Verlocht werden nicht nur Hunde – Neue Schweizer Lieblingstätigkeiten

Juni 26th, 2011

(reload vom 30.05.07)

  • Am Wochenende Hunde verscharren
  • In der Anfangszeit der Blogwiese im Herbst 2005 schrieben wir über die Schweizer Freizeitbeschäftigung, sich mit Hacken und Spaten bewaffnet zu treffen, um gemeinsam Hunde zu verscharren. Dieses Hobby wird hierzulande als „Hundsverlochete“ regelmässig angekündigt, besprochen und gewürdigt. Details zu diesen Events finden sich auf spezialisierten Webseiten wie www.hundsverlochete.ch detailliert beschrieben.

  • Immer ein Loch in der Nähe
  • Mit Erstaunen mussten wir bei der Lektüre des Tages-Anzeiger feststellen, dass in der Schweiz nicht nur Hunde verlocht werden. Wir kannten „einlochen“ nur vom Minigolf-Spielen oder aus billigen Kriminalerzählungen, bei denen böse Verbrecher am Ende „ins Loch“ wandern und „eingelocht“ werden. Während bei Google-CH an 1‘330 Stellen „verlocht“ wird, finden sich bei Google-DE nur 387 Stellen, zumeist aus Grenznähe (z. B. Badische Zeitung in Freiburg Brsg.)

    So verlocht der Kantonsrat 67 Millionen. Muss schon ein ziemlich grosses Loch gewesen sein.
    Was alles verlocht wird
    (Quelle: Tages-Anzeiger)
    Den „Stichentscheid“ als pieksende Schweizer Tätigkeit hatten wir hier besprochen.

    Oder es wird Dreck verlocht:

    IG DRB. Engler muss immer dann an die Front, wenn der vergiftete Dreck hochkommt, den die Basler Chemie im Dreiländereck verlocht hat.
    (Quelle: Facts.ch)

    Was allerdings „Figuranten“ sind, die auf dieser Seite als „verlocht“ bezeichnet werden, war uns auch nicht gleich klar. Immerhin war bei dieser Aktion wirklich eine Schaufel im Einsatz. Die Lösung des Rätsels: „REDOG“ ist der Name des Schweizerischen Vereins für Katastrophenhunde , die trainiert werden, um Menschen unter Trümmern oder als „Flächensuchhunde“ in der freien Natur zu finden. Der „Figurant“ war die Person, die der Hund nun im Gelände finden muss, auch wenn sie „verlocht“ ist.
    Ein vielseitiges Wort, und absolut schweizerisch, wie uns unser Duden verrät:

    verlọchen (schweiz.):
    1. vergraben, verscharren: Unrat, einen Kadaver verlochen

    Diese Bedeutung war uns von der „Hundsverlochete“ bekannt. Aber da steht noch was:

    2. a) unter etw. begraben: er ist unter einem Berg von Akten verlocht;
    b) (Geld oder Ähnliches) verschwenden: Steuergelder verlochen.

    Ach so ist das. Die Schweizer bewahren ihr Geld nicht nur auf gut gehüteten Bankkonten auf, sondern „verlochen“ es auch gern einmal.

    Ein 24-Stunden-Ticket reicht in der Nacht nicht — Der Nachtzuschlag des ZVVs

    Juni 20th, 2011

    (reload vom 28.5.07)

  • Mit den Zug in den Ausgang
  • Eine Schweizer Freundin von uns schaffte es nach vielen Jahren, in denen sie Abend für Abend ihre kleinen Kinder hüten musste, einen guten Babysitter zu finden und beschloss das zu tun, was sonst alle jungen Agglobewohner am Samstagabend zu tun pflegen: In „den Ausgang zu gehen“, wie man auch Jahrzehnte nach der Abschaffung des Dienstbotenwesens in der Schweiz zu sagen pflegt, wenn man sich ins Nightlife der „Little Big City“ stürzen möchte.

