Was pendelt denn da? Der Plämpel

März 8th, 2006
  • Der Bembel ist kein Plämpel — Neue alte Schweizer Wörter
  • Bei der Winterolympiade in Turin gewinnt die Schweizerin Tanja Frieden die Goldmedaille, weil ihre Konkurrentin, die Amerikanerin Lindsay Jacobelli es sich bei uneinholbaren Vorsprung beim vorletzten Sprung nicht verkneifen konnte, noch rasch ein Showeinlage zu bringen, bei der sie dummerweise stürzte. Aus der Traum vom Gold. Eine Schweizer Fahrerin wäre nie auf die Idee gekommen, so arrogant noch schnell vor den anderen eine Showeinlage zu riskieren.

  • Hochmut kommt vor dem Fall
  • „In dem Fall“ wurde es ein Glücksfall für die Schweizerin, „im Fall“, die nun mit einer Medaille nach Hause fahren kann. Was lernen wir daraus? Bleibe ruhig und bescheiden, versuche nicht dich selbst in eine besseres Licht zu rücken, versuche nicht aufzutrumpfen. All dies sind typisch schweizerische Tugenden die hier eindeutig zum Sieg beigetragen haben.

    Tanja Frieden macht das zweite Gold perfekt
    «Das Glück der einen ist das Pech der anderen. Tanja hatte schon lange davon geträumt, und wir hatten darauf gehofft, dass sie einen Plämpel nach Hause bringt, aber dass es gerade ein goldener sein würde …»
    (Quelle: Tages-Anzeiger)

    Was bringt sie da mit nach Hause? Einen „Plämpel“? Was ist das für ein Ding? Erinnert an den hessischen „Bembel“, oder „Geplänkel“. Alles falsch. In der Schweiz kennt man das Teil ganz genau, Google-Schweiz findet gleich auf Anhieb 58 Belege für Plämpel.
    Beim Wörterbuch von Wahrig Fehlanzeige, auch Langenscheidt hat keine Ahnung. Mit dem Duden haben wir ebenfalls diesmal kein Glück. Also müssen grössere Geschütze aufgefahren werden. Die 16 Bände des Grimms Wörterbuch sind gerade richtig. Grimms Wörterbuch kennt Plamper als Variante zu „pendel“:

    PLAMPER, m., basl. pendel, perpendikel SEILER 33a. vergl. plempel, plemper.
    PLAMPEN,BLAMPEN, verb., schweiz. freihangend, pendelartig sich langsam hin- und herbewegen, bampeln MAALER 318d. STALDER 1, 179. TOBLER 55b. SEILER 33a, dann nachlässig einhergehen, sich mühsam bewegen, langsam arbeiten, müszig, geschäftlos sein, faulenzen, überhaupt sich hin- und herbewegen, rutschen: die seiden (womit die wunde geheftet ist) hindert auch dero heilung, so sie hin und wider in den wunden plampet. WÜRTZ practica der wundartznei 10. vergl. bampeln, pampeln.

    So lassen wir ihn denn einfach pampeln, den Pämpel, und beschliessen, in Zukunft gleich den Grimm aufgeschlagen auf dem Tisch liegen zu lassen, wenn wir morgens den Tages-Anzeiger lesen. Wir haben ohne Nachschlagewerke hier im sprachlichen Exil sonst wenig Chancen.

    Fremdsprache Deutsch — Helfen kann nur der Psychiater

    März 6th, 2006

    Unter der Überschrift „Fremdsprache Deutsch“ schreibt der Schweizer Journalist Mathieu von Rohr in der Zeitschrift „Das Magazin“ Ausgabe 06-2006 auf Seite 14:

    „Die Deutschschweizer entfremden sich vom Hochdeutschen und verkriechen sich im Dialekt. Helfen kann nur der Psychiater“.

    Fremdsprache Deutsch

    Wenn man Deutschschweizer Kinder beobachtet, wie sie durchs Wohnzimmer rennen und das geschliffene Hochdeutsch der Fernsehserien nachahmen, kann man sich nur schwer vorstellen, dass sie einst ein hochproblematisches Verhältnis zu dieser Sprache entwickeln werden. Aber der Weg ist ihnen vorgezeichnet, es gibt kein Entrinnen: Eines Tages werden sie zur Schule gehen müssen, und dort werden Lehrer auf sie warten, die selber Mühe haben mit dem Hochdeutschen, und die in die Mundart wechseln, wann immer möglich.
    (Quelle aller Zitate: Das Magazin 06-2006)

