Portiert bis in die Ausmarchung — Schweizer Politiksprache für Fortgeschrittene

Dezember 18th, 2008

(reload vom 2.3.06)

  • Politik auf Schweizerdeutsch
  • In einem Leitartikel zum Thema „Wahlen Zürich“ im Tages-Anzeiger vom 13.02.06 schreibt Martin Huber über das Rennen zwischen CVP-Kandidat Gerold Lauber und Roger Liebi von der SVP. Gewöhnlich müssen wir den Tages-Anzeiger aufmerksam lesen, um unsere Fundstücke für die Blogwiese aufzulesen. Diesmal hätten wir im Prinzip den ganzen Artikel zitieren können. Es beginnt klassisch-schweizerisch mit: „Für einmal“, geht weiter mit einem „absoluten Mehr“ und findet seinen ersten Höhepunkt in der Formulierung:

    „(…) in den SVP-Hochburgen 11 und 12 schwang Lauber klar obenaus.“

    Ob das auch ein Begriffl aus der Schwingersprache ist, so wie Hosenlupf? Er schwang obenaus, wurde er dabei von jemanden geschwungen? Von einem Schwinger vielleicht? So ganz können wir die Bildlichkeit des Begriffes zwar nicht verstehen, aber es ist sicher hübsch anzuschauen.

    Portiert in die Ausmarchung
    Im zweiten Absatz finden wir den „Unterbruch“, und dann den Satz:

    „Er war als klarer Favorit in die Ausmarchung gegangen“.

    Die „March“ ist ein feuchtes Sumpfgebiet nördlich von Freiburg im Breisgau mit einem Dorf, das so heisst. „Marsch“ ist ein Schwemmland, wie wir bei Wiki erfahren. Im Kanton Schwyz gibt es einen Bezirk, der „March“ heisst. Aber eine „Ausmarchung„? Ob es da auch so feucht ist wie in einer Marschlandschaft?

    Wir ziehen den Duden zu Rate. Der verrät uns, dass das Wort „die Ausmarchung“ schweizerisch ist und soviel bedeutet „das Ausmarchen“. Also suchen wir „das Ausmarchen“ und finden als Erklärung, wer hätte es nicht gedacht, „schweizerisch für ‚Die Ausmarchung’“.

    Nur im alten Duden aus Papier steht erklärt:

    ausmarchen (sw. V.; hat) (schweiz.): (Rechte, Interessen) abgrenzen,
    durch Auseinandersetzung festlegen: Kredite ausmarchen, deren

    Google-Schweiz kennt 4’560 Belege:
    Beispiel:

    Die verbandsinterne Ausmarchung hat das Verhältnis zu Fritz Schuhmacher aus meiner Sicht sicher nicht belastet.“
    (Quelle: onlinereports.ch)

    Und wir Naivlinge glaubten, hier wird das Resultat einer Wahl besprochen!

    Im zweiten Abschnitt des Artikels kommt noch eine Science-Fiction Komponente hinzu:

    „Dass er das Blatt noch wenden konnte, hat er vor allem der SP zu verdanken, die ihn offiziell portiert hatte (…).“

    Dann ist also der Tele-Porter in der Schweiz schon erfunden, wenn das Portieren hier so einfach zu realisieren ist? Ganz falsch, es ist einfach nur ein neuer Fall von Schweizer Politiksprache zu beäugen:

    portieren (sw. V.; hat) [frz. porter, eigtl. = tragen < lat. portare] (schweiz.): zur Wahl vorschlagen, als Kandidaten aufstellen:

    Ich glaube, ich gebe es jetzt auf und trinke lieber ein Gläschen Port. Wer könnte mir den rasch portieren?

    Geheime Bunker und geheime Botschaften — Die Schweiz rüstet ab

    Dezember 17th, 2008

    (reload vom 1.3.06)
    Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 14.02.06, unserem Fachblatt für geheime Botschaften:

    Das Ende der geheimen Bunker
    Bern. – 18 Regierungsratsbunker gibt es in der Schweiz. Sie hätten im Krisenfall sowohl der jeweiligen Kantonsregierung als auch der Armee Schutz bieten sollen.
    Ende der geheime Bunker in der Schweiz

    Und hier gehen unsere Verständnisschwierigkeiten schon los. Dass eine Kantonsregierung sich im Krisenfall in einem Bunker verschanzt, können wir ja noch nachvollziehen, denn schliesslich muss ihre Handlungsfähigkeit gesichert bleiben. Hoffentlich haben die Regierungsmitglieder auch ihr Paar festes Schuhwerk dabei beim Betreten des Schutzraumes, wie es unsere Schutzraumvorschrift im Hausflur vorschreibt (siehe Blogwiese).