  • Hin- und Rückfahrt mit dem 24-Stunden-Ticket
  • Ökologisch vorbildlich, und um auch ein bisschen was trinken zu dürfen, fuhr sie mit ihrem Mann am Abend um 19:00 Uhr mit dem Zug vom Zürcher Unterland in die Limmat-Metropole. Gekauft hatten Sie sich ein praktisches 24-Stunden-Ticket für die benötigten Zonen, das bis zum Sonntagabend 19:00 Uhr günstiges Zugfahren versprach. Auf den Heimweg machten sie sich, nach gelungenem Abend und durchtanzter Nacht, gegen 2:00 Uhr in der Frühe, nichts ahnend dass sie gerade dabei waren, etwas ziemlich Illegales zu begehen. Es kam ein Kontrolleur, sie zeigten naiv ihr Billet, welches in der Schweiz zwar „Fahrschein“ am Automat heisst, so aber nie ausgesprochen wird, und wurden aufgefordert, den „Nachtzugschlag“ ebenfalls vorzuzeigen. Von einem solchen hatten sie, als selten mit dem Zug fahrende Autofahrer, bisher nie etwas gehört. Und ein „24-Stunden-Ticket“ hielten sie für ein Ticket, mit dem man 24 Stunden lang fahren kann, egal ob am Tag oder in der Nacht. Als sie den fehlenden „Nachtzuschlag“ nachlösen wollten, wurden sie plötzlich mit 2 x 80 Franken wegen Schwarzfahrens „gebüsst“. Nach langen Verhandlungen liess sich der Kontrolleur dann auf einmal 80 Franken runterhandeln. Besonders beschämend und erniedrigend fanden sie, dass sie vom Kontrolleur durch den ganzen Zug geleitet wurden wie zwei Schwerverbrecher, die beim Schwarzfahren ertappt wurden, obwohl sie doch in Besitz von vermeintlich gültigen Tickets waren.

  • Das Kleingedruckte am Automaten
  • Unsere Schweizer Freundin war natürlich entsetzt und fühlte sich ohne Schuld. Sie hatte schlicht den Versprechungen der SBB geglaubt, dass ein 24-Stunden-Ticket auch 24 Stunden lang gilt. Später las sie an einem Automaten den Aufdruck, dass man sich in der Agglo von Zürich speziell für die Nachtzüge diesen Zuschlag kaufen muss.

    Für das System von Nachtbussen, die im Stundentakt die Innenstadt in Richtung Vorortsgemeinden bedient, um müde Diskogänger heil nach Hause zu bringen, scheinen uns diese Zuschläge gerechtfertigt, denn schliesslich ist normaler Weise eine Nachtruhe auf dem Streckennetz von 00:30 Uhr bis 5:00 Uhr. Aber die Benutzung von Zügen in der Nacht mit einem 24-Stunden-Ticket als Schwarzfahren geahndet wird, dass können wir nicht verstehen.

  • 90 Franken sind „eine Gebühr“
  • Auf der Website des Züricher Verkehrsverbunds ZVV lesen wir:

    Für die Benützung des ZVV-Nachtnetzes sind zwei Tickets erforderlich.
    • Ein im ZVV gültiger Fahrausweis für die Fahrt vom Start zum Zielort (ZVV-Ticket, GA, usw.)
    • Ein Nachtzuschlag.
    Einzelzuschlag Fr. 5.– (Automat: *162) oder als Zuschlags-Multikarte zu Fr. 27.– (6 Zuschläge, erhältlich an den Verkaufsstellen oder beim Ticket-Shop). Halbtaxabos und andere Ermässigungskarten können für den Zuschlag nicht geltend gemacht werden.
    • Achtung: Fahrgäste ohne die beiden Tickets gelten als „Fahrgast ohne gültigen Fahrausweis“ und bezahlen eine Gebühr.
    (Quelle: www.zvv.ch)

    Unsere Freundin hatte war nicht „ohne die beiden Tickets“, sondern nur ohne Zuschlag, und musste denn 90 Franken bezahlen. Für das Geld hätte sie auch mit dem Taxi heim fahren können.

