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Ick oder ich? — Was Berner mit Berlinern und Amis gemeinsam haben

  • „Ich bin kein Amerikaner“
  • Als ich neulich mit der Service-Line von Sunrise telefonierte, sprach die Mitarbeiterin dort ein ausgezeichnetes Hochdeutsch. Bis auf eine kleine Ausnahme: Ihr „ich“ klang stets wie „ick“ mit einem „k“ am Ende. Diese Art der Aussprache für den „ich“-Laut kennt man in Deutschland auch, und zwar aus Berlin. Dort ist es ebenfalls üblich, das „ich“ als „ick“ auszusprechen. Vielleicht zieht es deswegen so viele Schweizer nach Berlin?

  • Ich bin ein Berliner
  • Der Satz „Ich bin ein Berliner“ wurde bekannt durch eine Rede von J. F. Kennedy.

    Zum 15. Jahrestag der Berliner Luftbrücke am 26. Juni 1963 besuchte Kennedy West-Berlin. Vor dem Rathaus Schöneberg hielt er seine berühmte Rede, in der er an der Seite des damaligen Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt seinen berühmten Satz sagte: „Ich bin ein Berliner“. Kennedy sagte auch zukünftig der Stadt und Deutschland die Unterstützung der USA als alliierter Schutzmacht zu.
    (Quelle: Wikipedia)

    Hartnäckig hält sich im Bewusstsein der Deutschen, speziell der Berliner, die Erinnerung, er habe damals auch „Ick“ statt „Ich“ gesagt. Doch in Zeiten von YouTube kann man sich diesen Clip in Ruhe ansehen. Die Aussprache Kennedys ist fehlerfrei, nicht mal ein leichtes amerikanisches „ick“ ist zu hören:

  • Ick bin ein Berner
  • „Ick“ in der Schweiz ist ein deutlicher Hinweis auf Berner Herkunft, und wir sind mächtig stolz darauf, das bereits begriffen zu haben. Und richtig, meine Rückfrage an die Sunrise-Servicedame: „Sind Sie aus Bern?“ wurde von ihr bejaht. Schon früher war mir in hochdeutschen Gespräche mit Bernern aufgefallen, dass sie dieses „ick“ nur schwer unterdrücken können. Es schleicht sich immer wieder ein und lässt bei mir den Hintergedanken aufkommen: Sind das vielleicht alles in Wirklichkeit Amerikaner oder Berliner? Beides kann man bekanntlich auch essen. Ein Berner habe ich jedoch noch nicht probieren dürfen. Wie schmecken denn die?

    Berliner Weisse mit Waldmeister
    (Berliner Weisse mit Waldmeister. Quelle Foto: Wikipedia)
    Zum Thema „Berlinerisch“ hier noch ein Klassiker zu „Icke“. Am besten erst 2-3 Berliner Weisse trinken, dann tief Luft holen (Schweizer dürfen auch „iischnuufe“) und dann schön langsam und mit viel Gefühl vortragen:

    Tiefsinn
    Ick sitze da und esse Klops.
    Mit eenmal klopt’s.
    Ick kieke hoch und wundre mir,
    Mit eenmal jeht se uff die Tür.
    Ick stehe uff und denk nanu,
    Jetzt is se uff, erst war se zu.
    Ick jehe hin und kieke:
    Und wer steht draußen – icke!
    (Quelle: ingeborg.org)

    

    21 Responses to “Ick oder ich? — Was Berner mit Berlinern und Amis gemeinsam haben”

    1. Ungweliante Says:

      interessant! mir ist das bei uns bernern noch gar nickt aufgefallen. muss ick mick in zukunft mal drauf ackten. stellt sick dann aber nock die frage: „wer häts erfunde?“

      ps. die berner sind ganz schön lecker…musste mal probieren! 😉

      lg Ungweliante

    2. mousseman Says:

      Nanu, das heisst „Ig“, mit einem relativ langen, stumpen „i“ und einem für Deutsche eher weichen „g“.

