller Robidogsäcke vermittelt, wenn der Hund gerade auf die Mitte des Gehsteigs kackt. Auch hierzulande scheint sich die Hundekotaufnahme langsam zu etablieren.Leider werden, typisch deutsch, von den Hundesteuern eher Leute bezahlt die Bussen verteillen als Säcke unters Volk zu bringen! Viele behelfen sich mit durchsichtigen Brotzeitbeuteln was weder von der Diskretion noch von der Appetitlichkeit mit den bewährten schweizer Modellen vergleichbar ist.
Mai 5th, 2007 at 9:19
Eigentlich eine gute Sache! Aber eben nur „eigentlich“!
Ich selber finde es eine Zumutung und eine Frechheit wie sich die Firma Robidog verhält.
Aber lest selber.
http://nubia.ch/Kampfhund/Kampfhundeblog/files/afe605b46c68cdb1d3e4381c4e13880d-6.html
Dezember 14th, 2007 at 13:38
Ich wohne in hannover und hier gibt es auch eine art ehrenkodex. es hat zwar niemand die braune tüte um die leine gebunden aber das muss ja auch nicht unbedingt. Jeder hundebesitzer räumt den mist von seinem hund weg und gut ist. ich habe meinen Labrador aber so erzogen, das er immer ins gebüsch geht. da renne ich dann allerdings nicht mit der tüte hinterher. Das ist „naturdünger“ 🙂
Oktober 27th, 2008 at 17:37
Hallo!
Bei uns in Mannheim gibt es noch keine Hundebeutel. Wir haben unsere Tüten immer selber dabei und räumen dann den Gehsteig sauber. Das macht aber längst nicht jeder Hundebesitzer. Je nach Stadtteil ist es also sauberer oder schmutziger. 🙁
LG Tanja
Juni 17th, 2009 at 11:14
Wir sind Deutsche mein Mann und ich leben seit 2 einhalb Jahren in der Schweiz. Haben drei Schäferhunde, und als Deutsche mit deutschen Hunden wird man oft dumm angemacht. Obwohl wir alles aufheben und immer Tütli dabeihaben. Denn es gibt ja Flecken auf dem Gras. Vielleicht muss ich noch erwähnen, dass wir in Appenzell wohnen, die sind eh nicht ganz dicht hier. Uns Deutschen 20 Jahre hinterher.
November 26th, 2009 at 21:00
„Denn es gibt ja Flecken auf dem Gras.“
Nein, gibt es nicht. Aber Hundekot in der Wiese verschmutzt schlussendlich das Heu. Ob das den Kühen schadet, weiss ich nicht. Vermutlich eher nicht, denn er wird ja mit der Milch wieder ausgeschieden. Vielleicht mögen die Kühe sogar aromatisiertes Heu. Und was nicht gefressen wurde räumt der Bauer aus der Futterkrippe.
Schlimmer als Hundekot in der Wiese ist Hundekot im Säckchen in der Wiese! Auch das kommt vor, wenn es auch nicht so hübsch aussieht wie Hundekotsäckli in der Hecke.
Da wir in Graubünden also auch keinen Hundekot in der Wiese mögen, gehe ich davon aus, dass auch wir nicht ganz dicht und den Deutschen 20 Jahre hinterher sind. Macht nichts, Denn vermutlich kommen sie (die Deutschen) genau deshalb so gerne zu uns. Wegen der Nostalgie. Und weil wir nicht ganz dicht sind, mögen wir die Deutschen. Nicht wegen der Nostalgie.
Übrigens finde ich diesen Blog super. Hab ihn gestern entdeckt und komme nicht mehr davon los 🙂 Werde ihn meinen vielen deutschen Bekannten hier empfehlen, muss dann selber weniger erklären.
August 10th, 2010 at 1:13
Bin vor längerer Zeit nach Nürnberg gezogen.
ES STINKT ZUM HIMMEL!
Das System sollte man hier wirklich mal einführen. Genau wie der eine Vorredner sagte: man guckt mehr vor seine Füsse als in die Landschaft, um SEHR unangenehme Überraschungen zu aus dem Weg zu geh…äh wie von der Tarantel gestochen zu hüpfen.
Ausserdem ist jedes zweite Viereck wo Bäume gepflanzt sind (2 m auf 2 m) auf gut deutsch vollgeschissen. Man kanns nicht anders sagen, es kotzt einen nur noch an.
Juli 19th, 2011 at 13:58
Ein liederlicher Kommentar dazu aus dem Emmental:
http://www.youtube.com/watch?v=fefKZTaxXx0
Liebe Grüsse, Ueli