  • Ein „kostendeckendes“ System
  • Nachtzüge fahren nur Fr/Sa und Sa/So, und vor bestimmten Feiertagen. Auf der ZVV Seite lesen wir:

    Letztes Jahr (2006) nutzten rund 870’000 Fahrgäste das ZVV-Nachtangebot. Das sind 85 % mehr als im ersten Betriebsjahr (2003). Dank dieser grossen Nachfrage konnte das Nachtnetz zum dritten Mal hintereinander kostendeckend betrieben werden. Spitzenreiter unter den Nacht-S-Bahnen ist weiterhin die SN5 ins Zürcher Oberland.
    Seit vier Jahren bringen die Nacht-S-Bahnen und -Busse im Kanton Zürich Fahrgäste an den Wochenenden und vor den meisten Feiertagen rund um die Uhr in den Ausgang und wieder nach Hause. Das ZVV-Nachtangebot erfreut sich grosser Beliebtheit, 2006 nutzten knapp 8300 Fahrgäste pro Nacht den öffentlichen Verkehr. Dies sind 17 % mehr als im Vorjahr.
    (Quelle: zvv.ch)

    Jetzt haben wir auch verstanden, mit welchen Mitteln diese „Kostendeckung“ erreicht wird. Ob das mit der „grossen Beliebtheit“ in Zukunft noch auf unsere Freundin zutrifft, wagen wir zu bezweifeln.

    Mir ist so flau – da trink mal Flauder — Appenzeller Mineralwasser aus dem Wallis

    Juni 13th, 2011

    (reload vom 25.5.07)

  • Durch Zufall entdeckt
  • Am Anfang gefiel uns die hübsche Flasche und das dezente Werbeversprechen, hier ein Mineralwasser mit Holunderblüten und Melissengeschmack zu erwerben. So stiessen wir auf „Flauder“, so blumig wie „Flieder“ und so rasant wie Niki „Lauda“ ? Dann entdeckten wir den Geschmack und die einzigartige Schweizerische Erfolgsgeschichte dieses Getränks:

    Das Getränk entstand im April 2002 mehr oder weniger per Zufall: Auf der Suche nach neuen Geschmacksrichtungen wurde einem Holundergetränk irrtümlicherweise Melisse beigemischt. Der Geschmack von Flauder wird wie folgt beschrieben: «nach Blumengarten im Morgentau, nach der vergänglichen Magie eines Frühsommertages auf dem Land.»
    (Quelle: Wikipedia)

    Flauder Blütenquell

    War April 2002 nicht die Zeit, in welcher der Anbau und Genuss von Cannabis in der Schweiz wesentlich stärker toleriert und ausgeführt wurde, als heute? In dem die jugendlichen Berufsschüler im Zug von Bülach nach Winterthur noch täglich im Raucherabteil des Pendlerzugs die Haschischrauch Produktion anwerfen konnten, so dass für normale Reisende ein tiefer „Schnuuf“ im Raucherabteil genügte, um auch stoned zu werden? (vgl. Blogwiese)
    Egal, „Blumengarten im Morgentau“ klingt wie „Schwarzer Afghane“ oder „Roter Libanese“ . Doch keine Angst, Sie müssen nicht in einen Headshop gehen, um Flauder zu kaufen. Gibt es bei Coop.

    Produziert wird das Getränk von der Mineralquelle Goba in Gontenbad im Kanton Appenzell in der Schweiz. Besitzerin der kleinsten Mineralquelle innerhalb des Verbandes der Schweizerischen Mineralquellen und Softdrink-Produzenten ist Gabriela Manser, die den Betrieb seit 1999 in dritter Generation führt. Sie hat ihn erfolgreich modernisiert, verpasste den Flaschen moderne Etiketten und kreierte neue Geschmacksrichtungen.
    (Quelle: Wikipedia)

    Wahrscheinlich ist dieser Wikipedia-Eintrag lange nicht aktualisiert worden, denn Flauder wird auch von der Migros in Lizenz verkauft, nur stammt deren Abfüllung nicht mehr aus dem Kanton Appenzell sondern wird in Nedaz im Wallis abgefüllt, wie auf dem Etikett zu lesen ist:
    Flauder aus Nendaz
    (Quelle: andare.ch)

    Ein Migros-Mitarbeiter erzählte uns einmal, dass die Migros zunächst versucht habe, einen eigenen Blütentrank auf den Markt zu bringen, das Projekt aber dann aufgab und stattdessen in die Lizenzproduktion einstieg.

