Verunmöglichen Sie doch mal das Verhühnern einer Verzeigung

Februar 27th, 2009

(reload vom 1.04.06)

  • Verzeigungen und andere Spezialitäten mit „ver“
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 19.03.06

    Die Verzeigungen wegen Cannabis-Konsum nehmen von Jahr zu Jahr zu.

    Verzeigungen

    Jetzt haben wir dieses Wort schon so oft gelesen, und wissen genau, dass man in der Schweiz nicht nach Canossa gehen muss, im Büsserhemd wie einst Heinrich IV, um Busse zu tun, falls man auf Grund von „fehlbarem“ Verhalten verzeigt wurde und eine „Busse“ auferlegt bekam, sondern dass dann eher an Bezahlung in bar oder per Überweisung gedacht ist.

    Und dennoch können wir uns nicht ganz Abfinden mit den „Verzeigungen“, denn wer zeigt da eigentlich auf was, und kann man die Verzeigungen auch verzeihen, oder sprengt das jegliche sprachliche Auffassungsgabe? Die Schweizer haben da noch ein wunderbares Wort dafür, wenn etwas „unmöglich“ gemacht wird, dann wird es schlicht und einfach „verunmöglicht“.

    Fragen wir doch das Variantenwörterbuch des Deutschen:

    Verzeigung CH die;-,-en (Recht): ‚Strafanzeige’:
    132 Lenker wurden mit Bussen zwischen 40 und 250 Franken bestraft, in 22 Fällen kam es zu einer Verzeigung beim Polizeirichter (TA 30.10.1999,15)

    Der nette Mensch, der sie verzeigte, hat in der Schweiz auch einen hübschen Namen. Es ist der „Verzeiger“, und wenn es eine Frau ist, dann halt eine „Verzeigerin“. Wir müssen unweigerlich an Stehgeiger denken, lesen wir vom Verzeiger.

  • Verunfallen und verwohnen

  • Die Schweizer scheinen eine ganz besondere Vorliebe für Wörter mit der Vorsilbe „ver“ zu haben. (Wir erinnern nur an „Ver-micelles„). So hat man in der Schweiz nicht einfach einen Unfall, sondern man „verunfallt“ und wenn sie lange in einer Wohnung gewohnt haben, dann würde man in Deutschland eine solche Wohnung „abwohnen“, so wie „absitzen“ der Strafe im Knast, während man in der Schweiz die Wohnung „verwohnt“.

    „Wer sich nicht daran stört, dass die Wohnung einen (…) etwas verwohnten Eindruck macht…, wird sich schnell wohl fühlen.
    (Quelle: Tages-Anzeiger 20.3.1998, nach Variantenwörterbuch)

    Verwohnen“ bitte auf keinen gar keinem Fall mit „verwöhnen“ verwechseln, das wäre peinlich. Sagt die potentielle zukünftige Schweizer Mieterin bei der ersten Besichtigung der neuen Wohnung: „Darf ich sie auch ein bisschen verwohnen“, könnte das von einem Deutschen Vermieter als „verwöhnen“ verstanden und völlig falsch interpretiert werden.
    Haben Sie auch schon mal etwas verhühnert?

  • Haben Sie hier Hühner gehalten?
  • Wenn es sehr sehr unordentlich zugeht bei den Schweizern, wenn dann etwas „durch Unordnung oder Unkonzentriertheit verlegen, verloren oder vergessen“ wird, dann spricht man in der Schweiz von etwas „verhühnern“. Vielleicht weil so ein Huhn manchmal sein frisch gelegtes Ei nicht wieder finden kann, und es so „verhühnert“ hat? Sie haben das Wort bisher noch nicht gehört? Nun, das liegt einfach daran, dass es sehr selten so unordentlich bei den Schweizern zugeht. Wir erinnern wieder an die Erfahrungen der Schweizer im Bereich Agrartechnik (vgl. Blogwiese von gestern).

  • Von Schusseln und verschusseln
  • Wenn Sie in Deutschland übrigens ihren Schlüssel nicht mehr finden, haben sie ihn nicht verhühnert, sondern „verschusselt“. „Ich Schussel!“ wäre dann der dazu passende Ausruf. So ein Schussel kann auch ein Sprung haben, den allerdings dann eher in der Schüssel, wenn er nicht ganz richtig tickt im Kopf.

    Wer führt eigentlich hier den Mist? — Neue Schweizer Redewendungen

    Februar 26th, 2009

    (reload vom 31.3.06)

  • Der Mist ist nun geführt
  • Wir stolperten über einen Satz im Tages-Anzeiger vom 23.03.06 S. 15

    Der Mist ist nun geführt, und das Urteil des Obergerichts ist rechtskräftig.