      1, setzen.

      (Schweizer Noten)

    3. ami_schlitte Says:

      @mousseman

      In der Wiesenesche-Phonetik ist das k eher ein g.
      Siehe Chindsgi-Diskussionen http://www.blogwiese.ch/archives/5

      Zurück an den Start, Blogwiese von vorne lesen. Anfänger, tsts 😉

      [Anmerkung Admin: Meine apperzeptive Einschätzung hört da „k„, aber wie immer ist es schwierig bei der stimmlosen und stimmhaften Variante des g/k Lautes, den genauen Unterschied zu hören. Sagen die echt „ig“ und nicht „ick“ in Bern? Am Telefon soll es ja noch schwieriger sein, wenn z. B. stimmloses „f“ und stimmhaftes „s“ genau gleich klingen. Vielleicht lag es daran, dass ich „ick“ verstanden habe.]

    4. Tellerrand Says:

      Mir ist dieses „Ick“ der Berner auch schon aufgefallen, nur würde ich es eher „eg“ – langer offener Vokal und weicher Verschlusslaut. Aus der lautlichen Nähe zu „Egg“ lässt sich doch auch sicher was basteln, Herr Wiese 😉

    5. T.M. Says:

      Ich bestätige „ig“, genaugenommen sogar „ijg“, d.h. das „i“ etwas länger. Das „g“ ist kaum zu hören, aber vorhanden, definitiv kein „k“.

    6. Graxel Says:

      Meine Erfahrung:
      – ig – bernerisch (obwohl das „i“ lang gesprochen wird, schreiben es die mir bekannten Berner mit einem „i“. Das kommt z.B. in Kurznachrichten vor.)
      siehe z.B.: http://www.edimuster.ch/baernduetsch/

      – eg – mehr in Richtung Solothurn, Luzern, Mittelland
      siehe z.B.: http://www.edimuster.ch/baernduetsch/ (Kommentar von Balou)

    7. Psalmist Says:

      Ja, ganz klar ein g und kein k (für Schweizer Ohren). Beim Lesens des Titels mußte ich an unseren Indogermanistik-Professor denken, einen gebürtigen Amerikaner, der in Zürich lebt und lehrt. Er hat mal in einer Vorlesung phonetische Dreiecke für verschiedene Sprachen aufgestellt, außer für Sanskrit und Altlatein auch für einige moderne Sprachen – und siehe da, das Amerikanische weist genau die selben Vokale auf wie das Schweizerdeutsche!

    8. neuromat Says:

      Ig ha gnue

      sagte am Am Samstag, 10. April 2005, ca. 23:30 Uhr, ein Mann aus dem Kanton Bern bei einer Tankstelle in Realp. Nach seinen Angaben wollte er von Bern herkommend über den Gotthardpass ins Tessin fahren. Dabei hat er sich jedoch getäuscht und ist Richtung Furkapass gefahren. Wie sämtliche Alpenpässe ist auch der Furkapass mit einer Wintersperre belegt. In Realp hat er in der Folge das beidseitig stehende allgemeine Fahrverbot übersehen und ist trotz Schneefahrbahn Richtung Pass gefahren. Nach rund 5oo Metern musste er das Fahrzeug wenden, weil er stecken blieb. Bei der Rückfahrt geriet der mit Sommerpneus bestückte Personenwagen ins Rutschen, kollidierte mit einem Kolonnenstein und stürzte rund 50 Meter ab. Am Fahrzeug entstand ein Schaden von rund Fr. 5’000. Der 59jährige Fahrzeuglenker wurde nicht verletzt. Bei dichtem Schneetreiben irrte er rund 3 Stunden umher, bis er völlig durchnässt und durchgefroren zum Dorf Realp zurückfand, wo er betreut werden konnte.

