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Feiern nur wenn die Schweiz gewinnt — Die Schweiz im EURO 08 Fieber

  • Die Sperrungen für die Fanmeile in Zürich
  • In weniger als 74 Tagen startet in Österreich die Euro 08. Das ist eine Fussballmeisterschaft, für die Fans aus ganz Europa anreisen werden, um ihre Mannschaften zu unterstützen. Ach ja, in der Schweiz findet sie übrigens auch statt. Auch wenn manche Schweizer das noch nicht so recht einsehen bzw. die damit verbundenen Bewegungseinschränkungen gerichtlich verhindern möchten. So lasen wir im Tagi vom 22.03.08:

    Wir befinden uns am Tag 77 vor der Euro. Ganz Zürich ist von den Fussballfans besetzt. Ganz Zürich? Nein! Ein von unbeugsamen Gewerblern bevölkertes Quartier hört nicht auf, der Fanzone Widerstand zu leisten. Nicht mit Fäusten und Zaubertrank wie Asterix und Obelix, sondern mit juristischen Mitteln kämpfen der Gewerbeverein Seefeld und seine 18 Verbündeten. Und nicht gegen die Euro streiten sie, sondern nur gegen die Sperrung der Verkehrsachsen rund ums Seebecken an allen 20 Spieltagen der Europameisterschaft.
    (Quelle: Tagesanzeiger 22.03.08)

    Schliesslich interessiert sich ja nicht jeder für Fussball, und während draussen in der Fanzone gegrölt und gefeiert wird, will vielleicht auch eine Kundin ihren Coiffeur-Termin wahrnehmen wie immer direkt vor dem Geschäft parken, bzw. parkieren. Man merkt, die Zürcher freuen sich schon wie narrisch auf dieses sportliche Grossereignis. Noch unklar ist, ob auch die Polizeistunde aufgehoben werden soll. Dazu gab es zwei Meinungen von Ruth Genner (Grüne) und Mauro Tuena (SVP) im Tagi-Talk zu lesen:

    Frau Genner, im Fragebogen des «Tages-Anzeigers» haben Sie sich letzte Woche für eine Aufhebung der Polizeistunde während der Euro 08 ausgesprochen. Glauben Sie, die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Zürich würden das goutieren?
    Genner: Ich gehe nicht davon aus, dass die Polizeistunde während der ganzen Euro 08 aufgehoben sein wird, wohl aber an Tagen, an denen in Zürich gespielt wird. Das wird die Bevölkerung verstehen.
    Moderator: Herr Tuena, Sie wollen die Polizeistunde nur bei einem Schweizer Sieg aufheben. Warum diese Lustfeindlichkeit?
    Tuena: Auch während der Euro 08 muss gewährleistet sein, dass das «normale» Leben in Zürich stattfinden kann. Es gibt viele Leute, die auch während dieser Euro 08 arbeiten. Man darf all diese Menschen nicht vergessen.
    (Quelle: Tages-Anzeiger vom 20.03.08, S. 17)

  • Verliert die Schweiz, dann gilt die Nachtruhe ab Mitternacht
  • So muss man sich das, was Herr Tuena von der SVP da vorschlägt, praktisch vorstellen? Wenn die Schweizer gewinnen, dann darf man in Zürich feiern bis in die Puppen, also auch nach Mitternacht noch. Verlieren sie hingegen, dann werden die Fans der gegnerischen Mannschaft höflich aufgefordert, doch bitte um 23:59 Uhr ihre Quartiere aufzusuchen und die Nachtruhe einzuhalten. Es gibt schliesslich auch viele Leute, die während dieser Euro 08 arbeiten. Falls also die Tschechen, Türken oder Portugiesen gewinnen sollten, dann bitte „liislig“ sein auf der Strasse, Autokorso nur mit Lichthupe wenn möglich.

  • Wenn die Nacht frei hat
  • In Zürich gilt laut Webseite der Stadtpolizei:

    Durch das Kantonale Gastgewerbegesetz wird vorgeschrieben, dass Gastwirtschaftbetriebe in der Zeit von 2400 bis 0500 Uhr geschlossen sein müssen. Den Gemeinden wird eingeräumt, dass sie Ausnahmen bewilligen können. In der Stadt Zürich sind die öffentlichen Freinächte pro Betrieb und Jahr auf 12 Anlässe beschränkt. Für geschlossene Veranstaltungen besteht kein Kontingent. Öffentliche Freinächte und geschlossene Veranstaltungen sind bewilligungspflichtig. Das Gesuch ist grundsätzlich vor dem Anlass zu stellen.
    (Quelle: stadt-zuerich.ch)

    Ob die Uhrzeit, so wie aus amerikanischen Armeefilmen bekannt, in Zürich auch als „Null-Fünfhundert“ gelesen werden muss? Dass Nächte manchmal frei haben in der Schweiz, noch dazu ganz öffentlich hatten wir bereits hier erläutert. Maximal 12 Nächte können bewilligt werden? Sollte doch reichen bis zum Halbfinale, oder nicht?