    Noch ein Bruder im Geiste! Wie oft haben wir das in 5 Jahren in der Schweiz als Deutsche beobachtet: Je jünger die Kinder, desto unbefangener haben sie automatisch auf Hochdeutsch mit uns gesprochen, so wie sie es aus der „Sendung mit der Maus“ oder von Peter Lustigs „Löwenzahn“ her kannten. Und wie oft haben wir selbst bei ausgebildeten Lehrern vermisst, dass sie mit uns Deutschen in der Sprache kommunizierten, die sie laut Anweisung der Eidgenössischen Erziehungsdirektion von Jahr zu Jahr früher im Primarschulunterricht verwenden sollten. Schriftdeutsch im Unterricht wurde stets von oben diktiert, aber konsequent dran gehalten haben sich wenige. Warum auch, Hochdeutsch mit den Kindern zu sprechen, das sei ein „Rohrkrepierer“, sagte ein Primarschullehrer zu uns.

    Hier, in der Schule, lernen die Kinder, dass Hochdeutsch etwas Schwieriges und Fremdes ist. Sie lernen, dass Hochdeutsch den Deutschen gehört, dass die Schweizer es von den Deutschen nur zum Schreiben ausleihen und es sowieso nie so gut beherrschen werden wie die. Sie lernen, dass es unschweizerisch ist, so Deutsch zu sprechen wie die Leute im Fernsehen. Es dauert nicht lange, bis die kleinen Schweizer jede Freude an der deutschen Sprache verloren und diese ungesunde Mischung aus Verachtung und Bewunderung erlernt haben, die man als Schweizer einem geschliffen sprechenden Deutschen gegenüber zu empfinden hat.

    Wenn es nicht positiv vorgelebt wird durch Lehrer und Medien, dass es schick und cool sein kann, sich auf Hochdeutsch zu verständigen, und dass das praktische Beherrschen dieser zweiten Muttersprache nicht nur für das Schreiben nützlich ist sondern auch relativ einfach lernbar, dann wird Deutsch von den Kindern eben bald als „schwierig“ empfunden und verachtet.

    Wir können immer schlechter Hochdeutsch, und schlimmer noch, es scheint uns nicht zu kümmern. Viele Schweizer sind seltsam stolz auf ihre sprachliches Unvermögen, ist es doch der Beweis dafür, dass wir sind, wer wir sind, vor allem aber, dass wir anders sind als die. Es scheint zwar seltsam, sich über etwas zu definieren, das man nicht kann, aber etwas Besseres bleibt uns offenbar nicht: Das unbeholfene Deutsch macht uns Schweizer erst zu Schweizern.

    Auch die Schwaben sind stolz auf ihre sprachliches Unvermögen. Sie machen Werbung mit dem Satz „Wir können alles – ausser Hochdeutsch“ und würden dennoch nicht auf die Idee kommen, in einem Vorstellungsgespräch für eine Lehrstelle in Stuttgart etwas anderes zu sprechen als geschliffenes Hochdeutsch, so weit möglich, um die gute Schulbildung damit unter Beweis zu stellen.

    Das Problem ist aber nicht der Dialekt an sich. Die Sprachforschung hat gezeigt, dass es Kindern Vorteile beim sprachlichen Ausdruck verschaffen kann, wenn sie mit Dialekt und Hochsprache zugleich aufwachsen. Die Schweizer sind mit ihrem Dialekt auch nicht der Sonderfall, der sie so gerne wären. Hunderttausende von Kindern wachsen in Deutschland mit Dialekten auf, sprechen zu Hause erst Badisch, Hessisch, Kölsch oder Platt und müssen Hochdeutsch genauso in der Schule lernen wie die Schweizer. Aber während in Deutschland der Dialekt ein schlechtes Image hat und als Sprache der Ungebildeten gilt, ist es in der Schweiz genau umgekehrt: Der Dialekt wird verherrlicht, Hochdeutsch abgelehnt. Hier liegt das Problem. (…)

    Wer in Hochdeutsch ungeübt ist, dem fällt es selbstverständlich schwer, sich darin präzise auszudrücken. Weil wir also kein Hochdeutsch können, ist es eine Fremdsprache, und weil es eine Fremdsprache ist, müssen wir es auch nicht besser beherrschen.

    Was dabei untergeht, ist jegliches Vermögen, sich in einer Schriftsprache auszudrücken. Abgesehen von der immer grösseren Geschwindigkeit, die Schweizer Jugendliche dabei entwickeln, wenn sie im Dialekt SMS schreiben oder emailen. Wir haben in vier Jahren Primarschulzeit in Bülach vermisst, dass auch nur ein einziges Mal ein zusammenhängender Text im Deutschunterricht geschrieben werden musste: Kein Aufsatz „Mein schönstes Ferienerlebnis“, keine spannende Nacherzählung, keine Entfaltung der freien Fabulierlust, all das wurde von den Kindern nicht gefordert. Höchstens mal ein Lückentext mit einer Einsetzübung.