    Warum sich allerdings die Armee da auch noch in den engen Schutzraum quetschen möchte, im Krisenfall, das ist uns unbegreiflich: Wir dachten, die hocken dann draussen in den getarnten Unterständen und halten ihre Hochpräzisionsgewehre im Anschlag? Oder sind damit beschäftigt, die geheimen Panzersperren in den Strassenlöchern für die geheime Landesverteidigung in Stellung zu bringen? (Vgl. Blogwiese)

    Aber Entschuldigung, wir vergassen es zu erwähnen: Die Bunker sind ja geheim!

    Und sämtliche Bunker sind noch heute geheim. So wurden bis vor kurzem Journalisten gebüsst, weil sie den ohnehin schon weitherum bekannten Standort eines solchen Bunkers erwähnten.

    Da sind wir ja mal erleichtert, dass der Tages-Anzeiger diese Bunker gar nicht erwähnt hat, wäre ja sonst glatt ein Geheimnisverrat. Alle geheimen Informationen stehen im jüngsten Jahresbericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungskommssion (GPK):
    Quelle: Tages-Anzeiger 14.02.06
    Geheime Botschaften

    „Dort erfährt man auch, dass der Bund den Grossteil der Baukosten übernommen hat, wobei er die Budgets auf mehrere Rubriken verteilte und in geheimen Botschaften versteckte.“

  • Budget in geheimen Botschaften
  • Dieser Satz wirft erneut Rätsel auf: Wie kann Budget in geheimen Botschaften versteckt werden? Hat die Schweiz neben ihren offiziellen Botschaften im Ausland, vor denen die stolze Rot-Weisse Flagge mit dem Kreuz weht, noch geheime Botschaften, in denen sie Geld verstecken kann? Wozu sollte das gut sein, wo doch die Schweiz das Land der geheimen Nummernkonten ist, in denen sich viel einfach und „erst noch“ im Land Geld verstecken liesse?

    Oder sind es kleine Papier-Nachrichten, diese Botschaften, in die das Geld eingerollt wird und dann versteckt? Wir glaubten zu erst an einen Schreibfehler, bis wir das Wort googelten:

    Bundesrat verabschiedet Botschaft über Zusatzkredit für Expo.02
    (Quelle: admin.ch)

    Oder hier:

    Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Pensionskasse des Bundes
    (Quelle: parlament.ch)

    In der Parlamentsprache der Schweiz wimmelt es geradezu von Botschaften:

    Botschaften der Regierung an den Grossen Rat
    (Quelle: )

    Sollte es da einen geheimen Schweizer Sinn geben, den wir noch nicht kannten?
    Wir landen einen Volltreffer im Duden:

    Bot|schaft, die; -, -en [mhd. bot(e)schaft, ahd. botoscaft:
    (…)
    b) feierliche amtliche Verlautbarung o. Ä.:
    eine Botschaft des Präsidenten verlesen;
    In seiner Botschaft. (schweiz.; Bericht u. Stellungnahme der Regierung zu einer bestimmten Vorlage für Parlament od. Volksabstimmung) vom 1. Juni 1981 begründet der Bundesrat die beabsichtigten staatlichen Gestaltungsvorschriften für Radio und Fernsehen (NZZ 30. 8. 83, 15).

    Komisch dass die Schweizer hier kein französisches Wort verwenden, so wie „Motion“.

    Nach diesem erfolgreich gelernten Stück Schweizer Politiksprache müssen wir daran gehen, unsere eigentliche Botschaft rüberzubringen:

    „Ein Teil der Schutzbauten soll entklassifizert werden was eine breitere Nutzung ermöglichen würde.“

    Das Wort „entklassifizert“ erinnert uns irgendwie an „entnazifiziert“. Wie muss man sich eine „breitere Nutzung“ von Bunkern vorstellen?

  • Als Ultra-Mega-Coole Diskothek „Zum strahlenden Radium“
  • Als Party-Raum mit extrem gutem Schallschutz?
  • Als Feucht-Biotop für Chemie-Klo-Trockenpflanzen?
  • Als Massenlager für die nächste Pfadi Freizeit?
    (Motto: „Gemeinsam durch dick und dünn“, wobei ‚dick‘ die Wände sind und ‚dünn‘ die Zudecke im Notbett ist
  • Kleiner Tipp: In Deutschland hat man 60 Jahre Erfahrung damit, was sich aus alten Bunkern alles so machen lässt. Zum Beispiel Wohnungen in der Altstadt von Gelsenkirchen:
    Dies war einmal ein Luftschutzbunker. Die Wände sind 2 Meter dick:
    Wohnungen in einem Luftschutzbunker
    (Quelle: CDU-Gelsenkirchen)
    Fehlt nur noch der hübsche Tarnanstrich, den wir von den „falschen Chalets“ kennen. Film über die getarnten Chalets hier:

    400 000 Schweizer in der EU — Was bringen die Bilateralen Verträge für die Schweiz?

