Wenn der Griff zum Wörterbuch zu anstrengend ist — Der Effort in der Schweiz

März 17th, 2006

Je länger wir in der Schweiz leben, desto besser wird unser Verständnis für Fremdsprachen. Hatten wir in unserer Deutschen Heimat nur sehr selten zu tun mit Sätzen wie „das tangiert mich jetzt nur äusserst peripher“, oder „die Stringenz ihrer Beweisführung ist eklatant“, so kommen wir, seit wir in der Schweiz leben, kaum mehr dazu, das Französisch- oder Fremdwortlexikon im Alltag aus der Hand zu legen.

So fanden wir bei der Lektüre der Wochenendbeilage vom Tages-Anzeiger, Das Magazin (06-2005) den Satz:

Wir unternehmen wirklich einen Effort, das politische Geschehen, wenn nicht zu begreifen, so doch wenigstens in diskussionsfreudiger Runde klug kommentieren zu können.
(Quelle: Sabine Windlin „Al-Zungenbrecher“)

Es ist eine echte Anstrengung, diesen merkwürdigen Ausdrücken immer wieder nachzuspionieren. Natürlich müssen wir ihn gleich mal schnell googlen, diesen „zusätzliche Effort“, bei Google-Schweiz und kommen immerhin auf 72 Belege.

Beispiele:

Unter diesen Umständen hält es der Bundesrat für angezeigt, bei Auffangaktionen in der Region mitzuwirken und mit einem zusätzlichen Effort zu versuchen, Personen, die des Schutzes unseres Landes nicht bedürfen, noch konsequenter als heute beim illegalen Grenzübertritt anzuhalten.
Quelle: admin.ch)

Oder hier:

Lernen in einer Fremdsprache erfordert zusätzlichen Effort.
(Quelle: aum.iawf.unibe.ch)

Das entbehrt nicht einer gewissen „inhärenten“ Lustigkeit, dieser Satz.

Oder im Tages-Anzeiger:

Trotz der Kritik der israelischen Regierung verstärkte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey am Wochenende in New York ihren Effort zu Gunsten des Genfer Abkommens
(Quelle: Tages-Anzeiger 27.10.03)

Man könnte meinen, der Effort sei ihr Bodyguard, so stark und kräftig.

In Deutschland taucht bei Google.de das Wort Effort nur in der Englischen Bedeutung auf, in Wörterbüchern etc.:
beim „Best-Effort-Service“ in der Netzwerktechnik:

Mit Best-Effort Service wird das einfachste Modell eines Netzwerkes in Bezug auf die leistbare Dienstgüte (quality of service) beschrieben. In einem Best-Effort Service kann jede Anwendung so oft und so viele Daten senden wie sie möchte ohne das Netzwerk fragen oder benachrichtigen zu müssen. Das Netzwerk liefert die Daten aus, wenn es dazu in der Lage ist. Garantien bezüglich Verfügbarkeit, Verzögerung oder Durchsatz werden nicht gegeben.
(Quelle: it-administrator.de)

Also wird es Zeit, die Bedeutung dieses Wortes für alle Zeiten zu klären. Wie immer kurz und bündig durch unseren Duden:

Ef|fort der; -s, -s aus gleichbed. fr. effort:
(veraltet) Anstrengung, Bemühung.

Veraltet? Wieso veraltet? Haben wir nicht eben zahlreiche praktische Verwendungsmöglichkeiten aus der Schweiz vorgeführt. Wie kommt der Duden nur immer zu diesen Einschätzungen? Man sollte der Redaktion des Dudens unbedingt mal ein Abonnement des Tages-Anzeigers schenken, dann hätten sie dort täglich ihre Freude an so genannten „veralteten“ Formulierungen.

