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Sie sprechen jetzt Hochdeutsch, Herr Mörgeli — Über die Soziolekte „Oxford English“ und „Hochdeutsch“

  • Sprechen Sie Nuscheldeutsch?
  • Die Mär vom „geschliffenen Hochdeutsch“, das angeblich so viele Deutsche aus dem Norden sprechen, steht im krassen Gegensatz zum häufig gehörten „Nuscheldeutsch“. Hyperkorrekt zu sprechen ist lernbar, Sprache „richtig“ zu verschleifen wie es eine existierende Sprechgruppe praktiziert, ist schon schwieriger. Wer noch Probleme mit dem korrekten Nuscheln oder Nuscheln verstehen hat, kann dies trainieren beim „schlecht gelaunten Nuschel-Orakel“ des südbadischen Senders SWR3.

  • Gibt es im Englischen eine „Hochsprache“?
  • Das viel zitierte und gerühmte „Oxford-English“ ist in Wirklichkeit ein „Soziolekt“, der mit kunstvoll angestotterten Konsonanten ebenso umgeht wie merkwürdig exotischen Aussprachregeln von Namen. Das „Magdalen-College“ in Oxford, in dem u. a. J.R.R. Tolkien Mitglied der Fakultät war, spricht sich zum Beispiel [ˈmɔːdlɪn] „mudlin“, was schon an Geheimsprache grenzt.

    Die Sprache der Oxford-Absolventen hat als „Gruppensprache“ auch die Funktion, einen Angehörigen dieser Elite leicht an seiner Rede identifizieren zu können.

    Eine andere Bezeichnung für dieses Englisch ist „Received Pronunciation“, kurz „RP“:

    RP ist ein Akzent, der mitunter, aber immer seltener, auch als „Queen’s English“, „King’s English“, „Oxford English“ oder „BBC English“ bezeichnet wird. Dieser Akzent geht auf Merkmale der Aussprache im Südosten Englands zurück und galt bis vor einigen Jahren als diejenige englische Aussprachevariante, wie sie für gebildete Sprecher empfohlen wurde.
    (Quelle: Wikipedia)

    Wir lesen weiter:

    Bei seiner Beschreibung über die Aussprache des Englischen bezog sich der englische Phonetiker Daniel Jones auf RP als Referenzsystem. Er selbst sprach diese Sprachvariante und bezeichnete sie als eine Aussprache, die mit keiner bestimmten Region assoziiert werden könne. RP ist in dieser Hinsicht ein Soziolekt.
    In seinem „English Pronouncing Dictionary“ vermerkt Daniel Jones, dass die in seinem Buch benutzten Ausspracheregeln der Aussprache entsprechen, wie man sie in der Alltagssprache südenglischer Familien antrifft, deren Söhne die bekannten Internatsschulen (public boarding schools) besucht haben. Diese Aussprache hätten auch viele Sprecher angenommen, die nicht aus dem Süden Englands kommen und an diesen Schulen unterrichtet wurden. Auch die Mehrzahl der nicht an diesen Schulen ausgebildeten Sprecher aus den angesehenen Gesellschaftschichten würden RP benutzen.
    (Quelle: Wikipedia)

  • Zeig mir wie Du sprichst, und ich sag Dir wer Du bist
  • Die Angehörigen einer bestimmten Gesellschaftschicht finden so über die Sprache zu einander und erkennen sich in bei jeder Gelegenheit. Könnte im Süddeutschen Schwabenland nicht passieren. Niemand würde auf Hochdeutsch ausweichen, um seine Zugehörigkeit zu einer Gesellschaftsschicht zu demonstrieren. Es sei denn, er sitzt als einziger Süddeutscher in der Redaktionskonferenz beim Hamburger SPIEGEL mit am Tisch und bekommt das Wort zugeteilt. Oder es handelt sich um ein Vorstellungsgespräch für eine Lehre bei der Sparkasse Ludwigsburg und gute Kenntnisse der Standard-Hochsprache gelten als Bildungsnachweis.

  • „Herr Mörgeli, jetzt sprechen Sie Hochdeutsch“
  • Als Herr Mörgeli im Zischtigs-CLUB plötzlich auf Hochdeutsch über ein historisches Sachthema weitersprach, demonstrierte er unterbewusst „Schaut her, ich bewege mich sicher in der Schriftsprache der Wissenschaft, womit ich meine Fachkompetenz unterstreichen möchte“. Schön zu beobachten im Video-Stream an der Stelle 29:38 . Doch dann wurde er von der wunderbaren Christine Maier, Tochter Deutscher Eltern, mit dem Satz „Jetzt sprechen Sie Hochdeutsch, ist das Ihnen bewusst?“ zurückgepfiffen und sprach geradezu verschämt wie ertappt auf Züridütsch weiter. Er spricht wunderbar beide Varianten des Deutschen, die Standardsprache gleich wie sein Züridütsch. Die Wahl der Variante ist in diesem Moment die Wahl des richtigen Soziolekts. Will ich Teil meiner Wählerschaft bleiben, von ihnen als einen der ihren erkannt und anerkannt werden, oder will ich im Studio des Schweizer Fernsehens Teil der Gruppe „Wir sind doch alle Historiker“ sein. Die Wahl der richtigen Variante bei zweisprachigen Menschen wie Herrn Mörgeli ist immer zugleich die Frage: „Zu welcher Sprechergruppe möchte ich gehören?“.

  • Jeder Mensch ist vielsprachig
  • Das Phänomen der Soziolekte lässt sich bei der Schweizer Diglossie „Schweizerdeutsch- Hochdeutsch“ besonders gut beobachten. Aber auch in Deutschland verfügt jeder Sprecher in der Regel, je nach Bildung, über mehrere Soziolekte. Auf dem Fussballplatz redet der Herr Professor mit den Fans in der Südkurve anders als mit seinen Studenten in der Sprechstunde oder seiner Mutter aus dem tiefsten Schwarzwald am Telefon. Für mich ist es bei der Begegnung mit den Schweizer besonders spannend zu beobachten, wann sie „switchen“ und mit welcher unbewussten Absicht dies geschieht. Es ist nicht immer die „Ich bin jetzt mal höflich und rede auf Hochdeutsch weiter“ Begründung, die mich überzeugt. Es laufen viel mehr unbewusste Prozesse dabei ab, wie „ich demonstriere jetzt meinen Bildungsstand“, oder „ich demonstriere jetzt meine Gruppenzugehörigkeit“, wie am Beispiel von Herrn Mörgeli in der Sendung CLUB zu sehen.

    

    46 Responses to “Sie sprechen jetzt Hochdeutsch, Herr Mörgeli — Über die Soziolekte „Oxford English“ und „Hochdeutsch“”

    1. Gerald Says:

      So ruhig hier heute morgen?

