Identitätenklau leicht gemacht — Vielleicht sind Sie ja ein ganz anderer?

November 30th, 2006
  • T. C. Boyle und der Identitätenklau in „Talk Talk“
  • Kürzlich las ich den neusten Roman von T. C. Boyle, genannt „Talk Talk“. In ihm geht es um das heisse Thema „Identitätenklau“ und wie einfach es in den U.S.A. ist, mit Hilfe einiger Daten, die aus dem Mülleimer einer Arztpraxis gefischt werden, an genügend Informationen zu kommen, um sich die Identität sowie natürlich auch die Bonität einer fremden Person mit Hilfe von Kreditkarten anzueignen. Ist das in der Schweiz anders? Selbstverständlich, denn hier liegt ihre Identität in Form von Papieren in ihrer Heimatgemeinde „hinterlegt“, auch wenn Sie noch nie persönlich dort auftauchen mussten.

  • Schnell mal eine Webseite registrieren
  • Es gibt jedoch einen Bereich in der Schweiz (und vielleicht auch anderswo), da ist Missbrauch und Identitätenklau sehr einfach. Die Rede ist vom Erwerb und Betrieb einer Webseite. Jeder Mensch kann über das Internet mit wenigen Klicks eine eigene Webseite beantragen, inklusive registriertem Domänenname und Platz für etliche Gigabyte Daten. Fast alle preisgünstigen Provider verzichten auf menschliche Kontrolle und setzen aus Kostengründen vollumfänglich auf automatisierte Verfahren, bei denen Sie lediglich die Daten (Name, Anschrift, Telefon, E-Mail) einfügen müssen, und in maximal 1-2 Stunden wird die Domäne für Sie freigeschaltet und Sie können Ihr kriminalistisches Potential voll entfalten.

  • Vielleicht sind Sie ja Ihr Nachbar?
  • Denn niemand kontrolliert, ob die Daten schlüssig sind, ob wirklich SIE diese Seite in Auftrag gegeben haben oder nicht doch ihr freundlicher aber stiller Nachbar, von dem Sie nicht so genau wissen, was der immer in der Nähe ihres Briefkastens am Morgen treibt. Wahrscheinlich will er ihre Zeitung klauen, was sonst. Vielleicht hat er aber auch schon längst ihre Identität geklaut, denn er braucht sich dafür nur in ihrem Namen bei einem Freemail-Provider eine Email anlegen, und genau dahin werden nun die Zugangsdaten wie Passwort etc. für die neu registrierte Webseite geschickt.
    In Deutschland könnten hier die Schufa-Daten abgefragt werden, so wie es eBay bei jedem Neumitglied zu tun pflegt, falls jedoch Ihr Nachbar auch Ihren Geburtstag und Ihre Telefonnummer weiss, dann hätte er auch diese Hürde problemlos genommen.

  • Wie kommt man an das Geburtsdatum?
  • Kennen Sie den alten Trick, mit dem Betrüger das Geburtsdatum in Erfahrung bringen? Ein Anruf genügt: „Guten Tag, hier ist Radio XYZ. Wir haben in unserer Spielshow BlaBlaBla ihren Namen aus dem Telefonbuch gepickt und würden Ihnen nun gern unseren Preis zuschicken. Leider geht das nur bei Personen über 18 Jahren. Wie lautet bitte ihr Geburtsdatum?„. Sie glauben gar nicht, wieviel Menschen jetzt alles über sich erzählen, wenn es darum geht, einen Gewinn einzustreichen.

  • Oder gleich eine Identität bei Google suchen
  • Wer in Google nach den Zeichenketten „Lebenslauf site:.ch filetype:pdf“ sucht, findet auf Anhieb 59’100 Datensätze mit Anschrift und Geburtsdatum als PDF zur freien Verfügung. Eine wahre Fundgrube für Identitätendiebe.

