Be a Fan, be a Fanion, play in the Fanion team
Wir wurden per Mail gefragt, ob uns das Wort “Fanion team” irgend etwas sagt. Nein. Tat es nicht, aber schnell fanden wir heraus, dass es sich hierbei um einen ziemlich waschechten Schweizerbegriff handelt. 51.000 Mal zu finden bei Google.ch, aber nur ein Bruchteil davon auf Webseiten in Deutschland.
Beispiel:
(Quelle: fcaarau.ch )
Der Ausdruck ist nicht nur im Zusammenhang mit Fussball zu finden, auch beim Handball oder Basketball wird er erwähnt:
Foto FanionNLB
(Quelle: central-basket.ch)
Was ist das für ein Team? Eine Mannschaft für Fans? Oder für die Gewerkschafter „The Union stands forever“. Und wie wird das ausgesprochen? Auf die welsche Art, oder eher Englisch? Oder ist das vielleicht wieder ein versteckter französischer Einfluss? So wie „in der Barrage spielen“, oder „einen Exploit haben“ oder „Forfait geben“?
Eine mögliche Erklärung fanden wir bei Leo.org, im Forum des Online Wörterbuchs:
„Wir freuen uns, beim Fanionteam optisch – mit Logo auf dem Dress – präsent zu sein.“
Fanion = pennant. Is a Fanionteam a successful football team? What might that be in English?
Autor Sambista 28 Jun 03 16:41
Kommentar: I have found a context: Wir freuen uns darüber, beim Fanionteam optisch – mit logo auf dem Dress – präsent zu sein.
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Autor Sambista 29 Jun 03 11:10
Übersetzung first squad
Kommentar: Used in Swiss German; a sports team’s first squad (as opposed to reserve, amateur, or youth squads).
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Autor David Haardt 29 Jun 03 11:25
Kommentar: Mir ist das Wort völlig neu. Inzwischen habe ich ein wenig gegooglet und dabei herausgefunden, daß es überwiegend in der Schweiz verwendet wird. Wenn ich die Seiten richtig verstanden habe, dann handelt sich um das Team eines Vereins, das bei bei einer Erwachsenenliga mitmacht (im Gegensatz zu Jugendmannschaften, zur Reserve und der Alt-Herren-Mannschaft). Bei uns heißt dieses Team „die erste Mannschaft“. Den englischen Begriff kenne ich leider auch nicht. Vielleicht hilft dir das aber auch weiter.
Du könntest natürlich auch noch im Chuchichästli-Thread bei den Schweizern nachfragen.
3
Autor Nadja 29 Jun 03 11:31
Kommentar David – THANKS, MATE!
Nadja – ja genau, s’isch schwiiitzerisch! David’s suggestion is used in football, though „officially“ you use „first team“. However, I have seen „first team squad“, so it looks like you can *have your cake, and eat it*! I didn’t know there was a Swiss forum – I’ll go find!
Ob die Kommentatoren auf Leo.org richtig liegen? Aber woher kommt diese Bedeutung? Den erwähnten „Chuchichästli-Thread“ konnten wir leider nicht befragen. Leider konnten wir ein überzeugende Antwort nicht finden und freuen uns auf Eure/Ihre Ideen. Aber wenn Phipu die Erklärung nun im Wörterbuch der Brüder Grimm entdeckt, dann fress ich nen Besen.
November 15th, 2010 at 9:25
Ich bin nicht gerade ein Sportfan, deshalb kann ich diesen englischen Übersetzungssuchenden auf Leo auch keine Definition von „Fanion“ liefern. Es handelt sich also hier offensichtlich wieder mal um einen Ausdruck der zwar furchtbar Englisch tönt, aber von Englischsprechern nicht verwendet wird (wie z.B. „Handy“).