      Haben alle, so wie ich auch, auf einen Beitrag gewartet, der sich mit Herrn Mörgeli direkt auseinandersetzt? Nachdem ich den heutigen Blog-Eintrag gelesen hatte, war ich zunächst enttäuscht. Nach etwas Nachdenken wurde mir aber schnell klar, dass es für Jens viel zu riskant wäre, und auch nicht zu seinem Stil passen würde, wenn er eine persönliche Stellungnahme zur Person Mörgeli abgeben würde.
      Obwohl, mich würde schon interessieren, ob er „in natura“ auch der Kotzbrocken ist, als der er sich geriert. Ich vermute nein.

      [Antwort Admin: Ich habe vor und nach der Sendung mit ihm gesprochen und eine sachliche Diskussion gesucht. Er hat nicht viele Argumente beigesteuert und war ansonsten sehr freundlich zurückhaltend. Ich hätte gern weiter über Politik mit ihm diskutiert. Über die Frage, ob sich ein Land wie die Schweiz tatsächlich via Kontingente und Grenzwache (die um 18:00 Uhr Feierabend hat) etc. vor Wirtschaftsmigranten abschotten kann. Die kommen entweder legal oder als „sans papier“, kommen werden sie dennoch. Leider musste er dann bald auf eine Parteisitzung.
      Auch, und über diese „Mörgeli fordert Erziehungskurse“ Geschichte vom letzten Sommer haben wir gesprochen. Das war ja eine Ente vom Blick, er hat das nie so gesagt, aber er kann jetzt gut damit leben, dass man ihm diesen Ausspruch anhängt. Er hätte es also sagen können etc.]

    2. myl Says:

      Gestern um Mitternacht war der Beitrag noch kürzer – er hörte mit dem Satz
      „…zurückgepfiffen und sprach geradezu verschämt wie ertappt auf Züridütsch weiter.“ auf!

      Das war Jens wohl zu angriffig…?
      😉

      [Anmerkung Admin: Nee, da ist schlichtweg was beim Hochladen nicht mit eingefügt worden. Das fiel mir erst heute früh auf. Kann passieren]

    3. Brun(o)egg Says:

      Ich muss Mörgeli da schon ein bisschen in Schutz nehmen. Er ist nur ein Minikotzbrocken. Herr Schlüer und der unheimlich beflissen und verbiestert wirkende Fehr von der AUNS, haben den viel höheren Brechreiz Faktor.

      Sprache ist auch Ausdruck eines Lebensstils und einer gesellschaftlichen Haltung. Am besten mit Mme. de Meuron: „Sit er öpper, oder bezieht ihr Lohn?“ Die Gegenseite, der Blick titelt in den 70er Jahren, nachdem Cassius wieder mal gewonnen hat: „Ali.Bumm!“
      Denke das gibts in allen Kulturen. Und ist auch gut so. Erleichtert das finden gleichdenkender Menschen.

    4. Fiona Says:

      Sociolect hat spezifisch mit Uebersetzung zu tun. Ich musste einmal ein Stuck Dialog zwischen Mutter und Mathilde aus „Mathilde Möhring“ (Fontane) aus dem Deutschen übersetzten.
      („Sociolect-Exercise“ during a Translation-Methodology Module an der Uni).

      Ein kleiner Ausschnitt:

      Mother: „No, Tilly, I don’t want nothin‘. It’s just that all that learnin‘ stuff of yours ‚as got me worryin’…. You wrote me in your first letter, when ‚e’d passed away, about bein‘ a companion an‘ gettin‘ paid an‘ all.“

      Sehr typisch „working-class“ English: Double negatives and dropping the „h“ at the beginning of words and saying „‚appy“ i/o „happy“ and dropping the „g“ at the end of words as in „goin'“ i/o „going“.

    5. Phipu Says:

      Meine eigenen Erfahrungen stellen den hypothetischen Gedankengang, der da lauten sollte: „Schaut her, ich bewege mich sicher in der Schriftsprache der Wissenschaft, womit ich meine Fachkompetenz unterstreichen möchte“ sehr in Frage.

      Ich habe eigentlich in vielen Bereichen das Heu nicht auf der gleichen Bühne wie Christoph Mörgeli. Aber genau so wie ihm in der Sendung hätte es mir auch ergehen können.

      Das Umschalten auf Hochdeutsch ist ein Vorgang, der ganz natürlich geschieht, wenn man eine Sprache (gilt auch für regelrechte Fremdsprachen) gut kann. Da kann das Hirn nicht viel dagegen tun. Gerade in der Schweiz lebende Deutsche merken das ja häufig – gell, Jens. Wenn ein Deutschschweizer, der auch gerne, hemmungslos und komplexfrei Hochdeutsch spricht (ich habe nicht „akzentfrei“ geschrieben) – das sind natürlich längst nicht alle – mit eben dieser Sprache angesprochen wird, dann ist es für diese Person einfach natürlicher, ebenfalls in dieser bekannten Sprache zu antworten. Genau deshalb müssen Deutsche, die den örtlichen Dialekt zwar verstehen, aber nicht sprechen, auch immer wieder aktiv dafür kämpfen, dass man doch ihnen gegenüber bitte weiter Mundart sprechen soll. Es besteht einfach der unterbewusste Wille, das gesamte Gespräch in ein und derselben Sprache abzuhalten.

      Man kann das Experiment durchaus in einer anderen Sprache durchführen. Wenn Sie selber gut Englisch Französisch etc. können, aber wissen dass die Gesprächspartner auch alle gut Deutsch könnten, ertappen Sie sich nicht selbst, nach 10 Min. Diskussion in der Fremdsprache, dass Sie Ihre eigene Wortmeldung anpassen, obwohl Sie eigentlich niemand dazu zwingt?

      Wenn jedoch z.B. ein Zürcher mit einem Berner spricht, werden die Dialekte nicht angepasst. Denn den anderen Dialekt hat man ja im Gegensatz zu Hochdeutsch nie richtig gelernt. Mit Ausnahme einiger erblich vorbelasteter oder besonders talentierter Personen brächte das auch kaum jemand fehlerfrei und fern jeden Spotts und Lächerlichkeit hin.

      Diese meine eigenen Erfahrungen haben nicht verhindert, dass ich mir nicht auch ins Fäustchen gelacht hatte, als ich in der Fernsehsendung sah, dass der zuvor dialektverteidigende Herr Mörgeli von Christine Maier auf seinen natürlichen Lapsus aufmerksam gemacht wurde.
      (habe ich hier die richtigen Vergangenheiten gebraucht?)

    6. Fiona Says:

      @ Gerald. Ich nehme an, Herr Mörgeli war plötzlich verunsichert…. Wieviele der Zuschauer waren Deutschschweizer und wieviele nicht (d.h. echte Deutsche)?? Also, soll er weiterhin SD reden, oder soll er sich outen als jemand der sich auch auf Hochdeutsch problemlos debattieren kann?
      Unbequem, oder?