    Dezember 16th, 2008
  • Sollte Anfang Februar alles vorbei sein?
  • Die Süddeutsche Industrie- und Handelskammer, kurz „IHK“ berichtet in ihrer Dezember-Ausgabe der Mitgliederzeitschrift „Wirtschaft im Südwesten“ über die Auswirkungen der Bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU. Über die Fortführung dieser „Bilaterale II“ genannten Verträge stimmen die Schweizer Anfang Februar ab. Die Daten entstammen einer Zwischenbilanz der Eidgenossen, publiziert in der Zeitschrift „Die Volkswirtschaft 11-2008“.
    Die Schweiz und Europa

  • Alles Käse mit der EU?
  • Unter anderem stellt die Zwischenbilanz fest:

    Im Agrarbereich stellen die Schweizer Fachleute positive Auswirkungen vor allem beim Käsehandel fest: Die Auswahl der Käsesorten hat zugenommen und die Preise sind gesunken. Sowohl die schweizerische Käsewirtschaft als auch die gesamte Nahrungsmittelindustrie haben mit beachtlichen Steigerungen der Exporte ihre Chancen wahrgenommen.
    (Quelle: IHK-Magazin 1208)

    Ein Ende der Bilateralen Verträge hätte empfindliche Auswirkungen auf die Wirtschaft der Schweiz, die eng verflochten ist mit der EU. Die Schweiz spielt hier eine wichtigere Rolle als China oder Russland:

    Wirtschaftliche Beziehungen Schweiz-EU
    Mit einem Wert von 128 Milliarden Franken gehen fast zwei Drittel der Schweizer Exporte in die EU. Umgekehrt stammen vier Fünftel der Schweizer Importe (153 Milliarden Franken im Jahr 2007) aus der EU. Die Schweiz ist damit zweitgrösser Absatzmarkt für EU-Produkte noch vor China und Russland. In den letzten Jahren ist der Handel zwischen der Schweiz und der EU jährlich um sechs Prozent gewachsen.
    (Quelle: IHK-Magazin 1208)

  • 400 000 Schweizer in der EU
  • Besonders beeindruckend sind die Informationen darüber, wie hoch der Anteil von Schweizer in der EU ist, welche von den Vorteilen der Bilateralen Verträge ebenfalls profitieren:

    Auch bei den Arbeitskräften ist die Verflechtung ausgeprägt: Ende 2007 wohnten und arbeiteten mehr als 400.000 Schweizer in der EU. Umgekehrt lebten 960.000 EU-Bürger in der Schweiz. Dazu kommen mehr als 230.000 Grenzgänger. Jeden Tag überqueren 700.000 Personen, 300.000 Autos und 23.000 Lastwagen die Grenzen in beiden Richtungen.
    (Quelle: IHK-Magazin 1208)

    Diese Zahlen zeigen deutlich, dass der Wohlstand der Schweiz ohne die enge wirtschaftliche Verzahnung mit dem vermaledeiten Europa nicht denkbar wäre. Das Zeitalter der „Insel der Seeligen“ ist lange vorbei.

    Schaden nehmen durch Hochdeutsch — Erkenntnisse aus Basel

    Dezember 15th, 2008
  • Ein Kindergärtner ist kein Kindergärtler
  • Der Tagesanzeiger berichtete am 12.12.08 über das Ergebnis einer Begleitstudie zur Frage, welche Auswirkungen der Gebrauch von Hochdeutsch im Kindergarten haben kann. Was in Deutschland als „Kindergartenkind“ bezeichnet wird nennt man in der Schweiz pragmatisch praktisch „Kindergärtler“, nicht zu verwechseln mit einem „Kindergärtner“, der ist heute ein „Erzieher“ bzw. in den meisten Fällen eine Erzieherin:

