Ick oder ich? — Was Berner mit Berlinern und Amis gemeinsam haben

Oktober 24th, 2007
  • „Ich bin kein Amerikaner“
  • Als ich neulich mit der Service-Line von Sunrise telefonierte, sprach die Mitarbeiterin dort ein ausgezeichnetes Hochdeutsch. Bis auf eine kleine Ausnahme: Ihr „ich“ klang stets wie „ick“ mit einem „k“ am Ende. Diese Art der Aussprache für den „ich“-Laut kennt man in Deutschland auch, und zwar aus Berlin. Dort ist es ebenfalls üblich, das „ich“ als „ick“ auszusprechen. Vielleicht zieht es deswegen so viele Schweizer nach Berlin?

  • Ich bin ein Berliner
  • Der Satz „Ich bin ein Berliner“ wurde bekannt durch eine Rede von J. F. Kennedy.

    Zum 15. Jahrestag der Berliner Luftbrücke am 26. Juni 1963 besuchte Kennedy West-Berlin. Vor dem Rathaus Schöneberg hielt er seine berühmte Rede, in der er an der Seite des damaligen Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt seinen berühmten Satz sagte: „Ich bin ein Berliner“. Kennedy sagte auch zukünftig der Stadt und Deutschland die Unterstützung der USA als alliierter Schutzmacht zu.
    (Quelle: Wikipedia)

    Hartnäckig hält sich im Bewusstsein der Deutschen, speziell der Berliner, die Erinnerung, er habe damals auch „Ick“ statt „Ich“ gesagt. Doch in Zeiten von YouTube kann man sich diesen Clip in Ruhe ansehen. Die Aussprache Kennedys ist fehlerfrei, nicht mal ein leichtes amerikanisches „ick“ ist zu hören:

  • Ick bin ein Berner
  • „Ick“ in der Schweiz ist ein deutlicher Hinweis auf Berner Herkunft, und wir sind mächtig stolz darauf, das bereits begriffen zu haben. Und richtig, meine Rückfrage an die Sunrise-Servicedame: „Sind Sie aus Bern?“ wurde von ihr bejaht. Schon früher war mir in hochdeutschen Gespräche mit Bernern aufgefallen, dass sie dieses „ick“ nur schwer unterdrücken können. Es schleicht sich immer wieder ein und lässt bei mir den Hintergedanken aufkommen: Sind das vielleicht alles in Wirklichkeit Amerikaner oder Berliner? Beides kann man bekanntlich auch essen. Ein Berner habe ich jedoch noch nicht probieren dürfen. Wie schmecken denn die?

    Berliner Weisse mit Waldmeister
    (Berliner Weisse mit Waldmeister. Quelle Foto: Wikipedia)
    Zum Thema „Berlinerisch“ hier noch ein Klassiker zu „Icke“. Am besten erst 2-3 Berliner Weisse trinken, dann tief Luft holen (Schweizer dürfen auch „iischnuufe“) und dann schön langsam und mit viel Gefühl vortragen:

    Tiefsinn
    Ick sitze da und esse Klops.
    Mit eenmal klopt’s.
    Ick kieke hoch und wundre mir,
    Mit eenmal jeht se uff die Tür.
    Ick stehe uff und denk nanu,
    Jetzt is se uff, erst war se zu.
    Ick jehe hin und kieke:
    Und wer steht draußen – icke!
    (Quelle: ingeborg.org)

    Umfrage zum Verhältnis der Schweizer und Deutschen — Doppelt gemoppelt in der Schweiz

    Oktober 23rd, 2007
  • Maturarbeiten machen reif
  • Wir erhielten Post von einem Deutsch-Schweizer Maturanten namens Joel:

    Ich bin Schüler am Gymnasium Burgdorf und gerade mit dem Schreiben meiner Maturarbeit (Arbeitstitel: Kulturcrash: Schwarzwald vs. Emmental) beschäftigt. Als in der Schweiz lebender Deutscher untersuche ich das Verhältnis zwischen Schweizern und Deutschen und die Probleme, die durch die Konfrontation dieser Mentalitäten entstehen (oder auch nicht). Besonders interessiert bin ich an der Aufdeckung von vorherrschenden Vorurteilen und Klischees, aber auch an eigenen Erfahrungen und Erlebnissen, die mit besagten Themen im Zusammenhang stehen. Auch positive Aspekte will ich beleuchten, kulturelle Bereicherung, grenzübergreifende Freundschaften etc.

