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Grüezi Gummihälse — Rowohlt übt den Dialog der Kulturen

  • „German bashing“ als Auftragswerk
  • Bei Rowohlt erscheint in den nächsten Wochen, rechtzeitig zur Fussball Europameisterschaft in der Schweiz, der Titel „Grüezi Gummihälse

    Grüezi gummihälse von Bruno Ziauddin
    (Quelle: rowohlt.de)

    Im Klappentext heisst es dazu

    Hilfe, die Deutschen kommen!
    Sie kommen in Scharen, sprechen laut und wissen alles besser. Immer mehr Deutsche leben und arbeiten in der Schweiz und machen sich dabei unbeliebt. Den Spitznamen Gummihälse haben sie sich eingebrockt, weil sie unentwegt nicken, wenn der Chef etwas sagt. Mit viel Humor wirft Bruno Ziauddin einen Blick auf die teutonischen Gastarbeiter und erzählt vom Kampf der Kulturen in den Alpen.
    (Quelle: Amazon.de)

    Das nenne ich doch einmal einen vielversprechenden Ansatz zum Dialog. Nur stimmt da so einiges nicht. Es geht schon los bei den „Gummihälsen“, ursprünglich als „Rubberneck“ den amerikanischen Touristen nachgerufen, die sich durch die europäischen Kulturmetropolen bewegen und dabei angeregt alle Einzelheiten vom Fremdenführer erklären lassen, dessen Ausführungen sie mit sehr beweglichen Köpfen, wie auf Gummihälsen gesetzt, folgen. Hat sich irgendwann auf Touristen aus Deutschland übertragen. Aber gibt es überhaupt so viele Touristen aus Deutschland in der Schweiz? 2´800 Ärzte, und 202´000 Deutsche insgesamt, die sind nicht hier um Kulturgüter zu bewundern, die sind hier um zu arbeiten und die AHV-Kassen zu füllen. Von Quellensteuern und Krankenkassenbeiträgen wollen wir gar nicht erst anfangen.

  • Motzkultur oder Chef-Abnicker?
  • Weil sie unentwegt nicken, wenn der Chef was sagt… wie passt denn dies Beobachung zum Klischee der ewigen Nörgler und Motzer, die immer gleich das Maul aufreissen und direkt ihre Meinung sagen, während der Schweizer lieber zurückhaltend schweigt und auf harmonischen Konsens bedacht ist? Ich bin gespannt, welche Weisheiten dieses Buch sonst noch so liefern wird. Es ist laut einem Bericht des Autoren Bruno Ziauddin in der Weltwoche 17/08 ein Auftragswerk des Rowohlt-Verlags. „German Bashing“ mit offiziellen Weihen und Euro-Zahlung aus Hamburg. Da mag die Deutsche Volksseele, sich mal so richtig verkloppen lassen.

  • Auf die Rübe oder auf die Nuss?
  • Anderswo wird das Buch mit dem Untertitel beworben: „Warum wir den Deutschen gern ab und zu eins auf die Rübe geben„.
    Auf die Rübe geben
    (Quelle: books.ch)

    Unser Freund Neuromat wandte sich deswegen per E-Mail direkt an den Verlag. Wir wollen ihn hier ungekürzt zu Wort kommen lassen:

    Das Ruebli, das ist eine Karotte. Nuss, wäre natürlich auch eine Möglichkeit, aber die ist ja nun schon auf dem Cover abgebildet. Jedoch völlig falsch, nämlich ohne Schnäuzer, dafür, passend zum Untertitel 2, ein Alphorn schwingend. Wissen Sie eigentlich was passiert, wenn man einem ein Alphorn auf dem Kopf zertrümmert? Das Alphorn geht kaputt. Wie auch immer ihr seid da möglicherweise nid ganz suber über ds Nierstück.

    Dann blättert man weiter durch den pdf.file des Katalogs und stösst da auf: Muhabet: Nenn mich nicht Kanake, du Kartoffel ( Das ist übrigens wirklichkeitsfremd. Richtig wäre: „Nenn mich nich Kanake, Kartoffel„. Das Du können Sie in diesem sprachlichen Zusammenhang nur an den Satzanfang stellen, eingeleitet oder auch umrahmt von einem eh. Ist aber auch egal.)

