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Bitte keine spontane Kommunikation — Deutsch-Schweizer „communication gap“

  • Bloss nicht angequatscht werden
  • Auch nach sechseinhalb Jahren Leben im Land der Eidgenossen überfällt mich immer noch mitunter die Lust auf spontanten, ungeplanten, und ohne Vorspiel durchgeführten Sex Dialog mit meinen Nachbarn. Einfach so spontan mal etwas sagen, ohne ein „Entschuldigen Sie bitte, aber..“ voran zu schicken, ohne um Erlaubnis zu fragen, ohne die Kommunikation mit umständlichen „Exgüse…“ zu eröffnen. Immer wenn es mir passiert, geht es schlecht aus, laufe ich gegen eine Wand, ernte entsetzte Blicke, Ratlosigkeit, im besten Fall noch ein Fragendes „Reden Sie mit mir?“ ins Gesicht geschrieben.

  • Beispiel 1: Der Mann im Zug
  • Viele Tage stieg ich exakt zur selben Uhrzeit exakt im gleichen Zugabteil exakt am gleichen Bahnhof aus dem Zug. Während der Zug in den Bahnhof einfuhr, wartet ich zusammen mit einem (vermutlichen) Schweizer Morgen für Morgen einige Sekunden darauf, dass der Zug ganz zum Stehen kam und sich die Tür öffnen liess. Aus solch einer Situation könnte doch eine gewisse Vertrautheit entstehen, man sieht sich ja jeden Tag wieder an gleicher Stelle und zur gleichen Uhrzeit, um das Gleiche gemeinsam zu tun. Eines Tages wage ich ein „Na, heute sind wir ja extrem pünktlich!“ zu meinem Mitreisenden zu äussern, direkt ins Gesicht. Einfach so, ganz ohne Grund. Resultat: Er schaute sofort betreten beiseite und es erfolgte keine Reaktion. Der Mann fühlte sich nicht angesprochen. Communication gap.

  • Beispiel 2: Die Schweizer Touristen und der Deutsche
  • An einem touristischen Aussichtspunkt in Südfrankreich erklärte ein Schweizer seiner Reisegefährtin das Panorama. Der Blick fällt auf das Plateau de Vaucluse. Ich schalte mich spontan ins Gespräch ein und bemerke, dass dort oben einst die französischen Atomraketen, die „force de frappe“ stationiert war. Mein Gott, ich wollte nicht klugscheissern, auch keinen Vortrag halten, es war lediglich eine spontane Anwandlung von Lust auf Kommunikation. Finstere Blicke sind das Resultat. Was mischt sich dieser Deutsche Besserwisser in unser Gespräch ein!

    Plateau de Vaucluse
    Blick über das Plateau de Vaucluse
    (Quelle Foto: lochstein.de)

    Ist es typisch Deutsch, gern mit fremden Menschen zu kommunizieren? Oder ist es typisch Schweizerisch, dies nicht zu tun? Ich habe oft das Gefühl, dass jeder direkte Dialog, jede Kontaktaufnahme ohne „diplomatisches Vorspiel“, in der Schweiz eher auf Unverständnis und kühle Ablehnung stösst.

  • Eng und doch auf Distanz beim Essen
  • Einige Schweizer berichteten über die hierzulande übliche Verhaltensweise, in einem Restaurant, in dem die Gäste eng an eng sitzen, bei der Ankunft an einem Tisch, kurz zum Nachbartisch zu grüssen, vielleicht sogar später „En Guete“ zu wünschen, um dann die restliche Zeit höflich den Blick nicht mehr in diese Richtung zu lenken. Deutsche seien in solchen Situationen oft unhöflicher und würden diese „Pflicht zum Grüssen“ nicht einhalten. Ich kann diese Erfahrung nicht teilen, im Gegenteil. Es muss mehr geheime Verhaltensregeln und „Codizes“ geben, bei Schweizern wie bei Deutschen, die hier zur Anwendung kommen, als ein Beobachter solcher Situationen ausmachen kann.

  • Liegt es an der dichten Besiedelung der Schweiz?
  • Den Deutschen wird oft nachgesagt, dass sie sich gern zusammenfinden, einen Verein gründen, feiern und dabei fröhlich und laut werden (Stichwort Ballerman-Mythos). Abgesehen davon, dass wir ähnliche Verhaltensweisen auch bei Franzosen, Holländern, Italienern oder Engländern beobachtet haben, glauben wir für die Schweizerische Distanziertheit einen guten psychologischen Grund gefunden zu haben. Es lebt sich einfach enger in der Schweiz, das Land ist knapp und dicht besiedelt, die wenigen freien Wohnflächen werden permanent weiter verdichtet. Distanz voneinander zu halten ist somit ein Trick, um bei aller Enge nicht durchzudrehen und sich an die Kehle zu gehen.

  • Distanz halten am Südpol
  • Ein guter Freund von uns aus den Vereinigten Staaten verbrachte ein Jahr am Südpol als Funker einer Forschungsstation. Während 6 Monate ist es dort so kalt, dass kein Flugzeug hätte landen und wieder starten können. Landen schon, nur für den Start wäre das Kerosin zu kalt geworden. Wenn das Dieselaggregat ausfiel, mit dem Strom erzeugt wurde, der die Heizdecken speiste, die den Diesel vor dem Einfrieren bewahrten, hatten die Techniker nur 30 Minuten Zeit, das Ding wieder zum Laufen zu bringen, denn danach wäre der Diesel eingefroren und hätte kein Aggregat mehr antreiben können

    Neumayer Station am Südpol
    Foto von der Neumayer Station
    (Hier ein Foto-Film der letzten 24 Stunden dort.)