    7. vierundachtzig Says:

      Der Moment, wo Herr Mörgeli zurückgepfiffen wurde, war für mich der spannendste und aufschlussreichste Moment der Sendung. Denn gerade derjenige, der anfangs indirekt beklagt hatte, dass man sich wohl oder übel auf die deutschen Teilnehmer der Runde einstellen müsse („ich nehme resignierend zur Kenntnis, …“), hat genau das als einziger so deutlich getan und wollte sich damit anbiedern. Wäre er doch einfach selbstbewusst beim Züridütsch geblieben! Ich bin mir sicher – wenn Frau Meier ihn nicht „ermahnt“ hätte, hätte Herr Mörgeli irgendwann am Stammtisch gesagt: „Letztens musste ich im Zischtigsclub Schriftdeutsch reden, nur wegen den blöden Deutschen!“ (Natürlich alles im schönsten Dialekt, den zu verschriften ich mir nicht anmaße.) Das ist für mich ein Paradebeispiel für einen anscheinend vorhandenen Minderwertigkeitskomplex, für den dann andere verantwortlich gemacht werden. Man möchte etwas anderes sein, traut sich aber in letzter Konsequenz doch nicht. Schaut und lernt, liebe (Deutsch-)Schweizer!

    8. solar Says:

      Natürlich spreche auch ich nicht mit allen Leuten im selben Stil. Mit meinen Eltern verwende ich Wörter, die ich sonst unbewusst meide in der Annahme, es verstehe sie eh niemand (teils, weil unser Familiendialekt (Zürcher Weinländern) als Diaspora-Dialekt im Zürcher Oberland exotisch wirkt, entsprechend wurde ich als Kind ausgelacht, teils, weil man viele dieser Wörter ohnehin in den Regionen, wo ich seither lebte, unbekannt waren und teils, weil ich annehme, dass die Wörter zunehmend veraltet sind). Meine Mutter legt aber auch heute noch sehr Wert auf gepflegte, „anständige“ Sprache. In ihrer Anwesenheit ist etwa verboten, „abegheie“ zu sagen: Es heisst „abefalle“ (hinunterfallen)

      Mit Jugendlichen will ich ja nicht die alte Schachtel sein und ertappe mich immer wieder bei schluddriger Slanganbiederung.

      Im Umgang mit Ärzten verwende ich halbbewusst die mir aus früheren Tätigkeiten bekannten wissenschaftlichen (lateinischen) Begriffe, um mein medizinisches Halbwissen anzudeuten usw.

      Ich vermute mal, dass ich mich nicht als Einzige so verhalte. Übrigens: Das soeben verwendete „mal“ statt „einmal“ ist wohl jetzt gerade als Anbiederung an all die Deutschen, die den Blog lesen, passiert 😉

    9. bobsmile Says:

      Man könnte den Titel ja fast als Bauernfängerei bezeichnen, 🙂
      aber gerade der Umstand, dass dieser Beitrag sich nicht direkt mit Herrn Mörgelis Person auseinandersetzt, sondern „nur“ als Illustration für den Soziolekt dient, verleiht diesem blog für einmal mehr das Prädikat „Empfehlenswert“.

    10. Michael-H. Says:

      Ehrlich gesagt, Mörgeli im Titel eines so interessanten Blogeintrags zu lesen, hat mich zuerst eher abgeschreckt.

      Zum Switchen möchte ich sagen, dass wir in der Primarschule schon die Standardsprache als Unterrichtssprache benutzen mussten. In den Jahrzehnten meiner Bildung war immer Standardsprache Unterrichtssprache. Das prägt natürlich. So ist es kein Wunder, automatisch in einer ähnlichen (Schul-) Umgebung zu switchen.

    11. Michael-H. Says:

      @Phipu: mir passiert ist immer wieder, dass ich im Gespräch mit Bernern ins Berndeutsche falle. Meine Eltern sprechen berndeutsch. Ich bin hingegen in der Zentralschweiz aufgewachsen und spreche (meistens) „Luzernerisch“.

      Am Wochenende hat mich meine (deutsche) Freundin ausgelacht, als ich im Restaurant beim Bestellen auf Hochdeutsch parlierte. Ist wie ein Reflex, man kann es nicht steuern.

    12. Tellerrand Says:

      Sprachsoziologie ist ein lustiges Thema. Unbedingt mal William Labov lesen, der versucht hat, in New Yorker Kaufhäusern eine sprachliche Varianz des Lautes „r“ der Kunden parallel zur sozialen Schichtung nachzuweisen (weiter oben im Kaufhaus ist gleich teurer ist gleich höhere soziale Schicht). Ist Linguistisch nicht gerade state of the art, aber allein die Vorstellung, wie Herr Labov sich mit einem lautschriftverzierten Notizblock bewehrt durch die Etagen des Kaufhauses mogelt, ist die Lekture wert.

      Heute sind wohl eher Theorien en vogue, die Gruppensprachen behandeln und ihre integrativen und ausgrenzenden Momente. Wieviel Unbewusstes die Steuerung des jeweils eingesetzen Codes und den Wechsel zwischen einem und dem anderen Code beeinflusst ist faszinierend. Und macht das Leben als Deutscher in der Schweiz oft so schwer, da den meisten Deutschen der Switch in die Mundart eben gerade nicht möglich ist.

    13. neuromat Says:

      @ phipu

      der Vorgang des Umschaltens ist sicher automatisch. da hast Du recht. Interessanterweise entschuldigen sich einige Schweizer auch gleich dafür, sprechen weiter im Dialekt und reden dann nach zwei Sätzen wieder Standarddeutsch.

      Allerdings könntes es doch sein, dass es einigen Deutschen nach vielen Jahren des Aufenthaltes hier gar nicht viel anders ergeht, mehr und mehr schleicht sich floskelhaft der Dialekt ein und wird dann gebraucht.

      Und damit komme ich zum „soziolectischen“ Problem des Ganzen. Ausmeiner Sicht wird von uns vielfach einfach Hochdeutsch erwartet, daran geknüpft eben offizieller Umgang auch mit einer gewissen Qualifikation. Der Gebrauch des Dialekts scheidet dann offensichtlich die Geister. Die einten sagen wir sollen uns doch endlich bemühen und das lernen und die anderen sagen, das sollten wir nun keinesfalls machen, so schreklich wie das tönt. Ich fürchte, würde man das Thema zur Abstimmung bringen, ginge es aus wi nicht selten – sehr knapp. Also darf man annehmen, es wird nicht so recht gewusst, was der Schweizer da eigentlich will. Und weiter gedacht, ob der Schweizer den Deutschen eben auch soziolectisch betrachtet überhaupt in den nicht offiziellen Alltag integrieren möchte. Am Ende entsteht nur eine nicht auflösbare in sich widersprüchliche und paradoxe Situation. So wie das Schild auf dem steht: „Bitte nicht lesen“

    14. Tellerrand Says:

      Argh! Es ist zum K…..!

      In der Rubrik Kino titelt http://www.bluewin.ch:

      Wie viele Deutsche veträgt der Oscar?

      (und zwar mit dem Vertipper!)

      Was soll das???