    Da steht zur Begleitung gewalttätig, bildungsfern, nicht integrierbar und es geht um Türken in Deutschland und dann blättern wir wieder zurück; denn da war uns noch was in Erinnerung geblieben. Und richtig! Der Begleittext zum Gummihals Grützi: Die Türken der Schweiz. Du meine Güte, wie kann man mit so wenig Worten, so viel Menschen auf einmal beleidigen. Das ist doch ganz enorm, denkt man noch, und schon geht es wieder zurück zu Muhabet, besser direkt neben Muhabet: Nicht lange reden – bestellen! Miteinander reden. Der Klassiker sozusagen, der erscheint jedoch erst im September, aber könnten sich den nicht mal alle im Rowohlt Verlag vornehmen. Die Weltwoche hat nämlich keine Zeit, die lesen gerade: Nicht lange denken – schreiben!

    Aber zurück zur brennenden Frage: Mit welchem Untertitel erscheint es denn nun tatsächlich? Mit der Ruebe wäre noch ganz lustig. Vor ein paar Monaten wurde in Luzern ein deutscher Arzt am Busbahnhof grundlos zusammengeprügelt. Am 29.04.08 kommt ja Frau Merkel; aber die reist mit Bodyguards. Obwohl wenn ich mir vorstelle, dass der Couchepin, wissen Sie, der kann ganz böse gucken, wenn der plötzlich so ein Sackalphorn aus dem Hosensack zieht und dann der Merkel bis zur Besinnungslosigkeit eins auf die Karotte gibt…

    Frage wäre aber auch: Welcher Untertitel denn Ihrem Autor besser gefallen würde. Miteinander reden, wuerde mir ja am besten gefallen. Aber das erscheint ja wie gesagt erst im September – hoffentlich nicht am 11.
    (Quelle: E-Mail von Neuromat an den Rowohlt-Verlag)

  • Erst ein Schweizer, dann ein Türke
  • Rowohlt leitet mit „Grüezi Gummihälse“ den konstruktiven kulturellen Dialog ein. In der aktuellen Katalog-Vorschau
    auf Seite 25 finden wir, wie von Neuromat richtig erwähnt, diese zwei weitere passenden Titel zum Thema „Dialog“:
    Nenn mich nicht Kanake, du Kartoffel
    (Quelle: Rowohlt Katalog S. 25)

    Und gleich daneben angepriesen:
    Miteinander Reden

    Wie hübsch: Erst schimpft ein Schweizer über die Deutschen, dann ein Türke, und dann werden Dank Rowohlts Verlagsprogramm alle Streithähne mit dem Titel „Miteinander Reden“ wieder an einen Tisch gerufen. Friede, Freude, Eierkuchen. Und mit all dem lässt sich auch noch gut Geld verdienen.

    Am Auffahrtstag, in Deutschland als „Himmelfahrt“ bekannt, der in diesem Jahr praktischer Weise mit dem 1. Mai zusammenfällt, macht die Blogwiese Pause. Wir müssen uns die ritualisierte Kloppe in Zürcher Kreis 4 und 5 entweder vor Ort oder „live on Tele-Züri“ anschauen morgen. Obwohl in diesem Jahr in Zürich der 1. Mai erst am 2. Mai gefeiert wird:

    Im Jahr 2008 wird das 1.-Mai-Fest nach 2003 zum zweiten Mal nicht am 1. Mai stattfinden.
    Das internationale Volksfest startet am 2. Mai auf dem Kasernenareal und findet bis am 4. Mai statt. Im letzten Jahr kam es um das Fest erneut zu Ausschreitungen. Für die betroffenen BesucherInnen und die OrganisatorInnen war die Lage derart prekär, dass das 1.-Mai-Komitee nicht zur Tagesordnung übergehen wollte. Die Verschiebung ist ein Aufruf an alle, den Raum für einen offenen 1. Mai zu erhalten – und ein Versprechen:
    (Quelle: www.1Mai.ch)

    Solche kleinen zeitlichen Verschiebungen sind die Zürcher gewohnt, die bekanntlich ihren Silvesterlauf Mitte Dezember abhalten, und das neue Jahr um 20 Minuten nach Mitternacht mit Feuerwerk begrüssen, und auch schon Weihnachten im November feiern.

    

    17 Responses to “Grüezi Gummihälse — Rowohlt übt den Dialog der Kulturen”

    1. Miriam Says:

      Es gibt offenbar Leute, die sich nicht entblöden, solchen Stuss wie solche Bücher zu produzieren, und Verlage, die solche Werke herausbringen, um mit Häme Geld zu machen. Ich kann nur raten, solchen Quark nicht ernst zu nehmen. Die Welt spinnt. Die Schweiz mischt da offensichtlich an der Spitze mit.