    

    14 Responses to “Feiern nur wenn die Schweiz gewinnt — Die Schweiz im EURO 08 Fieber”

    1. DaniDo Says:

      Yeah!!! Autokorso mit Lichthupe:-)

      Der Vorschlag von Marco Tuena zur Polizeistunde ist echt geil!

      Was mich an der EM eher stört, ist das imperialistisch anmutende Gebaren der Uefa was die teils öffentlich finanzierten und organisierten Fanzonen auf Allmend angeht. Da darf auch in frei zugänglichen Beizen nur Carlsberg-Bier ausgeschenkt werden, die Eingangskontrolle der Fanzone soll sicherstellen, dass niemand im Guiness-T-Shirt rumläuft usw.

      Die EM bringt nämlich nicht nur Freude und Geld, sondern auch grosse Kosten für den Staat. Ob die Rechnung am Ende aufgeht, wird sich dann weisen. Jedenfalls sind die Gewinne der Uefa wohl schon jetzt am Trockenen, und die Sicherheit lässt sie sich spendieren.

      Nun, diese ganzen Fragen sollen uns aber nicht daran hindern, die EM so zu feiern wie sie fällt: als Fest! Dass so viele Leute aus ganz Europa in die Schweiz kommen, ist eine gute Sache. Da sagen wir sogar: Ich freue mich auf die Deutschen:-)

      [Anmerkung Admin: Auch mit einem geschickt montierten mobilen Stroboskop auf dem Autodach oder einer Lichtorgel mit 3 Farben lassen sich bei so einem lautlosen Korso schicke Effekte erzielen.]

    2. Marroni Says:

      Die Euro beginnt nicht in Österreich, sondern in der Schweiz. Dafür hört sie dann in Österreich auf. Gruss.

    3. wolfi Says:

      Ich glaube schon, dass die grenznahen Städte wie Singen, Waldshut, Bad Säckingen oder Rheinfelden genügend Möglichkeiten bieten werden, die EM gebührend zu feiern.
      Man hat heute sehr gute SBB-Verbindungen von Zürich überall hin, so muss niemand zwangsläufig in Zürich „feiern“.
      Auch mit einem Autokorso ist man innert einer halben Stunde über der Grenze. Man sollte flexibel sein bei dieser EM.
      Jetzt fahre ich erstmal nach Basel morgen, mal sehen, wieviele Tore die Schweizer vorlegen :-). Einen Autokorso erwarte ich aber ehrlich gesagt nicht, es sei denn, das Ergebnis wird zweistellig….;-).

    4. Thomas Says:

      Nun, es mag etwas kleinkariert anmuten, aber das ist halt unsere direkte Demokratie. Jeder kann sich gegen Sachen wehren. Das kann manchmal sehr mühsam sein, aber man kann diese Demokratiesache halt nicht einfach mal kurz abschalten.
      Was ich lustig fände, wenn diese Einsprache gegen die Sperrung tatsächlich durchkäme. Dann dürfte die Polizei nicht absperren, aber 10’000ende von Fans würden trotzdem auf dem Bellevue stehen. Es wird also so oder ‚gesperrt‘ sein.

    5. DaniDo Says:

      @Thomas

      Die Einsprachemöglichkeit hat nicht so viel mit der direkten Demokratie zu tun als vielmehr mit der Rechtsstaatlichkeit der Schweiz. Wer von einer staatlichen Massnahme betroffen ist, kann diese im Rahmen des Gesetzes von einer unabhängigen Instanz (einem Gericht) überprüfen lassen. Da liesse sich z.B. überprüfen, ob die Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Gewerbefreiheit der Betroffenen verhältnismässig ist, oder ob es eine mildere Massnahme gäbe. Oder es wird überprüft, ob die Behörden eine unzulässige Diskriminierung vorgenommen haben.
      Die beiden Prinzipien (Rechtsstaatlichkeit und Demokratie) stehen denn auch manchmal einander entgegen. Wenn z.B. die Gemeindeversammlung partout keine Menschen einbürgern will, deren Namen mit -ic enden stösst die demokratische Entscheidfindung an ihre Grenzen, da dies eine klare Diskriminierung darstellt.

    6. Neuromat Says:

      Die Frage ist:

      Wer sind diese 18 Verbündete? Ist es jemand aus dem Kreis 7, der hier dem Kreis 8 zu Hilfe eilt? Und braucht es diese 18 Verbündete überhaupt?

      Wer sich die Mitgliederliste Liste

      http://www.gv-seefeld.ch/GVAdressen07_02.pdf

      anschaut, der wird sehen, wer da alles dabei ist. Und – man mag mich ja der Blasphemie beschuldigen – aber ich kann nicht anders, als darauf hinweisen, dass der Erlöser persönlich Mitglied in diesem Verein ist. (Somit wird auch seiner Einbürgerung nichts im Wege stehen).

    7. Brun(o)egg Says:

      @ Wolfi

      Das Ergebnis kann absolut zweistellig werden. Aber zu kümmern brauchts uns ja nicht. Es wird ja dann in Deutschland gefahren am Mittwoch.