    15. Ingo Says:

      Manchmal habe ich das Gefühl, dass es am schwersten ist für Deutsche, die gar keinen Dialekt „ihr Eigen nennen“. Das mit dem Soziolekt ist schön und gut, und wenn es um Wortschatz geht, schliesse ich mich da auch nicht aus (auch ich verwende umgangssprachliche Ausdrücke, die nicht überall im deutschsprachigen Raum bekannt sind, ohne dass mir das im ersten Moment bewusst ist).
      Aber ich denke, es ist sogar für einen Norddeutschen mit starkem Platteinschlag hier einfacher, da er sowas wie ein „Bruder im Geiste“ ist. Ich selber habe nie etwas anderes gelernt und gesprochen als – ich sag mal – reines Hochdeutsch (komme zwar nicht aus Hannover, aber egal). Vielleicht kommt daher auch meine absolute Unfähigkeit, irgendeinen Dialekt zu imitieren. Zumindest im Deutschen – ich traue mir sogar zu, eher schottisches Englisch halbwegs korrekt zu intonieren als Schweizerdeutsch.

      Deshalb werde ich wohl auch auf ewig – zumindest, solange ich in der Schweiz bleibe – das Problem haben, dass ich zwar mittlerweile Schweizerdeutsch ganz gut verstehe (zumindest die „Flachland-Varianten“), aber eben nur auf Hochdeutsch antworte. Wobei sich ja in den Blog-Kommentaren die Haltung der Schweizer von „Deutsche, lernt Schweizerdeutsch, wenn ihr akzeptiert werden wollt“ bis „Deutsche, sprecht lieber hochdeutsch als zu versuchen, eine Form von Schweizderdeutsch zu imitieren“ i.W. die Waage hält.

      Aber nochmal zurück zum eigentlichen Thema:
      Ich denke, man muss beim „Soziolekt“ zwischen Wortschatz und Aussprache unterscheiden. Ich für mich habe zwar mehrere Wortschatz-Soziolekte, zwischen denen ich je nach Umfeld wechsle, aber mir gehen sämtliche Aussprache-Soziolekte ab. Es gibt zwar wahnsinnig viele Dialekte in Deutschland, aber eben auch tatsächlich Gegenden, in denen „von Natur aus“ so gesprochen wie geschrieben wird – und wir Eingeborene von dort haben eben solches „natürliche Switchen“ nie gelernt.

    16. Phipu Says:

      an Michael-H
      Genau so einen Fall wie dein Berndeutsch meinte ich mit „erblich vorbelastet“.

    17. solar Says:

      Ich erinnere mich, dass meine Eltern früher über gewisse Zürcher, die das „r“ auf spezielle Art nicht richtig rollten, bemerkten: „Daran merkt man, dass sie zu den alten Zürcher Geschlechtern gehören, zu den Patriziern.“

      Natürliche Nachahmung innerhalb der Familien, die oft auch wieder „unter sich“ heirateten, wurde da (falls meine Eltern überhaupt recht hatten) zum Standesmerkmal. Aber ob das den Betroffenen allenfalls überhaupt bewusst war?

    18. Gerald Says:

      @Fiona
      Bitte nimm mir nicht übel, wenn ich Deine Meinung nicht teile.
      Aufgrund der Sendungen (Club und ähnliche ), die ich bisher gesehen habe, gehe ich davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der Zuschauer nicht unter den „einfachen Arbeitern“ oder „Bauern“ (in Deutschland würde ich BILD-Leser sagen) zu suchen ist, sondern eher bei denen, die an sich selbst einen höheren intellektuellen Anspruch haben. Wohlgemerkt ich will keine der genannten Gruppen diskriminieren. CM muss davon ausgehen, dass die Zuschauer problemlos Hochdeutsch und, in seinem Fall, Züridütsch verstehen. Wie andere bereits gesagt haben, verfiel er in genau den selben Automatismus wie die meisten von uns. Wenn wir die Sprache des Gegenübers sprechen stellen wir uns automatisch, schon aus Höflichkeit, auf ihn oder sie ein.
      Das kann dann soweit gehen, dass wir mit Leuten, die die selbe Muttersprache wie wir selbst haben, auf Englisch reden (ist mir selbst passiert, den ganzen Tag überwiegen Englisch und am Abend mit einem Grazer weiter auf Englisch).

      @Ingo
      Du sprichst mir aus dem Herzen. Ich bin in Frankfurt geboren und in der Nähe von Mainz aufgewachsen. Trotzdem spreche ich ein weitgehend akzentfreies Hochdeutsch. Bevor ich in die Schweiz kam, wohnte ich, teils mehrere Jahre, in verschiedenen Regionen innerhalb Deutschlands. In keiner habe ich den dortigen Dialekt angenommen, allerdings durchaus sprachliche Konstrukte wie Worte und teilweise Satzstellung. Wichtig war für mich nur mein Gegenüber zu verstehen.

    19. Micha Says:

      “ Als Herr Mörgeli im Zischtigs-CLUB plötzlich auf Hochdeutsch über ein historisches Sachthema weitersprach, demonstrierte er unterbewusst „Schaut her, ich bewege mich sicher in der Schriftsprache der Wissenschaft, womit ich meine Fachkompetenz unterstreichen möchte“ “

      Lieber Jens. Ich denke, da interpretierst du zuviel in Herrn Mörgeli. Das Umschalten auf Hochdeutsch passiert bei Schweizern noch häufig und unbewusst, wenn Deutsche anwesend sind. Ich habe mich auch schon häufig ertappt, dass ich Hochdeutsch spreche, obwohl ich eigentlich weiss, dass die anwesenden Deutschen ja das Schweizerdeutsche verstehen.

      Das Umschalten hat mehrere Gründe:
      – man geht als Schweizer unbewusst davon aus, dass der Deutsche normalerweise Schweizerdeutsch nicht vesteht (ist ja auch richtig, wenn es sich nicht um hier wohnhafte Deuscthe handelt)
      – Hochdeutsch ist die Sprache im Unterricht. Von der Schule bis zur Uni ist man gezwungen, Hochdeutsch zu sprechen. Wenn jemand nun Hochdeutsch redet, wird man automatisch in die Unterrichtsituation versetzt. Dann antwortet man ja auch gefälligst auf den Hochdeutschsprechenden Lehrer auf Hochdeutsch.
      – Die Situation, dass man mit jemanden Schweizerdeutsch redet und er auf Hochdeutsch antwortet und umgekehrt, ist seltsam. Das wäre so, wie wenn man Deutsch redet und der andere redet Englisch. Man will unbewusst schnell die ungleiche Situation korrigieren und eine gemeinsame Sprache schaffen.

      Wie du siehst, gibt es etliche Gründe als Schweizer bei Deutschen Hochdeutsch zu sprechen. Dir wird das also noch paar Mal passieren, das Schweizer auf einmal aufs Hochdeutsche wechseln, obwohl sie das (aus deiner Sicht) gar nicht müssten.