  • Am letzten Abend gab es Zoff
  • Wer dort war, musste also dort bleiben. Um in den wenigen geheizten Räumen so etwas wie Privatsphäre zu haben, gab es eine stillschweigende Abmachung: Wenn jemand nicht angesprochen werden mochte, schaute er einfach nicht auf, falls jemand anders den Raum betrat. Als unser Freund auf diese Station kam, war am letzten Abend die alte Mannschaft, die am nächsten Tag heimfliegen würde, noch anwesend. Es kam zu einem gewaltigen Streit innerhalb dieser Mannschaft. Ein Jahr hatten Sie jede Animosität unterdrücken müssen, jetzt war das Jahr vorbei, und alles kam raus. Distanz halten als Überlebensstrategie. Sind alle Schweizer Polarforscher?

    

    44 Responses to “Bitte keine spontane Kommunikation — Deutsch-Schweizer „communication gap“”

    1. Micha Says:

      Man kann aber auch aus allem eine kulturelle Regel machen. 😉

      Ich (als Schweizer) bin also nicht so. Ich habe keine Probleme, wenn die Kommunikation direkt eröffnet wird. Es kommt aber natürlich auf die Situation und die Person an. Ich möchte zum Beispiel auch nicht am Morgen, wenn ich in Gedanken versunken (bzw. halbwegs am Träumen) von irgend einem Deutschen angequatscht werden. Und vorallem in unangenehmen Bahnabteils mit haufenweise drängelnden Leuten. Ich kann dieser Person im Zuge also sehr gut nachfühlen 😀 …

      Aber in ausgeschlaferen Situation kann die Kommunikation schon direkt eröffnet werden. Aber vielleicht gehts Schweizer Schweizer besser, als Deutscher Schweizer. Das müsste man mal untersuchen.

    2. filo Says:

      Ich denke, der Schweizer möchte wirklich nicht gestört werden.
      Selbes Phänomen in Japan. Dort spricht man auch nicht einfach so Leute an. Weder auf der Strasse, noch im Zug. Wenn man unbedingt angesprochen werden möchte, gibt es da ja noch die Clubs und Bars.

      Da jeder Schweizer und jede Schweizerin weiss, wie ungerne man selbst „gestört“ wird, aber einmal nicht drumherum kommt, ist nunmal distanzierte Höflichkeit angesagt.

      Man kann’s so sagen: Deutsche sind in der Schweiz wegen der Ungezwungenheit als ungehobelt abgestempelt und die Schweizer sind halt „bünzli“ und verklemmt.

    3. sylv Says:

      Der Schweizer ist schon eher zurückhaltend und wenn er dich nicht schon von der Wiege her oder zumindest dem Kindsgi
      kennt :-D,wird er dich nicht EINFACH SO an sich heranlassen.
      Der Durchschnittsschweizer ist auch kein Meister des Smalltalks…..
      Dein Beispiel mit dem Restaurant,hat meines Erachtens nach, mehr mit Anstand zu tun,es wird als unanständig eingestuft wenn man einem Unbekannten Gegenüber/Sitznachbar zuviel Aufmerksamtkeit schenkt und sei es auch nur mit Blicken.
      Die mögliche Erklärung mit dem sowieso nahe beieinander sein weil unser Land halt klein ist, ist gar nicht mal so abwegig! E schöne Mäntig no:)

    4. mare Says:

      Ist es nicht auch so, dass Schweizer oft auch (nicht immer!) einander eher ausweichen, wenn sie irgendwo im Ausland in den Ferien sind? Ich kann mich auch erinnern, dass ich vor vielen (40) Jahren einmal jemanden nach der Uhrzeit gefragt habe, weil ich meine Uhr beim Uhrmacher hatte: der sagte mir die Zeit, ich ging weiter, aber er rannte mir noch nach und fragte mich, warum ich ihn gefragt habe, das sei unanständig jemanden so anzuquatschen. Ich schüttle immer noch den Kopf darüber.

    5. PEETI Says:

      Ja, das erinnert mich an die erste Zeit, die ich in der Schweiz war,
      man wartet gemütlich auf den Lift, ein bisschen „smalltalk“, .
      .das dauert heute aber wieder…..
      Reaktion: irritierte Blicke, betretenes Schweigen
      oder ein Schweizer reagiert sehr direkt, so nach dem Motto, oh die will was von mir.
      Jetzt nach über 20 Jahren, in denen ich in der Schweiz lebe hat sich meine Sprachmelodie weitgehend angepasst, ich falle nicht mehr so auf und jetzt passiert es auch,
      dass mal jemand nett mit mir spricht.

    6. Anne Says:

      Da haben wir’s hier in der Westschweiz (Bieler- Neuenburgersee Region) in der Nähe der „Welschen“, glaube ich, etwas besser mit der Spontaneität. Oder macht’s der Wein, der hier wächst? Wieviele tolle, spontane Kontakte hatten wir schon unterwegs, vor allem, wenn da plötzlich unerwartet um die Ecke eine Weindegustation angeboten wurde….
      Kommen Sie uns besuchen (siehe meine per Post übersandte „Anregung“)

    7. florian Says:

      ich denke das ist wahr. ich bin schweizer und lebe seit einigen monaten in berlin. und bin jeden tag wieder aufs neue erstaunt, dass die deutschen mich auf der strasse quasi nonstop ansprechen und mir ihre meinung über meinen hund kundtun. obwohl mich das – ehrlich gesagt – überhaupt nicht interessiert, was jetzt jeder persönlich dazu denkt. als schweizer fühle ich mich diesbezüglich nicht kommunikativ verstockt, sondern bin eher fähig, auch mal einen gedanken für mich zu behalten, ohne ihn aussprechen zu müssen. mein vater hat mir als kind gesagt: „man muss nicht immer alles aussprechen, was man denkt“. zudem kann ich mir schon vorstellen, dass diese zwei leute in der bergwelt ein bisschen romantik pflegen wollten, und nicht gerade erfreut waren, wenn jemand von raketen und bomben zu sprechen beginnt.