Für mich ist das Wort Fanion (auf Deutsch aber mit unverkennbarem französischem Einfluss) eher aus dem Verkehr bekannt.
http://www.triopan.ch/_lccms_/_00510/Triopan-Fanion.htm?VER=100503160734&LANG=ger&MID=632
Ausserdem ist Grimms Wörterbuch seit ein paar Monaten zur Online-Suche unbrauchbar gemacht worden. Jens muss also auch künftig das Besenfressen nicht mehr fürchten, ausser ich würde mir mal die CD-Rom bestellen. Derweil empfehle ich das Radiospiel „Bäsefrässer“ auf DRS 3, wo seit Sendebeginn 1983 noch dasselbe Signet (Neudeutsch „Djingle“) ertönt, was sicher die einen oder anderen unter uns wieder in ferne Jugendjahre zurückversetzt: http://www.drs3.ch/www/de/drs3/168763.spiele.html
November 15th, 2010 at 10:54
Schönes Fundstück!
Den Ausdruck kenne ich schon seit der Kindheit. Für mich war und ist das Fanionteam die erste Mannschaft eines Sportvereins.
Die kleinen Fähnchen mit dem Wappen des Klubs werden Fanions genannt. Vor dem Matchbeginn wird jeweils einer dem gegnerischen Team überreicht. Viele Fussballfans haben einen zu Hause, im Auto, man sieht sie in Bars, beim Coiffeur…
Bisher hielt ich «Fanion» für lupenreines Englisch und wunderte mich deshalb, dass mir kein englisches Wörterbuch helfen konnte.
«Fanion» ist aber französisch. Mein alter Micro-Robert definiert es kurz als «petit drapeau» (kleine Fahne, Wimpel). «Fanionteam» ist demnach echtes Deutschschweizer «Franglais» (man darf es getrost auch Kauderwelsch nennen).
Eine ausführliche französische Definition: http://www.cnrtl.fr/definition/fanion
November 15th, 2010 at 11:21
Nachdem ich den Artikel gelesen habe, hat es mir ja keine Ruhe gelassen, und ich habe auch ein bisschen gegoogelt. Als Fanion bezeichnet der Schweizer eine bestimmte Art von Flagge.
Siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Fanion
und hier: http://www.bildwoerterbuch.com/gesellschaft/politik/heraldik/fahnenformen.php
Ein Fanion-Team wäre dann evtl. so etwas wie eine Flagg-Mannschaft? Was mich wiederum an den Begriff Flag-Store erinnert :o), und somit der Erklärung „Erste Mannschaft“ Sinn geben würde, oder?
November 15th, 2010 at 18:29
Ich bin immer wieder erstaunt, welche Begriffe du irgendwo findest, von denen ich als Ur-Schweizer noch nie gehört habe. 🙂
November 16th, 2010 at 15:23
Hab nichts gefunden was Fanion erklärbar macht.
Eins aber ist sicher, Jens Wiese, Forfait ist nicht französisch.
[Anmerkung Admin: Dann scheint Wiki zu irren, denn siehe hier http://de.wikipedia.org/wiki/Forfait ]
November 16th, 2010 at 15:24
Lieber Phipu,
Nein, unbrauchbar ist das falsche Wort. Das Wörterbuch von Grimm wurde nur auf einen anderen Server verschoben. Hier die neue Adresse:
http://urts55.uni-trier.de:8080/Projekte/WBB2009/DWB/wbgui_py?lemid=GA00001
November 16th, 2010 at 19:04
Da hat der Jens einen harten Knochen vor die Hütte geworfen. Fast nicht knackbar.
Teil 1: Fan
Das Problem hierbei ist, dass verschiedenscheinende Begriffe (Fan, Fahne, Fanion) ineinander verwoben sind. Wenn man bei den Brüdern Grimm den Begriff Fan untersucht, kann man indirekt über „fenn, fänn, fann, uam.“ als altger. / sicherlich sogar indogerm. Bezeichnung für die Wölfin (hündin canus) gelangen. Interessanterweise kann man auch bis zur Hirschkuh (hindin, cerva) weiterkommen.
