Was die Schweizer gerne trinken: Cüpli und Schale
Seit das Schweizer Team Alinghi 2003 den America’s CUP gewonnen hat, ist die ganze Schweiz im „Cup“ Fieber.
Nur mit der Aussprache hapert es noch ein bisschen. Die Schweizer sind da ein bisschen gehandicaped. Wir meinen das Adjektiv „handicap“, nicht die Trophäe der Weltmeiser im Handy-Weitwurf, den „Handy-Cup“.
Ein echtes „handicap“ ist eine Dauerbehinderung, unter der extrem vor allem Golfspieler leiden. Die fragen sich ständig gegenseitig danach: „Wie ist Dein Handicap?“
In der Schweiz darf man übrigens an Stelle von „Behinderung“ auch ein sehr schönes altes Wort verwenden: „Das Gebresten“. Google-Schweiz hat 291 Verwendungsbeispiele dafür.
Der Fifa-Pokal, den die Schweizer Natzi Spieler (ohne Braunhemden aber mit weissem Kreuz auf Brust und Rücken) in Bälde bei der Weltmeisterschaft in Deutschland gewinnen möchten werden, wird in der Schweiz einfach „Köpp“ genannt. Ganz ähnlich wie ihr Trainer „Köbi“ Kuhn, der eigentlich „Jakob“ mit Vornamen heisst.
Das erinnert uns Deutsche an den nordischen „Fisch-Kopp“, ganz ohne Umlaut, oder den „Köpper“, wenn wir kopfüber bei knackigen 21 Grad Celsius während der heissesten Hundstage in Norddeutschland ins Freibadbecken hechten. Einen solchen bezeichnet man in der Schweiz als „Köpfler„. Auch als Familienname sehr häufig, die Köpflers. Sowohl der teutonische Köpper als auch schweiz./österr. Köpfler finden ihre Erwähnung im Duden, unserem rein deskriptiv-beschreibenden Lieblingswörterbuch.
Weil der „Cup“ in der Schweiz also ein „Köpp“ ist, muss das Teil, aus dem man trinken kann, leicht modifiziert werden. Die Schweizer verpasstem ihn ein „li“ und einen Umlaut, und so wurde ein „Cüpli“ draus:
Das ist in der Schweiz ein spezielles Glas mit einem speziellen Inhalt, der nur aus Champagner bestehen sollte, also diesem sauteuren und trockenen Schaumwein aus der französischen Champagne.
In allen anderen Fällen, wenn dort aus Spargründen nur Sekt eingefüllt wird (was in der Schweiz fast nie passiert), erregt dies in der Öffentlichkeit Anstoss, denn dann ist es ein „A-stösserli“.
Cüplis sind immer in cash zu bezahlen, mit Kreditkarte geht da gar nichts. Damit Sie das nicht vergessen steht es bei jedem Cüpli gleich fest angeschrieben: „Cüpli-bar“
In Deutschland trinkt man höchst selten Champus, sondern meistens trockenen Sekt. Den auch gern mal aus einer „Schale“. Eigentlich gehört dieses Teil verboten, denn sie zwingt uns dazu, den Champus sehr schnell zu trinken, bevor er keine Kohlensäure mehr hat und so schmeckt wie sein Gefäss, nämlich „schal“.
Damit lassen sich tolle Pyramiden aufbauen, die dann von oben mit Sekt gefüllt werden können. Immer ein lustiger Einfall für eine laue Fete.
Etwas, was die Schweizer nicht nachvollziehen können, denn für sie ist doch die Schale reserviert für heissen Kaffee mit viel Milch! „Schale“ bezieht sich hier weder auf den abgestandenen Geschmack noch auf die Form der Tasse (die anders als die Bezeichnung vermuten lässt immer einen Henkel hat!), sondern auf die Menge:
Espresso – Café Crème – Café Doppel-Crème – Schale ist die korrekte Steigerung in der Schweiz. Tückisch ist hingegen „Kaffee-Fertig“. Wer den trinkt, sollte sich vom Verkehr fernhalten, denn der Schnapsgehalt einen macht wirklich ganz schön fertig.
Jetzt habe ich fertig und brauche erstmal nen Kaffee.
Januar 18th, 2006 at 0:25
Gut beobachtet wie immer (Cüpli-Bar 😀 ).
Aber etwas habe ich noch: Köbi kommt von Jakob – hiesse unser Nati-Coach Konrad Kuhn, würden wir ihn Koni nennen.
Januar 18th, 2006 at 6:00
@kwyjibo
danke für den Hinweis, schon korrigiert. Und ich habe 3 verschiedene SchweizerINNEN gefragt, wie der Mann richtig heisst: „Na, Konrad, wie denn sonst….“ so kann es gehen, wenn man sich auf muttersprachliche Quellen verlässt.
