Dem Grenzer lieber keine Fragen stellen — Erlebnisse an der Deutsch-Schweizer Grenze

Juli 25th, 2007

(reload vom 25.09.05)

  • Erlebnisse an der Grenze
  • „Der Grenzer grenzt ein, der Grenzer grenzt aus, ich grinse dem Grenzer ins begrenzte Gesicht…“

    Diese Textzeile aus einem alten Mike Krüger Song fällt mir ein, wenn ich an die Grenzer denke. Wir lieben sie, diese letzte Bastion zwischen der glücklichen Schweiz und dem gefährlichen Europa, die Grenze bei Lottstetten, Tag und Nacht von Deutschen und Schweizer Grenzern scharf bewacht, die aufpassen, dass nicht mehr als 2 Liter Alkohol pro Person eingeführt werden (3 Weinflaschen = 3 x 0.7 = 2.1 Liter, also Obacht!), und die bei 503 Gramm Hackfleisch die Nase rümpfen, denn das sind 3 Gramm zu viel!

  • Bloss keine Fragen stellen
  • Gelegentlich fordere ich die fundierte, 3jährige Ausbildung der deutschen Grenzbeamten heraus, in dem ich mich erdreiste, ihnen Fragen zu stellen:
    „Wo kann ich mein Auto ummelden, wenn es schon verzollt ist. Geht das hier bei Ihnen, oder muss ich dazu nach Schaffhausen?“

    Die Antwort weiss der Grenzer nicht, aber dafür wird jetzt erst mal mein Fahrzeug kontrolliert, sprich durch den Computer gejagt. Ich möchte die Wartezeit nutzen, und die Schweizer Kollegen befragen: „Bleiben Sie bitte neben dem Wagen stehen, solange dieser überprüft wird!!!“ werde ich energisch aufgefordert. Na klar, schon verstanden, könnte ja sein, dass die Karre ohne mich wegfährt während der Überprüfung.
    Zollkontroller durch Schweizer

    Oder dann, als wir endlich Pässe mit Schweizer Wohnsitzeintrag haben, meine Frage, wie das denn nun mit den Bundestagswahlen funktioniert. Ob ich dazu zum Konsulat muss, oder ob das auch per Briefwahl geht? Fragen, die ein in der Schweiz lebender Deutscher einen deutschen Grenzbeamten zu fragen wagt. Antwort: „Darüber kann ich ihnen keine Auskunft geben, fragen sie doch mal die Schweizer Kollegen“. Klar, die werden sicher bessere Kenntnisse in deutschem Auslandswahlrecht haben als der deutsche Grenzschützer.

    Ich finde diese Information dann auf der Homepage des Deutschen Konsulats in Genf: Wir können uns in der letzten Gemeinde, in der wir in Deutschland gemeldet waren, ins Wahlverzeichnis eintragen lassen, und dann per Briefwahl dort wählen.

  • Impfisswiss
  • Wir fahren nach Deutschland zum Einkaufen. Auf der Rückfahrt fragt der Schweizer Grenzbeamte: „Hen Sie d’Impfisswiss dibii?“ Welche deklarationspflichtige Ware er damit wohl meint? Ein paar Missverständnisse später ist es klar: Gefragt ist der Impf-Ausweis für unseren Hund. Der darf nicht ohne Tollwutimpfung ein- oder ausreisen, auch wenn die Tollwut in beiden Nachbarländern seit langem ausgerottet ist.

