Zaubern auf Hochdeutsch — Ein Kindergarten in Winterthur macht es vor
Januar 15th, 2008Der Sprachkreis Deutsch setzt sich ein für
Für die Erhaltung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt Europas.
Für die Landessprachen der Schweiz.
Für gutes Deutsch und weniger Anglizismen.
(Quelle: Sprachkreis Deutsch)
In seiner aktuellen Mitteilung wird dort ein gekürzter Artikel der NZZ vom 12.01.2008 wiedergegeben:
Sprachförderung mit allen Mitteln — Auf Hochdeutsch setzen
Im Kindergarten Steig in Winterthur Töss ist gerade noch eines von 28 Kindern deutscher Muttersprache. Die Kindergärtnerinnen unterstützen deshalb die Sprachentwicklung in ihren Klassen seit Jahren systematisch und setzen jetzt auch Computer ein. Die gemeinsame Sprache im Kindergarten Steig wäre eigentlich Albanisch, denn 17 der 28 Kinder wachsen zu Hause damit auf. Im Kindergarten reden sie aber hochdeutsch, fliessend und unverkrampft. Mit kunterbunten Kärtchen und Versen gewinnt (die) Kindergärtnerin [ … ] spielend das Interesse der Gruppe. Dass [ … ] Mundart flüsternde Fachleute und Journalisten um sie herumstehen, kümmert sie nicht; mit der bei Kindern üblichen Leichtigkeit finden sie sofort zu grösster Konzentration. Dass man auf Hochdeutsch sogar zaubern kann, begeistert sie besonders.Am Rande fällt auf, dass die Kindergärtler […] diskrete Anweisungen in Hochsprache problemlos verstehen.Die Hochsprache wird im Kindergarten Steig bewusst vorgezogen, um damit Integration und späteren Schulerfolg zu fördern. Die Methoden sind vielfältig, auf dem Fensterbrett stehen zwei Computer zur Anwendung pädagogisch erprobter Sprachlernprogramme. Die Geräte dienen hier wie Bücher oder Farbstifte als Hilfsmittel und sollen nicht im Mittelpunkt stehen. Ihre Nutzung ist auf 10 Minuten pro Kind und Tag beschränkt. […]
(Quelle: Neue Zürcher Zeitung 12.08.07, zitiert nach SKD)
Spontan fällt uns bei diesen Sprachprogrammen das Lernprogramm eines Schweizer Primarlehrers ein, das unser Kind in der 4. Klasse durcharbeiten musste. Stets blieb sie bei der Frage nach dem korrekten Artikel für „Foto“ hängen. „Das Foto“ wurde nicht akzeptiert von dem Programm, „Die Foto“ war die korrekte Form (im Duden ist beides verzeichnet, „die Foto“ ist die schweizerische Variante). Der erwähnte Lehrer sprach grundsätzlich nur Schweizerdeutsch mit den Kindern in der dritten Klasse, egal aus welchem Land sie kamen. Auch mit den Eltern.
Wir hatten bereits am 13.10.06 über einen Kindergarten in Schlieren berichtet, in dem auch Hochdeutsch als „Beziehungssprache“ eingesetzt wird. Doch was tun mit all den Kindern und Jugendlichen, die nicht mehr in den Kindergarten gehen und die permanent eingeschärft bekommen, wie sich richtiges „Schweizerhochdeutsch“ zu intonieren haben? Erst kürzlich erzählte mir eine Deutsch-Schweizerin, die als halbe Deutsche sowohl in Thalwil als auch in Deutschland aufwuchs, wie sie in der Primarschule zusätzlich zum gewohnten Standarddeutsch, das sie mit ihren Eltern sprach, noch die Schweizer Intonation lernte, um nicht aufzufallen. Erst auf der weiterführenden Kantonsschule habe sie dann stets Standardsprache gesprochen, mit deutscher Betonung, und fiel damit immer noch negativ auf, aber da war es ihr dann egal.