    Der Mist ist nun geführt

    Es ging in dem Artikel um eine Bauernfamilie auf dem Döltschihof in Wiedikon, die nach einem Urteil des Obergerichts ihren Hof räumen muss. Der Satz passt also vollkommen in den Kontext, in dem es auch um biologischen Landbau und Milchkühe geht. Dennoch verstehen wir absolut nicht, warum man hier „Mist führen“ muss. Vielleicht ist es nur ein Schreibfehler, und es sollte heissen: „Der letzte Mist wurde aufs Feld gefahren“, die letzte Scheune leer geräumt, die Arbeit erledigt. Aber da steht eindeutig „geführt“, und nicht „gefahren“. Ob sie dort mit einem Ochsenfuhrwerk arbeiten, und die Zugtiere mit einem Karren voll Mist im Schlepptau auf das Feld „geführt“ werden müssen? Diesmal beschliessen wir, nicht viel Zeit mit Duden, Wahrig, Leo und Konsorten zu verlieren, sondern gleich das Variantenwörterbuch des Deutschen aus dem DeGruyter Verlag zu befragen. Und tatsächlich, wir lesen dort schwarz auf weiss auf Seite 505:

    Der Mist ist geführt“ CH ‚etw. ist gelaufen, erledigt’
    Die Kräfte reichten nur bis zum ersten Gegentor. Dann war der Tank leer – und der Mist geführt (Blick 16.5.1998,15)

    Suchen wir genau diesen Ausdruck „Der Mist ist geführt“ bei Google-Schweiz, so finden wir weitere schöne Beispiele:

    Der Mist ist geführt Weltwoche, 17. August 2000
    In Zürich und Chicago einst ein eigenartiger Hit, in New York jetzt ein peinlicher Flop: die kuriose Kuhparade.
    (Quelle: hossli.com)

    Oder auf der offiziellen Seite parlament.ch

    Der Mist ist geführt
    Weil die Finanzdelegation das dringliche Airline-Engagement gebilligt habe, stehe das Parlament vor einem „Fait accompli“, sagte Simon Epiney (CVP/VS).
    (Quelle: parlament.ch)

    Oder hier:

    Die National- und Ständeratswahlen sind vorbei; die Resultate sind bekannt. „Der Mist ist geführt“, ist eine gängige Redensart dafür.
    (Quelle: www.ref-ag.ch)

    Verstehen Sie diese Redewendung?
    Ganz ehrlich: Ohne den Hinweis des Variantenwörterbuchs wären wir nie auf die Bedeutung „etw. ist gelaufen, erledigt“ gekommen. Verstehen das die Schweizer einfach so auf Anhieb? Wo mag diese Redensart nur herkommen? Tatsächlich aus der Zeit, als in der Schweiz Zugtiere mit einem Karren voll Mist auf das Feld geführt wurden, und nach Ausbringen dieser Fuhre einfach „alles erledigt, alles gelaufen“ war.

    Weil man nun auf dem Feld so lange nichts mehr arbeiten konnte, bis sich der Gestank verzogen hatte? Alles nur unsere Vermutungen. Ist diese Redewendung vielleicht im kollektiven Bewusstsein der Schweizer so fest verankert, weil hier alle irgendwie von Vorfahren abstimmen, die im Agrarsektor tätig waren? Nun, bekanntlich ist auch die „Grande Nation“ Frankreich früher ein Agrarland gewesen, dass erst sehr spät den Umbau zur Industrienation erlebte. Die meisten Franzosen haben Vorfahren aus irgendeinem kleinem Dorf der Province, die in Frankreich gleich hinter der Stadtautobahn von Paris, dem „Boulevard périphérique“ beginnt. Und im Ruhrgebiet weideten vor 150 Jahren noch Kühe, bis ein Kuhhirte in Bochum im Lagerfeuer plötzlich glühende Steine fand, womit die Kohle auch dort entdeckt und die Bauernidylle zu Ende war. Vielleicht ist es darum auch in der Schweiz an der Zeit, sich daran zu erinnern, dass in solchen Redewendung „bäuerliche Grunderfahrungen“ konserviert werden. Frei nach der alten Schweizer Bauernregel:
    „Wenn der Bauer führt den Mist, dann ändert nicht die Sprache, sondern sie bleibt, wie sie ist“
    Mist ist geführt