Sei kein Toggel und hilf beim Eintöggeln — Schweizer Tätigkeitswörter

März 16th, 2006
  • Sei kein Toggel und hilf beim Eintöggeln
  • Wir lasen in der Sonntagszeitung vom 26.02.06 auf Seite 120 einen hochinteressanten Artikel über das geheime EDV-Hochleistungszentrum der SBB, welches in einer Datenbank die Informationen von 50 Millionen Einzelobjekten erfasst hat:

    „Alles von Hand eingetöggelt“, (…)
    Die mühselige Handarbeit verschlang rund 100 Millionen Franken.

    Vom Kontext her ist klar was da gemeint war: „eingegeben“, vielleicht etwas salop auch als „eingehackt“ in die Tastatur des Computers. Nun ist jedes Streckensignal und jeder Leitungsmast der SBB mit Lageplan und allen Daten abrufbar, quasi in Echtzeit, was die Planung und Durchführung von Reparaturen und Wartungen enorm beschleunigt.
    Eintöggeln
    Sonntagszeitung vom 26.02.06 Seite 120

  • Können Sie auch töggeln?
  • Wir stolperten natürlich über das Wort „töggeln“, eine vielseitig verwendbare Universalvokabel im Schweizerdeutschen.
    Beispiele:

    Zum Einlaufen spielten wir Rugby und machten Stafetten über unseren Sandhügel. Das machte uns Spass. Als wir dann endlich wieder im Hotel waren gingen wir um 18.30 Uhr töggeln.
    (Quelle:)

    Hier geht es nicht um „eingeben“, sondern um ein Spiel.

    Töggeln“ gibt es nicht nur als Verb, sondern auch als Nomen. Beispiel:

    Dann geht es den Schnee durab und über den Brunnifirn Richtung Nord-Osten – immer den orangen Töggeln nach.
    (Quelle:)

    Ab gesehen davon, dass wir keine Ahnung haben, was „durab“ bedeutet, vermuten wir mal, dass hier mit „Töggeln“ grosse Markierungs-Hütchen gemeint sind. Google-Schweiz nennt uns auf Anhieb 242 Verwendungen für „töggeln“.

    Töggeln“ ist ein interessanter Fall für das Varianten-Wörterbuch CH-AT-DE denn die damit verbundene Tätigkeit wird in jedem der drei Ländern anders bezeichnet.

    kickern, wutzeln, töggeln
    Diesmal bietet unser Wort des Monats einen Service für Deutschlerner im Sinne des D-A-CH-Konzepts. In der Reihenfolge Deutschland-Österreich-Schweiz bezeichnen die genannten Verben nämlich die auf unserem Schwerpunkt-Bild abgebildete Kulturtechnik – Hochdeutsch auch bekannt als Tischfußball.
    (Quelle: Spinne-magazin.de)

    Töggelikasten oder Kicker?
    Das erwähnte Wort “kickern” ist in Deutschland auch die gängige Bezeichnung für den dazugehörigen “Töggelikasten” => Ein Kicker (wie die gleichnamige Fachzeitschrift für Fussball „Kicker“ ). Die österreichische Variante „wutzeln“ finden wir übrigens auch sehr apart. Ob hierbei das Schwein „Wutz“ von „Urmel aus dem Eis“ aus der Augsburger Puppenkiste Pate gestanden hat?

  • „Mensch ärgere dich nicht“ gibt es nicht in der Schweiz
  • Ein „Toggel“ (Plural die „Töggel“) ist eine Spielfigur, wie z. B. bei „Mensch ärgere dich nicht“. Das bekannte Brettspiel mit den bunten „Töggel“ ist in der Schweiz unter einem anderen Namen bekannt. Es heisst hier „Eile mit Weile“. In anderen Ländern heisst es „Pachisi:

    Im 19. Jahrhundert wurde „Pachisi“ mit einigen Varianten dann im westlichen Kulturraum populär. In Amerika z. B. als „Parcheesi“ oder „Chessindia“, die Schweiz kennt es als „Eile mit Weile“ oder „Der Weg zur Herberge“, „Ludo“ oder „India“ in Großbritannien und „Parchis“ in Spanien.
    (Quelle: spielbox-online.de)

  • Du Toggel, Du!
  • Aber Vorsicht! Die Bezeichnung „Toggel“ kann auch beleidigend für eine Person verwendet werden, der man den gleichen Hirninhalt zuschreibt, wie einer Spielfigur. „Du Toggel, Du!“ ist ähnlich nett gemeint wie „Du Dubbel, Du!