    8. vorgestern Says:

      Als ich vor ein paar Tagen mit meiner Tochter bei einer Veranstaltung im Volkshaus war, sprach uns in der Pause ein Deutscher an und wir diskutierten eine Weile über die Vorstellung. Dasselbe passierte mir vor einigen Jahren in London in einer Theaterpause. Dort war es ein Engländer, mit dem ich ein wenig über das Theaterstück plauderte. In Madrid erlebte ich im Tram, dass zwei sich wildfremde Frauen einfach so ins Gespräch kamen. Einfach alles locker und ungezwungen. Schade – hier ist so etwas meist ungeheuerlich. Ich glaube aber, dass es sich bei jungen Schweizer allmählich ändert.

    9. DaniDo Says:

      Jeden Grüssen? Uh nein, lieber nicht, das ist ja unhöflich, zu komisch, das macht man nicht.
      Dann aber spontan rumplaudern und einem Päärchen ins Flirten fallen, witzige Bemerkungen zur Pünktlichkeit am Morgen früh? Aber sicher, wir sind ja nicht verklemmt oder kontaktscheu.

      Ich habe die „deutsche Haltung“ natürlich überspitzt dargestellt, sorry. Aber was mir dieser Artikel zeigt, ist doch, wie nützlich die Grüsserei ist. Denn wenn man sich ein paar Mal gegrüsst hat, dann kennt man sich soweit, dass man abschätzen kann, ob ein Small Talk angebracht ist.

      …manchmal merkt man das ja auch schon nach dem ersten Grüssen… Ich hatte so schon viele nette Gespräche und auch schon fremde Leute zu Bekannten gemacht…Schweizer sind gar nicht so unkontaktfreudig!

    10. Nessi Says:

      ich als schweizerin spreche (je nach situation)auch menschen spontan an. in situation wie du sie im zug beschreibst, nun diese aussage hätte auch von mir sein können. aber ich glaube es entsteht bei schweizern ein wenig anders….wenn ich jemanden fast täglich am gleichen ort sehe, dann beginnt das erstmal in dem ich den anderen (oder er/sie mich) grüsse. dann „kennt“ man sich ein bischen und daraus kann dann ein gespräch entstehen. bei mir selber bemerke ich aber auch, dass es eine frage von sympathie ist, ob ich mit meinem gegenüber reden möchte. speziell auch am mittagstisch muss ich zugeben, dass ich oft keine lust habe, die leidensgeschichte oder sonst was anzuhören, was mich überhaupt nicht interessiert. und da ich z.b. beim mittagessen nicht einfach gehen kann (nach einer höflichen verabschiedung,wohlverstanden ;o) ) vermeide ich es eben in die situation zu kommen, mir etwas langweiliges anzuhören und auch noch darauf antworten zu müssen. ich unterhalte mich sehr gerne mit menschen, aber bitte nicht darüber, was jetzt wieder im „Blick“ steht oder im Irak wieder schlimmes abgeht!!! da schweige ich dann lieber, als ein solches gespräch zu provozieren.

    11. aquado Says:

      Ja, da ist er also wieder, der „forsche und ungehobelte“ Deutsche, der einem Schweizer ein Gespräch aufzwingt und ihn damit in seiner hoheitlichen Privatspähre ernsthaft verletzen könnte… 😀

    12. Thomas Says:

      Jens, das geht wirklich nicht. Wenn ich am Morgen am Bahnhof steh dann bin ich in meiner Welt. Wenn jetzt da einer kommt und mir diesen Satz um die Ohren haut dann frag ich mich: „wieso pöbelt der mich an, ich bin ja zur selben Zeit hier wie immer.. der sieht mich ja jeden Tag, der sollte das doch wissen.. ach, so ein Klugscheisser“
      Aber, und hier gehört wohl ein ‚leider‘ hin, denke ich dabei sicher nicht an eine nett und gut gemeinte Art der Kommunikationseröffnung.
      Aber ich gebe Dir vollkommen Recht: es ist generell „manchmal etwas schwierig“, spontane Kommunikation zu betreiben.

    13. Frank Says:

      „Während 6 Monate ist es dort so kalt“

      Oha, da hat sich wohl ein Helvetismus eingeschlichen 😉

    14. neuromat Says:

      Genau diese Problem habe ich mit meiner neuen Waage von Swisswaagen. Sie spricht nicht mit mir, zeigt nicht einmal mein aktuelles Gewicht an. Es erscheint nur „err“ . Was mache ich da falsch? Kann mir jemand helfen?

      Als eher schweigsamer Typ habe ich mich von Anfang an in der Schweiz mit dieser kommunikativen Zurückhaltung wohl gefühlt. Je mehr Leute in meiner Nähe, desto wortkarger bin ich. Wie habe ich da von einem Seelenverwandten gelesen: „Sitzen fünf Personen am Tisch, spreche ich kein Wort. Bei vieren gebe ich im Notfall kurze Antworten, und bei dreien stelle ich sogar schon mal Fragen. Im Zweiergespräch suche ich durchaus auch Diskussionen und eigene Positionen, aber so richtig heftige Wortgefechte und Streitereien gibt es bei mir nur, wenn ich vollkommen alleine bin. Da müßtet ihr mal dabeisein!“

      Und dann dies: In der letzten Woche im Migros spricht uns ein älterer Schweizer an und fragt, wo denn der neu eröffnete Aldi sei. (Wir sprechen so herrlich akzentfrei Schriftdeutsch) Das war nur der Einstieg für ein Gespräch. Ich nahm erst einmal Reissaus und hab dann überlegt, ob ich mit dem Herrn meinen Pass tauschen sollte.