    Hochdeutsch im Kindergarten bereitet den Kindern keine Mühe Unterricht in Hochdeutsch wirkt sich positiv auf Kindergärtler aus. Dies zeigen Befragungen von Eltern und Lehrerinnen in Basel. Die Zürcher Mundart-Initianten zeigen sich skeptisch.
    (…)
    Basel Mädchen und Buben in der Deutschschweiz nehmen keinen Schaden, wenn im Kindergarten Hochdeutsch gesprochen wird. Dies findet ihr Umfeld.
    (Quelle für alle Zitate: Tagesanzeiger vom 12.12.08, S. 1)

    Sie nehmen wirklich keinen Schaden? Es hat keine negativen Auswirkungen auf das Hirn, die Denkfähigkeit, den allgemeinen Gefühlszustand oder gar das Liebesleben wenn man im Alltag Hochdeutsch spricht? Wie erklärt sich sonst die leidende Miene im Gesicht vieler Kinder, wenn sie diese Sprache sprechen müssen? Es muss doch einfach am Hochdeutschen liegen, das Schäden verursacht.

  • Wie geht man natürlich mit einer Sprache um?
  • Eltern und Kindergärtnerinnen sagen, dass die Kleinen davon profitierten: Sie gingen schon nach kurzer Zeit «natürlich» mit der Schriftsprache um. Dies ergab die Evaluation eines zweijährigen Versuchs an 31 Kindergärten im Kanton Basel-Stadt.

    Was heisst „natürlicher Umgang“ mit Schriftsprache? Schreiben können sie in diesem zarten Alter noch nicht. Heisst das wohlmöglich, sie „sprechen“ diese „Schrift“-Sprache? Und das auch noch ganz „natürlich“? Ohne dabei Schaden zu nehmen. Da muss was faul sein an dieser Studie.

  • Wissen Eltern ob Kinder überfordert sind?
  • 80 Prozent der Väter, Mütter und der beteiligten Lehrerinnen beurteilten die Einführung von Hochdeutsch in weiten Teilen des Unterrichts als positiv für die Kinder. Davon profitierten laut der Begleitstudie vor allem fremdsprachige Kinder. Die grosse Mehrheit der Befragten erklärte, sie hätten ihre Kinder nicht als überfordert erlebt. Sie teilten auch die Befürchtung nicht, dass durch die Massnahme der Dialekt verkümmere.

    Keine Überforderung? Aber Schriftsprache zu sprechen ist doch brutal anstrengend.

    Die meisten Deutschschweizer Kantone wollen mit mehr Hochdeutsch im Kindergarten die Leseschwäche vieler Schüler bekämpfen. Im Kanton Zürich schreibt der Lehrplan für den Kindergarten seit diesem Schuljahr vor, dass minimal in einem Drittel und maximal in zwei Drittel der Unterrichtszeit Hochdeutsch gesprochen wird.
    Die Volksinitiative «Ja zur Mundart im Kindergarten» will diese Bestimmung rückgängig machen. Initiantin Gabi Fink nimmt die Ergebnisse der Basler Evaluationen «skeptisch zur Kenntnis»: «Wenn Eltern sagen, dass ihr Kind nicht überfordert gewesen sei, ist das mit Vorbehalt zu geniessen.» Die Auswirkungen auf die Sprachentwicklung müssten Fachleute beurteilen. Die Zürcher Bildungsdirektorin Regine Aeppli wollte zur Basler Untersuchung keine Stellung nehmen.
    (Quelle: Tages-Anzeiger vom 12.12.08)

    Eltern haben keine Ahnung, wann ihre Kinder überfordert oder nicht sind. Hochdeutsch überfordert, das muss auch bei den Kindern so sein, sonst stimmt was nicht im Weltbild. Wann wird endlich dieses schrecklich anstrengende und überfordernde Hochdeutsch der Kindersendungen auf ARD und ZDF in der Schweiz durch synchronisierte, Mundart fördernde Versionen ersetzt?

    Es besammeln sich die Genossamen

    Dezember 12th, 2008

    (reload vom 27.2.06)

  • Es besammeln sich die Genossamen
  • Wir kannten bisher die „Genossen“, mit ihren Genossenschaften. Wir amüsierten uns schon früh über die Verfechter der totalen Kleinschreibung, wenn sie den Satz schrieben: wir haben in moskau liebe genossen.

    Nun lernten wir eine neue Spezies von Genossen in der Schweiz kennen: „Die Genossamen“. Im Kanton Schwyz gibt es heute noch 70 davon .

  • Was sind eigentlich „Genossamen“?
  • In unseren Ohren klingt das Wort wie eine Kreuzung aus „Genesis“ und „Samenspende“, wobei wir natürlich nicht die gleichnamige Rockgruppe meinen, sondern das erste Buch Mose.