    Im Englischen ist ein „toggle“ übrigens ein Kippschalter, ein Umschalter, und das Verb „to toggle“ wird in EDV-Kreisen auch in Eingedeutschter Form für „umschalten“ verwendet.

    „Das kannst Du mit diesem Parameter toggeln, ob das an oder aus ist“

  • Wer nicht töggelt, der jöggelt
  • Der Artikel war schon geschrieben, als wir erfuhren, dass es neben „töggeln“ auch noch „jöggeln“ gibt. Bedeutet das gleiche, wird aber weniger häufig verwendet. Google-Schweiz hat nur 32 Belege dafür. „Jöggeln“ ist natürlich etwas ganz anderes als „töggeln„, denn es schreibt sich mit „j“ und kann auch für „Joggen gehen“ verwendet werden.

    Das Aufgebot ganz ohne Braut und Bräutigam

    März 14th, 2006
  • Das Aufgebot ganz ohne Braut und Bräutigam
  • Wir erwähnten im Zusammenhang mit dem Zahnarztbericht (vgl. Blogwiese), dass die freundliche Sprechstundenhilfe uns am Ende der Behandlung fragte:

    „Sollen wir sie wieder aufbieten?“

    Uns fiel dabei sofort auf, dass das hübsche Verb „jemanden aufbieten“ im Hochdeutschen nicht gebräuchlich ist. Man würde sagen. „Sollen wir Sie wieder anrufen?“ oder „benachrichtigen“, vielleicht, wenn es ganz förmlich zugeht, würde man noch sagen: „Sollen wir Sie einbestellen?“.

  • Das Aufgebot ist nur für die Hochzeit und für die letzte Schlacht
  • Das Wort „Aufgebot“ und das „Aufgebot bestellen“ gibt es in Deutschland nur im Zusammenhang mit einer Hochzeit. Die Verlobten gehen zum Standesamt (nachdem sie sich vorher dafür telefonisch einen Termin haben geben lassen), bringen alle erforderlichen Unterlagen mit (Geburtsurkunden, Personalausweis etc.) und besprechen die geplante standesamtliche Trauung, den Termin etc. Anschliessend wurde in früheren Zeiten die persönlichen Daten in einem Schaukasten am Rathaus ausgehängt:

    „Peter Meier und Gabi Müller wollen am x.x.xx heiraten.“

    Das war gedacht als eine Gelegenheit für eventuell noch vorhandene Rest-Ehepartner der beiden Brautleute öffentlich Einspruch gegen die geplante Eheschliessung zu erheben.

    Leider wurden diese öffentlichen Daten gern von Werbefirmen missbraucht, um am Tag der Hochzeit oder kurz davor mit massig Werbung bei den Brautleuten aufzutauchen. Werbung für Möbel, für Babynahrung, für Hochzeitsreisen etc. Auch jede Menge Gratispackungen gab es dabei abzustauben, und manchmal sogar ein kostenloses, durch Werbepartner gesponsertes Kochbuch für die „junge Ehe“.

  • Das Aufgebot im Militär
  • Feldherren zogen mit dem „letzten Aufgebot“ in die Schlacht, wenn alle anderen Soldaten schon tot waren.