    Kaufmännisches Rechnen wurde ausgiebig geübt, schliesschlich wollen alle ins KV. Die Fähigkeit, sich schriftlich auszudrücken in dieser „Fremdsprache Deutsch“, ist kein Thema. Zum Glück gibt es ja die Schweizer Blogger, die uns täglich davon überzeugen, dass es noch Schweizer gibt, die Spass daran haben, sich in der Schriftsprache gekonnt zu äussern. Obwohl auch hier die Dialekt-Blogger-Welle rollt.

    Mathieu von Rohr kommt zum Schluss:

    Unser Verhältnis zum Hochdeutschen ist weniger ein Fall für die Pädagogen als einer für den Psychiater. Gegen die Vorbehalte, die inneren Blockaden, die deutschfeindlichen Reflexe, die zu dieser Deutschschweizer Sprachneurose geführt haben, kommt frühes Hochdeutsch in Schule und Kindergarten nicht an. Und doch ist es natürlich ein richtiger Schritt – vorausgesetzt, der Gebrauch des Hochdeutschen wird mit aller Konsequenz durchgesetzt. Trotz unwilliger Schüler, Lehrern und Eltern. Ist dieser Kraftakt geschafft, können vielleicht wenigstens unsere Kinder lernen, Hochdeutsch, die Sprache Frisch und Dürrenmatts, als das Eigene zu akzeptieren und nicht länger als das Fremde zu verteufeln. Vielleicht gar: Hochdeutsch zu lieben. Die Schweiz würde dran nicht zu Grunde gehen. Schon eher aus dem gegenteiligen Grund. Man kann nicht auf Dauer mit einer Sprache leben, die man verachtet.

    Das konsequente Durchsetzen des Hochdeutschen, daran hat es uns immer gefehlt in den Bülacher Primarschulen. Dort wurde auf Dialekt gesungen, wurden die Leitmotive für das Handeln der Lehrer auf Dialekt im Treppenflur an die Wand gehängt, wurde mit den Kindern auf Dialekt Theater gespielt. Alles verpasste Gelegenheiten, spielerisch und vorbildhaft Standarddeutsch zu üben und zu gebrauchen. Leider Fehlanzeige.

    Der Artikel von Mathieu von Rohr löste übrigens eine Flut von Leserbriefen aus, zustimmend wie ablehnend. Bis hin zu einer im Dialekt geschriebenen Aufforderung an den Autoren, doch für immer das Land zu verlassen.

  • Aufruf an die Schweizer: Sprecht Hochdeutsch!
  • Wir sind überzeugt davon, dass die Schweizer besser Hochdeutsch und Schriftdeutsch und Standarddeutsch sprechen und schreiben, als sie selbst glauben. Wir haben viele Schweizer kennengelernt, die es uns gekonnt vormachten, ohne mit der Wimper zu zucken. Schaut euch doch die vielen lesenswerten Schweizer Blogs an!

    Diejenigen, die erst nur Schweizerdeutsch mit uns sprachen, trauten sich nach ein bisschen Ermutigung gleichfalls, ihr Hochdeutsch zu praktizieren. Es ist doch alles nur eine Sache des Selbstvertrauen und der Übung. Lasst Euch doch nicht einreden, dass ihr es nicht könnt! Die Deutschen sind doch auch nicht alle perfekt in Sachen Grammatik und Rechtschreibung.

    Nehmt jede Gelegenheit war und sprecht Hochdeutsch mit Deutschen! Schlagt deren Aufforderung „Sie können ruhig Schwiizerdütsch sprechen“ einfach in den Wind und sprecht weiter Hochdeutsch mit Ihnen! Deutsch ist auch Eure Sprache, eure zweite Sprache. Ihr habt sie nicht von den Deutschen ausgeliehen nur zum Schreiben, ihr teilt sie Euch doch mit Ihnen. Und warum sollen die Deutschen diese wunderbare Sprache einfach so für sich alleine besitzen? Pflegt Eure Zweisprachigkeit wo ihr könnt und lasst Euch nicht hollandisieren!