    Zur Veranschaulichung der Ansichten und Empfindungen der Deutschen in der Schweiz führe ich eine Umfrage durch. Wenn Sie mir bei der Durchführung meiner Studie behilflich sein wollen, dann nehmen Sie sich doch einen Moment Zeit und füllen Sie bitte den untenstehenden Fragebogen aus.

    Ich danke für das Interesse und Ihre Mitarbeit.
    (Quelle: Private Elektropost)

  • Doppelt gemoppelt auf Schweizerdeutsch
  • Der Fragebogen findet sich hier zum Dowload als RTF-Datei, also leicht mir Word oder Wordpad oder anderen Schreibprogrammen zu bearbeiten. „RTF-Datei“ steht für „Rich-Text-Format“ und nicht, für „Rich-Text-File, denn sonst wäre es doppelt gemoppelt wie „Autobahn A1„, denn das „A“ ist die Abkürzung für „Autobahn“. Auch „klammheimlich“ ist doppelt gemoppelt, weil „clam“ bereits „heimlich“ (auf Latein) heisst. Doch fragen wir uns jetzt sofort: Wie sagt man eigentlich in der Schweiz für „doppelt gemoppelt„? Gibt es solche überflüssigen und Platz verschwendenden Ausdrücke überhaupt? Beliebt sind doppelt gemoppelte Ausdrücke in der Schweiz genauso wie anderswo. „Käse Fondue“ ist so ein Beispiel, denn Fondue ist immer geschmolzener Käse (oder Schokolade), es sei denn es steht „Chinoise“ daneben, oder die mehrfach doppelt gemoppelte Verabschiedung“Tschüss, tschau enschöne!„. Viele weitere hübsche Beispiele wie das „Einzelindividuum“, die „Glasvitrine“, der „Testversuch“ oder „zusammenaddieren“ finden sich im Wikipedia-Artikel zum Thema „Pleonasmus„.

  • Wie logisch ist Sprache?
  • Wie oft stellen wir fest, dass es nicht jede aussersprachliche Realität zu einem eigenen Wort im Schweizerdeutschen bringt. Eine Büroklammer ist in der Schweiz z. B. eine Büroklammer, sonst nichts. Kein „Klämmerli“ oder sonst was. Woran das liegt? Sprache ist nicht logisch, auch nicht „unlogisch“ sondern „alogisch„, d. h. „ausserhalb der Logik“, und das ist gut so, sonst wäre sie nicht so kreativ. Und jeder Sprachwissenschaftler, der Logik und Gesetzmässigkeiten darin sucht, muss früher oder später daran verzweifeln. Selbst so hübsch „unveränderliche“ Sprachen wie z. B. das klassische Latein strotzen nur so vor Ausnahmen, Unregelmässigkeiten, Nebenformen etc. Ein gutes Zeichen dafür, dass diese Sprache irgendwann gesprochen wurde und sich dabei permanent veränderte, wie jede Sprache, bis die künstliche Fixierung erfolgte.

    Doch zurück zur Umfrage. Die E-Mail von Joel findet übrigens sich ebenfalls in der Datei.

  • Schwarzwald vs. Emmental
  • Ausserdem heisst es in der Mail:

    Das Ergebnis dieser Umfrage wird im November auf www.blogwiese.ch einzusehen sein. Wenn sich jemand für ein Interview zur Verfügung stellen möchte, soll er dies bitte anfügen. Speziell über die Einbringung von Erfahrungen/Erkenntnissen etc., die mit den beiden Regionen Schwarzwald und Emmental zusammhängen, wäre ich dankbar.

    Alle gestandenen und gewesenen Schwarzwaldelche in der Schweiz dürfen jetzt vortreten und sich outen.

    Wir wünschen Joel viel Erfolg für seine Arbeit und hoffen, dass viele sich die kleine Mühe machen und das Teil würdig beantworten.