  • Trödel nach Deutschland importieren
  • Als wir einmal mit einem gemieteten Transporter alte Möbel nach Stuttgart fahren wollen, um sie dort auf einem Garagen-Flohmarkt verkaufen zu lassen, wird der Deutsche Grenzer bei der Einreise aufmerksam: „Dann ist das ja sozusagen Handelsgut! Wir schätzen dass auf einen Wert von EUR 100,–, das macht dann also 16 EUR Mehrwertsteuer.“

    Er beteuert, dass wir besser nix von dem Garagen-Verkauf erzählt hätten, jetzt muss er das wohl verzollen. Kurz schiesst mir der Gedanke durch den Kopf: „Hoffentlich macht er jetzt einen richtigen grossen Tanz um das Zeug, mit viel Papierkram und stundenlangem Aufenthalt, dann kann ich das wenigstens für meinen Blog verwenden…“, da klärt sich die Angelegenheit plötzlich ganz schnell: Da wir keine Euro dabei haben, und die nächste Wechselstelle geschlossen ist, wird ihm das alles doch zu mühsam. So lässt er uns ziehen und „schenkt“ uns die 16 Euro Zoll für 3 alte Korbsessel, ein paar kaputte Holzstühle, eine Kiste mit gebrauchtem Porzellan etc.

  • Erbstücke importieren
  • Auf der Rückfahrt führten wir dann geerbte Möbelstücke von Deutschland in die Schweiz ein. Zum Glück hatten wir uns eine genaue Aufstellung der Möbel incl. Wertangabe und einer Bestätigung, dass es sich um ein Erbe handelt, in Deutschland anfertigen lassen. Möbel bis max. 2000 CHF Wert darf man so kostenlos einführen. Alles geht gut, wir lassen uns den Import bescheinigen und werden dann, wie immer, von den Schweizern ohne Kontrolle durchgewunken.

    Manchmal bin ich versucht, meine „Fragen an die Grenzer“ zu sammeln und an unser Aussenministerium zu schicken. Vielleicht kann man da eine Unterrichtseinheit für die 3jährige Ausbildung draus machen? Sie sehen, ich denke immer methodisch-didaktisch-praktisch.

  • Wollen Sie wiegen oder sollen wir schätzen?
  • Einmal fahre ich allein zum Einkaufen nach Deutschland, und kaufe absichtlich mehr Milch und Fleisch ein, als eine einzige Person eigentlich zollfrei einführen darf. Ich beabsichtige die Übermenge ganz regulär zu verzollen. Mit soviel freiwilliger Bereitschaft zum Zoll entrichten werde ich an der Grenze misstrauisch rausgewunken, und die eingeführten Mengen werden genaustens inspiziert. Man fragt mich, ob ich mit einer provisorischen Schätzung des Warengewichts einverstanden bin, oder auf ein genaues Wiegen bestehe. Ich will sehen, wie der Mann schätzen kann, und lasse mich auf Ersteres ein:
    „Nun, sie haben da 2 Kästen Mineralwasser, das sind schon mal 12 KG…“, so geht das weiter. Jetzt wird also auch das Wasser verzollt. Mit sage und schreibe 14 CHF Zoll werde ich zur Kasse gebeten. Was tun wir nicht alles um die Aussenhandelsbilanz der Schweiz zu verbessern!

    Zoll in Lottstetten bei Nacht

    P.S.: Wir haben in den späteren Jahren viele sehr nette und kompetente Zöllner und Grenzer kennengelernt, sowohl Deutsche als auch Schweizer. Aber viele Fragen zu stellen haben wir uns definitiv nicht mehr getraut.

    Wie wird man ein Burger? — Demokratische Rechte in der Schweiz

    Juli 24th, 2007

    (reload vom 24.09.05)

  • Wie wird man ein Burger?
  • Man geht einfach zu McDonald’s und lässt sich zwischen zwei lätschige Brötchenscheiben klemmen?
    Das ist kein Schweizer Burger!

  • Bürgerort statt Geburtsort
  • Weit gefehlt: Ein Burger wird man nicht einfach so, dazu braucht es eine Bürgergemeinde. Das ist die Gemeinde, von der man das Burgerrecht bekam. Das hat aber nichts mit dem Geburtsort zu tun, sondern jedes Kind bekommt den Bürgerort = Heimatort ins „Familienbüechli“ eingetragen, den auch schon der Vater hatte. Da jedes Kind einen Vater hat, ist dies also nicht schwer festzustellen. Es sei denn, Sie haben eine alleinerziehende Mutter, oder sind „in vitro“ entstanden, dann wird’s kompliziert.