    Schauen wir mal, ob der Duden die Schweizer Bedeutung von „aufbieten“ für „jemanden einbestellen“ kennt:

    auf|bie|ten (st. V.; hat) [mhd. ūfbieten = (zeigend) in die Höhe heben]:
    1. einsetzen, zusammenraffen, aufwenden:
    alle Kräfte, seinen Einfluss, seine ganze Überredungskunst aufbieten.,
    um jmdn. zu überzeugen.
    2. zur Erledigung einer Aufgabe aufrufen, für die Erledigung einer Aufgabe einsetzen:
    Militär, Polizei aufbieten.; alle verfügbaren Kräfte waren zum Einsatz aufgeboten; Soldaten a. (veraltet; einberufen); hätte er den Jungen als Zeugen der Anklage aufgeboten (Ziegler, Labyrinth 310); die aufgebotenen Streitkräfte.
    3. (früher) die beabsichtigte Eheschließung eines Paares öffentlich bekannt geben, verkünden (um mögliche Ehehindernisse zu ermitteln): es wurden gleichzeitig fünf Paare aufgeboten.

    Haben Sie „mhd ūfbieten“ verstanden? Das steht für „Mittelhochdeutsch“, also die Sprache von 1170 im Süden Deutschlands. Schon damals sagte man „ūfbieten“, wie im Alemannischen Sprachraum heute noch. Sprache kann hier im Süden ziemlich konservativ sein, im Sinne von den Lautstand „bewahrend“.

    Vielleicht passt Bedeutung 2. am besten: „zu Erledigung einer Aufgabe aufrufen“.

    (2. Teil morgen: Wenn das VBS aufbietet, sollte Ihr Tenü stimmen)

    Nicht zur Minna sondern Minne machen — Schweizerdeutsch der Gegenwart

    März 11th, 2006

    Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 24.02.06 auf Seite 2 einen Artikel zur anstehenden Abstimmung vom 21.05.06. Thema: Bundesrat, Parlament und die Kantone werben gemeinsam für den „Bildungsraum Schweiz“. Der Artikel ist überschrieben mit

    In Minne für Schul-Harmonisierung

    In Minne für Schul-Harmonisierung
    Die Minne ist bekannt aus der „Minne-Lyrik“, den Liebesgedichten zur Zeit des Mittelhochdeutschen, zur Zeit der Dichter „Walther von der Vogelweide“, „Hartmann von Aue“ und „Gottfried von Strassburg“:

    Minne ist eine spezifisch mittelalterliche Vorstellung von gegenseitiger gesellschaftlicher Verpflichtung, ehrendem Angedenken und Liebe, die die adlige Feudalkultur des Hochmittelalters prägte.
    (Quelle: Wiki)

    Der Sprachstand dieser Literatur ist dem modernen „Höchst-Alemanisch“, dem Schweizerdeutschen also, erhalten geblieben:

    Hôchzit statt Hochzeit,
    muot statt Mut,
    Lîb statt Leib,
    frouwe statt Frau

    sind nur einige Beispiele dafür.

    Die Minne, die hier der Tages-Anzeigers zitiert, wird sogar im Duden erwähnt:

    Mi.n|ne, die; – [mhd. minne, ahd. minna, eigtl. = (liebevolles) Gedenken]:
    1. (im MA.) verehrende, dienende Liebe eines höfischen Ritters zu einer meist verheirateten, höher gestellten Frau:
    die hohe M. (höfischer Dienst als Ausdruck sublimierter, vergeistigter Liebe für die verehrte Frau als Leitideal der höfischen Erziehung); die niedere M. (Befriedigung des Geschlechtstriebs; sinnlicher Genuss).
    2. (altertümelnd) Liebe (1 b):
    man verzeiht sich, alles in Minne, man lächelt, man scherzt (Frisch, Cruz 84).
    (Quelle: Duden.de)

    Das Zitat unter 2. ist von Max Frisch, neben Dürrenmatt und Gottfried Keller der bekannteste Schweizer Schriftsteller. Folglich ist diese Variante von „Minne“ für das Wort „Liebe“ in der Schweiz noch üblich. Von wegen „altertümelnd“, wie kommt die Duden-Redaktion nur wieder zu dieser Einschätzung? Der Tages-Anzeiger ist eine moderne überregionale Tageszeitung, die würde doch nicht auf „altertümelndes“ Vokabular zurückgreifen!