Gruss, Jens
Januar 18th, 2006 at 7:49
Also „Natzi Spieler“ hört sich ja an wie Nazi.. Wenn mich am frühen Morgen nicht schon alle Sinne verlassen haben, würde ich meinen, dass wir jeweils „Nati“ schreiben (von Nationalmannschaft)…
Januar 18th, 2006 at 7:57
Hallo,
der Sprachfehler kommt aus dem welschen, alle englischen „U“, die von anglophonen je nach Hekrunft mehr wie ein A oder ein U ausgesprochen werden, werden in der Gesamtschweiz zu Ö. Das Öpdäit (Update), Öpgrääd (Upgrade), eben der Cöp und richtig lustig wird es, wenn einem Welschen die Hutschnur reisst, dann heisst es nur „Tais-toi et föck off“.
Den Cüpli hast Du richtig beobachtet, es gilt nur Champagner und man gewöhnt sich schnell dran. Ich glaube Sekt verkauft sich hier nur an neu zugezogene Deutsche und den ein oder anderen Analphabeten. Dafür ist manche Champagner-Sorte im Coop Schweiz billiger als in der Metro Deutschland! Was mir am Cüpli speziell gefällt ist dass man ihn in der Bar und im Restaurant bestellen kann ohne das Wort „Champagner“ in den Mund nehmen zu müssen, man gibt sich ja doch bescheiden hier.
Januar 18th, 2006 at 8:07
Der Begriff Schale für den Milchkaffe in der Schweiz kommt wahrscheinlich von diesen Gefässen http://caravaning-shop.ch/oscommerce-2.2ms2/catalog/images/550_463.jpg in denen früher der Milchkaffe getrunken wurde.
Ausserdem schmeisst sich der Schweizer oft noch in Schale, wenn er ausgeht und kauft dafür beim Herrenaustatter eine ebensolche.
Januar 18th, 2006 at 8:09
Google hilft 😉
http://www.google.ch/search?q=schweizer+nationaltrainer&sourceid=mozilla-search&start=0&start=0&ie=utf-8&oe=utf-8&client=firefox&rls=org.mozilla:de-DE:official
Januar 18th, 2006 at 10:09
@Blogging Tom
Du hast schon recht, aber mir ging es hier um das Lautbild, den gesprochen wird Nati nur „Natzi“, vgl. Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schweizer_Fu%C3%9Fballnationalmannschaft
Gruss, Jens
Januar 18th, 2006 at 11:37
Ui das war aber nicht der Admirals Cup, sondern der America’s…
War für Ernesto Beltarelli als Eigner der Alinghi die wohl teurere ‚Schale‘ als eine in der Zürcher City:-))
…spielt für ihn aber wohl kaum einen ‚töff’…
Januar 18th, 2006 at 12:06
@räulfi
Du hast recht, und heute geht auch alles schief… ist schon angepasst.
Klingt wirklich verdammt ähnlich…
Danke für den Hinweis,
Gruss, Jens
Januar 18th, 2006 at 15:50
Zu Vikings Kommentar:
Eine Dialekt-Lektion zieht die nächste hinten nach. eine solche Trink-Schale ist „es Chacheli“ (eine Kachel. Nicht zu verwechseln mit einer Fliese, die heisst „es Plättli“) oder „es Mucheli“. Ich würde mich freuen, noch weitere, regionsspezifische Ausdrücke kennen zu lernen.
Januar 18th, 2006 at 16:34
Phipu:
Danke, was meinst du wie lange ich heute morgen in meinen Hirnwindungen nach Chacheli und Mucheli gesucht habe (und natürlich in dem Moment nicht gefunden) 😉
Wir hatten früher in unserem Skihaus immer so schöne rote Chacheli mit weissen Tupfen. Richtig heimelig.
Januar 18th, 2006 at 16:45
gebersten? uuh?
ich kenne gebrechen aber gebersten?
wohl was komisches von den ostschweizern 😉
Januar 18th, 2006 at 18:09
hi
Wiki-Schweiz hat 291 Verwendungsbeispiele dafür.
du meinst wohl Google Schweiz, ne? 😉
(zumindest denk ich das wenn ich den link anschaue..)
Januar 18th, 2006 at 18:46
Die Schale als Kaffeespezialität heisst so, weil sie normalerweise in einer schalenartigen Tasse serviert wird. Bestellt man eine Schale, dann bekommt man bekanntlich mehr als nur einen Kaffee Crème.