    Diese „Heimatgemeinde“, der „Bürgerort“ oder „Heimatort“ ist in vielen Fällen nicht die Gemeinde, in der man geboren ist oder in der man wohnt, sondern der „Ort der Väter„! Viele Schweizer haben ihre Heimatgemeinde ihr Leben lang nicht gesehen. Das ist für Nicht-Schweizer fast unverständlich! Quelle

    Allerdings! Was tun, wenn der Vater aus Timbuktu, Hinterposemuckel oder Castrop-Rauxel stammt?

  • Einbürgerung als Einnahmequelle
  • Wohnt also Herr Schweizer in Zürich, sein Vater stammt aus dem Wallis und hat Sion als Bürgerort im Pass stehen, wird Herr Schweizer und später auch sein Kind Sion als Bürgerort in den Pass eingetragen bekommen, obwohl sie unter Umständen nie einen Fuss dort hin gesetzt haben. Man kann sogar Burger in mehreren Gemeinden sein. Viele Gemeinden verlangen dafür eine Gebühr, und ganz findige Tessiner Dörfer in strukturschwachen Gebieten haben dies für sich als Haupteinnahmequelle entdeckt. Dort wird schnell und unbürokratisch das Bürgerrecht an fast jeden verliehen, der nur dafür die erforderliche Gebühr bezahlt.

  • Die Einbürgerung von Heinz Aebi (Background NZZ 3.8.03
  • Heinz Aebi aus dem bernischen Twann lebt seit 1973 im Laufentaler Örtchen Nenzlingen im Baselbiet. Er hat dort 5 Kinder grossgezogen, 13 Jahre im Dorfschulhaus unterrichtet und war zweimal Gemeindepräsident.

    Ein Burger war er damit noch nicht. Also wollte er es werden, stellte den Antrag auf das Nenzlinger Bürgerrecht. In Nenzlingen entscheidet die Bürgerratsversammlung über jede Einbürgerung. Dieser Rat versammelt nicht die Einwohner der Gemeinde, sondern einzig deren Burger; jene Alteingesessenen , die ihr Dorf als Heimatort im Pass stehen haben. Die „Ureinwohner“ eben. In Nenzlingen sind es rund 70 Burgern, die über die Einbürgerung von Ausländern und Nicht–Nenzlinger befinden. Das Gesucht von Heinzen Aebi mit Bürgerort Heimiswil im Kanton Bern wurde am 13. Juni 2000 im 27:5 Stimmen abgelehnt. Es kam zur Beschwerde, es wurde noch mal abgestimmt, und wieder wollten ihn die Nenzlinger nicht.

    Was war der Grund? 1975 wurde der Kanton Jura neu gebildet, und das Laufental (ehemals zu Bern gehörend) hatte die Wahl, sich an den Basler Halbkanton zu hängen, ohne eine isolierte Exklave von Bern zwischen Basel-Land und Solothurn zu werden. In diesem föderalistischen Kleinkrieg ging auch 1989 einmal Heinz Aebis Auto in Flammen auf.
    Die Nenzlinger sind ihm heute noch gram, weil er sich der Vergabe der Jagdpachten gegenüber der Burgergemeinde nicht loyal verhalten habe. Man jagt Rotwild und Wildsauen im Laufental. Aebi meint dazu: „Der Ureinwohner will den Wald für sich allein. Dabei ist Platz für alle da“.

    Im September 2002 wird Aebi dann vom Regierungsrat, dem das ganze Treiben peinlich ist, höchstselbst eingebürgert und die Nenzlinger Burgergemeinde muss Busse zahlen.

    Ein neues Bundesgerichtsurteil verbietet nun den Gemeinden die Urnenentscheide über die Einbürgerungsgesuche, Einbürgerungen durch Gemeindeversammlungen sind aber weiter zulässig. Können Sie mir in diesem komplizierten Beispiel Schweizer Basisdemokratie noch folgen? Nicht mehr der Burger darf selbst entscheiden, sondern sein gewählter Volksvertreter.
    Bleibt die Frage zu klären: Warum wollte Aebi eigentlich unbedingt Burger werden?