    Vergessen wir kurz den Duden und greifen wir zum „Variantenwörterbuch des Deutschen“, dort wird uns das Wort ohne Wertung erklärt:

    Minne: in Minne
    CH „In gegenseitigem Einvernehmen, ohne Streit, in Frieden“
    : Der Abend endete in Minne und mir brachte er sogar eine Riesenüberraschung. Das Substantiv Minne in der Bedeutung „höfische Liebe im Mittelalter“ ist gemeindt.
    (Quelle: Variantenwörterbuch S. 504)

    Schon gemein, dieses Deutsch, dieses „gemeindeutsch“, Minne aufs Mittelalter zu beschränken. Unser neues Wörterbuch hat Recht. Die Kombination „in Minne“ findet sich bei Google-Schweiz 310 Mal, darunter auch die Weltwoche:

    Schwerer dürfte es der Schweizer Delegation fallen, die innenpolitisch umstrittenen Probleme in Minne zu lösen, vor allem bei der unumgänglichen Meldepflicht für Waffen.
    (Quelle: Weltwoche.ch)

    Zurück zur Minne und zum Mittelhochdeutschen. Das folgende Kurzgedicht ist einer Tegernseer Handschrift vom Ende des 12. Jahrhunderts entnommen. Es beschließt den lateinischen Brief einer Frau an einen Kleriker:

    Dû bist mîn, ich bin dîn.
    des solt dû gewis sîn.
    dû bist beslozzen
    in mînem herzen;
    verlorn ist das sluzzelîn:
    dû muost ouch immer darinne sîn.
    (Quelle: literaturnische.de)

    Schweizer Leser haben beim Verständnis sicher keine Probleme. Deutschen Lesern empfehle ich den Studiengang „Mittelhochdeutsch“ an jeder gut sortierten Deutschen Philologischen Fakultät (=Universität) zu besuchen, auf Magister oder Diplom möglich, auch für ein Lehramtsstudium wird er angerechnet. Wem das zu anstrengend ist, der lese einfach fleissig den Tages-Anzeiger oder ziehe direkt in die Schweiz. Das erspart manches Mittelhochdeutsch-Seminar. Na denn, verbleiben wir in Minne?

    Hat da jemand beim „Streicheln“ das „S“ vergessen? — Was sind Treicheln

    März 10th, 2006
  • Hat da jemand beim „Streicheln“ das „S“ vergessen?
  • Nun leben wir mehr als 5 Jahre in der Schweiz und waren viel unterwegs, haben dabei Kühe mit wunderbaren Kuhglocken gesehen:
    Kuhglocke bei Bülach
    Und nun das: Wir erfahren durch eine Bildunterschrift im Tages-Anzeiger, dass diese Dinger in der Schweiz gar nicht „Kuhglocken“ heissen, sondern „Treicheln“.
    Treicheln klingen
    Bildunterschrift „Süsser die Treicheln nie klingen
    (Quelle: Tages-Anzeiger 23.02.06 S. 13)
    Nur warum ist das so? Hat es was mit „treiben“ oder „treideln“ zu tun? Klingt so ähnlich, oh pardon, „tönt genauso“ meinte ich natürlich. Tun Kuhglocken eigentlich klingen oder tönen?

    Wir haben schon Nord- und Süddeutsche darüber debattieren hören, ob man an einer Haustüre die „Schelle“ oder die „Glocke“ betätigen muss und ob das nun „klingeln“ , „schellen“ oder wohlmöglich gar „läuten“ heisst, was man da tut.

    Solche typischen Nord-Süd Sprachdubletten gibt es einige in Deutschland, ganz selten sind sie wirklich Synonym, so z. B.