    20. Fiona Says:

      @ Gerald. Es handelt sich hier um einen Missverständnis zwischen uns.
      Ob Banquiers aus Basel oder Bauern aus dem Berngebiet, ALLE Deutschschweizer reden und hören am liebsten Mundart – auch auf TV-Sendungen (The Club z.B.).

      ABER – SF1 wird auch im Ausland empfangen, und gerade deshalb wollte Herr Mörgeli sich, imo, als „weltmännisch“ profilieren, und deshalb hat er auch Hochdeutsch gesprochen. Fritz Leutwiler (ehem Pres. der Schweizer Nationalbank) ist (war?) Berner – für mich bleibt Bärntüütsch unverständlich, Valsertüütsch (Pirmin Zubriggen) au!

    21. Micha Says:

      @FIONA

      „ABER – SF1 wird auch im Ausland empfangen, und gerade deshalb wollte Herr Mörgeli sich, imo, als “weltmännisch” profilieren, und deshalb hat er auch Hochdeutsch gesprochen.“

      Nö, glaube ich nicht. Ich gehe nicht davon aus, dass dies irgend eine Taktik war, die er da sich zurecht legte. Vorallem in Hinblick auf weitere Ausstrahlungen etc. Das ist absurd und höchst ungewöhnlich, wenn jemand sich solche Dinge dazu überlegt. Vorallem weil er davon ausgehen müsste, das dieser Eindruck vom „weltmännischen“ nicht zwangsläufig entstehen muss. Bzw. vom Rezipienten ganz anders interpretiert werden könnte.

      Die Frage zeigte aber deutlich um was es geht. „Ist es Ihnen bewusst?“ Es war ihm eben nicht bewusst! Es war ein Versehen!

      Herr Mörgeli ist Dozent für Medizinalhistorie. Seine Vorlesungen wird er kaum in Schweizerdeutsch abhalten (dürfen oder wollen). Wenn er dann noch in einer Sendung (einem Medium wo häufig Hochdeutsch geredet werden muss) zu seinem Thema gefragt wird, dann kann er einfach nichts dafür, wenn er versehentlich ins Hochdeutsche wechselte. Kommt dazu, dass das jedem Schweizerdeutschen aus oben genannten Gründen passieren kann.

      Dass Frau Meier ihn darauf angesprochen hatte, war eher, um die witzige Situation zu untermauern.

    22. Ingo Says:

      @Micha:
      „Die Situation, dass man mit jemanden Schweizerdeutsch redet und er auf Hochdeutsch antwortet und umgekehrt, ist seltsam. Das wäre so, wie wenn man Deutsch redet und der andere redet Englisch.“
      Ehrlich gesagt kann ich das Argument nicht so recht nachvollziehen. Das ist genau das, was viele (hier wohnhafte) Deutsche den ganzen Tag machen (wenn man sie lässt 😉 ), mich eingeschlossen. Ich finde das mittlerweile völlig normal. Ich habe kein Problem damit, Schweizerdeutsch zu hören und auf Hochdeutsch zu antworten. Wie bereits gesagt (Kommentar weiter oben), ich habe nie irgendeine Form von Dialekt gesprochen.
      Bei Deutsch/Englisch kann ich das nachvollziehen, weil es eine völlig andere Sprache ist. Wenn wir in Meetings mit z.B. einem Inder sind, der zwar Deutsch versteht aber auf Englisch antwortet, fallen alle (auch ich) nach und nach in’s Englische. Weil’s eben zwei komplett unterschiedliche (wenn auch verwandte) Sprachen sind.

      Für die meisten Deutschen (zumindest die Mehrzahl, die sich die Mühe macht), ist aber mit einem Schweizer reden nicht viel anders als mit einem Bayern: Man versucht zu verstehen, aber kommt gar nicht erst auf die Idee, in der eigenen Aussprache zu imitieren. Redewendungen und Alltägliches („Gruezi“, „Merci“,…) mal ausgenommen – aber das ist einfach Gewohnheit. Als ich nach 9 Monaten Budapest zurück nach Deutschland kam, habe ich auch noch wochenlang „botsch“ statt ‚Tschuldigung gesagt. 😉

      Es ist wohl eine Erziehungs-/Gewohnheitssache, das „Switchen“, aber ich kann ehrlich gesagt nicht ganz verstehen, warum gerade so vielen Schweizern, die nun doch recht häufig damit konfrontiert sind, diese Diglossie/Asymmetrie so schwer fällt.

    23. bobsmile Says:

      @Fiona
      Einspruch.
      (s.a. Zitat Mörgeli aus früherem Posting:„ich nehme resignierend zur Kenntnis, …“)

      Der/die durchschnittliche Deutschschweizer(in) passt sich halt einfach gerne an. Das gilt auch für die Sprache. Jeder hat in der Schule „Schriftdeutsch“ UND mindestens eine, in der Schweiz gesprochene Fremdsprache erlernt.

      Ein Welschschweizer trifft auf einen Deutschschweizer, wer wird wohl als erster die Sprache des Gegenübers annehmen? Naaa?
      (Ja, ja, der Röschtigraben, ich weiss …)

      Das „switchen“ geschieht automatisch, das wurde uns in der Schule bereits als vegetative Funktion ins Stammhirn eingebrannt.
      Und das gilt auch für Herrn Mörgeli, nix mit „weltmännisch“ oder so.
      Punkt.

    24. Tellerrand Says:

      @ Micha

      Es ist ja auch eigentlich gar nicht schlimm, wenn man mal aus Versehen oder mit Absicht als Schweizer Hochdeutsch spricht, oder 😉

      Seltsam finde ich ein Schwyzerdütsch-Hochdeutsch geführt überhaupt nicht. Passiert mir im Berufsleben und im Privaten dauernd, weil ich Ingos Schicksal und das weiterer Leute, die sich hier regelmässig zu Wort melden, teile. Der Vergleich zur Englisch-Deutschen Konversation hinkt allerdings. Denn Hochdeutsch und Schwyzerdütsch sind keine unterschiedlichen Sprachen sondern „nur“ unterschiedliche Dialekte oder Varianten derselben Sprache. Sonst würden sich Deutsche und Schweizer nicht ohne weiteres verstehen. Rein sprachlich…

    25. franz Says:

      Hier in diesem Blog lasst ihr uns ja auch nicht schweizerdeutsch schreiben. Schweizerdeutsche Kommentare werden scheinbar nicht akzeptiert und veröffentlicht.
      Redet das Gegenüber hochdeutsch verfällt man doch automatisch ins Hochdeutsche, scheint mir eine Frage des Anstandes und der Bequemlichkeit zu sein. Es ist doch sehr mühsam sich dauernd wiederholen zu müssen.
      Man antwortet jemandem der einem auf englisch anspricht doch auch automatisch auf englisch sofern man es kann.