  • Nach 4-8 Wochen wird es dann kritisch
  • In der Schweiz ist es üblich, eine Rechnung erst nach 3-4 Wochen auszustellen und dann nochmals eine Zahlungsfrist von 30 Tagen einzuräumen. Es dauert also mindestens 3-4 Wochen, bis sie für die Leistung „Registrierung einer Domäne und Einrichtung einer Website“ von ihrem Provider eine Rechnung erhalten, bzw. der wahre Inhaber der Anschrift eine Rechnung erhält. Falls er dann gerade im Urlaub ist, kann es nochmals 4 Wochen dauern, bis die Zahlungsfrist für diese Rechnung abläuft, und der Provider entweder anfängt, Mahnungen zu verschicken oder doch tatsächlich in Erwägung zieht, die Webseite erst einmal zu sperren. Schon sind wir bei 8 Wochen Schonfrist, die ein kriminell veranlagter Mensch Zeit hätte, um auf der Seite in Ihrem Namen allerlei Unsinn anzustellen. Zum Beispiel Ware anzubieten mit einem professionell aussehenden Webshop, geklauten oder kopierten Produktinformationen und Fotos, mit dem Ziel, so an das Geld oder auch nur an die persönlichen Daten anderer Menschen heranzukommen.

    Kein Betreibungsamt, dafür aber eine Datenkrake — Fragen Sie doch einfach die Schufa

    November 29th, 2006

    [HINWEIS: Seit gestern habe ich einen kleinen SPAM-Schutz bei den Kommentaren eingebaut, um die etlichen Spam-Kommentare nicht permanent von Hand löschen zu müssen. Einfach Kommentar schreiben, Zahl ausrechnen und das Ganze „submitten“. Die Kommentare werden danach immer noch manuell freigeschaltet. Es hilft nur die vielen automatisch generierten Spam-Comments zu verhindern. Für allfällig Umtriebe bitten wir vorauseilend um Entschuldigung. Gruss, Jens]

    Da es in der Deutschland keine Betreibungsämter gibt, kann man folglich auch keine Betreibungsauskunft bekommen. Diese Lücke füllt eine andere Institution, genannt „Schufa“, die „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“.

  • Bitte noch die Schufa-Klausel unterschreiben
  • Die Schufa ist eine riesige Datenkrake, die jeden Menschen in Deutschland automatisch erfasst, der ein Girokonto haben möchte, einen Handyvertrag, einen Autokredit usw. Immer heisst es dann: “unterschreiben Sie bitte hier noch die Schufa-Klausel, dass Sie mit der zentralen Erfassung ihrer Daten einverstanden sind“, und schon ist man erfasst. Ab jetzt können andere abfragen, ob Sie denn auch in der Vergangenheit ihre Kredite immer brav bezahlt haben. Wenn Sie sich weigern, diese Klausel zu unterschreiben, werden Sie einfach kein Kredit erhalten, mitunter nicht einmal ein Girokonto, die Banken sind da ziemlich empfindlich in Deutschland.

  • Vor Weihnachten einen schnellen Kredit
  • Die zentrale Schufa kann allerdings auch sehr praktisch sein. So habe ich vor Jahren mal am Samstag vor Weihnachten kurz vor Geschäftsschluss noch schnell einen PC gekauft, den ich nicht gleich bar sondern in fünf Monatsraten verteilt bezahlen wollte. Der Mensch an der Kasse nahm meine Daten auf und startete , damals via Modem, eine Schufa-Anfrage. Es lag kein negativer Eintrag gegen mich vor, und schon hatte ich diesen Kleinkredit schnell und unbürokratisch bekommen.