    15. Ginger Says:

      Ich bin ja immer vorsichtig bei Verallgemeinerungen und für jede Regel (oder Vorurteil;-)) finden sich dann auch gleich die berühmten Ausnahmen. Aber es stimmt schon, dass spontane Kommunikation in der Schweiz eher schwierig ist – schwierig im Sinne von nicht missverstanden zu werden. Ein einfach daher gesprochener kleiner Kommentar ist oft von Deutschen auch nur als ein solcher gedacht und in ihm steckt nicht die Absicht, einen neuen Freund zu finden oder das Gegenüber anzubaggern oder was auch immer da hineininterpretiert wird von so manchem verkopften Schweizer.

      Ich geniesse es daher wirklich sehr von Zeit zu Zeit nach Deutschland oder sonst wohin zu gehen, um einfach mal wieder diese Spontaneität zu erleben und auch auszuleben. Mir scheint manchmal, dass sich viele Schweizer einfach zu viele Gedanken machen.
      Mein Gott, freut euch doch, wenn jemand euren Hund süss findet oder lächelt mit, wenn jemand einen lustigen Kommentar loslässt.
      Ausserdem: mit non-verbaler Kommunikation kann man ein Angesprochen-werden sehr leicht verhindern. Also nicht lächelnd und mit Blickkontakt durch die Strasse laufen und dann entsetzt tun, wenn jemand sagt: ‚Gell, schönes Wetter heute!.‘

      Etwas aus der weiten Welt: In Myanmar grüsst man eigentlich jeden, den man trifft und das nicht nur mit einem Hallo. Da werden ganz andere Geschütze aufgefahren. Trifft man jemanden um die Mittagszeit, fragt man ganz ungezwungen ob er schon gegessen habe und wenn ja, ob es gut war und so weiter.

      Also, wer die Deutschen schon grenzüberschreitend findet, sollte erst gar nicht auf die Idee kommen, weiter weg zu reisen – aber andererseits: wenn’s kein Deutscher ist, ist ja eher wieder exotisch und damit im grünen Bereich, gell ?!?;-)

    16. Jean Says:

      Das ist doch eine Frage der Persönlichkeit und nicht der Nationalität.

      Es gibt extrovertierte Typen, die gerne fremde Menschen anquatschen und gerne von fremden Menschen angequatscht werden.

      Und es gibt introvertierte Typen, die das nicht wollen (oder können).

      Ich kenne hier (in Zürich) beide Sorten.

      Wird man tatsächlich in D beim Zugfahren regelmässig von fremden Menschen angesprochen und in ein Gespräch verwickelt ? Und wenn ja, ist das in ganz D so oder gibt es da auch wieder regionale Unterschiede ?

    17. Christian Says:

      Wer mit Schweizern einen Smalltalk führen möchte, der benötigt halt etwas Frustrationstolleranz. Ein guter Indikator für einen möglichen Smalltalk ist die Situation. Deutsche sind im Allgemeinen offener was Smalltalks betrifft. Ich persönlich lasse mich allerdings auch nicht von jedem dahergelaufenen … vorbehaltlos ansprechen. Ja, es stimmt, in Deutschland grüßt man generell nur Verwandte und bekannte Personen – was widerum keine inoffizielle Sitte ist. Prinzipiell steht es jedem frei zu grüßen. Ebenso verhält es sich mit den Smalltalks.

      [Anmerkung Admin: Fahr mal ins Sauerland und laufe durch ein Dorf. Jeder wird dich auf der Strasse grüssen. Und das gibt es in Deutschland sicher nicht nur im Sauerland]

    18. Branitar Says:

      Hmm, also mir scheint die Theorie auch nicht ganz schlüssig zu sein, denn die Bevölkerungsdichte ist in Deutschland mit etwa 231 Menschen je Quadratkilometer rund 28% höher als in der Schweiz mit nur etwa 180 Personen je Quadratkilometer (nachzulesen u.A bei Wikipedia.)
      Und gerade in Deutschland gibt es ja auch Gegenden, in der Leute noch sehr viel dichter zusammen wohnen (Ruhrgebiet, Rhein-Main-Gebiet, Berlin), ohne das die Leute dort diese abweisende Haltung zeigen…

    19. Frank Says:

      @Jean: Diese Anquatscherei ist was typisch Norddeutsches. Passiert dort ständig, bin z.B. in Bochum mal im Mediamarkt einen Drucker kaufen gewesen, und dann von jemandem mit dem selben Anliegen zugelabert worden. Wurststandbesitzer erzählen dir auch gern ihre Lebensgeschichte, obwohl man sich eigentlich denkt: „Halt die Klappe und gib mir ne Wurst“.

    20. Schnägge Says:

      Wir Norddeutschen sind ja auch nicht gerade als exzessiv kommunikationsfreudig verschrieen. 😉
      Ich wohne derzeit in Süddeutschland. Meine Mittagspause verbringe ich bei diesem herrlichen Wetter gerne auf einer Bank in einem nahegelegenen Park, und lese in einem Buch oder einer Zeitung.
      Ich hoffe dabei inständig, dass es diesmal abgeht, ohne, dass sich jemand daneben setzt (die Zahl der Bänke ist hier streng limitiert), der sich berufen fühlt, mir seine Meinung übers Wetter mitzuteilen, und mir anschließend seine Familien- oder Krankheitsgeschichte zu auszubreiten. Ich flüchte dann für gewöhnlich zurück ins dunkle, aber ruhige Office. 🙂

      Das mit dem Grüßen ist vielleicht kein schlechter Tipp. Dann merkt man doch als einigermaßen sensibler Mensch, ob der andere gesprächsbereit ist und seine Aufmerksamkeit auf einen einstellt, oder lieber in Ruhe gelassen werden möchte, oder?