    Zur Bürgergemeinde heisst es im Internet:

    Auf Gemeindeebene ist zwischen den Angehörigen der polit. Gemeinde (Einwohnergemeinde) und denjenigen der Bürgergemeinde zu unterscheiden. Dem niedergelassenen Schweizerbürger stehen an seinem Wohnsitz alle Rechte und Pflichten der Kantons- und der Gemeindebürger zu. Die Burger oder Ortsbürger – diese Begriffe bezeichnen die Mitglieder der Bürgergemeinde – haben zusätzlich das Stimmrecht in Abstimmungen der Bürgergemeinde sowie auch Anteil an den Burger- oder Korporationsgütern. Die einzelnen kantonalen Bestimmungen, welche die Rechte der Ortsbürger oder Burger regeln, differieren erheblich voneinander.

    Und da ist sie wieder, die klassische Schweizer Antwort auf alle schwierigen Fragen:
    „… das ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich.“

  • Ist das demokratisch?
  • Gesetz den Fall, ein kleines Schweizer Dorf mit 50 Einwohnern, die das Bürgerrecht haben, wird sehr beliebt und es ziehen im Lauf der Jahre einige hundert Schweizer aus anderen Orten dorthin, bauen sich ein Haus und fühlen sich heimisch. Will nun jemand in diesem Ort das Bürgerrecht bekommen, entscheidet darüber nicht die Einwohnerschaft, sondern die kleine Schar der „Ureinwohner“ mit Bürgerrecht. Was ursprünglich als „Schutz gegen Fremdbestimmung“ gedacht war, ist nun ein zutiefst undemokratisches Überbleibsel aus vergangener Zeit.

  • Namen auf -ic und Namen auf -o
  • Wenn sie einen Familiennamen haben, der auf -ic endet, dann können sie schon seit 3 Generationen in der Schweiz zu Hause sein, hier die Schule besucht und ihre Lehre gemacht haben, bei der Einbürgerung werden Sie immer wieder abblitzen. Vielleicht sollten sie ihren Namen lieber ändern lass, leicht italienisieren, eine Endung auf -o wäre schick, dann haben sie sicher gute Chance. Kein Witz sondern vielfach in der Schweiz bezeugte Realität:

    Auf die Frage, warum er sich nicht einbürgern liesse, antwortete mir kürzlich Lutrim: „Mein Nachname endet mit einem -ic. Glaubst du wirklich, ich hätte jetzt eine Chance? Ich als gestempelter Balkanraser?“. Lutrim ist 23 Jahre jung, stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien und lebt seit über zehn Jahren in der Schweiz. Seine Zukunft ist hier. So wie jene von Tausenden anderen Jugendlichen wie Lutrim. (Quelle)

    Stossen statt drücken — Stossen ist nicht schmerzhaft in der Schweiz

    Juli 23rd, 2007

    (reload vom 23.09.05)

  • Fussgänger bitte drücken
  • Fussgänger drücken
    Wenn ein Deutscher an einer Fussgängerampel steht und diese Aufforderung wörtlich nimmt, müsste er anfangen, die Fussgänger neben sich herzhaft in den Arm zu nehmen und sie zu drücken. Kommt er hingegen in der Schweiz an eine Tür, muss er diese „stossen“, nicht drücken.

    Bitten Stossen

  • Stossen ist schmerzhaft
  • „Stossen“ ist für Deutsche immer ein schmerzhafter Prozess. Man kann sich z. B. das Knie anstossen, oder den Kopf. Nur bei den Kugelstossern und Gewichthebern ist es eine gewollte und fleissig trainierte Bewegung, das Stossen, mit grossem Leiden und Gestöhne verbunden.
    Stossen ohne wehtun
    Sonst drücken wir Deutschen lieber. Es drückt uns der Schuh, wir drücken uns um etwas, und natürlich drücken wir auch unsere Liebsten.

