Strassenbahnen bitte vortreten
Dezember 20th, 2007(reload vom 27.11.05)
Bei der Bundeswehr lernen die Deutschen, sich in einer Linie aufzustellen und beim Marschieren gemeinsam „anzutreten“ (ohne in den A… zu treten). Auf dem Paradeplatz müssen sie dann warten bis der Befehl ertönt: „Schütze Meier, bitte vortreten, Tram Linie 03, bitte auch vortreten.“
Ja, die kann das in der Schweiz. Und die ist garantiert viel stärker als Sie, also lassen Sie sich lieber nicht auf ein Kräftemessen mit der Strassenbahn ein. Die Strassenbahnen gehen immer zu Fuss in der Schweiz, damit sie schön „den Vortritt“ haben.
Am besten wir fragen mal bei Willy Villiger, den „Leiter Schadendienst VBZ“ (Verkehrsbetriebe Zürich), wie das genau geregelt ist. Das ist der Mann beim Verkehrsverbund Zürich, der die Leitung Schadendienst hat, den Dienst am Schaden, oder den schädlichen Dienst, oder den Schaden im Dienst? Warum nicht den Dienstschaden? Wir können es drehen und wenden, der Schaden bleibt irgendwie immer präsent und das Genitiv-S zwischen den Wortteilen hat wohl auch gerade einen Schaden, denn es ist nicht da:
Die Vortrittsregel auf dem Fussgängerstreifen sieht eine Ausnahme vor: Nach der Verkehrsregelnverordnung gilt, dass das Tram Vortritt hat – selbst auf den Fussgängerstreifen. Wir sind uns bewusst, dass diese Verkehrsregel nicht sehr bekannt ist. Aber diese Sonderstellung gegenüber anderen Fahrzeugen wie Auto, Bus, Lastwagen, Motorrad etc. ist für das Tram aus verschiedenen Gründen enorm wichtig. So fährt ein Tram auf Schienen – da ist ausweichen nicht möglich und es braucht zusätzliche Rücksichtnahme der übrigen Verkehrsteilnehmer. (Quelle)
So viel Schweizerdeutsch! Das muss ich erst einmal verdauen.
Die „Verkehrsregelnverordnung„: Regelt da die Verordnung die Regeln oder die Regeln die Verordnung? Oder werden die Verkehrsregeln verordnet?
Warum eigentlich „Fussgängerstreifen„? Werde die Fussgänger dort in einzelne Streifen zerlegt und als Übergang verwendet? Ich weiss ja, die Zebras sind den Schweizern ausgegangen, und ausserdem war nur noch gelbe Farbe da. Sind das die Streifen von den Fussgängern?
„Das Tram“ ist sächlich, und absolut schweizerisch, aber beim „Car“ (=Schweizerdeutsch für Reisebus) und „Töff“ (=Schweizerdeutsch für Motorrad) geht Herr Villiger Kompromisse ein und spricht vom Bus und Motorrad. Plötzlich ist nur noch Schriftdeutsch angesagt.
Und es gibt sogar Zeiten, da überlässt das Tram in Zürich den Vortritt ganz kleinlaut einer gewissen Gruppe von Schiesswütigen, die auf dem Weg sind, die Einwohnerzahl der jungen männlichen Stadtzürcher zu dezimieren:
Da schwenkt sogar der Tramfahrer die weisse Flagge, wenn in Zürich „Knabenschiessen“ auf dem Programm steht. Ein Brauchtum, das von den Baslern durchaus wohlgeheissen wird.