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Ich lege es Ihnen in den Briefkasten — Missverständnisse im Schweizeralltag

  • Der Hausarzt ersetzt die Apotheke
  • Neulich brauchten wir ein Medikament von unserem Schweizerhausarzt. Ich rief um 9:45 Uhr in der Praxis an und fragte, ob wir es kurz holen kommen könnten. Schweizerhausärzte brauchen diesen kleinen Zusatzverdienst, den Direktverkauf von Medikamenten, an der Apotheke vorbei, und erfüllen solche Wünsche ihrer Patienten in der Regel mit Wohlgefallen. Mein Hausarzt hat einen eigenen Lagerraum nur mit Medikamenten, so gut sortiert wie in jeder Apotheke zu diesem Zwecke. Geld in Bar will er nicht dafür, das kommt einfach mit auf die nächste Rechnung, die man in der Schweiz zunächst selbst bezahlt und sich dann von seiner Krankenkasse erstatten lässt, egal ob man privat versichert ist oder „allgemein“.

  • Kein Arzt am Donnerstag
  • Doch diesmal hatte ich zur falschen Zeit angerufen, denn es war Donnerstag: „Wir schliessen die Praxis in wenigen Minuten, denn heute ist Donnerstag“. Ich hatte vergessen dass im ganzen Zürcher Unterland und wahrscheinlich auch anderswo am Donnerstagnachmittag die Ärzte mit anderen Dingen beschäftigt sind. Keine Ahnung ob dann die Fortbildung läuft, der Ausgleich für den Wochenendschichtdienst, ein Golfkurs absolviert wird, oder auf dem Tennisplatz der Kollege wartet, jedenfalls warf das jetzt ein Problem für uns auf, wie wir an das Medikament kommen könnten. Etwa doch, wie in Deutschland üblich, bei einer Apotheke kaufen?

    Schweizer Milchkasten

  • Der Briefkasten als Warenbörse
  • Doch die Sprechstundenhilfe hatte die erlösende Idee: „Ich lege es Ihnen einfach gleich in den Briefkasten“. Wow, was für ein Service! Da kommt sie extra bei uns vorbei, was immerhin 6 Gehminuten sind in Bülach, denn sooo klein ist dieser Matratzenhorch-Forschungsstandort in der Zürcher Agglomeration nun auch wieder nicht. „Danke, das ist sehr freundlich!“ antwortete ich ihr, und schaute 30 Minuten später nach, ob die Medizin schon in unserem Briefkasten lag. Doch da fand sich nichts. Als nach zwei Stunden später immer noch nichts hinterlegt worden war, begannen wir zu grübeln. Sollte die Arzthelferin mit dem Satz „Ich lege es Ihnen einfach gleich in den Briefkasten“ vielleicht einen ganz anderen Briefkasten gemeint haben? Den Briefkasten der Arztpraxis eventuell?

  • Keine Milchflaschen aber Medikamente
  • Nun ja, nachgucken schadet nicht, also lief ich selbst zur Praxis, öffnete die unverschlossene „Milchkastenklappe“ des Briefkastens meines Hausarztes, mich dabei vorsichtig umschauend, denn als ganz legal empfand ich mein Handeln dann doch nicht. Und richtig: Dort lag ein Päckchen mit unserem Namen beschriftet! Ein typisches Beispiel von Schweizer „direct trading“ mit Hilfe des ehemaligen Milchkastens, der heute nur noch für Zeitungen bzw. für diese Art der Warenübergabe verwendet wird.

    Ob hierzulande so auch Drogen, Waffen und andere verbotene Ware umgeschlagen wird? Passt ein zusammengeklapptes Sturmgewehr eigentlich in einen Milchkasten?

    

    38 Responses to “Ich lege es Ihnen in den Briefkasten — Missverständnisse im Schweizeralltag”

    1. Daniel Says:

      Ein klassischer Fall von „Vertrag-mit-(oder-sogar-ohne)-Handschlag-und-Vorschussvertrauen-weil-als-Schweizer-bescheisst-man-sich-nicht“.

      Und das verrückte ist: Das funktioniert. Solche Leute haben nur ganz selten Probleme mit unehrlichen Kunden oder „zufälligen Passanten“.