    Wie kuschelig das Verhältnis der Schweizer und Deutschen auch sein kann, zeigt uns dieser nette Clip (geklaut bei Sarah)

    Wer diesen Spot wohl gesponsert hat? Sicherlich nicht die Bettwäscheindustrie.

    Die Schweiz hat gewählt — Die höchste Wahlbeteiligung seit 30 Jahren

    Oktober 22nd, 2007
  • Fast 50 Prozent
  • Also gut, eine Sensation gibt es doch über die Wahl zu berichten: Es werden 4 Bürgerliche und 3 Linke in den Bundesrat kommen. Wahrscheinlich. Oder nicht?

    Viel sensationeller ist die Wahlbeteiligung, die fast 50% erreichte. Der höchste Wert seit 30 Jahren!

    Die Beteiligung an den Nationalratswahlen bewegt sich nach Auszählung von 19 Kantonen im Schweizer Schnitt nahe bei der 50-Prozent-Marke. Die 49,64 Prozent wären seit 1975 die höchste Wahlbeteiligung.
    (Quelle: Tages-Anzeiger 22-10-07)

    Wahlkabine in Deutschland
    (Quelle: politische-bildung-brandenburg.de)

  • Keine Wahlkabinen
  • Noch ein hübscher Unterschied bei den Wahlen in der Schweiz im Vergleich zu einer Wahl in Deutschland. Es gibt keine „Wahlkabinen“ mit Vorhang im Wahllokal, wo man ungestört seinen Zettel ausfüllen kann. Das muss tunlichst daheim geschehen, wo die ganze Familie zuguckt, es sei denn Sie gehen zum Abstimmen aufs Klo. Die Wahllokale sind nur noch der Ort, an dem man seine Wahlzettel in die Urne einwirft. Ausgefüllt sollten sie bereits sein, sonst ist die Sache witzlos.

    Ohne Plafond ins Internet — Wo ist der Haken beim Surfen ohne Limit?

    Oktober 22nd, 2007
  • Die Karte mit der Stummelantenne
  • Seit über mehr als einem Jahr surfe ich unterwegs „on the edge“, d. h. „auf der Absturzkante“ und häufig mit dreifacher Erdanziehungskraft „3G“ im Internet mit Sunrise Broadband Card (vgl. Blogwiese) Einer PCMCIA-Steckkarte mit Mini-Antenne, die immer noch nicht abgebrochen ist. Offenbar kommt das sonst häufig vor, denn bei Sunrise kann man die Dinger nachbestellen.

  • Internet ohne Plafonierung
  • Jetzt entdeckte ich bei Sunrise ein neues Angebot. Bisher kostete mein Vertrag pauschal 49 CHF im Monat mit 2 GB Traffic-Obergrenze. In der Schweiz nennt man sowas übrigens „Plafonierung“, von „le plafond“ = Franz. „die Zimmerdecke“ und meint damit eine „Begrenzung nach Oben“. Surfen bis zur Zimmerdecke sozusagen. Nun bietet Sunrise seit kurzem einen drahtlosen Internetzugang für 10 Franken im Monat Grundtarif, ohne Download-Beschränkung. Da kommen allerdings noch 3.50 CHF hinzu für jeden Tag, an dem man diese Verbindung nutzt.

    Kurzum, wer tatsächlich an jedem der 30-31 Tage eines Monats kabellos surft, kommt maximal auf 31 x 3.5 = 38.5 CHF, plus 10 CHF Grundgebühr, ergibt 48.50 CHF. Immer noch 0.50 CHF billiger als der alte Vertrag, dafür aber ohne Limit. Na klar wollte ich sofort wechseln und rief dazu die freundliche Sunrise Hotline an. Dort erklärte ich gross und breit meinen Rechenfehler (denn ich hätte die 38.50 CHF noch „mal 3“ rechnen müssen, um auf korrekte 105 bis 108.5 CHF zu kommen) und bekam bestätigt: „Ja, sie haben recht, das ist viel billiger„. Im Zweifel immer für den Kunden, so ist es richtig.