    Gisplig, gispelig und Dizzy Gillespie

    März 5th, 2006
  • Gisplig oder gispelig?
  • Am 16.02.06 lasen wir im Tages-Anzeiger den schönen Satz:

    „Er begrüsste nicht die zwanzig Medienleute, die die Szene völlig beherrschen. Nein, dieser laute, gisplige Medienpulk ist im 1000-Seelen-Dorf Aesch fehl am Platz.“

    Der Gisplige Medienpulk
    Jetzt wird es schwierig. Wie lässt sich rausfinden, was „gisplig“ bedeutet? Im Duden ist es nicht zu finden, nur Google bringt ein paar Belege, die Teils mit e wie „gispelig“, Teils ohne e wie „gisplig“ geschrieben werden.
    Nur im Wörterbuch der Brüder Grimm findet sich ein Eintrag.
    Der Gispel:

    GISPEL, m., süd- und westmitteldt. wort, vgl. gispel ‚kind, das mit füszen und händen nie ruhig ist‘ MARTIN-LIENHART 1, 240a, ‚unruhiger mensch mit fast fieberhaft lebhaften bewegungen‘ STAUB-TOBLER 2, 482; anders, vielleicht in mischung mit gimpel, ‚halbnärrischer, dummer mensch, einfaltspinsel‘ UNGER-KHULL steir. 293b, ‚eitler …, geistig minderwertiger mensch‘ rhein. wb. 2, 1245; so auch seit dem 17. jh. literarisch belegt bei obd. autoren im sinne von ’narr, dummkopf‘, meist mit gutmütig-jovialem unterton: ein einfältiger gispel thäte sich mit einer schönen, doch verruften und beschreiten dirn … in eheverlöbnis ABELE V. LILIENBERG gerichtshändel 2 (1658) 78; du unbesunnener gispel ABR. A S. CLARA Judas 1 (1686) 222; ja, sag ich zu mir, bist ein schöner gischpel, willst andern leuthen ein vollgschancktes tintenfassl verehrn und kanst selber itze ninx schreybn J. J. SCHWABE tintenfässl (1745) A 3b; potzblitz! … sieht er nicht, gispel, dasz wir unserer sieben sind? L.
    (Quelle: Grimms Wörterbuch)

    Es muss also „nervös“ und „unruhig“ bedeuten, und wie wir bei Grimm lesen, dies bereits seit dem 17. Jh. und noch länger.
    Ob die unruhige Spielart von Dizzy Gillespie auch etwas mit diesem „Gispel“ zu tun hat? Aber da stehen die Ls ja vorn und nicht hinten, also sicher keine Verwandschaft.

    Der Tolgen im Reinheft — Sie haben einen Fleck da!

    März 4th, 2006
  • Der Tolgen im Reinheft
  • Nein, nicht der „Fänger im Roggen“, der ist von J. D. Salinger. Der Tolgen im Reinheft ist eine typische Schweizer Angelegenheit. Niemand kann so richtig klären, woher das Wort „Tolgen“ stammt und was es eigentlich bedeutet. Aber lesen können Sie den Satz häufig.
    Beispiel:

    Dass sich die Genossenschaften mit den Löhnen der Verkäuferinnen einen Schnitzer erlaubten ist leider ein grossen Tolgen im Reinheft.
    (Quelle: symlink.ch )

    In der Schreibung mit zwei „g“ als „Tolggen“ finde er sich gar noch häufiger bei Google, nämlich 190 Mal.

    Ich wehre mich für Pratteln, das bereits den grössten Ausländeranteil hat und wir brauchen keinen weiteren „Tolgen im Reinheft“.
    (Quelle: pratteln.ch)

    Es ist ein schwarzer Fleck, von dem hier gesprochen wird, ein „Schandfleck“, eine dunkle Stelle. Das „Reinheft“ ist das Schreibheft, in dem die Schweizer Primarschüler die Schönschrift üben. Mit französischen Schreibschrift-Z zum Beispiel. Ein Tolgen ist ein hässlicher Tintenfleck. Der Ausdruck heisst also soviel wie „einen Schandfleck haben“, oder „einen Fleck auf der weissen Weste haben“.

  • Sie haben einen Fleck da
  • Kennen wir ja alle noch von Asterix bei den Schweizern: „Sie haben einen Fleck da“. Diese Sprüche aus dem Asterix-Band haben es weit in das kollektive Bewusstsein zum Thema „Schweiz“ gebracht. Dazu gehört die berühmte Fondue-Strafenfolge (1. Der Stock, 2. die Peitsche, 3. Mit einem Gewicht an den Füssen in den See) genauso wo Obelix Antwort, wie er denn die Schweiz fand: „Flach!„.