    Wenn Kinder gross und satt werden wollen wie Grossätti — Neue alte Verwandtschaftsnamen in der Schweiz

    Februar 25th, 2009

    (reload vom 29.3.06)

  • Grosi und Grosätti mit einem „s“
  • Wir lasen im Fachblatt für das angewandte Leben in der Schweiz, der „Schweizer Illustrierten“ Nr. 9 vom 27.02.06 auf S. 62:

    Die Familie lebt! Und zwar altbewährt und topmodern. Für die Kinder immer noch wichtig: das Grosi und der Grosätti. Gemanagt wird die Familie nach wie vor von der Frau: Mutter ist die Beste, sie ist der Boss. Die Kinder haben alles, Handy, Compi und Klamotten – und sind damit doch ganz zufrieden.

    Grossi und Grossätti in der Schweizer Familie

    Offensichtlich wieder eine Verwandtschaftsbezeichnung, die uns in den letzten fünf Jahren in der Schweiz einfach unterschlagen wurde. Hatten wir im Süddeutschen Raum schon häufig von „Göttis“ (vgl. Blogwiese ) sprechen hören, so mussten wir uns bei den Grosseltern immer mit„Oma und Opa“ begnügen.

  • Grosi, Oma oder Nana
  • In der Schweiz sagt man zur Oma „Grosi“ oder „Grossmami“, natürlich sächlich, wie „das Mami“. Unser Variantenwörterbuch des Deutschen kennt sie alle, diese Bezeichnungen für die Verwandtschaft, und es weiss sogar, dass man die Oma in Liechtenstein „Nana“ nennt. Das kommt uns allerdings merkwürdig vor, denn im Französischen Sprachraum ist „Nana“ seit dem berühmten gleichnamigen Roman von Emile ZOLA ein Synonym für „Mädchen, Mädel, Tussi“, wie konnte das bei den Liechtensteinern nur zu einer Grossmutter mutiere? Vielleicht analog zum Begriff für Grossvater der dort „Neni“ genannt wird? Das „riecht“ nach italienischem Einfluss, denn dort heissen die Grosseltern „nonno“ und „nonna“.

  • Neni, Ähne, Ehni oder Ehnel
  • Auf was haben wir uns da eingelassen. Wie kamen wir bisher in der Standardsprache nur mit dem simplen „Opa“ oder „Opi“ aus, der sich so wunderbar für Reime eignete?

    Schade auch, dass heute kaum noch jemand Ingo Insterburg & Co. kennt, die hatten nämlich schon in den siebziger Jahren mit einem Reim vor den Folgen des Drogenmissbrauchs gewarnt:
    Gibst Du dem Opi Opium, bringt Opium den Opi um.
    (Quelle rheine.de)

    „Ähne“ dürften selbst viele Schweizer nicht kennen, denn das kommt aus Vorarlberg und wird dort neben „Ahnl“ oder „Ehnel“ in Todesanzeigen verwendet. Ganz nebenbei lernen wird, dass die Bezeichnung „Vorarlberg“ immer ohne Artikel auskommt, also niemals aus „dem“ Vorarlberg schrieben wird.

  • Immer gross und satt
  • Doch am besten gefällt uns der „Grossätti“, denn der klingt für Kinderohren nach „ziemlich gross“ und „satt“. Google-Schweiz findet für Grossätti 597 Einträge:
    148 Belege immerhin noch für die Version mit einem S wie Grosätti. In Google Deutschland finden wir gerade mal 27 Belege, zumeist sind das Liedtitel von Dialekt-CDs:

    Thun: Dr Grossätti uf em Tanzbode;
    (Quelle: musik-outletters.de)

    Das ist hier ein Lied aus der Stadt „Thun“, gelegen am Thunersee, die bekannt ist für den von dort kommenden delikaten Fisch, und es geht hier nicht um einen promovierten Mediziner namens „Grossätti“ sondern um einen tanzenden Opa. Alles klar? Weil die Thuner es nicht leiden können, mit dem Fisch verwechselt zu werden, haben sie in der Eidgenossenschaft durchgesetzt, dass man diese leckere Speise „Thon“ nennt, mit einem „o“ wie in „Ton-Figur“ oder „Ton-Leiter“.

