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Teil den Hund um — Nicht umbringen aber umteilen

  • Teil das mal um oder umteile das?
  • Mitunter stossen wir auch nach so langer Zeit noch auf feine kleine neue Wörter, die uns so in der Deutschen Sprache nicht geläufig waren. Wir wussten, dass man etwas „umbringen“ kann oder „umsorgen“, auch „umfassen“ war uns bekannt, nicht aber das Schweizerische „Umteilen“.

    So lasen wir im Tages-Anzeiger in einem Artikel über die geplanten Verbote gefährlicher Hunderassen, dass zukünftig unterschieden wird zwischen (verbotenen) „gefährlichen Hunden“, „möglicherweise gefährlichen Hunden“ und „wenig gefährlichen Hunden“:

    Bringt der Hund die geforderte Disziplin nicht, wird er umgeteilt. Bei bereits „möglicherweise gefährlichen“ Hund heisst das, dass sie abgetan werden müssen.
    (Quelle: Tages-Anzeiger vom 21.04.07, S. 2)

    Was mag das sein? Wir der Hund etwa „umgelegt“? Oder wird er vielleicht geteilt und damit umgebracht? Die Antwort ist viel prosaischer, aber dennoch sehr schweizerisch. Unser Duden half uns weiter:

    umteilen (schweiz.):
    neu einteilen, neu zuordnen
    : er wurde in den waffenlosen Militärdienst umgeteilt.
    (Quelle: duden.de)

  • Abmachen, ablöschen und jetzt abtun
  • Fehlt noch das zweite Wort in dem Tages-Anzeiger Zitat, was wir nicht einfach so abtun möchten, um zur Tagi- Tagesordnung Pendenzenliste überzugehen. Die Rede ist von „abtun“. Wir kennen ja schon „abmachen“, wenn Schweizer eine Verabredung treffen und dazu keinen Schraubendreher benötigen, oder „ablöschen“ für die Vernichtung jeglicher guten Laune, ganz ohne Feuerlöscher.

    Aber „abtun“, noch dazu einen Hund? Der wird doch sonst gleich verlocht bei der „Hundsverlochete“ in der Schweiz. Diesmal weiss der Duden nicht weiter. Bei Google-CH fanden wir „den Hund abtun“ 754 Mal.

    Was damit gemeint ist? Dem Kontext nach könnte es „umbringen“ oder „abgeben“ sein, beides ist nicht so ganz eindeutig.

    Schliesslich wurden wir fündig in Kurt Meyers „Schweizer Wörterbuch“:

    abtun (unr. V.):auch (dtl. veraltet) //(Haustiere) töten. Das von der Krankheit befallene Vieh musste am Montag abgetan werden (St. Galler Tagbl. 16.12.68)

    So schnell können bekannte Silben, neu kombiniert, einen gänzlich neuen Sinn ergeben, der sich nur den Schweizern oder uns Deutschen durch die Verwendung von Wörterbüchern erschliesst. Aber von wegen „neuen Sinn“. Selbst Kurt Meyer hält „abtun“ für „dtl. veraltet“. War der Tagi-Autor etwa schon etwas älter? Wer legt eigentlich fest, ab wann Wörter veraltete sind und wann nicht?

    

    24 Responses to “Teil den Hund um — Nicht umbringen aber umteilen”

    1. lamiacucina Says:

      Kurt Meyer war offensichtlich kein Sportler. Beim Hornusser-Sport wird auch abgetan. Die Abtuer haben nach dem ausgeführten Schlag zwischen 4 und 8 Sekunden Zeit, um den anfliegenden Hornuss zu erkennen und abzutun. Quelle: Eidg. Hornusserverband: http://www.ehv.ch/joomla/index.php?option=com_content&task=view&id=14&Itemid=21

    2. mare Says:

      Bei uns braucht man das Wort „abtun“ schon noch, aber eher für bissige Hunde, die unbedingt – eben abgetan werden müssen. Für die will man nicht das Wort „einschläfern“ verwenden, das man braucht für den treuen Begleiter.
      Und brauchen nicht auch die Hornusser das Wort „abtun“? – „Den Nouss abtun“?

