Wo ist die Taschenmunition? — Über das Loslassen können und das Versteckspielen
November 7th, 2007In der frühkindlichen Entwicklung gibt es eine wichtige Phase, in der ein Kind lernt, dass „etwas loslassen können“ eine Fähigkeit ist, mit der sich eine enorme Wirkung erzielen lässt. Genannt wird diese Phase die „Anal-Phase“, bei der die Steuerung des Stuhlgangs vom Kleinkind, gemäss Sigmund Freud, bewusst eingesetzt wird, um damit Lob oder Kritik von Seiten der Bezugsperson Mutter zu erhalten: „Das hast Du fein gemacht!“ erfolgt als Lob nach dem grossen Geschäft. Loslassen können ist eine interessante Erfahrung für das Kind. Es kann steuern, ob es gelobt wird oder nicht.
Wir lasen bei Wikipedia:
In der analen Phase (von lat. anus: der After), die sich etwa vom zweiten bis zum dritten Lebensjahr vollzieht, erlangt das Kind zuerst durch das Ausscheiden von Exkrementen (Defäkation) und anschließend durch deren Zurückhaltung Befriedigung. Abhängig von kulturellen Normen können äußere Anforderungen in Konflikt zu diesen Bedürfnissen stehen, wodurch die Freude, die das Kind an dieser Stimulationszone empfindet, reguliert und unterdrückt wird. Diese Phase trägt zur Reinlichkeitserziehung, zum Erlernen des sozialen Miteinanders, zur Konfliktfähigkeit und zur späteren Über-Ich-Entwicklung bei. Nach Freud kann das Kind in der analen Phase in Konflikte geraten, je nachdem, wie von den Erziehern mit der Sauberkeitserziehung umgegangen wird. Ungelöste Probleme können unter Umständen zur Herausbildung eines so genannten „analen Charakters“ führen, der durch Geiz, Pedanterie und übertriebenen Ordnungssinn gekennzeichnet sei (siehe auch zwanghafte Persönlichkeitsstörung).
(Quelle: Wikipedia)
Das mit dem Loslassen ist also unter Umständen extrem schwierig und führt mit unter sogar zu „Zivilem Ungehorsam“. So zu beobachten derzeit in der Schweiz.
Im Tages-Anzeiger vom 07. Juni 2007 lasen wir
Aktion «Notwehr» will Munition behalten. Im Berner Oberland hat sich ein Kampftrupp gebildet, der zum zivilen Ungehorsam gegen den Bundesrat aufruft. Bern. – Die Aktion «Notwehr jetzt!» hält die Schweizer Soldaten an, auf keinen Fall ihre Taschenmunition ins Zeughaus zu geben. Auch wenn dies der Bundesrat wolle.
(Quelle: Tages-Anzeiger Online)
(Quelle Foto: zentralschweiz online)
Die Aktion wurde ein nun umgesetzt:
Plötzlich geht alles sehr schnell. Einen Monat nachdem das Parlament beschlossen hat, die Munition sei den Wehrmännern nicht mehr nach Hause mitzugeben, beginnt die Armee mit dem Einziehen der 257’000 Munitionspackungen. Bereits Ende 2008 soll der Grossteil eingesammelt sein. Wer die Munition nicht im WK abgibt, muss sie ins Zeughaus bringen.
«Dass die Munition so rasch eingezogen wird, grenzt an Notrecht», sagt Werner Gartenmann, Initiator der Aktion «Notwehr jetzt!». Der Berner SVP-Politiker und Vize-Geschäftsführer der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) ruft zum Ungehorsam auf. Bereits hätten sich hundert Armeeangehörige entschieden, die Munition nicht abzugeben. Unter ihnen seien Mitarbeiter des Verteidigungsdepartements und auch Nationalräte.
Da wird gehalten und gedrückt, was das Zeug hält. So lange kein Lob oder sonstiger Ansporn vom Über-Ich erfolgt, wird nicht losgelassen. Vielleicht lässt sich die Situation aber durch ein gemeinsames „Versteckspiel“ entschärfen:
Gartenmann ist bereit, die Konsequenzen seines Verhaltens zu tragen – ihm droht eine Strafuntersuchung wegen des Aufrufs zum Ungehorsam. Die Munition gebe er aber keinesfalls her. Vielmehr verstecke er sie nun an einem sicheren Ort.
(Quelle: Tages-Anzeiger 5.11.07)
Bitte nicht in irgend einen der vielen schönen Schweizer Seen werfen. Dieses Versteck ist bereits bekannt, weil es in der Vergangenheit zu oft verwendet wurde.
Als aussenstehende Beobachter sind wir äusserst gespannt, wie diese Entwicklung weiter verlaufen wird. Bis dahin ölen und fetten wir fleissig weiter unseren, selbstverständlich daheim aufbewahrten und vollständigen, nicht zerlegten Teppichklopfer. Wir empfehlen allen emotional Beteiligten, es uns gleich zu tun und sich nicht durch die derzeitige Aufregung beirren zu lassen.