    9. AnFra Says:

      @neuromat

      Bitte teile mir mit, wie man als Kraftfahrer/Fahrzeugführer sein Fahrzeug wenden kann, auch wenn man im Schnee stecken blieb. Als alter Fahrer möchte ich mich trotz Winterreifen und Allradantrieb auf diese neue Fahrtechnik einlassen, um dem kommenden Winter gut zu überleben.
      Danke und gut rutsch.

    10. Phipu Says:

      Deutsche, die keine Kratz-K reproduzieren können, haben tatsächlich Mühe mit der Verschriftung von G-Lauten. Siehe dazu auch dieses Wortgefecht: http://www.blogwiese.ch/archives/596#comment-91875

      Als Faustregel empfehle ich, alles, was dem Risiko unterliegt, von Schweizern ausgesprochen zu werden, wird grundsätzlich mit G geschrieben. Andernfalls wird es in praktisch allen Dialekten unweigerlich zu Kratz-K. Kontrollfrage: Tönt/klingt es mit Kratz-K immer noch richtig?

      Bei G-Schreibweise möglichst auf Doppel-G verzichten, sonst wird der vorgängige Vokal verkürzt. Soll das nicht geschehen, auch den Vokal verdoppeln.

      Gerade dies ist nun für das „iig“ (bzw. eher „ììg“) im Raum Bern wichtig. Hier ist nach meinem Sprachempfinden der Vokal viiiiel länger als in der Berliner Version. Trotz des gemeinsamen Wappentiers (Bär) sind natürlich auch weitere Unterschiede auszumachen. Was man am Telefon besonders gut hört, ist die Höflichkeitsform auf Ihr, Euch, Eure (2. Person MZ) http://www.blogwiese.ch/archives/131 , vorausgesetzt es wurde Dialekt gesprochen. Das war allerdings nicht der Fall, (jaja, ich weiss, lesen hilft und macht schlau).

      Nach meiner Beobachtung wird jedoch im Dialekt nicht jedes „ich“ als „ig“ gesprochen. Es gibt auch das „i“, je nach Bedürfnis der Anbindung an den Folgekonsonanten. Zürcher sprechen immer „íích“ mit Kratz-CH, und bei Bernern kratzt es überhaupt nie.

      Vielen Bernern mag es sogar ungewöhnlich vorkommen, dass Willi Ritschard* in einer Rede zum Volk den Satz sagte: „Ig bruuche-n-üich!“ (Ich brauche euch/Sie!), was man auf Berndeutsch mit einem bindenden „ich“: „I bruuche-n-öich“ hätte sagen können.

      * = Solothurner Bundesrat der 1970er-Jahre und starke Personifizierungsfigur, Für Parallelensucher: nein, nein, SP! http://www.admin.ch/ch/d/cf/br/88.html

    11. sylv Says:

      @neuro

      ui dä isch doch ziibet:)

      hallo ihr blogwiesen graser:) bin wieder da! Nun muss ich mich mal durch circa 239’832’493’284 beiträge und comments arbeiten die ihr fleissig fleissg in den letzten vier wochen geschrieben habt!

    12. mare Says:

      Bern hat doch einen Bären im Wappen und wenn ich mich nicht täusche, auch Berlin. Ich glaube sogar, dass es mal zu einem Bärentausch gekommen ist. Im August 1939 wurde ein Bärenpärchen nach Berlin in den Bärenzwinger am Köllnischen Park gebracht. Diese Bärchen wurden von einer Berliner Stadtratsdelegation in bern abgeholt und nach Berlin begleitet von einer Berner Stadtratdelegation, was zu unendlichen Diskussionen führte damals. Niemand von den Bernern wollte mit den berlinern etwas zu tun haben, es war seitens der Berner eine sehr lustlose Sache.(Wer’s nachlesen will: Guido Schmetzer: Bern 1939. Ein Jahr Stadtgeschichte im Schatten des Weltgeschehens. Bern 1989). Ich denke, diesen Zwinger gibt es nicht mehr. Oder weiss jemand mehr?
      Im übrigen denke ich, dass man wirklich „ig“ sagt.