  • „Tod eines Handlungsreisenden“ kennen alle
  • Eine Schufa-Auskunft kann in Deutschland gegen Geld fast jeder einholen, der behauptet, etwas über Sie wissen zu müssen. Lebensversicherungen fragen bei Vertragsabschluss grundsätzlich bei der Schufa nach, ob der zukünftige Kunde nicht zufällig überschuldet ist und nun seine Familie via Selbstmord sanieren möchte. Die haben eben alle „Tod eines Handlungsreisenden“ von Arthur Miller gelesen oder die Verfilmung „Death of a Salesman“ mit Dustin Hoffmann (1986) gesehen, in der exakt dieses Szenario vorgeführt wird.
    Death of a salesman als Video bei amazon.com

  • Ist der neue Freund der Tochter auch kein Betrüger?
  • Es haben schon Bank-Mitarbeiter auf diese Art und Weise nachgeforscht, ob der neue Freund der Tochter auch „sauber“ ist und nicht vielleicht jede Menge Schulden am Hals hat. Wenn die Schufa in Deutschland nach Ihren Daten angefragt wird, bekommen Sie übrigens eine Nachricht. Sie erfahren nicht, wer da gefragt hat, aber dass gefragt wurde.

    Das Recht auf Selbstauskunft
    Selbstverständlich können Sie auch jederzeit ihre Daten bei der Schufa selbst einsehen.
    Bei der Schufa bekommen Sie unentgeltliche Selbstauskunft jedoch nur, wenn Sie persönlich in einer der 13 regionalen Geschäftsstellen erscheinen. Vertreten ist die Organisation in Hamburg, Bremen, Berlin, Hannover, Bochum, Düsseldorf, Köln, Frankfurt/Main, Leipzig, Mannheim, Saarbrücken, Stuttgart und München. Telefonnummern und Öffnungszeiten der einzelnen Niederlassungen finden Sie auf der Verbraucher-Kontaktseite der Schufa. Alternativ dazu können Sie Ihre Selbstauskunft über ein Online-Formular (…) bestellen.
    (Quelle: akademie.de)

  • Und wenn nun einer so heisst wie Sie?
  • Nach 3 Jahren sollten die Daten gelöscht werden. Aber es soll Leute geben, die heissen zufällig gleich, und sind am gleichen Tag im gleichen Ort geboren. Sie meinen, das kommt selten vor? Allein in der kleinen Universitätsstadt Freiburg im Breisgau finden sich auf Anhieb 12 Menschen mit dem Namen „Peter Müller„. Stimmen nun noch der Geburtsort und der Geburtstag überein, dann fängt es an, lustig zu werden. Denn macht nun der eine “Peter Müller” Schulden, dann kann der zweite “Peter Müller” keinen Kredit bekommen, wahrscheinlich wegen einer Verwechslung bei der Schufa-Auskunft.

  • Es gibt keinen „Heimatort“ in Deutschland
  • Einen „Heimatort“ wie die Schweizer kennen die Deutschen nicht. Eindeutig wird man in Deutschland durch die Kombination von Name, Vorname, Geburtsdatum und Geburtsort. Letzteres ist schlichtweg der Ort, in dem Sie zur Welt gekommen sind. Dort liegt auch das Original ihrer Geburtsanzeige im Standesamt, von der Sie bei Bedarf eine Version anfordern können, z. B. um einen Pass zu beantragen.

    Die Schufa kann also zum Problem werden für Leute mit Allerweltsnamen. In einem Land mit 82 Millionen Einwohner kommt das häufiger vor, dass Menschen gleich heissen. Als noch die Telefon-CD mit einer Suchfunktion für ganz Deutschland existierte, ergab die Suche nach „Helmut Kohl“ gleich 50 Fundstellen von Menschen, die so heissen wie der Alt-Bundeskanzler, und nur einer wohnte in Oggersheim. Ein paar davon auch mit Doktortitel. Fast niemand ist einzigartig in Deutschland.

    Bei insgesamt weit über 350 Millionen Eintragungen bleibt es außerdem nicht aus, dass sich völlig unzutreffende Datensätze in Ihre Unterlagen einschleichen. Unter dem Motto „Computer sind auch nur Menschen“ räumt sogar die Schufa selbst ein, dass sie nicht unfehlbar ist und es „schon mal zu einem Fehler kommen kann“.
    (Quelle: akademie.de)

  • eBay überprüft Identitäten mit der Schufa
  • Wer bei eBay neu einsteigen möchte, muss selbstverständlich ehrlich und genau seine kompletten Daten wie Anschrift, Geburtsdatum und Adresse angeben. Es wird dann sofort online von eBay bei der Schufa überprüft, ob diese Kombination von Daten plausibel ist, und freilich auch, ob sie nicht schon überschuldet sind, bevor ihre neue Käufer- oder Verkäuferidentität dort freigeschaltet wird.