  • Asterix war nie bei den Germanen
  • Als Kind hatte ich in Deutschland alle verfügbaren Asterix-Bände verschlungen und immer darauf gewartet, dass endlich mal „Asterix bei den Germanen“ erscheint. Den Band „Bei den Goten“ hatte ich zwar gelesen, aber absolut nicht verstanden, dass hier auf die Deutschen angespielt wurde (Ost-Goten vs. West-Goten, der Zweite Gotische Krieg etc.). So ist das mit der Selbstwahrnehmung als Deutscher. Einfach nicht vorhanden.

    Beim Ausstich der Kandidierenden

    März 3rd, 2006
  • Ausstich in Aesch
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 16.02.06 über die Gemeinderatswahl in Aesch:

    „Gemeindepräsident Jakob Hofstetter begrüsst die rund vierzig anwesenden Aescherinnen und Aescher und die zum Ausstich erschienenen Kandidierenden Ruth Hofstetter (parteilos) und Roland Helfenberger (SVP), die bei den Gemeinderatswahlen dieselbe Stimmenzahl erreichten.“

    Das aus Aesch nur Aescherinnen und Aescher kommen, klingt logisch und nachvollziehbar, aber was ein „Ausstich“ ist, da müssen wir erst scharf drüber nachdenken.

  • Was ist ein „Ausstich“?
  • In München auf dem Oktoberfest gibt es den „Anstich“, wenn der Bürgermeister das Oktoberfest mit einem lauten „Oozapft iis“ eröffnet. Im Sommer essen wir gern frischen „Bienenstich“, ohne uns dabei von Bienen stechen zu lassen, die sich beim Konditor gern in die süsse Auslage verirren. Beim Skatspielen versucht jeder Spieler einen „Stich zu machen“, und so hiess auch ein Tennisspieler aus Deutschland, Michael Stich, der es 1991 im Wimbledonfinale nicht gegen Boris Becker schaffte, zu einer Zeit, als Roger Federer sich noch nicht einmal richtig für diese Sportart entschieden hatte und lieber Fussball spielte (siehe hier).

    Beim Sport hingegen kann es auch zu einem „Stechen“ kommen, wenn in einem Wettkampf nur noch zwei übrig sind. Ob das Stechen in der Schweiz ein „Ausstich“ ist? Oder ob wir dabei an eifrige Kinder denken müssen, die mit „Ausstecherle“ der Mutti beim Plätzchenbacken helfen wollen?

    Der Duden klärt uns auf:

    Aus|stich, der; -s, -e [zu ausstechen (3)]:
    a) (schweiz.) sportlicher Entscheidungskampf:
    hat der Sieger dieses „Ausstichs“ gleich fünf Begegnungen … auszutragen (NZZ 29. 4. 83, 37); zu einem Ausstich antreten;
    Übertragung: Für die zweite Linie kam es auf dem Parteitag zu einem Ausstich, den der … Gewerbetreibende Ulrich Beutel (57) für sich gewann (NZZ 19. 1. 83, 28);
    b) (bes. schweiz.) das Beste, Schönste seiner Art:
    dieser Wein ist der Ausstich

    Ehrlich gesagt: Die zweite Bedeutung klingt irgendwie verlockender. Bring mir doch noch ne Flasche Ausstich von der Migros mit! Aber das hatten wir ja schon..

  • Kandiert oder kandidierend?
  • In Aesch waren es auch zwei, die da gegeneinander antraten. Wohl mit Puderzucker oder besser Kandiszucker verfeinerte kandierte Früchte, die zwei „Kandidierenden“. Warum die da nicht einfach „Kandidaten“ zu sagen, ist uns schleierhaft.
    Kandieren ist laut Duden:

    kan|die|ren (sw. V.; hat) [frz. candir = einzuckern < ital. candire, zu: candi, Kandis]: mit einer Zuckerlösung überziehen u. dadurch haltbar machen: Zitronenscheiben kandieren; kandierte Früchte.

    und

    kan|di|die|ren (sw. V.; hat):
    sich um etw. bewerben, sich zur Wahl stellen:

    Was hat das alles mit einem Kandidaten zu tun?
    Ganz einfach: candidus heisst „weiss“, wie der weisse Zucker. Und so sah einst auch ein Kandidat aus:

    Kan|di|dat, der; -en, -en [lat. candidatus = weiß Gekleideter (Amtsbewerber, der sich dem Volk in der toga candida, der glänzend weißen Toga, vorstellte), zu: candidus = glänzend, weiß]:

    Dann wurde er mit Fragen bombardiert, manchmal auch mit anderen Sachen, bis die weisse Weste nicht mehr weiss war. Bis ein „Tolgen im Reinheft“ gefunden wurde.

    Was das nun wieder Schönes ist, das klären wir morgen!