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Übertretungsanzeige — Wenn die Untersuchung für Sie die Fotos bezahlt

(reload vom 17.10.05)

  • Kein Übertritt aber eine Übertretung
  • Ich bin in keine Kirche oder Partei übergetreten, auch habe ich keinen Übertritt von der Hauptschule ins Gymnasium erlebt. Dennoch habe ich mich einer Übertretung schuldig gemacht.

    Jahrelang fuhr ich an der Radarfalle mit Tempo 50 vorbei, doch eines Tages erwischte es mich. Ich war nicht unfehlbar, ich wurde verzeigt. Die Abteilung „Verkehrsbussen“, die nichts mit Strassenbahnen und Omnibusverkehr zu tun hat, informiert mich über meine Zahlungspflicht:

    „Trifft die Zahlung nicht innert der genannten Frist bei uns ein, werden das ordentliche Verfahren angewendet und die Akten dem zuständigen Statthalteramt zur Beurteilung überwiesen. Nach dem Entscheid des Statthalters kann die/der Gebüsste gerichtliche Beurteilung verlangen.“

    Ich beschliesse, als Gebüsster möglichst bald Busse zu tun und überweise die 40 Franken für 5 Km/h zu schnelles Fahren innerhalb (Schweizerdeutsch für „innert“ für zeitlich, nicht für räumlich „innerhalb“) geschlossener Ortschaft.

    Und weiter heisst es:

    „Fotografien werden bei Begehren um gerichtliche Beurteilung zum Zweck der Beweisführung auf Kosten der Untersuchung angefertigt“.

  • Die Untersuchung bezahlt
  • Nein, ein Begehren um gerichtliche Beurteilung begehre ich nicht, auch wenn die Untersuchung bezahlen muss, und nicht ich. Wo nimmt die Untersuchung eigentlich das Geld und die Zeit her? Kann man sie kennen lernen? Ist sie nett?

    Immerhin hat es hier zu einer kompletten „Untersuchung“ gereicht, gewohnt bin ich in der Schweiz mittlerweile an die sprachlich ökonomischere Kurzform „der Untersuch„, genauso elegant wie „der Unterbruch„. Dafür war unser maskuliner Freund, „der Entscheid“ diesmal auch mit von der Partie, die weibliche und charmante „Entscheidung“ musste daheim bleiben.

    Fazit: Es gibt immer wieder neue Wörter zu entdecken in unserer geliebten Deutschen Sprache. Schauen Sie einfach mal in den Duden: Alle diese Wörter sind dort verzeichnet.

    

    6 Responses to “Übertretungsanzeige — Wenn die Untersuchung für Sie die Fotos bezahlt”

    1. g.feikt Says:

      Sei froh, dass Du der Versuchungsversuch widerstanden hast, zu begehren. Warum heisst es eigentlich Untersuch und nicht Mittel- oder gar Obersuch? Warum Unterbruch und nie Oberbruch? Ich finde das ganze Nuancengemisch hier nämlich einen Oberbruch, vor allem für die armen Fremdsprachigen, die all die verschiedenen Bedeutungen lernen müssen.

    2. Kreis 7 Says:

      Nur keine Angst, die so freundlich und spendabel wirkende Untersuchung wird schlussendlich Regress auf den Verkehrssünder nehmen und sich schadlos halten.

    3. AnFra Says:

      @ g.feikt

      Dat is doch klar. Wenn wir ein Untersuch (D: eine Untersuchung) haben, schauen wir immer UNTER die Oberfläche, wir wollen ja wissen, was unter der meist beschönigenden Oberfläche tatsächlich liegt. Hier wendet man den inhaltlichen Sinn und Begriff unter etwas seiend an. Man geht tatsächlich immer in den Untergrund, um zu suchen, was im Grund unter der Oberfläche sich so tummelt.
      Der Leichtgläubige bracht dies nicht zu machen, da er ja die oberflächliche Mittelsuch sieht und damit gut leben kann. Damit ist er prinzipiell auch schon weiter als wir.
      Falls es ein HÖHERS WESEN geben sollte, so würde ES natürlich ein Obersuch durchführen können, da es unseren Unter- und Mittel-Such nicht benötigt. Ergo, wir sollten uns ausschließlich mit der Untersuch (Untersuchung) zufrieden geben.
      Wenn wir ein Haus bauen, machen wir logischerweise immer einen Untersuch, ob hier das Bauwerk errichtet werden kann. Was auf schlechtem Untergrund steht, kracht oft in sich zusammen. Schauen, graben, proberammen und/oder Kontrollgrube ausheben. Denn: Glaube und Hoffung ist gut, Kontrollgrube ist besser.
      Wenn Du es hinbekommst, ein gutes Obersuch nachzuweisen, werde ich es Untercool finden.

    4. Stefan Says:

      Hab mal einen Unfallbericht in einer Schweizer Tageszeitung gelesen; ungefährer Wortlaut:
      Der Lenker fuhr mit übersetzter Geschwindigkeit, verunfallte im Graben. Der Automobilist wurde ins Spital verbracht.

      Dachte zuerst, ich lese eine Zeitung aus dem Jahre 1905 😀

    5. Phipu Says:

      An Stefan
      Ach, jetzt haben wir dich endlich! Du musst der Duden-Chefredaktor sein! Mit dem hat nämlich die gesamte deutschsprachige Bevölkerung der Schweiz noch eine Rechnung offen. Dein Redaktorenteam findet also immer aus Prinzip alles „veraltet“, was in Schweizer Hochdeutsch (also nicht Dialekt, sondern, Helvetismen im „Schriftdeutsch“) gängig ist und sozusagen täglich verwendet wird.

      Bei Nichtverstehen meiner Anspielung hier lesen: http://www.blogwiese.ch/archives/126 und hier http://www.blogwiese.ch/archives/159 und hier http://www.blogwiese.ch/archives/234 und hier: http://www.blogwiese.ch/archives/605

      Bist du übrigens sicher, dass vom „Graben“ die Rede war? Ich hätte auf „Bord“ getippt: http://www.blogwiese.ch/archives/250

      Verstehst du die schweizerischen, äh, pardon, alten Wörter unterdessen, oder brauchst du Übersetzungshilfen? Einfache Anfrage genügt. Das meiste wäre aber sicher auch irgendwo in der Blogwiese zu finden. Das Selbststudium ist übrigens noch viel erheiternder, da wirst du noch viel Altmodisches entdecken. Einfach alle über 600 Beiträge durchlesen. Viel Spass! http://www.blogwiese.ch/inhaltsverzeichnis/

    6. Max Says:

      Übertretungen gab es auch in Deutschland noch bis zur Strafrechtsreform 1975. Von da an waren sie nur noch Ordnungswidrigkeiten.