    2. Brun(o)egg Says:

      Ganz einfach: Griffiges Thema mit gutem Marketing für mehr Umsatz.
      Noch Fragen?

    3. wolfi Says:

      Wenn ich morgen ein Buch auf den Markt bringe:

      Manche Schweizer sind einfach nur Hure Schafseckel

      dann würden das bestimmt auch viele kaufen. Egal, ob ich 99.5% der Bevölkerung damit unrecht tue oder nicht ,-).

      Beleidigungen kommen scheinbar immer gut an.

      Ist eine Frage des Niveaus und des Anstands, so ein Buch herauszubringen und es dann auch noch zu lesen.

      Grüssli

    4. olaf61 Says:

      Zum Glück gibt es keinen „Beleidigung des Deutschtums“-Paragraphen in Deutschland.

    5. Neuromat Says:

      „Was natürlich nicht heisst, dass es nicht auch eine stattliche Anzahl Idioten helvetischen Ursprungs gibt.“ (Bruno Ziauddin)

      http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=13015&CategoryID=82

    6. cocomere Says:

      noch etwas zur Botanik von Neuromat: Ja, ein Rübli ist eine Karotte, aber eine Rübe ist nicht ein Rüebli, ein Rüebli hingegen ist eine Rübe.

    7. Guggeere Says:

      Es muss ja irgendwann mal abfärben, wenn man lange genug bei der „Weltwoche“ arbeitet, der „Kampfpostille des Führers“: Dann schreibt auch einer wie Herr Ziauddin plötzlich solche Bücher. Noch kennt man ja den Inhalt nicht, aber Titel und Verlagswerbung verheissen nichts Gutes. Ich erwarte bestenfalls überflüssigen Sauglattismus. Am wirksamsten wärs wohl, solche Machwerke sofort wieder zu vergessen, denn alles andere läuft auf Gratiswerbung für Autor und Verlag hinaus.

    8. Kreis 7 Says:

      Das ist aber ein lustiges Büechli! Werde es mir aber wohl oder übel zu Gemüte führen.
      Im Übrigen müssen D keine Angst haben, sie sind nicht die Türken der Schweiz. Es wohnen ja auch viele hier und einige arbeiten sogar mit mir. Geht ganz prima.
      Ich gehe mit Herrn Wiese absolut einig, dass der Gummihals sicher nicht aus dem Spital kommt. Dort ist die Hierarchie so ausgeprägt, dass Assistenzärzte aller Nationalitäten Dauernicker sind. Zudem kenn ich den Ausdruck seit vielen, vielen Jahren und da war dieses Thema noch kein Thema. Zumindest keines zum Bücher schreiben.

      Nach meiner nicht repräsentativen Erhebung auf dem Feld, sind die D zur Seite und nach unten sehr direkt – manchmal zu direkt anscheinend. Nach oben geht da gleich wenig wie bei den CH.
      Das berühmte Gemotze findet eher im überfüllten ÖV, vor der Coop-Kasse oder sonst wo statt. Mit dem Chef, so hat man denn Ambitionen, will man es sich ja schliesslich nicht verscherzen.

      Bin ich froh wohne ich nicht im Kreis 4 oder 5!!!

      Wünsche ein schöner Feiertag, was auch immer man feiert!

    9. pit vo lissabon Says:

      ich empfehle den weltwoche-artikel von herrn ziauddin zur lektüre. was titel und aufmachung betrifft, so hat ihm sicher jemand vom verlag dreingeredet. so ein typ mit null fingerspitzengefühl. mich interessiert das buch jedenfalls. trotzdem.