  • Identitätenklau bei eBay, trotz oder wegen der Schufa
  • Wissen Sie alle diese Daten von dem alten Mütterchen, dass bei Ihnen im Haus zwei Etagen höher wohnt und bisher ohne PC und Internet lebt, dann könnten Sie sich damit in Deutschland problemlos bei eBay eine zweite Identität zulegen. Natürlich ist das illegal, aber immer wieder klagen Betroffene, die durch diesen „Identitätenklau“ geschädigt wurden. Sie erhalten Mahnungen und Anrufe, dass die von ihnen bestellte Ware endlich bezahlt werden soll, und merken erst nach und nach, dass jemand anders in ihrem Namen bei eBay Dinge gekauft hat, die er nie bezahlte. Lieferung per Abholung beim Parcel Service, der die Zustelladresse nicht finden konnte. Die Dienste der Schufa können also auch einfach für kriminelle Zwecke genutzt werden.

    [Morgen: Identitätenklau leicht gemacht — Vielleicht sind Sie ja ein ganz anderer?]

    Wie (be)treiben (es) denn die Deutschen? — Das Wort „Betreibung“ versteht ein Deutscher nicht

    November 28th, 2006
  • Wie (be)treiben (es) die Deutschen?
  • Auf der am 23.11.06 stattgefundenen SAL-TagungFüdliblutt oder splitternackt — Welches Deutsch brauchen wir?“ erzählte ich in einem Forum von den ersten schweizerdeutschen Wörtern, die wir als Deutsche in der Schweiz lernen durften:
    Die Betreibung, jemanden betreiben, die Betreibungsauskunft, das Betreibungsamt.
    Alles absolut Deutsch klingende Wörter, die nur in der Schweiz bekannt sind und verstanden werden. „Wie sagen Sie denn in Deutschland dazu, wenn jemand betrieben wird?“ fragte daraufhin eine Teilnehmerin der Tagung. Gar nicht so einfach, diese Frage zu beantworten. Wenn die aussersprachliche Wirklichkeit eine andere ist, wie in diesem Fall, dann fehlt dazu auch eine passende Bezeichnung und das passende Verb.

  • Schulden eintreiben in Deutschland
  • Natürlich gibt es auch in Deutschland Menschen, die ihre Rechnungen nicht bezahlen, und andere Menschen, die gern an ihr Geld kommen möchten. Was tun die denn dann, wenn sie keine „Betreibung“ in die Wege leiten können? Nun, sie müssen sich mit einer Klage an ein Gericht wenden. Sie müssen vor einem Richter beweisen, dass sie rechtmässigen Anspruch auf die Bezahlung einer Schuld haben. Ist alles bewiesen und konnten sie ihr Anliegen erfolgreich vor einem Richter darlegen, dann spricht dieser ein Urteil und der Gläubiger (der fest daran glaubt, bald sein Geld zu erhalten, darum heisst er so) erhält einen „Vollstreckungstitel“ oder kurz „Titel“ gegen den Beklagten.

    Mit so einem Titel kann er nun beispielsweise eine Pfändung in Auftrag geben, kann einen „Gerichtsvollzieher“ beauftragen, zum Haus des Schuldigen zu gehen, und dort auf alle Wertgegenstände wie Fernseher, CD-Player etc. einen „Kuckuck“ zu kleben mit dem Hinweis, dass diese Gegenstände gepfändet sind und nicht mehr veräussert werden dürfen, bzw. in einer bestimmten Frist abgeholt und verkauft werden, um so die Schuld zu begleichen. Ausserdem kann der Gerichtsvollzieher jederzeit eine „Taschenpfändung“ beim Schuldner durchführen und eventuell vorhandenes Bargeld sofort beschlagnahmen. Auch in Deutschland gilt es also, ein paar hübsche Wörter zu lernen, wenn man per Gericht sein Geld bekommen möchte:

    Das gerichtliche Mahnverfahren
    Vordruckzwang: Für das gerichtliche Mahnverfahren – notwendig, um eventuell einen Vollstreckungstitel erwirken zu können, der 30 Jahre lang gilt, – besteht Vordruckzwang. Die Vordrucke erhalten Sie in Schreibwarengeschäften (meistens nur in Gerichtsnähe) oder auch im Amtsgericht. Auf diesen Vordruck müssen Sie allerdings Gebührenmarken kleben: Für einem Streitwert von 250 Euro kostet das Mahnverfahren 12,5 Euro, einschließlich Zustellungskosten (die Anwalts-Gebührenordnung verlangt für die gleiche Dienstleistung 75 Euro). Das gerichtliche Mahnverfahren gibt es auch grenzüberschreitend für alle EU-Staaten.

    Vollstreckungsbescheid: Wenn der Schuldner dem Mahnbescheid nicht widerspricht – dazu hat er 14 Tage Zeit – kann der Gläubiger den Vollstreckungsbescheid beantragen. Dann macht sich der Gerichtsvollzieher im Auftrag des Gläubigers auf den Weg und pfändet Möbel oder Auto eventuell auch den Taschengeldanspruch der Ehefrau (fünf Prozent vom Einkommen des Mannes). Notfalls kann es für den Schuldner mit Pfändung von Lohn- oder Gehaltsansprüchen beim Arbeitgeber auch unangenehmer werden. Letzter Schritt ist dann die Kontenpfändung
    (Quelle: finanzen.fokus.de)

    Soweit die Theorie. Leider hapert es bei dieser Regelung in der Praxis an vielen weiteren Regelungen, die zu beachten sind. So kann dem Schuldner sein Hab und Gut nicht gänzlich beschlagnahmt werden, und ein Mindessumme für den Lebensunterhalt muss ihm auch gelassen werden.

  • Der Schwarze Schatten — der Mann im schwarzen Anzug läuft immer hinterher
  • In Deutschland haben einmal erboste Besitzer solcher „Vollstreckungsbescheide“ die Menschen, die ihnen viel Geld schuldeten, moralisch unter Druck setzen wollen, in dem sie Studenten beauftragten, ganz in schwarz gekleidet, als Verkörperung eines „Vollstreckers“ stets in der Öffentlichkeit hinter diesem Menschen herzulaufen, als permanente Mahnung und Erinnerung: „Ich bekomme noch Geld von diesem Menschen“. Diese Art der Blossstellung in der Öffentlichkeit wurde gerichtlich untersagt, obwohl die Methode sehr erfolgreich war. Der Schuldner zahlte sehr bald seine Schulden:

    Vor wenigen Jahren folgten auffällig schwarz gekleidete Herren (altmodischer Anzug, Melone, Stockschirm), eine schwarze Lady oder auch ein großer rosa Hase Schuldnern auf Schritt und Tritt. Sprach der Verfolgte sie schließlich an, überreichten sie ihm eine Karte mit der Telefonnummer eines Vermittlungsdienstes. Das Landgericht Leipzig hielt das allerdings für einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und Verstoß gegen die guten Sitten des Wettbewerbs (Az.: 6 O 4342/94).
    (Quelle: finanzen.focus.de)

    Den grossen rosa Hasen finde ich eine fast noch hübschere Idee als die schwarze Lady oder den schwarz gekleideten Herren.
    Rosa Hase
    (Quelle Foto: yatego.com)

  • Die kräftigen Jungs vom Inkasso-Unternehmen
  • Dann gibt es natürlich in Deutschland Inkasso-Unternehmen, die einem die lästige Arbeit des Schuldeneintreibens abnehmen. Im Fernsehen wird gelegentlich darüber berichtet, welche netten und gut trainierten Kampfsportler, meistens aus östlichen Staaten, von solchen Unternehmen eingesetzt werden, um morgens um 7:00 Uhr an der Türe klopfend, natürlich gleich als Truppe auftretend, beim Schuldner moralische Überzeugungsarbeit zu leisten:

    Wenn der Schuldner nach 30 Tagen nicht reagiert und Sie keine Lust haben, sich lange mit der Forderung herumzuärgern, können Sie sich an ein Inkasso-Unternehmen wenden. Davon gibt es mehrere Hundert in Deutschland, die mit mehr oder weniger kreativen Methoden Außenstände eintreiben. Sie haben die Wahl, das Unternehmen zu beauftragen, Ihre Interessen zu verfolgen, Sie können ihm aber auch Ihre Forderung verkaufen: Viel gibt es dafür allerdings nicht, in der Regel 10 bis allenfalls 15 Prozent der ausstehenden Summe; manche zahlen auch noch weniger. Die meisten Unternehmen machen so etwas gar nicht. (…)
    (Quelle: finanzen.focus.de)

    Wie friedlich klingt da doch der Titel des «Friedensrichters », der nächst höhere Beamte nach dem Betreibungsbeamten in der Schweiz!

    (Zweiter Teil morgen: Was ist eine Schufa-Auskunft?)

    Über die sprachliche Kreativität militärischer Kreise

    November 27th, 2006
  • Kreativität in der Blütezeit
  • Wenn in der Schweiz oder in Deutschland junge Menschen dazu abkommandiert werden, sich in der Landesverteidigung ausbilden zu lassen, dann geschieht das in der Regel im zarten Alter von 18-20, in Deutschland meist ein wenig später als in der Schweiz, denn die Schullaufbahn dauerte länger bzw. ist die Berufsausbildung ein willkommener Anlass, die Pflichtdienstzeit von neun Monaten etwas später anzutreten. Ein Alter, in dem nicht nur die Testosteron Produktion auf Hochtouren läuft, sondern in dem auch die sprachliche Kreativität der jungen Menschen eine Blütezeit erlebt.

  • Bundeswehrsprache spezial
  • So fanden wir bei Wikipedia eine äusserst lehrreiche und unterhaltsame seitenlange Auflistung von Spezialausdrücken der Bundeswehr, von denen einige echte poetische Meisterwerke sind. Hier ein paar Auszüge:

    Ackerschnacker: Feldtelefon (Reichweite reicht knapp über den „Acker“, ca. 1,8 km)

    Biwak: Bezeichnung für Übung mit Aufenthalt und Übernachtung auf einem Truppenübungsplatz, meist im Zelt, scherzhaft deshalb auch Bundeswehr im Wald außer Kontrolle oder auch Besonders im Winter arschkalt

    Bilder stellen: Das Vortäuschen von Aktivität, wenn eine Führungsperson eintrifft, um das Fehlen einer Aufgabe zu vertuschen

    Boden-Luft-Verbindungsoffizier: Militärpfarrer

    Bumsknochen: Gewehr

    Büchsenöffner: Panzerfaust

    EPA: Abgeleitet von „Einmann-Packung“; Bezeichnung für Verpflegungspaket aus stark konservierten Lebensmitteln, die angeblich bis zu 100 Jahre haltbar sein sollen. Scherzhaft genannt Erbrochenes Pikant Aufbereitet, da der Inhalt eines EPA aufgrund des oft als sehr schlecht empfundenen Geschmacks mit Erbrochenem verglichen wird.

    Kampferdbeere: Soldat, der im Feld zur sonst perfekten Tarnung das rote Barett trägt.

    Legogewehr: Scherzhafte Bezeichnung für das Sturmgewehr G36, da es bis auf Lauf, Verschluss, Federn und einige Kleinteile völlig aus Kunststoffen gefertigt ist (siehe auch Tupperteil, Plastepengpeng).

    Stetten am kalten Arsch: Albkaserne bei Stetten am kalten Markt auf der schwäbischen Alb. Gerüchteweise ist dort im Sommer mal eine Ziege erfroren. Ironischerweise auch „Stetten am karibischen Meer“ genannt.