    3. Phipu Says:

      Ich bin dagegen, dass man das Wort „abtun“ einfach als veraltet oder als etwas für alte Leute abtut. Eine – zwar schon etwa 25jährige – Anekdote aus meinem eigenen Leben belegt, dass dieser Ausdruck auch im Kindermund Platz findet. „Müssen wir wirklich unser Auto abtun?“ (hier die hochdeutsche Verschriftung des in Dialekt geäusserten Satzes) war mal die besorgte Frage meines damals achtjährigen Bruders, als unsere Familie entschloss, das Auto zu verkaufen. Natürlich musste das Auto nicht notgeschlachtet oder verschrottet werden, sondern einfach verkauft. Aber für ein Kinderherz war dieses Fahrzeug halt so etwas wie ein treues Haustier geworden.

      Übrigens kann man auch auf Französisch mit ganz harmlosen Worten Tiere umbringen. Für „einschläfern“ sagt man „piquer“, also einfach „stechen“ (mit der Spritze).

    4. Nessi Says:

      „abtue“ klingt wirklich etwas hart, ist aber schon noch geläufig in unserer sprache (wenn auch immer seltener) es wird aber kaum für den geliebten bello oder das büsi gebraucht.
      früher war es ganz normal, aber heute gebraucht man es eher für tiere mit denen man keine so engen beziehung hat.
      oder eben bei gefährlichen hunden, die sind ja (ausser bei ihrem besitzer) unbeliebt.

    5. sylv Says:

      ……und derjenige der die Tiere dann ‚abtut‘ ist der Abdecker.

    6. DaniDo Says:

      Umteilen…weiterhin schön zu erfahren, wie reich die Schweizer Deutsche Sprache ist. Nach jahrelanger Blog-Arbeit immer noch neue Helvetismen, die man in Deutschland nicht versteht…Kompliment!

      Ob ein Wort veraltet ist, entscheiden allein die Nutzer, und nicht irgendwelche Wörterbücher. Abtun ist ein häufig gebrauchtes Wort, in der Schweiz versteht das jeder. Es wird immer gebraucht, wenn ein Tier eingeschläfert werden muss, das nicht einen hohen Affektionswert sondern eher einen Nutzwert für seinen Besitzer hatte.

      „Er hat mich als unwichtig abgetan“ heisst aber nicht, dass ich umgebracht wurde, sondern dass man mich nicht für voll nahm.

    7. Brun(o)egg Says:

      Abtun könnte einfach ein Ausweg sein, um nicht „töten“ sagen zu müssen.
      Da sträubt sich das Gewissen etwas. Ist ja auch so bei Todesnaziegen: Hat uns verlassen / hingeschieden / von uns gegangen / usw. aber selten ist gestorben oder ganz einfach „ist tot“. Was ja wahr, aber auch nicht schlimmer ist.
      Selbst beim Hornussen, wird die Nuoss abgetan und nicht mit dem Brett erschlagen. Und die Nuoss abtun ist gerade noch einmal ein Ausweg um nicht töten sagen zu müssen, killt die Hornusse. Es heisst ja Hornussen.

    8. Nessi Says:

      irrtum sylv
      der abdecker ist derjenige der sie verbrennt.
      man bringt die schon toten tiere zum abdecker.

    9. myl Says:

      Eine Variante des „abtun“ ist „umlaa“ (=umlassen)

      Dies wird zumindest in der Ostschweiz als ähnlich abschätziges Synonym für das Umbringen von Menschen verwendet (kein schönes Thema heute, finde ich…)

    10. Schnägge Says:

      @Phipu: Na, aber „einschläfern“ finde ich wesentlich harmloser als (ab)stechen…

      @Brun(o)egg: Todesnaziegen? Was mögen das für interessante Tiere sein? 🙂

    11. mare Says:

      Noch zum Verb „abgeben“: Ganz früher – dürfte wohl wirklich veraltet sein – meinte man mit „abgeben“ auch „demissionieren“, „in Pension gehen“. Man sagte es vor allem von Angestellten, Beamten oder Vereinsvorständen. Mit dem Satz „Der Lehrer Müller het abgää“ meinte man, er habe sich in den Ruhestand begeben. Manchmal meinte man allerdings auch, er habe körperlich und/oder geistig nachgelassen.