    Oder kommt „Genossamen“ von „Genossen und -sinnen, Tach z’saamen!“, etwas schneller ausgesprochen? Das wäre der Niederrheinische Deutungsversuch, doch der ist sicher falsch. In der Schweiz wird nicht „gespeist“, sondern „gespiesen“, vielleicht wird dann bei Schnupfen nicht „geniest“, sondern „genossen“? In einer Genossam?

    Jedenfalls muss auch unser armer Duden „für einmal“ passen, er kennt die Genossamen nicht. Aber Google-Schweiz weiss Bescheid, und zwar an 721 Orten.

  • Der Tages-Anzeiger weiss es!
  • Wir stiessen bei der Lektüre des Tages-Anzeiger auf die Erklärung für dieses Wort.
    Tages-Anzeiger vom 11.02.06 S. 2:

    Die Tradition der Schwyzer Genossamen geht zurück ins 5. Jahrhundert. Sie ist also bedeutend älter als die Eidgenossenschaft. Damals besiedelten alemannische Bauern das Gebiet des heutigen Kantons Schwyz. Sie gründeten die Korporation Oberallmeind, um jenes Land zu verwalten, das nicht einem einzigen Bauern gehörte sondern der Allgemeinheit. Zu diesem gemeinsamen Land gehörten vor allem Alpen, aber auch Weiden und Wald. Wer Anteil an der Allmeind haben wollte, musste Landmann sein und aus freiem, altem Schwyzer Geschlecht stammen. Im Jahr 1882 stimmten die Bürger einer Teilung der Korporation zu. So entstanden die heutigen Dorfgenossamen.

  • Heissen Sie nicht Feusi, Hiestand oder Jäger?
  • Also wirklich nichts Neues. Warum schaffen die es dann plötzlich auf die zweite Seite des Tages-Anzeigers? Nun, weil etwas Sensationelles passiert ist. Dieses Bürgerrecht konnte im Kanton Schwyz nur von seinen Vorfahren erben, wer einen alteingesessenen Namen trug wie Feusi, Hiestand, Jäger oder Türkyilmaz.

    Wenn ein bestehendes weibliches Mitglied einen Mann mit einem fremden Namen heiratete, war es aus und vorbei mit der Clubmitgliedschaft für die Kinder. Kein eingesessener Name, keine Genossamen-Mitgliedschaft:
    Genossamen in der Schweiz

  • Es war nicht leicht, kein Mann zu sein, im Kanton Schwyz
  • Das ist ein herber Rückschlag für die Korporation Pfäffikon, deren Präsident Ueli Feusi im Tages-Anzeiger zitiert wird:

    „Schon zum zweiten Mal ändert ein Gericht von oben herab unsere Tradition“. Vor dreizehn Jahren habe man hinnehmen müssen, dass auch die Frauen einer Korporation beitreten können. „Nun hat das Bundesgericht entschieden, dass auch der Name nichts mehr zählt“.

    Die „Steuerrevue“ sieht in den Genossamen „Privilegierte Gesellschaften“:

    Steuerbefreiung von Genossamen
    Schwyzer Genossamen und Korporationen unterscheiden sich wesentlich von den Walliser Burgergemeinden, welche gemäss Bundesgerichtsurteil von der direkten Bundessteuer befreit sind. (…) Es wird eine erhebliche wirtschaftliche Betätigung ausgeübt. Diese dient den eigennützigen Interessen ihrer Mitglieder und nicht gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken. Schwyzer Genossamen und Korporationen schütten ihre Gewinne in der Regel in Form eines Genossennutzens aus und erbringen genossen- schaftliche Leistungen an ihre Mitglieder, was den Anforderungen des Bundesgerichts zuwiderläuft. Eine Steuerbefreiung ist sachlich nicht gerechtfertigt, (…)
    (Quelle: Steuerrevue.ch)

    Hören wir da nicht irgendwie so etwas wie Neid heraus? Hinein durfte nur, wer den richtigen Namen trug, und bis vor 13 Jahren mussten neben dem X-Chromsomen auch noch ein anständiges Y-Chromosom vorhanden sein. Doch das ist leider vorbei. Wie meint Präsident Feusi noch so schön laut Tages-Anzeiger:

    „Es lohne sich nicht, allzu viele Tränen zu vergiessen. Der Zeitgeist habe sich geändert“

    Wir werden jetzt gleich die kleinste Geige der Welt auspacken und ein wirklich trauriges Lied spielen, um eine Träne zu vergiessen. Vielleicht kommt ja der Zeitgeist kurz vorbei und übernimmt die zweite Stimme? Wir fänden es schön.