    ZMAS: Befehl, Kurzform für „Zu mir, aber schnell!“

    ZMZZ: Befehl, Kurzform für „Zu mir, Ziemlich zügig!“

    ZMZZSPMDA: Befehl, Kurzform für „Zu mir, ziemlich zügig, sonst platzt mir der Arsch!“
    (Quelle: Auszüge aus Wikipedia)

  • Und in der Schweiz?
  • Auch das Schweizer Militär ist in dieser Liste vertreten. Hier eine kleine Auswahl unserer Lieblingsausdrücke:

    Arschlochbarriere: schwarze Armeeschokolade

    Bundesferien: (auch Pfadilager) alljährlicher, dreiwöchiger Wiederholungskurs WK

    Bundesrocker: Motorradfahrer

    Bundesziegel: Armeekekse

    Bürogummi: Ursprünglich abschätzige Bezeichnung für Verwaltungssoldaten wie Fouriergehilfen

    BWS: „Beid Wäg Seckle“ – im Laufschritt hin und zurück

    Chettefigg: (Kettenfick) 24 stündiges Mittragen der Schneeketten im Rucksack als Strafe für einen fehlbaren Motorfahrer

    Chettele: (Ketteln) drillmässiges montieren resp. demontieren der Schneeketten (besonders beliebt im Sommer)

    Chinesebeton: Reisgericht

    Chuchitiger: (Küchentiger) Truppenkoch

    Fisch fassen: auch fischen, Zusammenschiss erhalten (von „Fiche“?). Die Heftigkeit des Zusammenschisses wurde in der Grösse des Fisches angegeben, wobei man die Arme zur Hilfe nahm. Reichte des nicht mehr aus, so wurde nur noch der Augenabstand des vermeintlichen Fisches gezeigt.

    Hä-si-be: Hält sich bereit (klingt besser als: „hat nichts zu tun“); auch Hä-si-ra-be (Hält sich rauchend bereit)

    Inschter: Instruktionsunteroffizier oder -offizier; aufgrund der starken Miliztradition oft mit Vorurteilen behaftet (ist Dein Leben dunkel und finster, komm zu uns und werde Inster)

    Ist so, weil ist so. Allgemeine Antwort auf Fragen nach dem Sinn von Übungen etc.

    Ist so, weil ist so. Bleibt so, weil war so. Entsprechende Steigerungsform (auch: Ist so, weil war so. Bleibt so, weil gut so.)

    Liegestuhl Soldat: Scherzhafte Bezeichnung eines Soldaten der mittleren Fliegerabwehrtruppen (genauer: Operateur des Feuerleitgeräts Skyguard). Das Truppengattungsabzeichen ähnelt einem von der Sonne bestrahlten Liegestuhl; richtigerweise wird eine Radarschüssel mit Abstrahlung dargestellt.

    lisme: (CH für stricken) Stacheldraht verlegen

    NATO-Hindernis: Erstes Hindernis auf der Hiba (=Hindernisbahn), welches aus unerfindlichen Gründen stets ausgelassen wird (nicht aber bei der Infanterie)

    Naturbremse: Fahrrad Ordonnanz 05, welches aufgrund des Alters oder schlechter Wartung sogar bei der Abwärtsfahrt langsamer wird.
    (Quelle: Auszüge aus Wikipedia)

    Was lernen wir daraus? Kreativität entsteht offensichtlich besonders unter einem gewissen Leidensdruck, mit Wut im Bauch, in Kombination mit Frust und/oder Langeweile. Sprachliche Kreativität hat hier die Funktion, auf elegante Weise Dampf ablassen zu können, ohne dafür bestraft zu werden. Einfach genial.

    Auffallend ist auch, dass unter ähnlichen Bedingungen dennoch sehr anderslautende Abkürzungen entstehen, anderseits aber auch Ausdrücke grenzübergreifend existieren. Aus Platzgründen mussten wir auf die wundervollen Sprachschöpfungen aus Österreich und aus der ehemaligen DDR verzichten. Sie finden sich ebenfalls am angegebenen Ort.