    2. Daniel Says:

      Ahem, da gibts noch nen Tippfehler, wie ich grad sehe: im Zwischentitel „Keine Michflaschen aber …“ wollte der Herr Wiese wohl von Milchflaschen reden, nicht von Ihmflaschen oder Sichflaschen…

      [Anmerkung Admin: Danke für den Hinweis! Ist bereits korrigiert.]

    3. balzercomp Says:

      Meiner Erfahrung nach rechnen die meisten Ärzte in der Schweiz direkt mit der Krankenversicherung ab. Das gilt auch für Apotheken. Allerdings gibt es Ausnahmen, die für mich nicht immer nachvollziehbar sind.

    4. Thomas Says:

      Das Sturmgewehr ist zu lang. Und das wird kein Schweizer ins Müuchchäschtli legen. Was mich aber erstaunt: die Sprechstundenhilfe hat wirklich gesagt, sie lege es in den Briefkasten und nicht ins Müuchchäschtli? Wird das im Raum Zürich nicht unterschieden?

      [Anmerkung Admin: Ein interessanter Aspekt. Ich vermute, sie hat mit mir auf Hochdeutsch gesprochen und „Müüchäschtli“ mit „Briefkasten“ übersetzt, weil sie davon ausging, dass ich als Fremder im Land nicht weiss, was ein Milchkasten (wie auch immer ausgesprochen) eigentlich ist, mir aber das Konzept „Briefkasten“ vertraut sei]

    5. Wolfgang Lierz Says:

      Hab ich auch schon erlebt. Erstbestellung bei einem Online-Versand, Zeit zu knapp bis zum Geburtstag, Selbstabholung im Milchkasten des geschäftsführers am Abend, Rechnung lag bei.

    6. Philipp Sury Says:

      Nun, wenn der Milchkasten mindestens in der Diagonale 772mm misst (resp. 998mm mit ausgeklapptem Kolben), dann ist der Sturmgewehrdeal kein Problem.

      http://de.wikipedia.org/wiki/Sturmgewehr_90

    7. Ingo Says:

      Das mit der Selbstzahlung ist übrigens nicht unbedingt Standard. Ich zahle für Rezepte bei der Apotheke nichts, die rechnen das mit meiner Krankenkasse ab, die es mir dann auf die nächste Rechnung setzt (und – bei meiner Franchise – im Normalfall zurückfordert). Also genau andersrum…

    8. Oliver Says:

      Die schönen grossen Schweizer Briefkästen … Ich liebe sie.

      „E-Commerce ist in der Schweiz einfacher als in Deutschland. Der Grund dafür ist banal: Die Briefkästen sind grösser. Es gibt meistens ein abschliessbares Fach für die Briefe und dahinter ein grosses, offenes Fach für die Päckchen (und Milchflaschen). In Deutschland habe ich irgendwann aufgehört, bei Amazon und Co. zu bestellen; zu oft musste ich zur Post. In der Schweiz habe ich wieder damit angefangen.“ (Selbstzitat)

      Bleibt das Problem mit den Ecken:

      „Auch in der Schweiz gibt es Gründe gegen E-Commerce. Immer wieder nehme ich mir vor, grosse, schwere, teure Bücher nicht bei Amazon zu bestellen. Immer wieder tue ich es doch. Und immer wieder bekomme ich die Quittung dafür: Das Buch hat abgestossene Ecken oder andere Beschädigungen. Den Prozess dazu stelle ich mir so vor: Bei Amazon wird das Buch sorgsam eingepackt. Bei der Deutschen Post lässt jemand das Päckchen fallen, genau auf die Ecke. Der deutsche Zöllner packt es aus. „Ein Buch“, denkt er, „aber so gross und so schwer“. Der Schweizer Zöllner stellt sich darauf, um an die ganz oben im Schrank versteckte Ritter-Sport-Schoggi zu kommen. Jemand, der nicht genannt werden will, packt das Buch wieder ein. Und die Schweizer Post wirft das Päckchen mit Schwung in das grosse, offene Fach in meinem Briefkasten.“ (Selbstzitat)