    Zur Erfolgsgeschichte von Flauder gehört die ursprüngliche Werbeidee:

    Dadurch, dass jeder Lieferung ungefragt eine Flasche Flauder beigelegt wurde, konnte sich das Getränk innerhalb kurzer Zeit und ohne Werbung im Getränkemarkt durchsetzen und wurde schnell zu einem Verkaufsschlager. Flauder und die anderen Produkte der Quelle werden vor allem in der Ostschweiz verkauft. Abnehmer sind Getränkehändler, Läden, Bars, Restaurants und Grossverteiler.
    (Quelle: Wikipedia )

    Demzufolge gehört Zürich jetzt wohl auch zur Ostschweiz, siehe dazu den Beitrag über das Schweizer „Morgenland“ vom letzten Montag.

  • Kein Flickflack sondern Flickflauder
  • Ein Flickflack ist ein „Handstützüberschlag rückwärts“, ein Flickflauder hingegen hat Flügel. Wir fanden die Erklärung der Herkunft des Wortes Flauder bei Wikipedia:

    Der Name Flauder stammt vom Wort Flickflauder, dem Innerrhoder Dialektausdruck für Schmetterling.

    Das Wort „Flickflauder“ wollen wir gleich mal bei Genial Daneben (Deutschland) einreichen. Mal sehen was für unfeinen Assoziationen das bei Hella von Sinnen & Co auslöst. Wahrscheinlich halten sie es für ein Regal von Ikea, oder für eine Stellung aus dem Kamasutra, was weiss ich.

    Die Magie der höflichen Indirektheit — Nicole M. über die Kunst der Schweizerischen Kommunikation

    Juni 5th, 2011

    (reload vom 24.05.07)

  • Wenn die Codizes nicht stimmen
  • Die Schweizerin Nicole M. beschreibt im Tages-Anzeiger, wie es ist, in der Schweiz mit einem Kopftuch unterwegs zu sein. Sie kam auf diese „Under-Cover-Kopftuch“ Aktion durch ein Erlebnis, dass ihr widerfuhr, als sie einen kurdischen Freund bei der Semester-Einschreibung an die Uni begleitet:

    Wir werden vorgelassen, mein Freund bringt sein Anliegen vor. In einem nicht ganz korrekten, aber mühelos verständlichen Satz. Die Dame am Schalter schüttelt nur den Kopf. Mit einer Bestimmtheit, die ich ihr gar nicht zugetraut hätte, sagt sie: «Nein, das geht nicht, auf keinen Fall, da kann man gar nichts machen.» Mein Freund zuckt mit den Schultern und wendet sich ab, ist an solche diskussionslosen Absagen gewöhnt.
    (Quelle: Dieses und alle weitere Zitate stammt aus dem Tages-Anzeiger vom 21.05.07, S. 20)

    Hier lief offensichtlich etwas falsch in der Kommunikation zwischen dem Kurden und der Schweizer Dame am Schalter. Codizes wurden nicht eingehalten, Gesprächsregeln verletzt. Das beschreibt Nicole M. im Folgenden sehr präzise und mit exakter Beobachtungsgabe, denn für Schweizer sind diese Dinge nicht leicht wahrzunehmen, weil sie so selbstverständlich sind im Alltag:

    Einkauf mit Kopftuch
    (Quelle Foto: Tages-Anzeiger vom 21.05.07 Foto von Thomas Burla)

    Nun wende ich mich der Dame zu und wiederhole, was mein Freund gesagt hat. Wiederhole nur, sage den gleichen Satz wie er, sage ihn aber auf Schweizerdeutsch und makellos, geschminkt mit ein paar Höflichkeitsfloskeln, in gutschweizerischer Indirektheit. Man sagt «Könnte ich vielleicht» (mit Betonung auf vielleicht, obwohl man gar nicht vielleicht meint, sondern unbedingt), man sagt «Meinen Sie, es wäre möglich» (obwohl einen die Meinung des anderen nicht im Geringsten interessiert), statt «Kann ich» oder «Können Sie bitte» (wobei es egal ist, ob das bitte fehlt, denn bereits die Verwendung des Indikativs an Stelle des Konjunktivs gilt als unhöflich). Dazu macht man, gutschweizerisch, ein verlegen verkniffenes Gesicht, zeigt die Zähne als Zeichen der Zerknirschung, atmet zischend ein und wiegt voller Zweifel und Scham den Kopf hin und her. Ansonsten aber: das gleiche Anliegen, der gleiche Satz.