Und hier liegt m.E. der Lösungsansatz, welchen man hier trotzt etwas schwierig-wackliger Beweisführung als machbar ansehen kann. Die sinninhaltliche Verbindung zwischen den weiblichen Wölfen, Hirschen und einigen anderen Säugern kann man darin sehen, dass in der Paarungszeit die gemeinten Weibchen um die Vorherrschaft der Begattung kämpfenden Männchen herumstehen und dem Getümmel etwas gelangweilt zuschauen. Dabei geben die Weibchen Geheul und Brunftlaute von sich. Einen im Ritual vergleichbaren Vorgang kann man bei Menschen z. B. im arabischsprechenden Kulturraum (besonders bei den Berbern) auch noch heurig beobachten, wenn bei kämpferischen Scheingefechten die Männer wetteifern und dabei durch die Frauen mit ihren Zungen durch die immense Lärmerzeugung antreiben werden. In sog. „höheren“ Kulturkreise gibt es z. B. beim Boxen, Catchen, Tennis uam. vergleichbare Schreie und extreme Lautäußerungen. Hierin liegt der innere Schluss und ein möglicher Beweis für den „Fan“ moderner Prägung. Nun, bei schweizerischen Schwingen hat’s solche Töne immer noch.
Wenn man weitergeht, könnte man sicherlich beweisen, dass die Bezeichnung Fan doch sicher von fanatisch abstammen könnte, da in den vorchristlichen Naturreligionen das Umringen des Heiligtums durch
die Gläubigen an üblich war. Dies war sogar bin in die Zeit der frühen Christen noch üblich. Dabei wurden sicherlich die Zwiegespräche zwischen den Geistern oder Göttern durch diese umringenden Menschen nachgesprochen, gegrummelt, geraunt, gesungen und geschrieen. Also war das eine Fan-Gruppe mit dem Draht zum höheren Wesen.
Heutzutage gibt’s halt die Musik- und Film-„Götter“ mit ihren Fangruppen. Dadurch hatte es m. E. eine starke Vergleichbarkeit zu oben beschrieben Situation der kämpfenden / paarenden Tiere! Ein Argument ist auch die Tatsache, dass zur Aussprache des „fan ua.“ der Mund gespitzt werden muss und dadurch dann eine schallnachahmendes Wort entsteht.
Nun, wenn man die Lady Gaga und ihre Fans hört, dann wird man gaga!
November 16th, 2010 at 20:45
@Alioscha
Herzlichen Dank für den Tipp!
November 17th, 2010 at 11:08
Macht die Sache nicht komplizierter, als sie wirklich ist. Das ‚Fanionteam‘ ist ganz einfach wieder mal so eine äusserst eigene Wortkreation die zeigt, dass wir im Zentrum Europas halt schon immer stark von anderen Kulturkreisen beeinflusst worden sind. In Frankreich ist dieser Ausdruck ’standard‘.
http://www.google.ch/search?hl=de&source=hp&q=%C3%A9quipe%20fanion&meta=&aq=f&oq=
–> Ungefähr 244’000 Ergebnisse (0.07 Sekunden)
http://www.sudouest.fr/2010/11/16/une-belle-rehabilitation-pour-l-equipe-fanion-240539-2267.php
November 17th, 2010 at 11:41
Teil 2: Fanion
Bei dieser Bezeichnung ist das Problem, dass man zunächst an Fahnen, Wimpel, Flaggen denkt, da heurig überwiegend diese gemeint werden, weil sie im milt. sowie einigen anderen Bereichen mit der Bezeichnung Fanion belegt sind.
Dies ist wohl so nicht wahrscheinlich, da man bei der hier anzunehmenden Verwendung des Suffix „-ion“ dann fast schon obligatorisch zu einem Verb gelangen kann: Zum altgerm./indogerm. Verb „fan, fenn, fänn, fann, uam.“, welcher m.E. „zu-, hin-, mit- und anschauen, betrachten uäm.“ meint! Denn folgt man der Logik, dass dieses Suffix -ion an ein Verb angehängt wird, dann kann die Fahne ahd. fano, mhd. fan, van, goth. fana, welche aus dem lat. pannus abgeleitet ist, hier sicher nicht als Basis der Ableitung zum Fanion angenommen werden! Folgend ein starkes Argument, dass dieses lat. pannus, welches im Englischen zum pennant für Wimpel führte, nicht hierbei die Quelle sein kann. Wenn im Französischen der Banner (Fahne) gonfanon genannt wird, dann kann man für diese Bezeichnung das fränkisch-germ. Erbe fano ausgehen oder auch von einem ital. Zuwanderer, der selber einen fränk.-germ. Ursprung hat, über Italien nach Frankreich gekommen ist.