    13. Name rikwäierd Says:

      und hier noch mein Senf: ich höre: ig oder betont iig; mit Vokalsenkung: ég oder betont éég. é = geschlossenes e, wie in étui. Also sicher nicht wie egg (wie im englischen) auszusprechen. Eine Verwandschaft zwischen Bern und Berlin sehe ich nur im Element BÄRn bzw. BÄRlin; aber da dort ein gewisser Bär namens Knut die Szene beherrscht, schlage ich Namensänderung vor: aus Berlin wird Knutwil! So haben Bern und Knutwil nichts mehr gemeinsam und alle Verwechslungen sind ausgeschlossen. MfG

    14. neuromat Says:

      @ Anfra gen bitte an den Polizeikommandanten des Kantons Uri richten unter dem Stichwort wenn „Bären Fahrzeuge lenken“

      http://www.ur.ch/de/sid/kapo/medienmitteilungen-polizei-m656/?m=656&information_id=2399

      betreffend die Diskussion des langen oder kurzen „i“. Das „i“ von ig ist definitiv kurz auch wenn nur i gesprochen wird. Das lange i wird Y geschrieben und meint iiigitt (ohne gitt)

    15. mirach Says:

      Berner schmecken nicht übel, aber auch nicht phantastisch, irgendwo zwischen Wiener und Frankfurter anzusiedeln.

      Jaaa, es ist wahr: in der Steiermark gibts Berner Würstel!

      Ig has scho probiert!

    16. Branitar Says:

      „Ick“ wird nicht nur in Berlin, sondern im gesamten nordostdeutschen Raum verwendet, bzw auch überall dort, wo das norddeutsche Plattdeutsch gesprochen wird. 😉

    17. Brun(o)egg Says:

      @ Phibu

      Du täuscht Dich was das doppelte (gg) betrifft. In Basel ersetzt dieses in sehr vielen Fällen das K. „Glunggi“ (Halodri), Glogge, gaggere, (gackern) Gluggere, (Henne) und viel mehr.

    18. neuromat Says:

      @ Branitar

      Du hast recht. Dä(r) Balihna saacht „icke“ 🙂

    19. Phipu Says:

      An Brunoegg

      Stimmt, ich war zu faul, hier alle mir bekannten Details nochmals aufzurollen. Aber wissen tu ich es eigentlich, siehe hier: http://www.blogwiese.ch/archives/596#comment-92105 und hier: http://www.blogwiese.ch/archives/660#comment-144175 . Und dazu habe ich mir die Zürcher-Sicht angewöhnt, um weniger Kommentare einzufangen à la „’man’ sagt das so und nicht so!“. http://www.blogwiese.ch/archives/692#comment-170124 .

    20. Goldelse Says:

      Das war akustisch doch ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Fühle mich angesprochen, da ich seit 12 Jahren als Berlinerin in Bern lebe und in eine berndütsch sprechende Familie aufgenommen wurde. Ich empfehle auch noch das „Berndeutsche Wörterbuch“ (Otto von Greyerz, Ruth Bietenhard) für eine eingehende Lektüre, falls Sie, Herr Wiese, nun in die Tiefen des Berndeutschen eindringen wollen…
      Aber: Ihre Seite ist sehr gut….
      Und übrigens: die Berliner und die Berner verstehen sich bestens!

    21. LanX Says:

      Was heute keinem mehr auffällt ist dass es korrekterweise „Ich bin Berliner“ heißen sollte! Sowas wie „Ich bin ein Frankfurter“ o. „Amerikaner“ macht einen schnell zum Würstchen resp. Gebäck!

      Es gibt nen Film wo Maximilian Shell darüber philosophiert…