    Alles wird immer billiger! — Neues von der Hochpreisinsel Schweiz

    November 24th, 2006
  • Früher hat man nicht so genau auf den Preis geschaut
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 02.11.06 auf S. 27

    Zum achten Mal seit März 2001 hat das Konsumentenmagazin „K-Tipp“ den Preis eines Warenkorbs von rund 40 Lebensmitteln und anderen Artikeln des täglichen Gebrauchs bei den verschiedenen Grossverteilern untersucht. Erstaunliches Fazit: Coop ist erstmals günstiger als die Migros. Die Differenz beträgt auf den Gesamtpreis von über 90 Franken (…) nur 72 Rappen (…).

    Diese Art von Marktbeobachtung gibt es erst seit 5 Jahren in der Schweiz? Wir können es kaum glauben, aber es scheint nachvollziehbar. Noch vor fünf Jahren war es nicht üblich, beim Einkauf grossartig auf den Preis zu schauen. Wer zu Migros oder Coop ging, kaufte sowieso „super billig“ ein, und so genau wird da nicht hingeschaut, denn es ist ja die Qualität, vor allem und immer wieder über alles die absolut bemerkenswerte Qualität, speziell die Schweizer Qualität, für die man bereit war zu bezahlen.

    Die eigentlich erstaunliche Nachricht in diesem Artikel kommt erst jetzt:

    Mit 31,7 Prozent hat Coop den Preis des Warenkorbs seit 2001 auch am stärksten gesenkt. Migros und Carrefour haben ihre Preis um rund 26 Prozent reduziert, während Denner mit den Preisen nur knapp 20 Prozent tiefer liegt als 2001.

  • Alles wird immer billiger in der Schweiz!
  • Es ist kaum zu glauben, da hat sich doch tatsächlich etwas bewegt im Schweizer Markt in den letzten fünf Jahren! 20 – 32 % Preissenkungen, einfach so, und das in der Schweiz!

    Einfach so? Ein Grund für das Nachlassen der Preise wird im nächsten Absatz erwähnt:

    Am günstigsten bleibt Aldi, wo der Warenkorb fast 10 Franken günstiger ist als bei Coop und Migros. Ziemlich genau dazwischen platzieren sich Carrefour und Denner.

    Die Rede ist von Aldi-Suisse, nicht von den vielen Aldi-Süd Filialen kurz hinter der Grenze, die seit geraumer Zeit auch die 16% Mehrwert- steuer zu einem Grossteil rückerstatten in Deutschland. Warum nicht komplett? Nun, Aldi hat damit ein externes „Tax-Refund“ Unternehmen beauftragt (und das ist definitiv kein Fundbüro für im Strassenverkehr verlorengegangene Taxis). Das verlangt einen Teil der Mehrwertsteuererstattung für seinen Aufwand.

  • Der Preisdruck von Aussen macht sich bemerkbar
  • Als wir vor sechs Jahren in die Schweiz zogen und zum ersten Mal zum Einkaufen am Wochenende über die Grenze nach Boomtown Jestetten fuhren, kamen wir uns vor wie Verbrecher auf Schmuggeltour. Schweizer taten so etwas damals nicht, und wenn doch, dann redeten sie nicht darüber.

    Immer noch finden sich in regelmässigen Abständen Artikel in der Tagespresse darüber, wie wenig es sich lohnt, die weiten Wege auf sich zu nehmen, wie unangenehm ein Aldi-Einkauf sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz ist, und dass Schnäppchenjagen ein Volkssport der Deutschen bleibt. Die Volksseele will beruhigt sein, und nichts beruhigt so sehr wie die Nachricht: „Es ist gut, wenn Du weiter hier im Land einkaufst, ausserdem wird ja auch bei uns alles immer billiger“.

    Schliesslich haben die Preis bei Coop, Migros und Denner in den letzten fünf Jahren tatsächlich nachgegeben. Funktionierte hat sie also doch, die „Abstimmung mit den Füssen der Endkunden“ bzw. mit dem Geldbeutel, trotz Hochpreisinsel und Einfuhrzöllen.