    Hier noch ein paar Beispiele für die Verwendung von „Grossätti“ in der Schweiz:

    «Grossätti besass ein Handörgeli. Abends spielte er oft zum Tanz auf». Seine Eltern emigrierten in jungen Jahren ins Welschland und seine Wiege stand auch in Le Bouveret am Genfersee. Weil dort das Leben recht karg war, kehrte die Familie zurück nach Wengen und Grossätti erlernte den Zimmermanns-Beruf.
    (Quelle: jungfrau-zeitung.ch)

    Oder hier auf einer Homepage über die freiwirtschaftliche Bewegung im Baselbiet der Dreissigerjahre:

    „I wäiss scho, hüttigtags wäi die Junge au afe läbe, wie die in de Stett, im Aesse wie in de Chläidere, niem isch meh z’friede, und das isch euser Eländ; […] Vo Sigaretli und halbfränkige Sigare het me au no nütt gwüsst, der Grossätti hätt se äim usim Muul gschlage; aber jetz set afe der Grossätti dene Grossgrinde folge und se förchte. So witt si mer cho mit de neue Schuele und ohni Religion.“
    (Quelle: baselland.ch)

    Was „Grossgrinde“ hier bedeutet, konnten wir nicht herausfinden. Vermutlich „Grosskinde“ = Enkelkind.

    Unser Duden hingegen schweigt zu Grossätti. Auch das sonst so ergiebige Online-Wörterbuch von Leo kennt diese Bezeichnung nicht.
    Die Konkurrenz von Duden, der grosse „Wahrig“ kennt es ebenfalls nicht, aber schlägt dafür einfach „Grossaktionär“ vor. Na klar, hat ja mindestens sieben gemeinsame Buchstaben wie „Grossätti“.

    Und dabei liesse sich mit all diesen Bezeichnungen so wunderbare Kalauer schreiben, die mir Neni einfallen würden, weil ich Ähni auf diese Wörter gekommen wäre. Aber wahrscheinlich sehen Kinder das irgendwie anders, weil sie klein sind.

    Haben Sie auch schon Sukkurs erhalten? — Wenn Fruchtbonbons nicht aus dem Lateinischen sind

    Februar 24th, 2009

    (reload vom 28.03.08)

  • Sugus ist nicht Sukkurs
  • Vor ca. 30 Jahren machte die Schweizer Firma Suchard im Deutschen Fernsehen Werbung für ihre Bonbons mit einem flotten Song, dessen Bekanntheit heutzutage bei „BiVies“ (= bis vierzig Jahre alten Menschen) nicht mehr vorausgesetzt werden kann, da muss man schon die „UHus“ (= unter Hundert Jährigen) fragen:

    Es gibt ein neues Fruchtbonbon
    Sugus von Suchard
    Brave Kinder kennen’s schon
    es schmeckt wunderbar
    Sugus Sugus, Sugus von Suchard

    Der Song wurde auch auf Spanisch als „Caramelos Sugus de Suchard“ in Spanien bekannt.
    Es gibt eine neues Fruchtbonbon
    An diese Werbung mussten wir denken, als wir zum ersten Mal in der Zeitung vom „Sukkurs“ lasen:
    Sukkurs erhalten
    (Quelle: Tages-Anzeiger vom 11.03.06 S. 15)

    Wir glaubten, hier werden Bonbons verteilt durch Luzi Stamm, denn wie man „Sugus“ schreibt, das war uns nicht mehr gewärtig.
    Dieser Ausschnitt aus dem Tages-Anzeiger bringt zum einen schöne Beispiele für Schweizer Schriftdeutsch wie „Sukkurs“ und „orten“, zum anderen wird tatsächlich in wörtlicher Rede eine Schweizerdeutsche Aussage wiedergegeben.:

    „Das Züüg isch materiell falsch“

    Wir wissen nicht, welche geheime Strategie dahinter steht. Vielleicht gehört es sich so, dass ein Nationalrat nur auf Höchstalemannisch zitiert werden darf, weil er sonst nicht deutlich genug seine Volksverbundenheit zum Ausdruck bringen kann?

    Doch nehmen wir jetzt „für einmal“ Rekurs zum Sukkurs. Er findet sich bei Google-Schweiz 2’200 Belege dafür, gern auch in der Kombination mit „hoffen auf Sukkurs“ oder „Sukkurs erhalten“.