      [Anmerkung Admin: Ich finde die Buchsendungen von Amazon.de immer sehr gut verpackt, absolut stosssicher und „freischwebend aufgehängt“. Aber im Milchkasten liegen sie ab einer gewissen Grösse dann doch nicht. Was nicht in den Briefkasten selbst passt, muss abgeholt werden von der Post, jedenfalls war das bislang so]

    9. Mare Says:

      Wenn man nicht gerade in der Stadt wohnt, sondern auf dem Land, ist man froh, wenn der Arzt grade selbst die Arzneimittel verkauft. Und im Milchkasten habe auch kleiner Pakete Platz, ein Sturmgewehr – auch ein zusammengeklapptes – aber definitiv nicht.

    10. Mare Says:

      So vertippt wie jetzt habe ich mich schon lange nicht mehr, muss an der Hitze liegen. A propos Donnerstagnachmittag: Oft haben diese Ärzte dafür am Samstagmorgen ihre Praxis geöffnet.

      [Anmerkung Admin: Ist schon korrigiert, kein Problem]

    11. Oliver Says:

      @ Admin

      Das würde dafür sprechen, dass Amazon die Bücher vor dem Einpacken fallen lässt. Das wollte ich ungern unterstellen, aber man weiss nie … Jedenfalls sind gerade die grossen und teuren Bücher – zuletzt „Reise um die Welt“ von Georg Forster – oft beschädigt, bei mir jedenfalls. Selbst dieses Buch passte übrigens in den fulminanten Briefkasten. Ich bin immer froh, wenn ich nicht zur Post gehen muss, zumal ich dort von dem überbordenden Angebot (Kinderroller, Notebooks, Drucker, Handys) erschlagen werde. Letztes Jahr wurde mir sogar Katzenfutter angeboten, persönlich vor die Nase gehalten. Zum Glück befand sich vor der Nase noch eine Glasscheibe. Nicht, dass es aus der Dose riechen würde, aber – wie bereits gesagt – man weiss nie.

      Was haltet ihr eigentlich von der gigantischen Nahrungsmittelvernichtung durch die Schweizer Post? Nach meiner Berechnung (ausgehend von 240000 Haushalten) wurden letzte Woche über „ShoppingAktuell“ (damit umgeht die Post die „Keine-Werbung“-Aufkleber auf den Briefkästen) ungefragt 30 Tonnen Ebly-Weizenkörner verschickt. Die meisten (zumindest die meisten Gourmets) werden die Packung in den Müll geben (kostenpflichtige Entsorgung, leider nicht durch den Verursacher). Wer in Zukunft „ShoppingAktuell“ nicht haben will, muss sich brieflich wehren. Ich wehre mich gerade über andere Wege.

    12. dampfnudle Says:

      Ich finde die Einrichtung des Milchkästlis äusserst praktisch und lagere selbst in meinem auch kleine Gartenuntensilien, damit ich den Aufbindbast oder die Gartenschere nicht jedesmal mit dem Schlüssel (ja, der liegt auch dort) im Geräteschuppen in der hinteren Gartenecke holen muss. Die Schweiz hat eben auch ihr Gutes.

      Es ist generell sehr praktisch, einen relativ blicksicheren, aber wettergeschützten Ort, der zudem vom Besitzer/Mieter regelmässig kontrolliert wird, zu wissen, wo man ankommendes oder abzuholendes Gut zwischenlagern kann. Geklaut wird eher selten, denn wenn jemand mehrt als ein Milchfach öffnet, ohne etwas hineinzulegen oder herauszunehmen, fällt das sofort auf.

      Am Donnerstagnachmittag sind übrigens viele Ärzteversammlungen und -weiterbildungen angesetzt, darum der einheitliche Halbtag für Praxisschliessungen. Nur junge Ärzte mit Schulkindern wählen manchmal den Mittwoch.

    13. Nathalie Says:

      Für mich als Schweizerin, die auf dem Land aufgewachsen ist, ist das eine absolute Selbstverständlichkeit, dass der Arzt Medikamente in den Milchkasten legt, die man dann dort abholt :-).
      Ich hab auch schon öfters Dinge in meinen Milchkasten gelegt, die dann jemand dort abgeholt hat. Ist doch super praktisch.
      Medikamente, die man mit einem Rezept vom Arzt in der Apotheke bezieht, werden automatisch über die Krankenkasse abgerechnet, wenn man das so will. Den Selbstbehalt (10 oder 20%) bezahlt man dann direkt der Krankenkasse.