Januar 18th, 2006 at 21:23
an Biit
Da ich nicht Sprachforscher bin, helfe ich mir mit Google. Ich kenne den Ausdruck CH (BE) „Bräschte“ für D: „Krankheiten/Leiden“. Dies scheint noch alte Sprachwurzeln zu haben (Bresten), die auch in Deutschland bekannt sein könnten.
Siehe: http://www.google.ch/search?hl=de&q=Bresten&btnG=Suche&meta=lr%3Dlang_de
Januar 18th, 2006 at 22:10
Es erstaunt mich immer wieder, die Schweiz macht auf Promotion weltweit. Ich sammle neuerdings Links von und über die Schweiz in dieser Welt, und das Ergebnis ist überwältigend gross und international.
kleines Bsp.: http://www.swisspeaks.org
Helvetia
Januar 19th, 2006 at 20:58
Zum Chacheli dieses schöne Bild:
http://www.paulsenn.ch/ImageFrames_Werk/bauerundarbeiter/imbiss.html
Januar 22nd, 2006 at 18:47
Apropos Kaffee.. Smile. dass deine Aufzählung von verschiedenen Kaffee-zubereitungen nicht vollständig ist, weisst du bestimmt. hehehe
wie wärs mit einem „Kafi Chrüüter“? oder ein „Kafi Luz?“ ach ja und der „Kafi Completé“ nicht zu vergessen.. womit wir wieder beim Chacheli wären.
Januar 24th, 2006 at 10:47
@Gery
Wobei es wohl ‚das‘ Café complet‘ heisst. Und das kommt daher, dass Café Complet eine komplette Mahlzeit ist (Traditionellerweise ein Abendessen mit einer Tasse/Schale Kaffee).
Gruss
Bruno
Februar 18th, 2006 at 4:34
@viking
Ja danke, aber ob der oder das cafe complete bzw kafi complete spielt keine rolle. das sind nur grammatikalische finessen, die mich nicht interessieren. viel wichtiger ist, dass wir das als jugendliche des öftern von unseren eltern aufgetischt bekamen. deshalb auch der hinweis auf das chacheli (schale). deine belehrung war also völlig überflüssig. ich wusste schon längst das kafi complete eine komplette mahlzeit ( mit eingeweichten brotstücken) ist.
gruss gery.
März 30th, 2006 at 7:28
Mein erwachsener Sohn erzählt aus Berlin, es hätte ihn angeschissen, immer sofort als Schweizer erkannt zu werden. So setzte er sich in ein Strassenkaffe und er verlangte in bestem Deutsch ( wenigstens hielt er seinen Tonfall für das) „Also, ich möcht gern‘ ne Schale “ ( schweizerisch für Milchkaffee) Zweimal habe er die Bestellung wiederholen müssen und dann habe man ihn gefragt:“Na und..was soll denn da drin sein?“
Mai 6th, 2006 at 15:37
Cöp wäre ja noch halbwegs ok.
Aber die Berner oder Solothurner sprechen es als Göpp aus, daher auch
*Göpfinau“ (Cup Final)
Waltraut:
Ich kannte dieses Ding auf dem Bild nur als Tassli. Ein Chacheli hatte keinen „Henkel“, höchstens zwei kleine Ohren, und man hielt es mit beiden Händen. Bei kaltem Wetter wärmte man so die Hände auf.
Beide Varianten wurden auch „Beckli“ genannt, ob man dies heut noch kennt, weiss ich nicht. Die hochdeutsche Tasse scheint sich etabliert zu haben.
Biit:
Nicht Gebersten, sondern Gebresten. So nennen wir tatsächlich die hochdeutschen Beschwerden. Ich bin auch kein Ostschweizer.
August 22nd, 2006 at 14:09
Früher gabs bei uns „Kafimöcke“, das ist Milchkaffee im Chacheli mit Brotbrocken drin (wurde weiter oben bereits erwähnt). Etwas weniger bekannt ist wohl, dass nicht nur Brot im Kaffee getunkt wurde, sondern auch Käse, z.B. Emmentaler (hat mein Grossvater oft gemacht, seiner Aussage nach war das durchaus verbreitet). Dazu gabs oft „Vogelheu“ (Rührei mit gerösteten Brotstücken).
November 16th, 2006 at 12:00
@Cüpli-Dan
Schweizer sind so bescheiden, daß sie immer darüber reden bescheiden zu sein. Somit sind sie eigentlich doch nicht bescheiden, den bescheidene Menschen sprechen nicht über ihre Bescheidenheit 😉 Aber es ist ja auch ok nicht bescheiden zu sein, wenn man es sich leisten kann. Gruß aus der anderen Alpenrepublik zur anderen Alpenrepublik…