      @Frank: Seit wann liegt Bochum in Norddeutschland? 🙂

    21. neuromat Says:

      @Jean
      Keine Angst. Du brauchst Deine Zugfahrt in Deutschland nicht zu annullieren. Zieh einfach kein T-Shirt mit einem Schweizer Kreuz oder einem „Small but beautiful“ an, dann hörst Du auch kein „Ach nee, Sie kommen aus der Schweiz, wie schön … und so weiter.

      @Frank
      wo beginnt bei Dir eigentlich „Nord“-Deutschland. Wahrscheinlich oberhalb von Frankfurt? Einen Norddeutschen habe ich noch nie spontan zwei Sätze in Folge sagen hören. Und so ein Insulaner der Ostfriesischen Inseln kommt ins Fernsehen, wenn er mal mehr als Moin, moin sprechen sollte.

      Und … mit meiner Waage hat mir auch keiner geholfen. Habe es selber rausgefunden. Nach dem Anschalten einfach etwas länger warten (eben schweizerisch). Dann geht’s. Nur das Gewicht kann nicht stimmen, ich glaube das Ding zeigt eher die Lebenserwartung an …

    22. Nessi Says:

      vielleicht gibt’s noch einen anderen grund für dein erlebnis Jens.
      ich glaube der frühe morgen ist die falsche zeit für smalltalk. wenn du dich umschaust, dann siehst du vorwiegen saure mienen. es gibt sooo viele „morgenmuffel“ dazu kommt noch der „aaschiss“ dass sie wieder „müend in stolle go guslä“.
      hast du’s abens auch schon probiert, wenn alle feierabend haben?

    23. Martin Says:

      2 Sekunden um die Situation zu erfassen. 5 Sekunden, um das Hochdeutsch ins Schweizerdeutsch zu übersetzen. Weitere 5 Sekunden braucht er, um eventelle Angriffe oder Sarkasmen zu erkennen (was, auch wenn diese vorhanden wären, nicht oft gelingt). Wenn das alles vorbei ist, hat sich die Situation bereits von alleine erledigt.

      Allerdings habe ich auch schon Schweizer getroffen, die nicht so reagiert haben…

    24. Fiona Says:

      Jens hat kein Erfolg mit Schweizern gehabt. Vielleicht sollte er nur SchweizerINNEN ansprechen?

    25. solar Says:

      @Jens

      Na ja, wenn du natürlich mit „en Guote“ anfängst, versteh ich eine gewisse Abneigung. Es heisst „en Guete“ ausgesprochen je nach Dialekt eher wie „en Guätä“. Aber das hatten wir ja irgendwann schon mal …

      im Übrigen:

      Sollte ich vielleicht eher nach D auswandern? Ich bin etwas schockiert von den bestätigenden = abweisenden Kommentaren von SchweizerInnen. Auch ich spreche oft Fremde an, vor allem, wenn ich sie schon vom Sehen „kenne“. Ists dann ein Kommunikationsmuffel, hab ich halt Pech gehabt, aber eigentlich mache ich gute Erfahrungen. Vermutlich prüfe ich aber (mir jedenfalls nicht bewusst) vorher die nonverbale Kommunikationsbereitschaft.

      Seit einigen Jahren habe ich es mir angewöhnt, wildfremden Leuten ein Kompliment zu machen, wenn mir ihre Kleider oder ihre Frisur besonders positiv auffallen (vielleicht naturgemäss bei Frauen berechtigter). Das kann auf dem Perron (Bahnsteig) sein, in einem Einkaufszentrum oder irgendwo auf der Strasse. Noch nie hat jemand abweisend, unwirsch, beleidigt oder gar nicht reagiert, im Gegenteil! Praktisch alle strahlen und bedanken sich. Manchmal entwickelt sich daraus sogar ein kurzes Gespräch, obwohl ich meistens signalisiere, dass ich eigentlich nur mein Kompliment anbringen und gleich weitergehen will. Oft habe ich das Gefühl, die Angesprochenen gingen etwas aufrechter und glücklicher von dannen.

      Wer erinnert sich nicht an die expo.02 vor fünf Jahren im Dreiseenland? Hauptgestöhn war bei sehr vielen das lange Anstehen, ehe man in die einzelnen Pavillons der Landesausstellung eingelassen wurde. Doch etliche Leute – auch ich – genossen auch dieses Warten. Ich habe noch nie in so kurzer Zeit so viele spannende Gespräche über so viele unterschiedliche Themen mit wildfremden Menschen geführt. Für mich war gerade dies ein wichtiger Teil der Ausstellung, die ja die Leute der ganzen Schweiz miteinander verbinden sollte. Manchmal geriet man halt an einen Sürmel, der sich lieber einsam über das Warten aufregte, als mit Unbekannten einen gemeinsamen Nenner zu suchen. Arme Menschen das!

      Selbstverständlich gibt es aber auch für mich Situationen mit Fremden, bei denen mir nicht wohl ist, wenn sie mich anquatschen, v.a., wenn ich unerwünschte Absichten hinter ihrer Kontaktaufnahme vermute, sie mir sehr unsympatisch sind oder ich aus einem speziellen Grund gerade keinen Kontakt wünsche. Nie möchte ich aber die vielen Lebensweisheiten, praktischen Haushalttipps, spannenden Geschichten missen, die sich etwa beim Zugfahren schon ergeben haben. Notfalls habe ich aber dennoch immer etwas zum Lesen dabei …

      Ein Problem allerdings kenne ich auch: In Städten geht man möglichst acht- und wortlos aneinander vorbei. In kleineren Dörfern hingegen gilt als unanständig, wer nicht jeden Entgegenkommenden freundlich grüsst (grüezi/grüessech etc.). Schwierig finde ich nun, herauszufinden, wenn man in einem mittelgrossen Ort ist, ob man grüssen soll oder als distanzloser Depp dasteht, wenn mans tut.
      Vielerorts gilt es als spezielle Wohnqualität, dass man sich eben noch grüsst, auch wenn man dafür allenfalls ein Gespräch alle paar Sekunden unterbrechen muss. Ein alter Dorfbewohner erzog die „unanständigen“ Kinder, indem er sie streng fragte: „Was häsch gseit?“ Wenn das Kind verdattert sagte: „Nichts!“, sagte er: „Ebe häsch nüüt gseit; grüezi seit mer bi öis!“
      (Was hast du gesagt? Nichts! Das ist es ja gerade, dass du nichts gesagt hast; grüezi musst du bei uns sagen!)