      [Antwort Admin:
      jeder kann hier schreiben wir er oder sie will, solange niemand beleidigt wird oder ein Kommentar etwas mit einem Thema zu tun hat, schalte ich alles frei.
      Beispiel für einen erst heute hochgeladenen Kommentar auf Bärndütsch findest Du hier
      Also bitte Vorsicht mit den vorschnellen Urteilen ]

    26. Gerald Says:

      @ Jens,

      danke für Die Anmerkungen zu meinem ersten Posting heute morgen. Das was Du schreibst, hatte ich erwartet. Ich kann, und will, mir nicht vorstellen, dass er so einfach, ja fast primitiv, gestrickt ist, wie es viele seiner Aussagen vermuten lassen. Man kann Christoph Mörgeli und seinem politischen Ziehvater Christoph Blocher, und der Mehrheit der SVP/AUNS Führungsriege, ja viel nachsagen – dass sie dumm oder auch nur Naiv seien gehört aber mit Sicherheit nicht dazu.

      Manchmal kommt mir der Verdacht, dass die SVP-Führung nur deshalb so gegen die EU wettert, weil sie ganz genau weiss, dass die Schweiz nicht mehr allzu lange aussenvor bleiben kann. Der bilaterale Weg ist ziemlich am Ende. Die neuen Mitglieder der EU haben überhaupt kein Interesse daran der Schweiz auch nur das geringste Zugeständnis zu machen, eher im Gegenteil. Wenn ich mir überlege, dass die Schweiz, natürlich aus rein wirtschaftlichen Gründen, gezwungen ist eigentlich alle Regelungen aus Brüssel zu übernehmen und das ohne auch nur das Geringste Mitspracherecht bei der Entstehung der Regeln zu haben, frage ich mich schon was besser ist. Aufs Erste der dafür gefundene, die Situation verbrämende, Begriff „autonomer Nachvollzug“. 😉

    27. aquado Says:

      Ach, übrigens…

      nachdem ich hier auch einen Kommentar einstellen wollte, den ich sorgsam zusammengestellt und eingetippt habe, war alles komplett verschwunden nach richtiger Lösung des Anti-Spam.
      Die Frage: 3 + 0?
      Meine Antwort: 3!

      Ja, einfache Mathematik scheint tatsächlich für Jemanden schwierig zu sein.

      (Dies ist nun mein Ersatzartikel)

    28. Gerald Says:

      @ franz:
      Das ist Blödsinn. Jeder kann schreiben wie er will.

      Allerdings frage ich mich schon, wer eigentlich festgestellt hat, dass es eine schweizer Hochsprache gibt. Welche Schreibweise ist denn die richtige? Berndeutsch, Zürideutsch, Baseldeutsch? Es gibt im deutschen Sprachraum (Deutschland, Östereich, Schweiz und ein paar weitere Gebiete) nur eine gültige Rechtschreibung, die des Hochdeutschen. Ansonsten können wir auch ab sofort in Lautschrift schreiben. Ein Deutscher, Östereicher oder auch „nur“ Schweizer aus der Romandie hat die grössten Probleme mit einer Schriftform, die nur der vermeindlichen Aussprache folgt. Häufig muss ich mir einen solchen Text erst laut vorlesen um ihn zu verstehen.

      Wenn Deutschschweizer untereinaner so kommunizieren wollen, soll es mir recht sein. Wenn Sie aber an solchen Orten wie hier schreiben, gebietet es die Achtung vor den anderen Lesern in einer allgemein verständlichen Form zu schreiben.

    29. Tobi Says:

      @franz

      Ich glaube Sprechen und Schreiben ist ein Unterschied. Wenn alle in ihrer Mundart reden ist das kein Ding, finde ich. Aber es ist vielleicht nicht schlecht, wenn es einen Standard der „Schreibsprache“ gibt … so als universelles Verständigungstool für alle.

      Ich stelle mir gerade vor, das Sachsen hier in Mundart schreiben … da würde ich ja virtuelle Ohrenschmerzen bekommen LOL

    30. Thomas W. Says:

      Heute war Herr Mörgeli auch im Bayerischen Fernsehen. Die Sendung wurde mehrfach angekündigt, auch unter Bezug auf mehrere Blick-Titel.

      Mittlerweile wird halt auch in Deutschland über die Vorbehalte (oder sollte man nicht sogar „Hass“ sagen) berichtet, der Deutschen in der Schweiz zumindest aus einigen Medien entgegenschlägt. Die auf der Straße befragten Schweizer äußerten sich ausschließlich negativ über Deutsche. Tenor: Deutsche halten sich alle für die Besten, Schönsten und Tollsten, sind aber zum Kotzen. Nun – interessant, denn eigentlich dachte ich immer, die Deutschen wären Weltklasse darin, sich selbst nicht zu mögen.

      Die im Beitrag gezeigten Deutschen waren auf Grund ihrer Erfahrungen durchaus leicht verbittert.
      Herr Mörgeli sprach astreines Hochdeutsch und wies darauf hin, dass ja viele Vorurteile gegen Deutsche auch aus einem Minderwertigkeitskomplex beruhen würden.

      Ein Deutscher berichtete, dass die WM der Wendepunkt war – als der ganze Saal beim ersten Tor der Deutschen gegen Costa Rica eisig schwieg, jedoch beim Gegentreffer jubelte, als wären sie gerade selbst Weltmeister geworden.

      Ein anderer meinte, er sähe schon Fragezeichen über seiner Zukunft in der Schweiz, weil er merkt, dass man Deutsche dort einfach nicht mag und will.

      Ich habe vor ein paar Jahren hier in München eine Brasilianerin kennen gelernt, die mit einem Schweizer verheiratet war. Damals konnte ich es nicht verstehen, warum sie hier in München alles so schön locker und nett fand aber, sich in der Schweiz sehr abgelehnt gefühlt hat. Sie meinte dann noch, dass die Schweizer ihr auch vorhielten, dass sie bislang nur Hochdeutsch spräche, aber kein Schweizerdeutsch. Ihr Mann hatte sogar schon überlegt, mit ihr nach Deutschland zu ziehen, damit sie nicht so abgelehnt wird. Ich hielt dies damals für einen Scherz. War aber wohl nicht so.

    31. Gerald Says:

      Hallo Thomas,

      welche Sendung war das?

      Gerald

    32. giacometti Says:

      Mann-O-Mann, was da wieder in den guten Monsieur Mörgeli hineininterpritiert wird, um die eigenen Stereotypen bestätigt zu bekommen ist schon haarsträubend. Herr Muschg hat etwa eine halbe Stunde lang Hochdeutsch gesprochen, woraufhin Monsieur Mörgeli das Wort ergriff oder erteilt bekam – 99% aller Deutschschweizer – quer durch alle Alter, Geschlechter, Parteizugehörigkeiten, intendierten und realen sozialen Zugehörigkeiten – hätten in dieser Situation automatisch mit Hochdeutsch weitergemacht ohne sich irgendetwas dabei zu überlegen – genauso der Monsieur Mörgeli. Und die Madame Maier hat ja da auch gar keinen Widerspruch aufgedeckt, sondern der Monsieur Mörgeli hat es ja selbst vorausgesagt. Nur: Im Gegensatz zu Monsieur Mörgeli finde ich, dass kein Grund zur Resignation besteht, denn Anpassungsfähigkeit und Sprachvirtuosität ist eine Qualität – solange es ein Ausdruck von Gastfreundschaft (achtung, heikles Stichwort! ;)) ist. Es muss aber gleichzeitig auch jedem Zugereisten klar sein, dass im normalen Alltag, in der Schule, bei der Arbeit, im Fernsehen etc. vorwiegend Schweizerdeutsch kommuniziert wird. Wer das nicht akzeptieren kann, ist wirklich am falschen Ort gelandet.