    Anstösser erregen keinen Anstoss

  • Der Anstösser erregt Anstoss

  • In der Schweiz erregt ein Anstösser keinen Anstoss sondern er stösst an. Anstossen würden wir in Deutschland nur mit einem Glas Wein oder Sekt in der Hand. Ein „Anstösser“ hätte in Deutschland sicherlich ein Anliegen, und ist daher ein Anlieger, demzufolge hiesse das Schild „Anlieger frei“.

    Anlieger haben ein AnliegenWenn Sie auch ein Anliegen haben, können Sie das jetzt an dieser Stelle vorbringen, oder einfach weiterfahren, da wo es für alle anderen verboten ist. So einfach ist das natürlich nicht. Ein „Anlieger“ ist in der deutschen Strassenverkehrsordnung nicht ein Mensch mit einem Anliegen, sondern ein Bewohner der Strasse. Und nur wenn ein solcher Bewohner einer Strasse mit im Auto sitzt, dürfen Sie diese Anliegerstrasse überhaupt befahren. Sonst kostet es 15 Euro = 23 CHF Busse.

    Deutsche in Zürich gesucht — Umfrage von Felix Renggli

    Juli 21st, 2007
  • Deutsche in Zürich: Blick oder Bild?
  • Wir erhielten eine Mail von Felix Renggli:

    Für meine Diplomarbeit am Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM der Zürcher Hochschule Winterthur suche ich deutsche Staatsbürger, die in der Stadt Zürich wohnhaft und nach dem 1. Juni 2002 in die Schweiz ausgewandert sind.

    In einer fünfminütigen Online-Umfrage sollen sie darüber Auskunft geben, welche deutschen und/oder schweizerischen Medienprodukte sie nutzen. Wenn Sie zur Zielgruppe meiner Befragung gehören, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine E-Mail an untenstehende Adresse senden könnten. Sie erhalten dann den Link zum Online-Fragebogen.

    Die Befragung wird anonym durchgeführt und die E-Mail-Adressen der Umfrageteilnehmer werden nach dem Versand des Links selbstverständlich wieder gelöscht.

    Herzlichen Dank, Felix Renggli renggfel@zhwin.ch

    Haben Sie eine Betreibungsauskunft dabei? — Wohnungssuche in der Schweiz

    Juli 20th, 2007

    (reload vom 21.09.05)

  • Wohnungssuche im Internet
  • Eine Wohnung in der Schweiz zu finden ist sehr einfach, wenn man Internetzugang hat. Es gibt zahlreiche Portale, in denen man seine Suchkriterien eingibt (wieviel Zimmer, wieviel Miete, welche Orte) und sich dann die Ergebnisse anzeigen lässt. Oder man nutzt den Service, neu eingestellte Angebote sofort per E-Mail oder SMS zugeschickt zu bekommen. Ein paar der Anbieter drucken nur eine Telefonnummer ab, die man anrufen muss um dann gegen eine geringe Gebühr den genauen Ansprechpartner mit Telefonnummer genannt zu bekommen.

    Beispiele:
    ImmoScout24
    Homegate

    Die Angebote sind üppig, falls man gewillt ist, von den Zentren wie Zürich und Bern oder Basel etwas Abstand zu halten. Die Faustregel hier ist: Mit jedem Kilometer Entfernung vom Zentrum wird das Angebot grösser und die Wohnungen billiger. Der Kanton Schaffhausen ist zwar weit weg vom Schuss, hat aber garantiert die billigsten und grössten Wohnungen.

  • Volkssport „Wohnungen luege“

  • Die Schweizer haben keine Hemmungen, wildfremde Vormieter in einer Wohnung anzurufen und einen Besichtigungstermin zu vereinbaren, und die Liegenschaftsverwaltungen setzen bei den Mietern die Bereitschaft voraus, 10-20 Besichtigungstermine in den (noch) privaten Räumen über sich ergehen zu lassen.