    14. Simone Says:

      Diese Milchkästen sind einfach nur genial! Mein Briefkasten in Deutschland war viel zu klein, so dass sämtliche Briefe, wenn sie vom Postboten nicht richtig eingeworfen wurden, durch die Zensur meiner Nachbarinnen im Alzheimer-Vorstadium gingen. Die alten Hexen rissen an sich, was sie nur halbwegs durch den Schlitz ergattern konnten. Von daher ein Hoch auf die Schweizer Diskretion! Allerdings hoffe ich, dass die Kinder hierzulande bei Zeiten beigebracht bekommen, dass man nicht an die Milchkästen anderer Leute geht. Würden sie Medikamente in die Finger bekommen, wäre das ein hohes Risiko.

    15. ch.atzefrey Says:

      Wenn Ärzte – schon häufig erlebt – Medikamente im Milchkästchen bereitlegen, sollten sie diese aber aus Datenschutzgründen in undurchsichtige Plastiktüten verpacken und den Namen des Patienten oder noch besser ein Kennwort draufschreiben. Es geht mich ja nichts an, dass Herr Feigenwinter von nebenan eine Hämorhoidensalbe braucht und Frau Sperisen von der Gemeindeverwaltung die Pille danach.

    16. Christian Says:

      salve
      seid versichert… ich bin stolz darauf, dass wir noch Geschäfte auf Handschlag machen können und ein Milchkästchen als Warenlager funktioniert. Wie lange noch, entscheiden wir selber.

      Übrigens, Jens, für Dich erscheint morgen auf meinem Blog ein Artikelchen mit vielen kleinen Mundartwörtchen. Evtl. kennst Du den Text vom Totemüggerli aber ja schon. 😉 Der Link von hier auf meinen Blog ist auf jeden Fall ab morgen aktiv.

      Gruess
      Christian

      [Anmerkung Admin: Das Totenmüggerli war bereits hier Thema auf der Blogwiese: Das Totemügerli — Die Schweizer Aufnahmeprüfung ]

    17. cydet Says:

      Mist, jetzt wissen Alle wo ich mein Dope bunkere ;-P

    18. knofelolf Says:

      Deutschland, Altstadt eines 100.000 Einwohner großen Dorfes. Der Briefkasten im Altbau ist ja noch groß genug, aber der Briefkastenschlitz ist einfach zu klein. Also habe ich vor Jahren den Kasten einfach nicht mehr abgeschlossen, seitdem bekommen ich kleinere Päckchen, Zeitschriften ungeknickt und selbst die dem Nachbarn kurz ausgelegten Euro 50 finde ich wieder. Schließlich weiß niemand von diesem offen Briefkasten.

    19. Phipu Says:

      Zu der Schlüssel-Geschichte, wie es

      Dampfnudle

      beschreibt: Heute gibt es auch mehr und mehr zuschnappende Haus- und Wohnungstüren (Bauelemnte aus dem EU-Ausland) wie hier erklärt: http://www.blogwiese.ch/archives/24 bzw. http://www.blogwiese.ch/archives/633 . Um sich bei einem Missgeschick den Schlosser zu sparen, wird dann gleich ein Ersatzschlüssel irgendwo hinterlegt. Und was ist die erste Idee? Eben das Milchkästchen.