    33. Thomas W. Says:

      @Gerald:
      Zeitspiegel, gestern (21.2.07) um 21:20 im Bayerischen Fernsehen. Thema: „Verteufelt – Deutsche in der Schweiz“.
      Dabei dachte ich immer, der Teufel sei ein Schwabe, und dazu obendrein ehemaliger Ministerpräsident von Baden-Württemberg, dem Land nördlich des Bodensees, wo man alles kann, nur kein Hochdeutsch. Also quasi: „Die Hölle – unsere Teufel können alles, außer Hochdeutsch.“ Oder so.

      Wobei: In der Hölle für böse Schweizer wird bestimmt nur Standardsprache geschwätzt. Und für jeden Aussprachefehler gibt es Hohn und Spott von den umstehenden, sich geschliffen-zackig artikulierenden Dämonen, sowie bei überflüssiger Verwendung des Perfekts noch eine Extrabestrafung obendrein.

      Es dürfte übrigens viele Deutsche geben, für die wäre ein Jenseits, das von Schweizern betrieben wird, der Himmel. Für die Schweizer hingegen entspräche ein von Deutschen zu verantwortendes Jenseits offenbar der Hölle. Das nennt man doch wohl Einbahnstraßen-Liebe, oder?

    34. renke Says:

      > dem Land nördlich des Bodensees, wo man alles kann, nur kein Hochdeutsch

      hee – ein Teil von Konstanz ist ziemlich deutlich südlich vom See…

    35. Thomas W. Says:

      @renke:
      Das ist korrekt – so ein Lapsus muss ausgerechnet mir passieren, wo ich Konstanz doch so gern mag…

    36. Micha Says:

      @Ingo
      „Ich habe kein Problem damit, Schweizerdeutsch zu hören und auf Hochdeutsch zu antworten. Wie bereits gesagt (Kommentar weiter oben), ich habe nie irgendeine Form von Dialekt gesprochen.“

      Das machst du aber ja auch nur deshalb, weil du kein Schweizerdeutsch kannst… Es gibt nämlich etliche Deutsche, die irgendwann Schweizerdeutsch sprechen. (Mehr oder weniger exakt.) Ich empfehle es sogar, dass Deutsche Schweizerdeutsch sprechen aus einem Grund: Die Schweizer akzeptieren Leute schnell als „Schweizer“, wenn sie nämlich Schweizerdeutsch können. Das geht mir genau gleich. Egal ob Secondos von Italiener, Schwarzen oder Asiaten, etc. Schweizerdeutsch sprechen, dann akzeptiere ich sie unbewusst gleich als Schweizer! Probleme gibt es eher mit Serben, Kosovo-Albaner, Kroaten, Türken, die eine unsaubere Ausprache (abgehackt und falsch betont) haben und man so gleich merkt, dass sie ja von einem diesen südlichen Länder kommen. (Obwohl die das wohl cool finden, so zu reden.)

      Apropos Dialekt: Es ist germanistisch zwar korrekt, Schweizerdeutsch als einen Dialekt des Deutschen zu bezeichnen. Viele Schweizer empfinden das Schweizerdeutsch aber als eigene Sprache! (Zu sagen, ich spreche ja richtig Deutsch und ihr nur einen Dialekt, empfinden Schweizer als , … darfst raten 😉 , … arrogant.)

    37. Thomas W. Says:

      @Micha:
      Man könnte natürlich auch sagen, wer auf Teufel komm raus seinen Dialekt stets als eigene Sprache darstellen muss, um glücklich zu sein, ist auch irgendwie – nun ja, arrogant, oder hat Komplexe.

      Dann wäre es doch für die Schweiz günstiger, gleich auf Rätoromanisch als Nationalsprache umzusteigen. Das gibt es außer in der Schweiz sonst nirgends, und sowohl südlich wie nördlich des Röstigrabens muss man es erst mal lernen. Die Deutschen verstehen dann sowieso nur noch Bahnhof, wäre doch prima!

    38. Ingo Says:

      @Micha:
      Ich sage ja auch nicht, ich spreche _richtig_ Deutsch und ihr nicht. (Es gibt eh keine richtigen und falschen Sprachen, nur richtige und falsche Recht(!)schreibung.) Ich beschwere mich ja auch nicht, wenn man mit mir Schweizerdeutsch redet (ich erbitte es sogar), aber ich erhoffe mir schon, dass man mir zugesteht, auf hochdeutsch zu antworten. In einem Land (d.h. zumindest in der Deutschschweiz), in dem man davon ausgehen kann, dass jeder in der Schule hochdeutsch gelernt hat (also zumindest es zu verstehen), kann es wohl kaum arrogant sein, wenn man das Verständnis voraussetzt. Wie gesagt, es ist ein Geben und Nehmen: Ich schreibe meinen Schweizer Gesprächspartnern nicht vor, mit mir Hochdeutsch zu reden, erwarte aber eben auch, dass ich nicht wegen meiner Sprache von Menschen diskrimiert werde, die kein Verständnisproblem haben.

      Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ich selber habe in fast 2 Jahren noch keine einzige negative Erfahrung in diesem Bereich gemacht. Gestört hat mich eigentlich immer nur, dass ich die Schweizer immer bitten musste, Schweizerdeutsch zu sprechen – sonst hätte ich es sicher auch schneller gelernt. Aber mit meinem Hochdeutsch habe ich noch keine Probleme gehabt. Mag aber auch daran liegen, dass ich wohl ohne zuviel Eigenlob behaupten kann, dass ich ein gut Mass an Höflichkeit von zu Hause mitbekommen habe, und deshalb nicht so leicht als „arroganter Deutscher“ gesehen werde (eine Formulierung wie „ich krieg ’nen Kaffee“ ist auch mir von Natur aus ein Greuel…).

      Trotzdem möchte ich eine Lanze auch für unwissende Deutsche brechen: Wer in die Niederlande fährt, hört und _sieht_ sofort, dass er sich in einem anderen Sprachraum befindet. Denn auch die geschriebene Sprache ist ihm fremd. Wer in die Schweiz kommt, fühlt sich nicht anders als in Bayern oder Sachsen oder Österreich: Die Menschen sprechen zwar anders, aber (fast) alles Geschriebene ist in reinem Hochdeutsch (mit Sonderregeln, aber das fällt meist nicht so schnell auf).
      Ich bin mir sicher, dass die Problematik keine wäre, wenn sich die (Deutsch-)Schweizer – wie die Niederländer – irgendwann einmal eine verfasste „Über“-Sprache gegeben hätten.