    Man munkelt, dass sich hier eine „Wohnungen aluege-Szene“ (luege = Schweizerdeutsch „anschauen“, Verwandtschaft zum Englischen „look“ ist nicht zufällig) etabliert hat, die an den Wochenende loszieht um Objekte zu erkunden, die sie gar nicht wirklich mieten will, einfach nur so, weil es Spass macht, bei anderen durchs Schlafzimmer zu stapfen. Oder man schaut sich die Wohnung im Internet an. In der Sonntagszeitung kam ein Bericht über den beliebten Surfer-Sport, sich Villen auf dem Züriberg im Internet von Innen anzusehen.

  • Drei Mal im Jahr ist Umzugstag
  • Wohnungswechselzeit ist immer nach einem Quartal, also zum 1. April, 1. Juli oder 1. Oktober. Wer nicht rechtzeitig kündigt, dem kann es passieren, dass er nochmal 3 Monate zahlen muss, denn einen Nachmieter zu finden ist beim derzeitigen Überangebot verdammt schwierig. Anderseits wird jetzt auch vermehrt angeboten, dass man 2-3 Monate vor Termin einziehen kann, ohne Miete zu zahlen. Die Liegenschaftsverwaltungen versuchen durch solche Lockangebote die Mieter zu finden und dann für mindestens 2 Jahre fest zu binden.

    Wohungen… Wohnungen… und noch mehr freie Wohnungen:
    32 freie Wohnungen auf einmal in Bülach

    Wenn da nicht die Deutschen wären, die in Massen strömen und glücklich sind, so einfach hier was zu finden. Ob sie immer die beliebsten Kunden sind bei den Liegenschaftsverwaltungen, das wage ich zu bezweifeln. Aber man kann sie ja notfalls auch leicht abschrecken von einem tatsächlichen Einzug, in dem man einfach fragt:
    „Hätten Sie mir dann bitte noch eine aktuelle Betreibungsauskunft, bitte“

    Während der Deutsche noch im Duden nachschaut, was das ist, wird schon mal die Kaution ausgerechnet, die er hinterlegen muss.

  • Kaution bei der Swisscom
  • Bei der alten Tante Swisscom bekommt man als Ausländer auch mit B-Bewilligung nur einen Telefonanschluss, wenn man 500 CHF Depot hinterlegt. Warum? Nun, es wäre ja theoretisch denkbar, dass man einfach gnadenlos lang und teuer mit dem Ausland telefoniert, so eine horrende Rechnung auflaufen lässt, und sich dann einfach mir-nichts-dir-nichts wieder ohne Verabschiedung ins Ausland verdünnisiert. In dem Fall würden die hinterlegten 500 CHF sicher den ärgsten Schaden verhindern. Zum Glück hat die Swisscom Konkurrenz und der „Telefonieren über das Kabelnetz“ Anbieter Cablecom macht da nicht so einen Aufstand um die Kaution. Dafür funktionierte es bei unseren Nachbarn in den Anfangsjahren auch nicht immer zuverlässig, jedenfalls nicht gleich.

  • Makler in Deutschland
  • Und wie findet man in Deutschland eine Wohnung?
    In einer Gegend mit hoher Arbeitslosigkeit und Stadtflucht (Ruhrgebiet oder Ostdeutschland) ist das kein Problem, einfach durch die Strassen laufen und auf die Schilder in den Fenstern achten.
    In Boom-Städten wie München, Frankfurt, Berlin oder Freiburg ist es fast unmöglich, etwas über das Internet oder Anzeigen zu finden. Hier hat sich der nette Berufsstand der „Makler“ etabliert.