      Jens,

      Das mit dem Sturmgewehr ist nicht ganz so einfach. Seine Grösse ähnelt halt eher der eines Teppichklopfers http://www.blogwiese.ch/archives/487 . Und die haben definitiv beide nicht Platz im bernischen Miuchchäschtli (wäre wohl „Milchkasten“ oder „Paketfach“ das hochdeutscheste Wort dafür, worunter sich auch Fremde etwas vorstellen können?). Wie wir aber jetzt wissen, findet man im Milchkasten einen Schlüssel. (Bei Nicht-Erfolg noch unter der Fussmatte schauen.) Der geübte Waffenschieber versucht dann damit die Wohnung oder den Keller, den Bastelraum, den Estrich oder die Garage zu öffnen. So gelangt man sicher indirekt zum Sturmgewehr. Für den Waffenschieber-Anfänger hier noch ein paar Ideen zu den Such-Orten:

      http://tatjana.ingold.ch/index.php?id=1784&tx_ttnews%5Btt_news%5D=360&tx_ttnews%5BbackPid%5D=1751&cHash=627b7eb456

      http://www.20min.ch/news/schweiz/story/27094519

      http://homepage.sunrise.ch/homepage/wermue/Das%20Sturmgewehr_gehoert_in_den_Kleiderschrank.pdf

      http://appenzell24.ch/page/10240/19

      http://www.schutz-vor-waffengewalt.ch/downloads/Umfrage_SoBli_April-2007.pdf

      Simone,

      so ein bisschen Medikamente macht den abgehärtetsten unter den hiesigen Kindern auch nichts mehr aus. Die sind ja schon starken Alkohol aus der familieneigenen Bar gewöhnt. http://www.blogwiese.ch/archives/90

    20. g.feikt Says:

      Also wenn wir schon gerade beim Verraten von Tricks und Tipps sind (siehe Dampfnudle und Phipu):

      Man nehme einen Stapel von irgendwas, öffne Milchkasten um Milchkasten, um angeblich etwas hineinzulegen, und schnappe sich, was da allenfalls Interessantes liegt. Vom Schlüssel über Notgeldbeutel, Drogen bis zu allerlei Geschenkpäckchen. Fällt nicht auf, garantiert.

    21. Thomas Says:

      @balzercomp: Bist du sicher, dass du nicht Apotheken mit Ärzten verwechselst? Der Arzt schickt den Patienten die Rechnung, das zurückfordern ist dann Sache jedes einzelnen. Das ermöglich natürlich auch Gaunern, die Arztrechnung nicht zu bezahlen und das Geld der Krankenkasse trotzdem einzufordern. Da muss der Arzt dann zusätzlich die Betreibung einleiten. Ist sehr ärgerlich. Mit der direkten Abrechnung mit der Krankenkasse würde diese Betrugsmöglichkeit zwar eliminiert, allerdings könnte der Arzt alles und jedes in Rechnung stellen, da die Kasse ja über die Behandlung nichts weiss. Durch das erstere System wird also der Patient indirekt aufgefordert, die Rechnungen zu kontrollieren. Selbstverantwortung halt.
      @Oliver: die Post hat keinen Ebly fortgeworfen, und wenn Gourmets Nahrungsmittel vernichten, dann sei doch auf diese wütend.
      @ch.atzefrey: nun ja, wenn du das mit dem Bereitlegen akzeptierst, verzichtest du ja quasi freiwillig auf den Datenschutz. Weshalb sollte nun der Arzt in die Pflicht genommen werden? Wenn du das nicht willst, musst du’s halt abholen.

      Insgesamt wird sehr viel über Milchkästen ‚gedealt‘, aber die Post legt auch nicht mehr gerne Pakete rein. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass vermehrt geklaut wird. Traurige Welt.

    22. Simone Says:

      @Phipu:
      Hast Recht! Das erspart den Kleinen das Schnüffeln von Klebstoff!

    23. neuromat Says:

      @ ch.atzefrey

      könntest Du mir die Telefonnumer von Frau Sperisen geben, vielleicht vorgängig noch das Alter… heisst Sperisen Sperreisen und ist das der Schweizerdeutsche Begriff für Keuschheitsgürtel … in diesem Zusammenhang welche Erfahrungen habt ihr so mit Schlüsseldiensten,

      schliessen die einem auch die Arztpraxis und die Medischränke auf – wäre doch praktisch bräuchte es den Milchkasten nicht…

    24. Max Says:

      jaja,die Schweiz und ihre liebenswürdigen Milchfächer. Das gegenseitige Vetrauen in den Mitmenschen und seine Diskretion vermisse ich als Rückkehrer fast so wie Raclettekäse und migros-horseline-mostbröckli. Was ich nicht vermisse sind gefüllte robidogsäcke im Milchfach. Sowas kommt vor, da kann man der Hundekotaufnahmepflicht nachkommen wie man will, irgend ein älterer Nachbar mit seinem nicht ganz unschweizerischen Drang andere zurechtzuweisen wird immer mal irgendwo vorm Haus die Scheisse irgendeines Hundes finden und diese dann diskret dem unschuldig verdächtigten weil hundehaltendenden Mitbewohner zukommen lassen. Übrigens kann man auch in D Briefkästen schweizer Produktion erwerben und aufhängen.