    Jeder Sprachwissenschaftler hätte seine Freude an dieser Beschreibung, wenn die Situation nicht alles andere als lustig wäre:

  • Es gibt Signale, die eine bestimmte Haltung hervorrufen
  • Und plötzlich hellt sich das Gesicht der Dame auf, sie sagt «Aha!», als ob sie erst jetzt verstanden hätte, worum es geht, sagt «Ach so!» und winkt meinen Freund zurück, und plötzlich klappt alles reibungslos, plötzlich ist alles gar kein Problem mehr, eine kleine Formalität. Ich merke: Es gibt Signale, die eine bestimmte Haltung hervorrufen, einen bestimmten Umgangston. Es gibt Schlussfolgerungen: X spricht kein korrektes Deutsch, ergo ist er mir intellektuell unterlegen, denn ich spreche korrektes Deutsch (zumindest Schweizerdeutsch). X ist mir unterlegen, ergo stellt er dreiste Forderungen und versucht, mich zu überlisten und den Schweizer Staat (dessen Repräsentantin ich bin) zu untergraben, denn er muss seine Unterlegenheit irgendwie ausgleichen.

    Ich bewundere Nicole für ihre Coolness und Perfektion, mit der sie in dieser Situation „Kreide gefressen“ hat, um das Ziel für ihren kurdischen Freund erfolgreich zu erreichen. Die richtigen Regeln der Kommunikation zu beherrschen ist auf jeden Fall ein grosser Pluspunkt im Leben, nicht nur in der Schweiz. Dies als kleiner Tip an alle Schweizer, die schon „Ich krieg noch ein Bier“ brüllen üben, wenn sie noch nicht ganz über die Deutsche Grenze gefahren sind.

  • Die Regeln der höflichen Indirektheit
  • Ergo (merke ich): Es gibt Signale, die die Schlussfähigkeit beeinträchtigen. Denn es heisst (fälschlicherweise) nicht: X spricht kein korrektes Deutsch, ergo sollte ich ihn nicht voreilig als unhöflich und dreist betrachten, denn er ist wahrscheinlich mit unseren sprachlichen Regeln der höflichen Indirektheit nicht vertraut und formuliert sein Anliegen deshalb (für mein Schweizer Ohr) zu direkt. Es heisst nicht: X spricht zwar nicht korrekt, aber doch ziemlich verständlich Deutsch, ergo ist er mir intellektuell möglicherweise sogar überlegen, denn ich spreche weder korrekt noch verständlich Türkisch, Serbisch, Kroatisch, Arabisch.

    Besonders peinlich wird es, wenn jemand anfängt, lauter zu sprechen, weil er glaubt, damit besser verstanden zu werden. Mal darf jetzt bloss nicht glauben, dass nur die Schweizer diese Art der Kommunikation pflegen. In den wenigsten Ländern der Welt wird man schnell ans Ziel kommen, wenn man dreist und direkt heraus artikuliert, was Sache ist und was man gern hätte, auch nicht in Deutschland.

  • Sarkasmus hilft nicht weiter (macht aber Spass)
  • Machtmenschen und verstockte Angestellte, die umschmeichelt werden möchten, gibt es sicher auch anderswo. Versteckter oder offen zur Schau getragener Rassimus und Überheblichkeit ebenfalls. Mir passiert es in solchen Situationen oft, dass ich, anstatt das Höflichkeitsspiel mitzuspielen, trocken sarkastisch reagiere, was der Sache nicht immer ganz zuträglich sein mag. Ein Satz wie „Oh, ich wollte eigentlich nur gern ein bisschen Geld ausgeben, kann mir jemand helfen?“ in einem Geschäft, in dem offensichtlich kein Interesse am Kunden besteht, wirkt nicht immer produktiv. In einem Schweizer Hotel sollte ich neulich meinen Wohnort in den Meldeschein eintragen und war drauf und dran in Versuchung „Ausbildungslager Al-Qaida, Pakistan“ hinzuschreiben, nur um zu sehen, ob das überhaupt jemand liest. Aber man sollte als Gast im Land lieber brav und höflich alle Riten mitspielen, um nicht anzuecken.