Als analoges Beispiel kann hierzu der „Chauffeur “ herangezogen werden, weil ja diese Bezeichnung auch so mächtig nach Französisch bzw. Lateinisch tönt/klingt, jedoch wahrscheinlich dem Fränkisch-Germanischen entstammt.
Wenn im germ.-militär. Bereich dieses Fanion eine gebräuchliche Anwendung hatte, so ist dies ein Vorgang des jeweiligen Betrachtens, Sehens, Erkennens, Feststellens, Zeigens uäm. gewesen. Der Feldherr hatte seine Truppenteile durch verschiedenartig geformte und gefärbte Fahnen gekennzeichnet und somit im Blick gehabt. Der Ursprung für Fanion hatte die Eigenschaft von gesehen, festgestellt, erkannt, geortet werden. Es hatte die Funktion, den Verbleib von Truppenteilen anzuzeigen. Das jeweilige Truppenteil, z. B. ein Fähnlein mit Fahnenjunker oder Fähnrich, zeigt ihren Standort, übermittelt ihr Verhalten, markiert den Zustand und ermöglicht damit dem Feldherrn einen gewissen Überblick über seine Truppe zu erhalten. Das berühmte aufrechte Fähnlein mit Fahnenjunker und Fähnrich, welches als im Kampf befindlich angezeigt und gesehen wird. Bei gesenkter Fahne wird der Rückzug signalisiert. Um jedoch siegreich zu sein, muss man bei der Stange (Fahnenstange) bleiben und die Fahne hochhalten. Ist der Fahnenträger verwundet oder gefallen, reicht man die Fahne weiter. Senkt man die Fahne vor dem Gegner auf den Boden, ergibt sich das Fähnlein. Wird die Fahne vom Gegner erbeutet, bedeutet dieses unendliche Schmach und Schande. Was bei Fahnenflucht droht bedarf keiner Diskussion.
Man sieht, viele Möglichkeiten, mit Fahne und Fanion als Informations-, Bestimmungs- und Übermittlingsmittel zu verwenden. Deshalb ist es schon fast ein Naturgesetz, dass in der Schweiz wegen ihrer milit. Vergangenheit noch jetzt solche Spuren in Sinnsprüchen und anderen Anwendungen vorhanden sind. Die Verwendung im Sport uam. sind Derivate der 3. oder 4. Ableitung.
Es ist schon logisch, dass sich die Begriffe um Fanion, Fahne und Fan zwischenzeitlich immer stärker ineinander verwoben haben. Im netten Sinnspruch, die schöne Maid sei in ein luftig Fähnchen gekleidet, meint, sie habe ein Fummel aus feingewebten Tuch (die hier gemeinte ursprüngliche Fahne) an. Der Ursprung ist im edlen, wertvollen und feinsten Webstoff zu finden.
PS: Die Schweizerflagge ist schon fast natürlicherweise in der militärischen Tradition ein militärisches Feldzeichen, welches die römisch-deutschen Feldtruppen in der guten alten Zeit geführt hatten. Aus rot-weißen Tuch der fränkischen Tradition gemacht und im militärechteckigen Standartenformat gehalten.
November 17th, 2010 at 13:32
@ minimec
«Macht die Sache nicht komplizierter, als sie wirklich ist. […] In Frankreich ist dieser Ausdruck ’standard’.»
Danke. Du nimmst mir die Worte aus dem Mund. Ich hatte «équipe fanion» ebenfalls auf Google gefunden, seltsamerweise aber nirgends in einem Wörterbuch.
November 23rd, 2010 at 13:52
Danke für den Blog-Eintrag! Jetzt ist einiges klarer.
November 26th, 2010 at 21:34
@Brun(o)egg: forfait ist sehr wohl Französisch, zumindest Neuenburgisch. Mein Steuerberater hat meine Steuererklärung immer à forfait gemacht, will heißen zu einem Pauschalpreis. Auch sonst gibt es immer wieder was à prix forfait zu kaufen.
fanion ist auch französisch und heißt Standarte. Für die Kultur hierzu ein Link, da gibt es le fanion gleich in drei Versionen:
http://edith-piaf.narod.ru/piaf1b.html