    8. Thomas Says:

      @DaniDo: niemand hat gesagt, Demokratie an sich sei gut. Letztendlich kann eine Demokratie nichts anderes sein als eine Diktatur der Mehrheit. Ob eine Nicheinbürgerung einer Person mit -ic eine Diskrminierung darstellt, hat sehr viel mit der Person zu tun und kann nicht einfach bejaht oder verneint werden.
      Ich wollte mit meinem Kommentar vor allem auf die Möglichkeit, sich gegen fast alles wehren zu können, hinweisen. Ich habe z.B. keine Ahnung, ob z.B. in Deutschland gegen eine solche Verfügung – und wenn ja: in welchem Umfang – rekurriert werden könnte?

      [Anmerkung Admin: Siehe hier unter „Einstweilige Verfügung„]

    9. wolfi Says:

      @bun(o)egg
      Oh, ich meinte es eigentlich umgekehrt. Aber macht ja nichts. Für mich sind die Schweizer Favoriten, insbesondere auf Schnee haben sie noch mehr Vorteile ;-).
      Bei aller Skepsis, wartet mal ab. Die EM wird ein Megaevent auch in der Schweiz, was die Dumpfbacken an Politikern auch anstellen mögen, das zu verhindern, es wird nicht klappen.

    10. Kreis7 Says:

      @neuromat
      Kaum vorstellbar, dass diese „Gallier“ Unterstützung aus dem Kreis 7 erhalten. Sicher nicht von uns! Hoffe ich zumindest… Auch wenn unser tägliches Pendeln mit dem 11er (genau, der, der jeden Morgen voll Deutscher ist…) im Juni vor allem am Abend massiv erschwert bzw. verunmöglicht wird, freuen wir uns auf die EM! Abendliche Fussmärsche und Slalomläufe um feiernde und trinkende Fans über das Bellevue, hoffentlich bei Sonnenschein, führen zu einer schönen Abwechslung.

    11. solanna Says:

      @alle, die noch am Schweizerdeutschlernen sind

      Jens schreibt: „Falls also die Tschechen, Türken oder Portugiesen gewinnen sollten, dann bitte „lieslich“ sein auf der Strasse, …“ und dies nicht etwa in einem Blogbeitrag von 2005, sondern jetzt, wo er über 6 Jahre in der Schweiz ist und die Sprache genau beobachtet.

      Aber es ist erst Möchte-gern-Schweizerdeutsch, denn in der Schweiz ist man nie „liislich“, sondern „liisli“ oder „liislig“.

      Nicht dass noch ein Deutscher hier falsches Schweizerdeutsch lernt.

      [Anmerkung Admin: Vielen Dank, Sunny, für den Hinweis. Habe es gleich angepasst. Du weiss ja, wie es läuft, wenn ein Deutscher Schweizerdeutsch schreibt, siehe hier.]

    12. Phipu Says:

      Nun, da Solanna vorgespurt hat, wage ich es nun auch nochmals, meine bünzlige Tüpflischiisser-Seite herauszukehren:

      Jens HATTE das im Jahr 2005 schon gelernt:
      http://www.blogwiese.ch/archives/18#comment-302
      http://www.blogwiese.ch/archives/18#comment-891
      http://www.blogwiese.ch/archives/18#comment-2145 .

      Und er hätte es vor einem halben Jahr fast eine ganze Seite lang fehlerfrei hinbekommen. http://www.blogwiese.ch/archives/660 .

      Aber ohne regelmässige Erfolgskontrollen / Kompetenznachweise oder so (nur wer vor sehr langer Zeit zur Schule ging, kennt es noch als verständliches Wort „Prüfungen“), bleiben die gelernten Lektionen halt nicht hängen.

      [Anmerkung Admin: Recht hast du, Phipu. Ich würde, wenn ich spontan dieses Wort schreiben sollte, es wahrscheinlich immer wieder mit „ie“ schreiben, und einem „-ich“ am Ende. Wie lautet noch die erste Verschriftungsregel beim Schweizerdeutschen? „Jeder schreibt wie er mag„. Und die zweite: „Wenn ein Deutscher etwas auf Schweizerdeutsch schreibt, ist es unter Garantie falsch.“… aber ich verspreche mich zu besseren. ]

    13. DaniDo Says:

      jetzt habe ich mir in einem Anfall von Toleranz das liislig verkniffen, und prompt steht es nun doch da…tja, Jens, jedenfalls das -ch als ersatz des -g gibts halt nicht in der Schweiz, s’isch scho so…

      Aber wir lieben es alle, wenn Du Fortschritte machst. In drei Jahren mal wieder in Radioauftritt, aber dann auf Schweizerdeutsch, ok?

    14. Tom Says:

      Tja, nun haben die Deutschen wieder gegen die Nazis gewonnen (mir immer noch ein Rätsel, wie man diese Namensgebung finden konnte, auch wenn es anders geschrieben wird).

      Für die Euro 08 sieht es leider finster aus. Das war – wenn überhaupt – nur drittklassig und da werden noch ganz andere Gegener auflaufen, als die Deutschen. Schade!