    Makler sammeln die Interessenten, die sich auf eine Zeitungsanzeige um eine Wohnung beworben haben, sortieren sie vor, bitten dazu um detaillierte Gehaltszettel und Nachweis einer festen Anstellung, suchen sich dann 3-4 potentionelle Mietparteien aus, um ihnen, natürlich allen gemeinsam, das Objekt der Begierde vorzuführen. Zuvor muss jeder eine „Vermittlungsvereinbarung“ unterzeichnen, die besagt, dass man bei Zustandekommen eines Mietvertrags den Beitrag einer zweifachen Monatsmiete an den Makler für seine Dienste zu zahlen bereit und gewillt ist.

    So verdient ein Makler mit 2 Stunden Arbeit einen Betrag von 2000 -3000 CHF. Aus diesen Gründen hat die satrische Zeitschrift TITANIC vor Jahren die Kampagne lanziert: „Mit Maklern leben — auch Makler sind Menschen„. Mit dem Plakat, auf dem ein kleines Kind erzählt:

    Mein Papa ist Makler, er sagt immer, wenn Du mehr Taschengeld haben willst, sag einfach bescheid, ich hole es uns dann von den nächsten Mietern, ich verlange einfach mehr für die Wohnung..“

    Doch zurück in die heimelige Schweiz:
    Das Cheminee daheim zum Müllverbrennen

  • Das Cheminee, die private Müllverbrennungsanlage
  • Dort machen wir es uns gemütlich an unserer offenen Feuerstelle, dem Cheminée oder Kamin, den es selbst in vielen Mietwohnungen gibt. Dort kann man in Ruhe seinen Müll verbrennen um Kehrrichtsack-Gebühren zu sparen, oder sich ein Kaninchen braten, und riskiert eine gehörige Busse, wenn man dabei erwischt wird.

  • Der Gartensitzplatz
  • In der Schweiz sind die Parterre-Wohnungen (hier „Rez-des-Chaussee“ genannt) keinesfalls billiger als die im 1. oder 2. Stock, denn sie haben etwas, was die anderen nicht haben (nämlich mehr Einbrüche, weswegen in Paris niemand freiwillig in so eine Wohnung ziehen würde, ausser er besitzt einen Wachhund): Den Gartensitzplatz.
    Der Gartensitzplatz
    Das ist noch lange kein Garten, sondern nur eine kleine mit Platten belegte Fläche vor der Terrassentür, genau so gelegen, das man von dort all die anderen Nachbarn auf ihren Gartensitzplätzen an einem lauen Sommerabend auch gut im Auge behalten kann, wenn man grilliert oder sein Pfeifchen schmaucht.

  • Die Einbauküche
  • Ihre gute Ausstattung ist ein Hauptargument für den Mietpreis einer Wohnung: Keramikkochfelder, Miele-Markengeräte und selbstverständlich eine Spülmaschine sind ein Muss, ohne die eine Wohnung nicht zu vermieten ist.

  • Der Gartenservice durch den Abwart
  • In der Schweiz, da gibt es einen, der kann es immer nicht abwarten, das ist der Abwart. Wir Deutschen haben seit dem „Blockwart“ von allen „Warts“ die Nase voll, wir haben höchstens einen Hausmeister. Der Abwart wohnt oft im Haus in einer speziellen Abwartwohnung zu ebener Erde und muss sich um alles kümmern, so z. B. um das Treppenhaus-Putzen, die Schneeräumung und die Pflege der Rasenflächen. Meist wird das aber von professionellen Trupps erledigt, die rasend schnell und effizient arbeiten. Diese Auftragsbranche floriert in der Schweiz, es gibt Spezialisten für die Rolladen (Schweizerdeutsch: „Storen„), für die Küchenausstattung oder für das Reinigen der Tiefgarage:
    Kein Witz, unser Tiefgarage wird jedes Jahr einmal gründlich mit einem Hochdruck-Wasserstrahl gereinigt, dabei wird jedes Lüftungsrohr mit einem Lappen poliert, und auch die letzte Spinnenpopulation in die Flucht geschlagen. Aber keine Angst: Spinnen kommen immer wieder, wenn man sie nicht mindestens 30 Meter vom Ausgangspunkt wegträgt.