      [Antwort Admin: Das mit den Dipthongen kriege ich nie gebacken. ich dachte jeder schreibt wie er es hört? En guete oder en guote.. ich höre da „o“, aber wie gesagt… Deutsche sollten niemals anfangen Dialekt zu verschriften… Danke für den Hinweis, ist schon korrigiert]

    26. neuromat Says:

      @ solar

      ja, grüezi muss der kleine Bueb sagen, und wahrscheinlich auch schon mit dieser merkwürdig vorwurfsvollen, halb fragenden Betonung grüüüätzi. Was denn, wenn der kleine Bueb ganz einfach mal seine Ruhe haben möchte, mal ausnahmsweise einfach einmal, nur diese Mal nicht grüüüätzi sagen möchte. Was geht den alten Sack das überhaupt an? Ich verstehe das nicht, dass hier jedes Mal behauptet wird, es werde „freundlich“ gegrüsst. Es wirkt manchmal doch sehr angestrengt … um nicht zu sagen, also Ihr Hut, den sie da tragen, der wirkt irgendwie aufgesetzt.

    27. Chrigel Says:

      Tina Turner hat mal in einem Interview gesagt, dass sie gerne in der Schweiz lebt weil sie hier nicht dauernd angequatscht wird. Sie könne sogar in Ruhe einkaufen gehen… in Amerika wäre das ganz anders. Sie nannte es „Diskretion“.

      Womöglich sind wir manchmal etwas zu diskret… deshalb gibt’s auch keinen schweizer Ballermann 🙂 Ja, damit müsst ihr Deutschen leben, sagt Dank all denen, die sich im Urlaub nicht zu benehmen wissen, auch sie sind Botschafter eures Landes. Aber es sind immer einige wenige, die das Bild prägen und die anderen haben darunter zu leiden.

      Aber Jens… wie würde es Dir gefallen, wenn Du gerade eine schöne Landschaft betrachtest… davon träumst über die sanften Hügel zu schweben… und dann kommt einer und erzählt was von Atomraketen!
      Das ist ja wie ein Rasselwecker mitten in einem schönen Traum. Hast Du denn keinen Sinn für Romantik? 😉

      [Antwort Admin: Ich hätte mir echt auf die Zunge beissen können in dieser Situation. Es rutschte einfach so raus. Der Schweizer zeigte auf die wunderschöne Hügelkette, und wer genau hinschaut sieht sogar die Stellen, an denen die Abschussrampen früher waren. Die Vegetation fehlt dort. Dann faselte er etwas von „was für ein friedliches Land!“, und schon musste ich meinen Satz mit der Force de Frappe loswerden.. sorry, ich weiss, man soll Leute im Urlaub nicht mit sowas belästigen… mach ich nicht mehr..]

    28. neuromat Says:

      @ chrigel
      „sagt Dank all denen …“

      wie romantisch und diskret die Schweizer doch sind: Zwangsmassnahmen wie Kastration, Sterilsation, Kindswegnahmen oder Eheverbot gehörtem bis vor kurzem zur Fürsorgepraxis der Schweiz (Klappentext Thomas Huonker; Diagnose moralisch defekt, Orell füssli 2003)
      – da hilft nur weiter schweigen

    29. Nessi Says:

      @neuromat
      aso mängisch laasch än gfürchige stuss use!
      was hat den dieser kommentar mit dem thema zu tun?!?! es geht doch hier nicht darum Leichen auszugraben! oder denkst du D käme dabei besser weg?

    30. Thomas W. Says:

      @Chrigel:

      Den Schweizer Ballermann gibt es wohl mangels Masse nicht.

      Allerdings kann man bei Schweizer Reisegruppen und Schulklassen in der Münchner Innenstadt oft ähnliches Gegröhle und Benehmen beobachten, wie dies Deutschen zugeschrieben wird. Auch eine Bahnfahrt habe ich in einem Zug inmitten alkoholisierter Schweizer noch lebhaft in Erinnerung.

      Daher möchte ich keine Wette abschließen, ob nicht auch in manch einem alkoholisierten Schweizer heimlich ein kleiner Ballermann steckt.

    31. swissami Says:

      Als Schweizerin, die seit zig Jahren in den Staaten wohnt, bemerke ich die Schweizerische „Diskretion“ mehr als je. Jedesmal wenn ich zurück in die Schweiz komm, muss ich mir im Lift, auf dem Perron, in der Migros, etc. auf die Zunge beissen. Ja nicht jemanden ansprechen! Vor ein paar Monaten bediente ich im Restaurant in der USA zwei Damen aus der Schweiz. Ich war ganz erfreut und erklärte (auf Schwiizerdütsch), dass ich auch aus der Schweiz stamme u.s.w. Meinst du, die hätten aber auch nur ein Lächeln über die Lippen bringen können?? Sturr auf den Teller gestarrt haben sie. Und penetrant auf English bestellt.