    12. Tellerrand Says:

      @ DaniDo

      „etwas als unwichtig abtun“ kommt durchaus auch in meinem (nord-/hochdeutschen) Sprachgebrauch vor und zwar in der von dir geschilderten Bedeutung. Das man auch einen Hund abtun kann und damit etwas vollkommen anderes meint, war mir bisher aber noch nicht untergekommen. Kenne wohl zu wenige Schweizer Menschen mit Hunden 😉

    13. Zuozer Says:

      @mare

      ÜBERHAUPT NICHT VERALTET, BITTESCHÖN! Diese Redewendungen brauche jech jeden Tag.

    14. neuromat Says:

      @ Schnägge

      da hast Du nicht richtig aufgepasst 😉 . Abtun tun sie nur die Tiere, die keinen hohen Affektionswert besitzen. Seit dem 1. April 2003 gelten Tiere mit dem Affektionswert juristisch nicht mehr als Sache in der Schweiz es ist eine Rechtsstellung zwischen Sachen und Menschen erreicht. Das liest sich so: Art. 641a Abs. 1 (neu) ZGB: „Tiere sind keine Sachen.“- Art. 641 a Abs. 2 (neu) ZGB: „Soweit für Tiere keine besonderen Regelungen bestehen, gelten für sie die auf Sachen anwendbaren Vorschriften.“ Die besondere Regelung wäre also das menschliche Gefühl gegenüber einem Tier. Das wird dann eingeschläfert. Dann gibt es noch eine weiter aktuell nicht näher definierte Gruppe von Lebewesen die werden beigeschläfert, im Durchschnitt 123mal im Jahr für jeweils 19 Minuten, was nahezu einer deutschen 38,5 Stunden Woche entspricht.
      Die Todes Nah Ziege gehört zum Stamm der Bären, genauer der Tippfehlbären.
      Und jetzt: abtue, heisst 1. weglegen (auch ablegen und vergessen), 2. ein krankes oder unnützes haustier töten und 3. mit der Schindel den Nauss herunterholen. Herunterholen heisst dann wieder abemache, da kann man auch eine Nuss abemache, im Sinne von Flausen austreiben. Ende der Durchsage. J

    15. bobsmile Says:

      @DaniDo
      Aprospos neue Helvetismen, die man in Deutschland nicht versteht.
      (Passt jetzt nicht ganz zum „abtun“, aber vielleicht kanns der admin ja „umteilen“)
      Kürzlich habe ich meinem deutschen Kollegen gesagt, „da müsse er dafür besorgt sein“, da fing dieser an zu Lachen, er sei ganz und gar nicht besorgt. Ich meinte natürlich, dass etwas in seiner Verantwortung lag.
      Gibt es diesen Ausspruch „dafür besorgt sein“ tatsächlich nur in der Schweiz?

      [Anmerkung Admin: Alles rund ums Them „Sorge“ siehe hier]

    16. Nessi Says:

      Todes Nah Ziege *gröööl*
      wenn sie dem tode schon so nahe ist braucht man sie nicht mehr „abtue“ :o)

    17. Bürli Says:

      @ mare
      Abghä tuet aber au jede schwyzer Maa gern. Vorallem ’s Bundes-Pfadi-Zügs nach dem mer all die drüwüchige Pflichtkürsli schön fliessig jedes Jahr bsuecht hät.