      Und nochmal zum Thema „Selber-Lernen“: Mir ist klar, dass es einiges einfacher machen würde. Auch in Bayern integriert man sich besser, wenn man sich die (örtliche) Mundart angewöhnt. Ich denke nur nach wie vor, dass es einfacher ist für Deutsche, die bereits mit den von Jens beschriebenen (aussprachlichen) Soziolekten aufgewachsenen sind als für jemanden wie mich, der nie zwischen solchen „switchen“ musste. Ich befürchte also, dass ich weiter damit leben muss, mich immer als Zugezogener zu outen 😉

    39. Gerald Says:

      @ Thomas W.
      Danke für die Info. Die Sendung wurde heute Morgen wiederholt. Hab‘ sie aufgenommen. So wie CM gesprochen hat, habe ich es erwartet. Wüsste ich nicht, dass es Schweizer ist, hätte ich es nicht unbedingt heraushören können.

    40. Martin Says:

      Jaja der Mörgeli!!!
      Mittlerweile habe ich Ihn richtig ins Herz geschlossen!!!
      Sein geschwollenes Auftreten und dieses perlenweisse Lachen.
      Er is noch nen Zacken schärfer wie Blocher…“ Wir die SVP will was verändern “
      Wie und Was?Darum sollen sich die anderen Partei nen Kopf machen…einfach nur geil der Typ 🙂
      Son kleiner Edmund Stoiber der Schweiz…
      Sry für meine Mecklenburger schreibweise…

    41. solar Says:

      Gestern war ich in Zürich in einer Buchhandlung und wurde von einer Deutschen sehr nett und kompetent bedient. An der Kasse – es war offenbar gerade etwas Flaute – kam es zum Dreiergespräch. Die andere Buchhändlerin sprach Schweizerdeutsch.

      Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ja mit „meiner“ Beraterin auf Hochdeutsch umgeswitcht hatte. Das war ja wohl für sie nicht nötig, denn Mundart zu verstehen, gehört da wohl zu den beruflichen Anforderungen. Und jetzt waren wir aber 2 zu 1 Schweizerinnen. Also kehrte ich zur Mundart zurück. Und was machte ich, kaum hatte die Deutsche was gesagt, ich sprach schon wieder Hochdeutsch – auch mit der Schweizerin.

      Sensibilisiert vom Blogwiese-Beitrag von vorgestern bemerkte ich mein Switchen und switchte zurück in den Dialekt, doch Ihr glaubts nicht: Noch weitere drei Mal ertappte ich mich beim Hochdeutsch-Sprechen! Das funktioniert einfach völlig automatisiert.

    42. markus Says:

      Neben dem unbewussten switchen gibt es aber sicher doch auch das Bewusste. Denn häufig weiss ich bei (mir unbekannten) hochdeutschsprechenden Personen nicht, ob sie „Schweizerdeutsch“ auch tatsächlich verstehen. Da spreche ich dann lieber gleich zu Beginn Hochdeutsch, um eine peinliche Situation (für beide) zu vermeiden. Denn, soweit ich es aus meiner Erfahrung weiss, trauen sich die wenigsten zu sagen: Sorry, das verstehe ich nicht, können sie bitte auf Hochdeutsch weitersprechen?
      So ist, unbwusst oder bewusst, schlussendlich doch beiden geholfen… 🙂

      [Anmerkung Admin: Zum feinen Wörtchen „schlussendlich“ siehe hier]

    43. Alte Tante Says:

      Wänn Si scho sächs Jaar da woned, hett ich tänkt, das sich mindischtens vom Ghöör här gmärkt hetted, das mer da Züritüütsch redt, mit eme scharfe t und eme lange ü. Nüt für uguet!

    44. Thomas W. Says:

      @Alte Tante:
      Ich stelle mir gerade bildlich ein „scharfes T“ vor. Klingt ganz schön verrucht. Vielleicht ist es jedoch auch nur ein banales „hartes T“.

    45. Christian Says:

      @Jens: Dass Herr Mörgeli einsilbig war, als du mit ihm über Politik diskutieren wolltest, ist schon verständlich: In den meisten Ländern hat man’s nicht so gern, wenn Zuagroaste mit den Eingeborenen (kritisch) über einheimische Politik reden wollen. Da hast du wieder den Faux-pas begangen, dich nicht wie ein Gast aufzuführen. Herr Mörgeli war dann wohlerzogen genug, dich hier nicht zurechtzuweisen… Es ist schon ein Kreuz mit diesen Gästen, die sich nicht als solche fühlen wollen! *riesenseufzer*

      Übrigens wird dein Blog in der heutigen Samstags-NZZ erwähnt, in einem reichlich kruden Artikel über das neue Dauerthema „Deutsche in der Schweiz“ (natürlich politisch ganz korrekt: Es gibt keine Probleme). Ein paar Seiten weiter im Wirtschaftsteil liest man dann eine schweizerische Reaktion auf den neuen ABB-Chef: „Jetzt sind es die Deutschen, die sich bei ABB ganz oben fest einrichten.“ (Das Ganze unter dem Titel: „Nicht die Nationalität, sondern das Können zählt“).

    46. Gerald Says:

      Hallo Christian,

      habe ich jetzt die „Ironie-Tags“ übersehen, oder glaubst Du das wirklich? Es mag ja durchaus so sein, dass der „einfache Mann von der Strasse“ so denkt, soll er doch. Aber von einem Politiker vom Range eines Christoph Mörgeli muss ich erwarten können, dass er über solchen primitiven Gefühlen steht. Insbesondere in einer Sendung, die sich um genau diese Probleme dreht.

      Ich, Deutscher, seit 11 Jahren in Zürich, nehme mir das Recht auch zu politischen Themen in meinem Umfeld eine eigene Meinung zu haben, und diese auch (ggf. auch pointiert) zu vertreten. Das gleiche Recht gestehe ich auch jedem in meinem Heimatland zu. Sollte das meinem Gegenüber nicht passen, sein Pech. Vielleicht hältst Du mich jetzt für arrogant, aber ist es nicht eher ein Zeichen von Arroganz wenn ich anderen, nur wegen ihrer Nationalität, das Recht auf eine eigene Meinung und deren Äusserung abspreche? Wohlgemerkt, ich bin mir durchaus bewusst, dass in diesem Land vor allem die Ausländer gut gelitten sind, die mit der eigenen Meinung hinter dem Berg halten, Kritik an der politischen Situation oder an Entscheidungen wird häufig als persönlicher Angriff empfunden. Selbst meine Frau (Schweizerin) reagiert häufig so. Besonders „lustig“ wird es dann wenn der Hinweis folgt, in Deutschland oder der EU sei ja auch nicht alles perfekt. Hat ja auch niemand behauptet.

      Wie auch immer, ich bin seit einigen Jahren in Zürich zuhause. Deshalb bleibt meine Heimat aber trotzdem Deutschland.