    25. AnFra Says:

      Die passt garantiert in jeden Briefkasten bzw. Milchfach.

      Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/MP7

    26. bobsmile Says:

      Eigentlich könnte so ein Milchkasten ganz praktisch als Überlauffach dienen, nur ist die Hemmschwelle der postzustellenden Individuen, (sprich Pöschtler) anscheinend relativ hoch, diese Ausweichmöglichkeit dieser zusätzlichen Füllfläche auch zu nutzen.
      Ist man mal für ein bis zwei Wochen weg, also gerade so lange, dass sich das Zeitungsaboaussetzgesuch nicht lohnt, dann wird das obere Briefkastenfach bis auf den letzten Freiraum mit zerknautschten Briefen und Zeitungen vollgestopft. Erst wenn das Papier aus dem Wurfschlitz rausquillt, werden Zeitungen, Post- und Wurfsendungen in den Milchkasten gelegt.

      Dabei gilt der Milchkasten als gleichwertiger Ablageort, wie der Bestimmung von „Die Post“ zu entnehmen ist:
      „Sendungen, die nicht in die Brief- oder Ablagekasten gelegt werden können, werden beim Hauseingang übergeben oder mit einer Abholungseinladung avisiert.“
      (siehe dazu: http://www.post.ch/de/index_pm/pm-privatkunden/pm-briefe/pm-briefzustellung/pm-haus-briefkasten.htm )

    27. balzercomp Says:

      @Thomas
      Ganz sicher. Die Mehrheit der Untersuchungen meiner Frau wird direkt abgerechnet. Zumindest die vom Allgemeinmediziner. Bei Fachärzten bin ich mir nicht sicher.

    28. Thomas Says:

      @balzercomp: Untersuchungen im Spital?

    29. solanna Says:

      Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde alles über die Kassen abgerechnet, die dann den Versicherten für den Selbstbehalt Rechnung stellten.

      Genau wegen der von Thomas beschriebenen fehlenden Kontrollmöglichkeit der Kassen wurden dann die Patienten wieder (wie in den Zeiten vor den Krankenkassen) zwischengeschaltet, um zu prüfen, ob der Arzt auch sicher nichts zu viel verrechnet habe. Ich erinnere mich an den Beginn dieser Umstellung, damals „vertragsloser Zustand“ genannt, weil offenbar der Verrechnungsvertrag zwischen Kassen und Ärzten von Ersteren gekündigt worden waren. Plötzlich musste man grosse Arztrechnungen (immer ausgeschlossen die Spital- und die Apothekerrechnungen!) selber vorfinanzieren und bei der Kasse 9/10 zurückfordern. Wenn man gleich Zeit findet, das Rückforderungsformular an die Kasse zu senden, und noch ein bisschen Glück dazukommt, zahlt die Kasse vielleicht, ehe der Zahlungstermin abgelaufen ist …

      Leider habe ich immer wieder etliche Bresten, die Konsultationen bei verschiedensten Ärzten nötig machen. Noch jeder hat bis jetzt seine Rechnung an mich gesandt. Darum ist mir das Blatt beim Hausarzt kürzlich auch sofort aufgefallen: Wer wolle, könne jetzt verlangen, dass die Rechnung direkt an die Kasse geschickt werde. Haben die Ärzte wieder einen Vertrag mit der Kasse? Quasi einen Vertrauensvertrag?