    Samstag und Sonnabend
    Tischler und Schreiner
    Fleischer, Metzger oder Schlachter
    Klempner, Flaschner, Spengler oder Blechner
    Dachboden, Bühne, Speicher und Estrich (und „Stir“ in der Süd-West. Schweiz)

    Doch zurück zu den Kuhglocken oder –schellen, die in der Schweiz „Treicheln“ heissen.
    Unser Duden weiss warum:

    Treichel:
    1. Berufsübername für einen Jäger, Fallensteller (zu mhd. dru-ch ) Falle, um wilde Tiere zu fangen< + -l-Suffix: ) *Dräuchel/*Träuchel, entrundet > Treichel).
    2. Berufsübername zu schwzdt. Treichle „große Kuhschelle“ für den Hersteller.

    Heisst der Hersteller wirklich „Treichle“, mit dem „l“ vor dem „e“ am Ende? Oder gibt es da einen Druckfehler in unserem Duden? Egal, was würden wir anfangen ohne den Duden!

    Zu Google flüchten, was sonst: Für „Treicheln“ finden wir 598 Belege bei Google-Schweiz und nur 265 Belege bei Google-Deutschland.

    Der „Treichel“ ist also ein Fallensteller, und „Träuchel“ erinnert auch entfernt an die Englische „trap“, die wir alle aus der „Mousetrap“, einem Theaterstück von Agatha Christie, kennen, zu Deutsch: „Die Mausefalle“:

    Das Kriminalstück „The Mousetrap“ (dt.: „Die Mausefalle“), 1947 entstanden, wird seit seiner Uraufführung am 25. November 1952 ununterbrochen jeden Abend in London gespielt und hält damit einen einsamen Rekord in der Theatergeschichte und steht damit auch im Guinness-Buch der Rekorde. Ursprünglich im „Ambassadors Theatre“ aufgeführt, zog es 1974 in das benachbarte, größere „St. Martin’s Theatre“ um. Am 25. November 2002 wurde das 50-jährige Jubiläum im Beisein von Queen Elizabeth II. gefeiert. Im Laufe der Jahre wurde das Stück alleine in London ca. 22.000 mal gespielt. Weiterhin wurde es bisher in 24 Sprachen übersetzt und in 40 Ländern aufgeführt. Damit hat es über 10 Millionen Zuschauer erreicht. Die Einnahmen aus den Autorenrechten erhält Agatha Christies Enkel.
    (Quelle: Wiki)

    Über dieses Stück erzählt man sich zahlreiche Anekdoten. So z. B., dass eines Abends eine Schauspielerin krank war und dann kurzer Hand eine Garderobenfrau für sie einsprang, die die Rolle vom vielen Zuhören schon lange auswendig kannte. Oder dass einmal ein neuer Schauspieler den Text vergass, worauf die Souffleuse aus dem Tiefschlaf geweckt werden musste, den Staub vom Textbuch abklopfte und aushalf.

    Und dann gibt es noch den deutschen Schriftsteller Hans-Ulrich Treichel, dessen Romane wie
    Der Verlorene (1998) und
    Tristanakkord (2000) wir sehr schätzen.

    Doch zurück zu den Schweizer Treicheln. Warum haben die Kühe diese Dinger eigentlich um den Hals? Wiki meint dazu:

    Kuhglocken oder auch Kuhschellen dienen in der alpenländischen landwirtschaftlichen Erwerbswirtschaft dazu, Herden von Rindern zusammenzuhalten. Sie werden vom Leittier um den Hals getragen und es ist der Brauch, dass ältere Tiere größere Schellen umgehängt bekommen.
    Durch die Bewegung der Kuh, vor allem beim Äsen, bimmelt die Glocke, was allen anderen Tiere der Herde eine Orientierung ist. In losen Tierverbänden erhalten alle eine Kuhglocke, damit man Verirrte leichter wieder finden kann.
    (Quelle: Wiki)

    Womit wir auch verstehen, warum Hans-Ulrich Treichel einen Roman „Der Verlorene“ nannte, denn ohne Treichel können sich die Kühe verirren und gehen verloren.