    Auf Webseiten aus Deutschland finden wir hingegen nur 526 Belege, die entweder aus Schweizer Quellen (z. B. NZZ.de) stammen, in Mundart geschrieben sind (schwäbisches Dialektstück beim Projekt Gutenberg) , oder sich betont wissenschaftlich auch sonst mit zahlreichen Fremdwörter schmücken. Beispiel:

    Einerseits rief das Plenum die Parteimitglieder dazu auf, «veraltete Denkformen und marxistische Dogmen» fallenzulassen und sich von den Fesseln des «Subjektivismus und der Metaphysik» zu befreien, was mit etwas gutem Willen als impliziter Sukkurs für Jiangs Bestreben verstanden werden kann, (…)
    (Quelle: akidojournal.de)

  • Was bedeutet eigentlich Sukkurs
  • Laut Duden heisst Sukkurs:

    Suk|ku.rs, der; -es, -e
    [a: mlat. succursus, zu lat. succursum,
    2. Part. von: succurrere = helfen] (bes. Milit. veraltet):
    a) Hilfe, Unterstützung, Verstärkung;
    b) Gruppe von Personen, Einheit, die als Verstärkung, zur Unterstützung eingesetzt ist:
    „Bin hinauf bis nach Temeswar gekommen mit den Bagagewagen, … zog mit dem Sukkurs vor Mantua“ (Schiller, Wallensteins Lager 5).

    Ein lateinisches Fremdwort, noch dazu aus der Militärsprache, in der Schweiz absolut normal und gebräuchlich im Alltag. Das sollten Sie kennen und verstehen, wenn Sie hier leben und Zeitung lesen wollen. Es ist die Mischung dieser Sprachebenen, die uns beim Tages-Anzeiger am meisten fasziniert: Fremdwörter lateinischen Ursprungs neben Fachwörter der Soziologie (orten, verorten) neben geschriebenem Höchstalemannisch: Das gibt ordentlich was her und hält die kleinen grauen Zellen fit!

    Wenn es richtig teuer wird für die UBS

    Februar 23rd, 2009
  • In Aftenposten stand das nicht
  • Momentan komme ich nur am Wochenende zur gründlichen Lektüre der Schweizer Zeitungen. Norwegen ist weit weg, und in „Aftenposten“ oder im „Dagbladet“ stand nichts über den Knüller der Woche: Das Schweizer Bankgeheimnis, es ist existiert nicht mehr. Oder doch noch ein bisschen? Oder nicht mehr richtig? Während am Freitag, den 20.02.09 in der Sendung „Arena“ noch diskutiert wurde,ob das Bankgeheimnis „wankt“ oder doch schon „fällt“ (siehe hier) , schrieb der Tagesanzeiger am darauffolgenden Samstag:

    Herausgabe von UBS-Daten verboten, doch sie sind schon weg
    Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Beschwerde von acht amerikanischen UBS-Kunden gutgeheissen. Ihre Daten dürfen nicht weitergegeben werden. Sie sind aber bereits in den USA.
    (Quelle: Tagesanzeiger vom 21.02.09, S. 1)

    Bemerkenswert hier die Zeitverhältnisse. Wurde uns nicht immer wieder von kundigen Schweizern erklärt, dass die Schweizer keine einfache Vergangenheit, also kein Präteritum kennen? Nur Gegenwart und Perfekt? Hier lesen wir es deutlich: „Die Herausgabe von UBS-Daten ist verboten“, aber die „UBS hat die Daten weitergegeben“. In der Gegenwart nicht erlaubt, im Perfekt bereits geschehen. Doch der wahre Hammer kommt erst noch. Ein Nebenabsatz des Tagi-Artikels weisst deutlich darauf hin, dass mit dem Ende des Bankgeheimnisses auch eine ganz besondere finanzielle Bedrohung auf die UBS zukommt. Nach den Millardenverlusten an der Börse droht nun auch noch eine happige Strafe. Eine „Busse“, wie man in der Schweiz sagt. Sie wird dieser grössten aller Banken vielleicht finanziell das Rückrat brechen. Der Tagi schreibt:

    Am Freitagabend hat das Bundesverwaltungsgericht der UBS und der Finanzmarktaufsicht (Finma) «verboten, Bankunterlagen oder Dokumente» der acht Kläger «an Dritte, insbesondere an die amerikanischen Behörden, herauszugeben». Der UBS wurde eine Busse bis zu 10’000 Franken angedroht, falls sie sich nicht an das Verbot hält.
    (Quelle: Tagesanzeiger.ch vom 20.02.09)

    Bis zu 10 000 Franken“ heisst, es kann auch eine kleinere Busse sein. Das tut richtig weh, in jedem Fall. Das wird sich die UBS jetzt sicherlich gut überlegen, ob sie diese Busse riskiert, oder doch lieber eine Klage der amerikanischen Behörden. In jedem Fall ist nun umsichtiges Handeln angesagt. Wer will schon gern „gebüsst“ werden, noch dazu von einem Schweizer Gericht.