Wie weich sind eigentlich Birnen? — Ein birnenbisschen weicher?
Februar 27th, 2008Eine Birne ist eine sehr leckere Frucht. Aber nur, wenn sie weich ist, sonst muss man sie liegen lassen oder zu Muss (so wie „mousse au chocolat“) verarbeiten. Die Deutschen kennen die „Birne“ noch als Kosenamen für ihren vorletzten Dauerkanzler Kohl. Den nannte man in Kabarettistenkreisen, wegen seiner Kopfform, eine Weile lang „Birne“.
(Quelle Foto (von 1985): sculpturepark.de)
Dann hat er die Wieder vereint und dieser fruchtige Name ward fortan vergessen.
Die Birne hat es sogar in Redewendungen geschafft: „Ich habe eine weiche Birne“ sagt der glückliche Mensch vor dem Obstgenuss, „Birne Helene“ oder „Birne im Schlafrock“ sind auch nicht schlecht, oder schliesslich „die Birne fällt nicht weit vom Stamm“ für das englische Sprichwort „He’s a chip off the old block“.
Anders verhält sich das mit der Weichheit der Birne in der Schweiz. Ständig ist hier etwas „birreweich“. Um die 600 Stellen finden sich für das Wort bei Google-CH. Eine Reihe von Partygängern im „Usgang“ nennen sich selbst „birreweich“. Es ist schon etwas Besonderes mit diesem Wort in der Schweiz. Die ultimative Erklärung fanden wir dann auf einer deutschen Webseite:
Ein BirreWeich ist einer, der in der Birne weich ist. Geh mal in die Schweiz. Die können Dir das genau erklären. Andersherum, wenn Du in die Schweiz kommst und einer Dich als birreweich bezeichnet, so hau ihm eine rein. Er hat’s verdient.
(Quelle: assoziations-blaster.de)
So ist das also! Sagen darf man es, sich so nennen auch. Sich so nennen lassen aber nicht. In Deutschland wird das Wort nicht verstanden, sonst würde der Administrator eines Forums nicht schreiben:
Was zum Henker bedeutet birreweich? Und was war noch gleich ein Knorz? Calik, ein wirklich gutgemeinter Tip: vielleicht solltest Du mal einen Deutsch-Kursus belegen? Nimms mir nicht krumm, daß ich das schreibe.
(Quelle: natural-friends.de)
Einen Deutsch-Kursus belegen? Nur wegen zweier wunderbarer praktischer Wörter wie “Knorz” oder “birreweich”? Eindeutig Helvetismen, aber wenn wir die alle gemeinsam noch gehörig oft schreiben, sind sie irgendwann sowas von Teil der Standardsprache, das es keinem mehr auffällt.
Neben der „Birre“ hört man in der Schweiz auch noch häufig im Adjektiv „birrebitzeli“ (in diversen Schreibweisen). Beispiel:
„Vellicht sötsch es emal äs birrebitzeli früündlichr versuachä?“
(Quelle: forums.macnn.com)
Das war er also, der „Biss der Birne“. Ein „Birnenbisschen“ ist muss ziemlich klein und weich sein. Und des schnarrt so herrlich zwischen den doppelten stimmhaften Plosiven „b-irre“ und „b-itzeli“. Erst neulich hörte ich das Wort in einem SF-Meteo Wetterbericht vom Moderator Thomas Jordi schnarrend artikuliert. „Es birrebitzeli wärmer“ soll es werden, oder so (Foto von Thomas Jordi siehe hier). Ach was kann Sprache doch schön sein. Wer als Zugezogener den oben zitierten Satz in zwei Sekunden auswendig sagen kann, der hat garantiert keine birreweiche Birne, sondern einen Orden für „hervorragende Leistung bei der sprachlichen Assimilation“ verdient, oder?