    30. Fanki Says:

      @knofelolf
      Jetzt schon

    31. Bruno Says:

      @solanna (balzercomp, thomas)
      Laut Santesuisse ist das ganze kantonal verschieden geregelt mit den Rechnungen (http://www.santesuisse.ch/publications/1×1/de/4/1_uebersicht_darumgehts.htm)
      Seit ein- bis zwei Jahren kann auch im Kanton Zürich dem Arzt die Erlaubnis erteilt werden, die Rechnung direkt der KK zuzustellen (elektronisch).
      Damit habe ich die Möglichkeit, z.B. meinem Hausarzt diese Erlaubnis zu erteilen und vom Zahnarzt die Rechnung nach Hause geschickt zu kriegen um sie vorgängig zu kontrollieren. D.h. die Ärzte haben keinen Vertrauensvertrag mit der Kasse sondern du hast einen mit den Ärzten deiner Wahl, den du auch jederzeit wieder auflösen kannst.

    32. balzercomp Says:

      @ Bruno
      So hab‘ ich mir das gedacht. Warum sollte etwas einheitlich sein, wenn man auch mindestens 26 unterschiedliche Regelungen haben kann. 😉

      Das mit der Kontrolle ist so eine Sache. Grundsätzlich stimme ich zu, nur wenn ich den „Rückforderungsbeleg“ sehe, bin ich in der Regel auch nicht schlauer als zuvor.

    33. Bruno Says:

      @balzercomp
      Könnte dir bei der „Entschlüsselung“ des Rückforderungsbelegs evtl. der Tarmed-Browser helfen?

    34. balzercomp Says:

      @ Bruno
      Mir schon. Aber da ich ein Klinikinformationssystem incl. Tarmed mitentwickelt habe, bin ich kein Masstab. Was aber macht jemand, der kein Internet hat oder, der aus Altersgründen damit nicht umgehen kann? Also werden die Daten nicht geprüft. Ergebnis: Ziel verfehlt, die volkswirtschaflichen Kosten sind eher höher (mindestens ein unnötiger Brief).

      Aber das ganze ist eine Diskussion für sich.

    35. viking Says:

      @balzercomp
      Dann weiss ich ja jetzt, an wen ich mich mal wenden kann bei Verständnisproblemen 😉
      Im Ernst, ich muss ja auch nicht jeden Posten gleich verstehen können. Aber wenn ich z.B. eine Zahnarztrechnung habe über 5000.- und Voranschlag war 4000.-, dann kann ich schon mal intervenieren und beim Zahnarzt nachfragen ohne dass die Kasse zwischengeschaltet ist. Bei den „täglichen“ Hausarztrechnungen spreche ich z.B. einfach mal meinem Arzt das Vertrauen aus und lasse ihn direkt abrechnen. Und wenn mich der Tarmed wirklich interessiert und ich kein Internet habe, dann gibts den sicher auch in Papierform. Und auch ältere Leute sind nicht mehr sooo hilflos (und sonst interessieren sie sich auch nicht für die Abrechnung).

    36. neuromat Says:

      @ balzercomp

      so kannst Du das nicht sagen. Spätestens Deine Krankenversicherung prüft die Daten auf ihre Plausibilität. Du hast nämlich vertraglich zugestimmt, dass Deine Nachbarin, die immer schon der Meinung war, dass Du Deine Zeitungen nicht richtig bündelst und Sachbearbeiterin bei einer der über 70 helvetischen Krankenversicherungen ist, Deine Diagnose erfährt – entweder im Volltext oder codiert.

      Je nachdem, ab wann Dein Arzt Dir mitteilt, an was Du nun wirklich leidest, weiss es Deine Versicherung schon vor Dir … und jetzt versuch einmal den Vertrag zu ändern – das nenne ich doch Transparenz

      da braucht es gar keinen „grossen Bruder“. Der wird mit schweizerischer Gründlichkeit mal ganz bescheiden vorinstalliert.

      Aber überhaupt sind diese Schweizer sehr daran interessiert Verhältnisse wie im grossen Kanton zu schaffen. Und da hat solanna dann schon Recht – Wunsch ist notwendige Pflege als Nichtbehandlungsmassnahme zu erklären. Daher wurde die letzte Initiative zur Verfassungsänderung lanciert. Es ging um die Einführung zweier weiterer obligatorischer Versicherungen, die Betonung liegt auf obligatorisch, nämlich der Unfallversicherung und der Pflegeversicherung.