      Ich bin ja auch nicht die Ballerfrau vom Dienst aber ein bisschen auftauen und spontaner sein könnten wir Schweizer(innen) schon…

    32. neuromat Says:

      @ Nessi

      was hat denn Ballermann mit dem Thema zu tun. Ich denke nur, die, die hier immer irgendwelche Benimmregeln aufstellen wollen, sollten gelegentlich ein wenig Selbstreflexion üben (gilt für beide Seiten). Auch Deine Replik – Deine Meinung steht Dir ja frei – ist im Grunde nicht gerade „diskret“ und „e chli finer“ formuliert. Anders ausgedrückt: Es gibt da manchmal so eine Attitude des „Schweizer Herrenwesens“, die immer wieder durchblitzt und so eine nicht enden wollende Verallgemeinerung „Der Deutsche – Der Ballermann“. Nicht gerade sehr differenziert diese Denkweise. Eigentlich beleidigend, im Grunde auch ungerecht, aber allemal dumpf im Vorurteil steckend verallgemeinernd. Wie weiter oben auch: „Man kann’s so sagen: Deutsche sind in der Schweiz wegen der Ungezwungenheit als ungehobelt abgestempelt“…
      Das Beispiel sollte lediglich diesen Ansatz beleuchten und nicht ein neues Thema über die unterschiedlichen Formen der Vergangenheitsbewältigung unserer beiden Völker aufmachen. Wie kommst Du anschliessend eigentlich darauf, es ginge hier um einen Bewerb? Wer irgendwo besser wegkommt ist nicht die Frage, sondern wie wer mit wem klarkommt. Und es macht einfach Mühe nach Jahren der Integration ewig diese stupide Voreingenommenheit zu spüren – Vielleicht, „um dabei besser weg zu kommen“? Weg – wohin denn?

    33. Tellerrand Says:

      Ein Wettkampf scheint mir hier im Blog häufiger stattzufinden: auf der einen Seite Schweizer, die ohne allzuviele Zweifel davon überzeugt sind, dass sie besser sind als die Deutschen. Auf der anderen Seite die Deutschen, die beweisen wollen, dass sie nicht so schlecht sind, wie es die Vorurteile glauben machen.

      Die Regeln des kommunikativen Wettkampfes sind den sich Verteidigenden nicht bekannt. Kaum berufen sie sich auf eine Regel des Anstandes, wird schnell eine andere hervorgezaubert, gegen die sie so eben verstossen haben sollen. Ein Scheissspiel und unfair. Aber man ist ja nur Gast.

      Zum Glück gibt es Menschen in der Schweiz, die diesen Wettkampf nicht zwanghaft mitmachen müssen. Es wäre sonst unerträglich. Und zum Glück triff man immer wieder auch offene Menschen, die eine spontane (hochdeutsche) Ansprache nicht als eine Beleidigung auffassen.

    34. Frank Says:

      @neuromat: sehr gut formuliert, und dabei geschickt das Wort vermieden, das das Schweizer „Herrendenken“ am besten beschreibt: Arroganz!

    35. Thomas W. Says:

      Eigentlich stellen sich die Schweizer gegenüber Deutschen ja immer gerne als die Südländer Mitteleuropas dar – im Gegensatz zu den „verkrampften“ Deutschen. Aber jetzt wird mir im Nachhinein so manche Reaktion auf kleine Gesprächsversuche in der Schweiz klar…
      Da sollten Schweizer wohl lieber nicht ins Rheinland kommen. In Köln wird man selbst im Supermarkt oder an der Bushaltestelle gern von wildfremden Menschen mit intimen Details aus ihrem Leben konfrontiert, jedoch normalerweise einfach nett gemeint.
      Und ich erinnere mich an meine letzte Zugfahrt vor einer Woche mit einem echten kölschen Schaffner im ICE, der selbst bei einer herummeckernden Dame ganz gelassen blieb – vom Tonfall her wie Fernsehkoch Horst Lichter. Köstlich…
      Noch eine kleine Beobachtung zur Sprache: Mittlerweile verstehe ich die gängigsten Schweizer Dialekte einigermaßen. Allerdings ist mir noch kein Satz untergekommen, den man nicht auch ohne Bedeutungsverlust und oft nur mit mäßigen Änderungen auf Hochdeutsch hätte sagen können. Was genau man im Schweizer Dialekt emotional besser ausdrücken kann als im Hochdeutschen, ist mir rätselhaft. Ich denke, dies hat eher etwas mit akustischer Vertrautheit der Melodie zu tun… Oft klingt es auch im Dialekt eher konstruierter, als fehlten dem Sprecher die Wörter und man umschreibt es dann offenbar einfach. Und diese Sprachlosigkeit wird dann zur Tugend erhoben.

    36. Nessi Says:

      @neuromat
      hast recht, meine replik war nicht diskret. ich erinnere mich an diverse aussagen in diesem blog, wir ch würden nicht geradlinig mit unserer meinung herausrücken. nun, ich habs hier getan, es scheint aber nicht willkommen zu sein.
      beim geschriebenen wort fehlt eben die betonung der worte, woraus man erkennt, wie etwas gemeint ist. ;o)
      im übrigen sind die D nicht alle ballermänner für mich. es ist halt leider so, dass diejenigen die unangenehm auffallen, das bild einer nation mitprägen. und da D 10 mal mehr einwohner verzeichnet, sind die unangenehmen in der gleichen überzahl.
      im übrigen wundere ich mich über die häufige aussage, dass D wegen ihrer ungezwungenheit als ungehobelt gelten?!? es liegt nicht an der „ungezwungenheit“, “ çe le ton qui fait la musique “ (das gilt für beide seiten)
      ich möchte aber wirklich keinen wettbewerb eröffnen hier, ich finde es spannend und amüsant die unterschiede der beiden nationen zu beleuchten. :o) und überhaupt: entweder ich mag einen menschen oder eben nicht, egal voher er/sie kommt.
      irgendwie werde ich den eindruck nicht los, dass du gar nicht so glücklich bist unter den eidgenossen?