    18. Thomas Says:

      also veraltet würd ich vehement bestreiten. Hab Jahrgang 76 und das Wort ist fast im alltäglichen Gebrauch. Auch sämtliche Schulkollegen die med.vet. gemacht haben brauchen das Wort oft. Nicht zuletzt kann man es auch trefflich in unserem Gesundheitswesen brauchen. *hüstel*.
      Anyway, ev. ists im Westen verbreiteter als in diesem Züriduetsch

    19. solar Says:

      Eine Freundin, Mutter von fünf Töchtern, unternahm mit diesen eine Velotour (Fahrrad-Ausflug). An einem Kiosk wollte sie als Aufmunterung eine Tafel Schoggi (Schokolade) kaufen, aber statt sie zu bedienen, starrte die Verkäuferin immer wieder von einem Mädchen zu andern und schüttelte den Kopf. Schliesslich stiess sie angesichts des typischen „Familienmodels“ hervor: „Ts, ts, tssss! Wie kann man auch in der heutigen Zeit fünf Goofen haben!?“

      „Meine Freundin schaute sie ruhig an und fragte: „Weles söl i abtue?“

      (= Welches soll ich abtun? = Welches soll ich töten?)

      „Familienmodels“ = alle gleichen sich, als wären sie mit dem selben Model geformt worden (Model sind z.B. Aniskuchen- oder Butterformen)

      Goofen = Kinder, je nach Dialekt meist eher abschätzig

      @ myl

      Umlaa wird auch für Bäume, die man fällt, gebraucht.

      @Verschiedene

      „abgää“ wird mundartlich für nachlassen gebraucht (Er hät böös abggää = Seine Fähigkeiten oder seine Gesundheit haben stark nachgelassen).

      Ein Amt „abgää“ (abgeben) ist sehr üblich auf Schweizerdeutsch. Auch „abgää“ für das zurückgeben der Militärutensilien am Ende des Militärdienstes (v.a. am definitiven Ende der Dienstpflicht) ist „gang und gäbe“ (=üblich).

      Beim Militär gibts auch noch das „Absände“ (Absenden), wo meines Wissens nichts verschickt wird, aber darüber muss ein Wehrmann Auskunft geben …

    20. Brun(o)egg Says:

      @ Schnägge

      Lach. Also die Todesanziege müsste dann wohl dem Teufel sein Geissbock sein oder so. Tüppföhler haben manchmal etwas befruchtendes.

      Übrigens: es gibt nicht nur das abtun in allen Varianten, sonder auch noch das „Umtun“. Das sind immer Bäume, grosse Sträucher, etc. die ins Jenseits befördert werden.

    21. Brun(o)egg Says:

      @ Solar

      Das Absenden hat nur indirekt mit dem Miltät zu tun. Es ist, soviel ich weiss, der letzte Anlass der Schützenvereine. In diesen eigenartigen Clubs sind Menschen die miet einem speziellen Gen ausgerüstet sind. Man erkennt sie an schweren Schuhen an den Füssen, damit die Flossen während dem abdrücken schön ruhig liegen. Des weiteren scheinen sie schlecht zu sehen. meistens nur auf einem Auge. Dort montieren in Serie hintereinander Lupen, Brillen und andere Gläser, was den Vorteil hat, dass das Ziel, mindestens optisch, auf cm-Nähe heranrückt.
      Auch geruchsmässig unterscheiden sie sich von durchschnittlichen Mitteleuropäer: Auf der Basis eines leichten Bierdunstes kommt, der hervorragend intensive Geruch eines Rössli Stumpens zum tragen.
      Auch die Bekleidung ist ganz seltsam. „Übergwändli“ zeichnen den mit der Eidgenossenschaft treu verbundenen Tellensohn aus.

      Gottseidank hab ich sie hinter mir, die jährliche Schiesspflicht. es war Folter pur.

    22. Schnägge Says:

      Todesnahziegen sind vermutlich Geissen, die in der Nähe eines militärischen Übungsplatzes grasen. 🙂
      Die „jährliche Schiesspflicht“ wäre eventuell auch mal einen Tippfehler wert… 😉

      @solar: Harte Geschichte. Ich bin immer noch ganz geschockt.

    23. Brun(o)egg Says:

      @schnägge

      Ich bin entsetzt Schnägge. Tüppföhler bei Schiesspflicht? Wo führt das hin?Da stehen wir vor dem Abgrund und das Chaos droht!

    24. Schnägge Says:

      @Brun(o)egg: Würde mich ehrlichgesagt kaum wundern, wenn die Präzision im falschgetippten Tüpflischiessen alljährlich pflichtbewusst geübt würde… 🙂