    10. Flaneur Says:

      @wolfi:

      Warum nicht? Es wäre zumindest ein interessantes Experiment – für das ich an deiner Stelle allerdings besser unter Pseudonym schreiben würde. Aber der angedachte Titel „Manche Schweizer sind einfach nur Hure Schafseckel“ ist wahrlich noch verbesserungsbedürftig. Die Unterscheidung zwischen den Huere Schafseckeln und den Du-bist-nicht-gemeint-Schweizern ist einfach der Differenzierung zuviel des Guten. Ich schlage deshalb den Titel vor:

      „Schweizer sind manchmal einfach nur Hure Schafseckel“

    11. Nessi Says:

      Zu diesem Thema scheint mir eine Adaption eines anderen Buchtitels sehr passend :

      „Deutsche sind anders-Schweizer auch“ 😉

    12. blaubär Says:

      Ohje, so ein Buch hat mir noch gefehlt. Warum bin ich nochmals in die Schweiz/nach Zürich gezogen? So langsam weiss ich es nicht mehr. Tagesanzeiger, Weltwoche kann man alles nicht lesen ohne ständig als Deutscher (in der Schweiz) beleidigt zu werden. Jetzt noch so ein Buch. Danke, danke, danke.

      Ich war bisher viel im Ausland unterwegs und habe in diversen Ländern gelebt und gearbeitet aber soviel Ausländerfeindlichkeit wie in der Schweiz habe ich noch nirgends erlebt. Da muss an der Natur der Schweiz liegen. Wenn sich sogar schon die unterschiedlichen Kantone und Städte spinnefeind sind, wie gross ist dann die Missgunst gegenüber anderen Nationen im eigenen Land…

      Warum schreibt nichtmal jemand ein Buch über „Warum die Schweizer manchmal nerven?“ Ich wäre als Autor mit dabei! Wer hat Lust? Vielleicht kann man dann mal den Schweizern vormachen wie man ein Buch mit Zwischentönen schreibt ohne gleich ein ganzes Land zu beleidigen…? Schliesslich ging es dem Autor des Buches „Warum Japaner manchmal nerven“ darum auch seine Sympathie zu Japanern zu bekunden. Diese Absicht bezweifle ich bei Herrn Ziauddin.

    13. robert Says:

      deine seite schläft ein. gut so. tue uns, deinen landsleuten, nun noch den gefallen und zeige dich mit deiner, pardon, eher unsympathischen, unfreundlichen, herablassenen art und ausstrahlung nicht länger am tv und in anderen medien.

      [Anmerkung Admin: Danke für den Hinweis. Das war die „Brückenpause“ am Freitag. Morgen geht es frisch weiter. Es tut doch gut, wenn sich einer ab und zu dazu herablässt, alle Klischee ordentlich mit Leben zu erfüllen. Wenn dich diese Webseite nervt, hätte ich da noch ein paar spannende Linktipps wie http://www.lustig.de oder http://www.blick.ch . Schade dass Du keinen echten Namen und keine echte E-Mail genannt hast, sonst könnte ich Dir noch ein paar weitere Linktipps zusenden. ]

    14. Nessi Says:

      @ Jens
      souverän, deine Antwort 😉

    15. Ostwestfale Says:

      Das Nicken beim Zuhören beobachte ich in meinem Umfeld nur sehr selten. Vor 20 Jahren gab es das noch nicht. Im deutschen Fernsehen ist es jedoch viel häufiger anzutreffen, ich denke von dort kommt es. Erstmals begegnete es mir bei Susanne Kronzucker. Das war Mitte der 90er, da war sie Moderatorin bei einer RTL-Nachrichtensendung. Mir ist es sofort aufgefallen, da es in der deutschen Fernsehlandschaft zur damaligen Zeit völlig untypisch und ungebräuchlich war auf diese Art und Weise Aufmerksamkeit und Verständnis zu suggerieren. Ich schätze sie hat diese Angewohnheit aus den USA mitgebracht, wo sie einige Jahre studiert und gearbeitet hat. Später wurde dann dieses Nicken auch von anderen Moderatoren hierzulande angewandt. Für mich spricht viel dafür, dass Frau Kronzucker die Trendsetterin dafür war. Seit einigen Jahren hat das zustimmende Nicken dann noch eine Steigerung erfahren: das zustimmende Ja-Sagen (Beckmann, Kerner, Maybrit Illner). So häufig wie die das machen finde ich es nervig.

    16. tyrannosaurus Says:

      Das Wort „Quellensteuer“ möchte ich da oben dann aber nicht gelesen haben, nur damit das klar ist.

      Ausgelaugten Grusses,

      t.

    17. labbi Says:

      ich habe das buch gerade gelesen und es ist wirklich gut… und es wird nicht ,wie befürchtet, pausenlos auf den armen deutschen herumgehackt, nein, auch wir eidgenossen bekommen eins auf die rübe…
      es braucht eine gute portion selbstironie, um das buch zu lesen… sowohl von der dutschen als auch von der schweizer seite