    37. neuromat Says:

      @ nessi

      auch wenn es manchmal nicht so tönt: Fühle mich hier wohler als in D.
      Auch gerade weil man hier gelegentlich einfach seine Ruhe hat. In D wäre ich der unhöfliche Kerl, der auf das „Anquatschen“ nicht reagieren möchte. Es liegt dann wie immer irgendwo in der Mitte. Schlussendlich bei allem Hin und Her und der ganzen Reiberei zeigt der Blog doch dass wir alle an ihm Spass haben.

    38. Kerstin Says:

      Ich hatte gerade so den Gedanken:
      Nächstes Jahr (2008) ist doch die Fussballeuropameisterschaft in Österreich und der Schweiz. Wie soll mit dieser Einstellung eigentlich so etwas wie Stimmung aufkommen? DIe WM in Deutschland war doch auch nur deshalb so erfolgreich, weil ein herzliches Miteinander – egal mit welcher Nation – auftrat. Die fussballbegeisterten Menschen waren doch auch ( abgesehn vom Fussball) deshalb so begeistert, weil sie sich wohl fühlten und Kommunikation egal aus welchem LAnd sie kamen führen konnten. Oder soll es ablaufen nach dem Motto:
      Stell dir vor es ist Europameisterschaft und keiner merkts?

    39. Michel Says:

      Nach acht Jahren als Deutscher in der Schweiz ist von meiner ursprünglichen, typisch deutschen „Spontan-Kommunikation“ nicht mehr viel übriggeblieben. Die freundlichen Wortspiele beim Bäcker fielen von Anfang an nicht auf fruchtbaren Boden, und ich habe mich bald angepasst. Ab und zu allerdings ärgere ich mich über mich selbst. – Neulich gehe ich spät abends noch mit dem Hund um den Block, als ein Ehepaar aus dem Haus tritt und auf den Wagen zuläuft, um einzusteigen. Der Hund bleibt stehen und guckt neugierig, woraufhin der Mann auch stehenbleibt und sich freundlich über den Hund äussert. Na klar, das ist ein spontan kommunizierender Deutscher. Ich sage auch irgendetwas höflich-belangloses, da fällt mein Blich auf das Kennzeichen: kommen die beiden doch aus meiner Geburtsstadt im Ruhrpott, eine halbe Weltreise enfernt! Mir schiesst es durch den Kopf „Mensch, Sie sind ja aus D., und jetzt hier in Z., das ist ja ein Zufall, ich komme auch aus D., wo genau kommen Sie denn wech (mit dieser Formulierung hätte ich mich als Eingeborener von D. ausgewiesen), kennen Sie den und den Namen, da haben Sie aber noch einen langen Heimweg vor sich, nein so was, gute Reise usw.“ – Ja, und in meinem Kopf ist der ganze Gedankenschwall auch geblieben, es wollte einfach nicht mehr über meine Lippen kommen, das macht man einfach nicht. Stattdessen ein genuscheltes „Adieu mitenand“ und schnell weitergegangen. Es kam einfach alles so überraschend…

    40. chrigel Says:

      @neuromat

      „Zwangsmassnahmen wie Kastration, Sterilsation, Kindswegnahmen oder Eheverbot gehörtem bis vor kurzem zur Fürsorgepraxis der Schweiz“

      …aber das haben wir alles ganz diskret erledigt 😉
      Nein, ehrlich… natürlich haben wir auch unsere dunklen Kapitel in der Geschichte. Wie heisst’s so schön, wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein. Da bleiben sie Steine schön am Boden.

      @Thomas

      Die Wette wirst Du gewinnen…. aber extra nach „Malle“ fliegen um am Ballermann mitzumachen ist doch eine ganz andere Stufe als mal infolge Alkohols rumzugröhlen.
      Ich kenn jedenfalls keinen dem ich solche Ballermann Qualitäten zuordnen könnte… aber vielleich kenn ich auch nur vernünftige Leute… obwohl… jäää? Ne!

    41. Sara Says:

      Ist es typisch Deutsch, gern mit fremden Menschen zu kommunizieren? Oder ist es typisch Schweizerisch, dies nicht zu tun?

      Weder noch! Es ist bloss typisch Schweizerisch nicht mit fremden DEUTSCHEN Menschen zu kommunizieren. Normalerweise sind wir sehr kontaktfreudig und auch durchaus in der Lage, witzig und gar ironisch zu sein. 😉

      Liebe Deutsche, bitte nicht persönlich nehmen, aber dass liegt daran, dass wir glauben, ihr versteht unseren Humor sowieso nicht…

    42. natacha Says:

      das stitm doch alles ncih wir schweizer sidn egnau so kontakt freudig mag sein das wir zickig sind aber paris hilton is auch nicht besser auserdem hat jedes land solche und solche leute auserdem mir wäre es auch peindlich das mich ein deutscher auf hochdeustch anquatsch weil das ist ja voll di kindergarten sprache auserdem kann mann das nich als alle schweizer sagen ich als 18 järiger spreche auhc leute an ps der eintrag oben mir hat was geschrieben was stimt wir haben manchmal auch ich das gefül das ihr usn gar ncih versteh.
      und auserdem nicht alle schweizer haben was gegen deutsche ich zum beispiel hab enich gegen deutsche so lange sie nciht gegen mein land habt auserde gibt in jedem land solche und solche menschen da kann mann ncih sagen das das typisch schweiz is oda ??

    43. Max Says:

      Im Schwabenland sind die Leute auch schon verschlossen genug. Berlin, ick liebe dir…

    44. Brenno Says:

      Empfohlene Lektüre:
      Franz Hohler: Die beiden Männer
      in: Der Geisterfahrer : Die Erzählungen . – München : Luchterhand , 2013 . – S. 58-63
      Ursprünglich erschienen im Erzählband „Der Rand von Ostermundigen“ (Luchterhand 1975).