Gottfried Keller war ein Auslandsschweizer — Der Dichter des Grünen Heinrichs
September 21st, 2007(reload vom 30.10.05)
Auch Gottfried Keller war eine Zeit lang Auslandsschweizer. Den berühmten Schweizer Schriftsteller zog es aus seiner Heimat fort nach München. Später lebte er zeitweise in Heidelberg und in Berlin. Seine Romanfigur, genannt „Der Grüne Heinrich„, liess er über den Rhein ebenfalls bis nach München wandern.
(Quelle Wikipedia)
Es gibt nicht viele Dichter der Deutschen Literatur aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die heute noch aufgelegt und verkauft werden. Gottfried Keller ist einer von ihnen. Seine Novellen und Romane lesen sich nach wie vor spannend und flüssig. Die Novellensammlung „Leute von Seldwyla“ gehört sicherlich dazu:
Die Novellensammlung Die Leute von Seldwyla des schweizerischen Autors Gottfried Keller entstand 1855-56 und ist dem poetischen Realismus zuzuordnen. Sie beinhaltet Novellen, deren Handlung in und um die fiktive Kleinstadt Seldwyla situiert ist (Wiki)
Eine Geschichte aus dieser Sammlung heisst „Spiegel das Kätzchen„. Der Deutsche Romanautor und bekannte Zeichner Walter Moers hat diese Geschichte erst kürzlich als Vorlage verwendet zu einem neuen Roman seiner „Zamonien„-Reihe. In seinem Buch „Der Schrecksenmeister“ heisst die Hauptfigur „Echo das Krätzchen“ und aus dem Hexenmeister „Pineiss“ bei Keller macht Moers den Schrecksenmeister „Eisspin„. Die Geschichte spielt bei Moers in Sledwaya, ein deutliches Anagramm auf Seldwyla.
Falls es tatsächlich noch Menschen gibt, die die fantastischen Zamonien-Romane von Walter Moers nicht kennen, hier ein dringende Empfehlung: Es handelt sich um witzig-spannende Fantasy-Literatur vom Feinsten. So dramatisch und fesselnd wie „Herr der Ringe“ und gleichzeitig so phantasiereich wie „Die unendliche Geschichte“von Michael Ende, aber niemals so moralisch. Es gibt kein Gut oder Böse in diesen Romane, auch wenn jede Menge Monster, Unholde, Laubwölfe und Zyklopen ihr Unwesen treiben. Merke: Auch die Bösen haben Hunger und müssen ab und zu was essen. Die Zamonien-Romane werden übrigens fleissig ins Englische übersetzt, ein Ehre, die nur wenigen Autoren aus Deutschland widerfährt.
Seldwyla sei nur eine „fiktive Kleinstadt“? Die Leute von Bülach im Unterland sind da ganz anderer Meinung. Schliesslich verbrachte Keller einige Zeit in Glattfelden und konnte nur diesen kleinen „glücklichen Ort“ hinter dem Wald gemeint haben, als er seine Novellen schrieb. („Saelde“ = mittelhochdeutsch „Glück und Segen“, „Wyla“ = Weiler, kleiner Ort). Jedenfalls nennt sich eine Theatergruppe in Bülach „Die Spielleute von Seldwyla„.
In seinem „Grünen Heinrich“ erzählt uns Keller, wie sein Held Heinrich in München eines Tages so vor die Hunde zu kommen droht, dass er zum äussersten Mittel greift, um zu überleben: Er nimmt eine Arbeit an! Einen Tag lang streicht er gewissenhaft Fahnenstangen an und bekommt am Abend direkt seinen Lohn ausgezahlt. Beinahe hätte er ihn gleich wieder im nächsten Wirtshaus versoffen, doch Heinrich besinnt sich und kauft sich lieber erst Mal etwas zu essen.
Diese Szene ist eine Schlüsselstelle in der Deutschen Literaturgeschichte. Es endet die Romantik, die Tagträumerei, das sorglose Dahinleben auf Kosten der armen Mutter, und es beginnt der Realismus, die knallharte Realität des Alltags. Zum ersten Mal in der Geschichte der Literatur spielt „Geld“ eine wichtige Rolle in einem Roman, und es war nicht zufällig ein Schweizer, der diesen Roman schrieb.
Ein Ex-Anhänger revolutionärer Vormärz-Literatur beschreibt also, wie ein Taugenichts endlich zu arbeiten anfängt.
Die Zürcher machten Gottfried Keller zu ihrem Staatsschreiber:
Am Vorabend seines siebzigsten Geburtstags saß hoch über dem Vierwaldstättersee auf einer Hotelterrasse Gottfried Keller und entdeckte in einem Glückwunschtelegramm, das ihm der Bundesrat geschickt hatte, einen grammatikalischen Fehler. Korrigiert ließ er das Blatt zurückgehen. Dann loderten auf allen Höhen die Feuer auf. Sie feierten ihn, den Staatsdichter, und erinnerten Keller an seine ursprüngliche Absicht, den »Martin Salander« mit einer Brandkatastrophe enden zu lassen. »Sodom und Gomorrha über dieses Goldgrüblein«, hatte er notiert, »Pech und Schwefel über eine Republik, die nur noch ein Basar ist, ein Kapitalistenkontor.«
Quelle Thomas Hürrlimann
Im gesamten Werk von Keller finden Sie keinen Helvetismus, und er benennt sogar eine Novellensammlung die „Züricher Novellen„, daher bitte wir um Nachsicht, wenn mal wieder ein Deutscher auf die Idee kommen sollte, „Züricher Geschnetzeltes“ zu bestellen, oder nach dem „Züricher See“ zu fragen, mit „i“. Der Stadtschreiber Keller war dann sein historisches Vorbild.
Ein anderer Schriftsteller aus der Schweiz, der das Thema „Heimkehr aus Deutschland in die Schweiz“ behandelt hat:
Der Autor erzählt von einem jungen Mann, der lange in Deutschland lebte und nun eines Abends mit dem Zug nach Chur zurückkehrt.
Adalina – so hieß die Cousine Johannes Maculins, in die er sich mit sechzehn verliebte und die wenig später tragisch verunglückte. Als Johannes nun nach zwanzig Jahren in seine Heimatstadt Chur zurückkehrt, überwältigt ihn die Erinnerung an seine erste Liebe und die dramatische Geschichte einer uneingelösten Schuld wird offenbar. (Quelle)