      Findet heute schon ewig das Spielchen statt: „Könnte das nicht von dem Unfall kommen“ würde dies wie in Grosskantonien dazu führen, dass stets sehr schnell vom Krankenversicherer geprüft würde, dass dies ein Pflegefall sei… dann heisst es die Differenz aus eigener Tasche zuzahlen oder ab nach Hause und selber Windeln wechseln und füttern.

      Erstaunlich in diesem Zusammenhang, dass die ersten Prognosen über das Abstimmungsverhalten offiziell herausgegeben wurden, als das Gros der Wahlunterlagen noch nicht verschickt war. Noch erstaunlicher, dass sich die stolzen Direktdemokraten derart reinlegen lassen.

      Tarmed ist ja kein Klinikinformationssystem sondern ein Abrechnungssystem. Der Rückforderungsbeleg ist bindend vorgeschrieben. Ärzte, die ihre Abrechnungen verständlich abfassen würden, bekämen eine Abmahnung, das offizielle Rechnungsformular zu verwenden.

      Alle diese Systeme leisten vor allem eins: Es sind Arbeitsbeschaffungsmaschinen. Auf diese Weise partizipieren weitere Märkte an dem grössten Umsatzbereich Europas (grösser als die Autoindustrie).

      Seit über zehn Jahren sind die Kosten im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung nämlich in der Schweiz stabil. Sie steigen bei den Versicherern und in den Spitälern. Dies liegt dort an den technischen Möglichkeiten und an wachsender Administration. Dabei verdeutliche man sich einmal die bequeme Lage der Krankenversicherer für die als gesicherte Einnahmequelle ein Obligatorium per Gesetz besteht. Es besteht jedoch zum Beispiel keine Zahlungsverpflichtung für erbrachte Leistungen, wenn der Versicherte mit seinen Beiträgen in Rückstand ist.

      Schlussendlich fallen noch zwei weitere Dinge auf:

      Zum einen ist sie wieder da die „typische Schweizer“ Antinomie. Lobend und stolz wird sie hochgehalten, die Milchkastenehrlichkeit. Hier herrscht gegenseitiges Vertrauen, helvetische Verlässlichkeit, es gibt sie noch die Geschäfte mit Handschlag und …. Im gleichen Atemzug wird wieder Unredlichkeit und Beschiss vermutet, fragt man nach Verträgen des Vertrauens, vermutet man in seinem Arzt den Pferdehändler, nach dessen Handschlag besser nachgeprüft wird, ob noch alle fünf Finger dran sind.

      Leben in diesen Antinomien – Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

      Das zweite ist unübersehbar wer hier mitblogt und aus Grosskantonien stammend noch die letzte Bastion relegalisierter Sklavenhaltung noch in sich trägt. Pflegefachfrau ist in Deutschland zum Beispiel ein Armutsberuf – aber die meisten finden das in Ordnung. Das zu Zeiten des Arzt im Praktikum über zwei Jahre Ärztinnen und Ärzte weniger verdient haben als der Pförtner oder die Reinigungskraft hat auch nie jemanden wirklich vom Hocker gerissen. Geändert wurde dies durch die Zeitarbeitsgesellschaften und die 1 Euro Jobs, jetzt gibt es endlich wieder welche, die weniger verdienen.

      Das System ist schon vor die Wand gefahren.

    37. tobi Says:

      @Jens … solange nicht gesagt wird um welchen Briefkasten es sich handelt, ist die Sache für mich eigentlich nicht eindeutig. Jedenfalls muss man nicht zwingend voraussetzen, dass es sich um den eigenen Briefkasten handelt.

    38. Gery67 Says:

      Wie alles in der Schweiz ist auch der Briefkasten genormt. Sogar der Standort des Briefkastens ist geregelt. Auf Beamtendeutsch nennt sich das Milchfach auch Ablagefach. Guckst du hier:
      http://www.zaunrep.ch/produkte/Postvorschriften.pdf

      So ist die Frage nach dem Stgw90 hinfällig. denn weder das Stgw noch der Briefkasten dürfen andere Masse aufweisen.