  • Wenn es morgens zweimal klingelt
  • Ich war an eine junge Servicedame geraten, die mir in fast akzentfreiem Hochdeutsch erklärte, wie so ein Vertragswechsel abläuft: „Ja, sie können ihre Broadband-Card behalten. Nein, an der Vertragsdauer des jetzigen Vertrags ändert sich gar nichts“. Pustekuchen, da hatte sie mich nicht ganz richtig informiert. Am darauf folgenden Samstag, bekanntlich ein Werktag, an dem die Schweizer nicht um 6:00 Uhr von den örtlichen Kirchenglocken aus ihren Träumen geweckt werden, sondern erst um 7:00 Uhr, hörte ich nicht auf den Kirchenglocken-Wecker sondern schlief einfach weiter bis 7:30 Uhr.

    Doch dann läutete es erneut, diesmal an der Haustür. Zwei Herren eines Paketdienstes standen vor der Tür, wollten von mir erst eine Unterschrift, dann einen Ausweis um mir schliesslich ein rappelndes Päckchen von Sunrise in die Hand zu drücken. Verschlafen versuchte ich zu verstehen, was ich da unterschreiben sollte. Ein neuer Handy-Vertrag, ein neues Abo? Nein Danke, denn genau davon war ja im Gespräch mit der Sunrise-Beraterin nicht die Rede gewesen. Also schickte ich die Herren zurück in den Samstagmorgen und rief später nochmals bei Sunrise an. „Nein, sie können ihr alte Broadband-Card nicht weiterverwenden. Ja, das war das neue „T@KE AWAY“ Modem als USB-Stick. Ja, sie gehen damit einen neuen Vertrag ein, welcher den alten ab sofort ablöst.“

  • Wo steckt der versteckte Nachteil?
  • Jetzt bin ich unsicher, ob dieser „Upgrade“ nicht noch irgendeinen Nachteil birgt. Klar wird das Surfen billiger, falls ich diese Karte mal tagsüber nicht nutze, was am Wochenende die Regel ist. Aber warum bietet Sunrise aber nach wie vor „mobile broadband“ für 49 CHF und 2 GB Datenmenge pro Monat an, „für alle die öfter ins Internet gehen“ und nennt den neuen Dienst „Internet Basic“, wenn er doch eigentlich billiger und besser ist als das alte Geschäftsmodell?

    Die neuen Sticks sollen „dank HSDPA-Technologie mit bis zu 3,6 Mbps im Internet surfen“, können die eventuell kein „Edge“ oder „3G“ oder wie der ganze Kram noch heisst? Geht es vielleicht um den Vorteil einer fix eingebauten Karte gegenüber einer wackligen Plug & Play Stick-Lösung, die sich stets rasch frisch konfigurieren muss? Ich bin misstrauisch geworden.

    Nachtrag: Gleich der dritte Kommentar brachte die Erklärung als „Lapsus Brutus“ (in der Tat!). Ich weiss nicht, was mich beim Rechnen von 31 x 3.5 auf die nette Zahl von 38.50 CHF kommen liess, wahrscheinlich statt 31 nur 11 eintippt, wie Felix richtig vermutet. Kam mir gleich so merkwürdig niedrig vor. Aber für das Naheliegendste, einen einfachen Rechenfehler, war ich vermutlich blind. Misstraue jedem Taschenrechner und rechne lieber mit dem Kopf!

    Allah in der Schweiz — Sprachliche Integration kann zu Missverständnissen führen

    Oktober 21st, 2007
  • Allah in der Schweiz
  • Die Schweiz ist eine multikulturelle Gesellschaft. Begriffe aus anderen Religionen werden nahtlos in den eidgenössischen Alltag integriert. Hier ein äusserst anschauliches Beispiel:

  • A is for Allah
  • Zum Thema „Allah“ gibt es von Cat Stevens, der heute den Namen Yussef Islam trägt, einen wunderschönen Song, der die Buchstaben des arabischen Alphabets und ihre Bedeutung für den Islam aufzeigt. Der Song stammt von einer Platte, die Yussef im Jahr 2000 für Kinder gemacht hat. Wer den Clip ganz bis ans Ende anschaut, wird auch sehen, wie Jesus, Abraham, Moses und Adam auf Arabisch in Schönschrift geschrieben werden. Mehr zu dieser Platte hier.