Noch ein kleiner Nachbar von Deutschland — Warum Skandinaven Dänemark so lieben

März 17th, 2010
  • Der Kaufmannshafen
  • Seit einigen Wochen arbeite ich von Montags bis Freitags in Kopenhagen, „København“, der „Kaufmannshafen“, der Hauptstadt Dänemarks.
    Kopenhagen im Winter 2010
    Alles ist anders als in Norwegen. Durch die Nähe zum Wasser blieben die Temperaturen auch in diesem Eiswinter 2010 meist um den Gefrierpunkt, während in Oslo das Thermometer schon mal auf Minus 20 Grad fiel im Januar. Das erste, was ich beim Verlassen des Hauptbahnhofs in der Stadt erblickte, waren Tanzbars und Stripteaselokale im Bahnhofsviertel. Die Mädels sind alle etwas blass, und natürlich durchweg blond.

    Nightclub in Kopenhagen

    Dänemark ist eine beliebte Rotlicht-Destination für Schweden und Norweger, denn im prüden Oslo ist jede Form von Prostitution verboten. Die Dänen sehen das gelassener. Nicht die Prositution ist verboten, sondern die Zuhälterei.
    Nightclub GOGO
    (Das ist ein Nightclub in Kopenhagen, kein CoOp)

    Weinverkauf in Kopenhagen
    Das nächste, was mir auffiel, war die grosse Auswahl an bezahlbaren Bieren und Weinen in jedem hundsgemeinem Supermarkt, oder spät abends in den SevenUp-Läden. Es findet sich jede Menge „Hvidvin“ (Weisswein) und “ rødvin“, sowie eine Auswahl Deutscher Biere. Was man hier allerdings überhaupt nicht kennt ist die Unart der Bayern und Franzosen, helles Bier mit Limonade zu vermischen und das als „Radler“ oder „Panaché“ zu verkaufen.

    Deutsche Biere auch in Kopenhagen
    In Oslo wäre dieser liberale Umgang mit Alkohol undenkbar. Alkohol gibt es dort nur bis 20 Uhr im Supermarkt oder in staatlichen Monopolladen, oder überteuert in der Bar.

  • Doppelt soviel saufen wie die Schweden
  • Die Norweger und Schweden kommen daher gern zum Saufen nach Dänemark, was den Alkoholverbrauch pro Kopf und Jahr nach oben treibt. Während die Deutschen bei 10.2 Liter im Europäischen Durschschnitt liegen (umgerechnet in reinem Alkohol pro Erwachsener und Jahr) und Frankreich zusammen mit Irland bei 13.4 Liter das Säuferfeld anführt, vernichten die Dänen immerhin 12 Liter pro Jahr, und damit doppelt soviel wie Schweden und Norweger (jeweils 6 Liter). Zwei der 12 Liter gehen garantiert auf das Konto der Besucher aus Schweden. Denn Malmö liegt nur eine Autostunde entfernt. Durch die 2000 eingeweihte Öresundbrücke sind Kopenhagen und Malmo quasi zu einer Megastadt zusammengewachsen. Der Service in Kopenhagen liegt in schwedischer Hand. Hotelangestellte und Servicepersonal in Restaurants sind oft aus Schweden. Das ist uns aus Zürich vertraut, wo in der gleichen Sparte vorwiegend Ostdeutsche arbeiten.
    Dänen gehen gern auf dem Stroget - Strich
    Die lange Fussgängerzone Kopenhagens heisst „Strøget„, zu Deutsch „Strich“. Und dort kann man anschauen, wie Einheimische und Touristen mit grossem Vergnügen „auf dem Strich“ gehen.

    (Teil 2 Morgen: „Hvad fik du“ ist keine Frage nach dem Sexualpartner)

    Schreien Sie auch erst nach einer Höflichkeitssekunde? — Verzögerte Begeisterung à la Suisse

    März 16th, 2010
  • Neulich beim Drill-Sergeant
  • Neulich war ich mal wieder beim Fitness. Ich trainiere gern in der Gruppe und hasse es, stumm und isoliert an Hightech-Geräte ganz für mich alleine die schweisstreibenden Trainingseinheiten durchzuführen. In der Gruppe, da macht jeder bzw. jede zwangsläufig mit, man bzw. frau spornt sich gegenseitig an, und nichts ist peinlicher, als weniger Gewicht auf der Langhantel montiert zu haben als die max. 50 Kg schwere leichte Trainerin, im Fachjargon „Instructor“ genannt. Die steht vorn, macht die Übungen vor, zählt dabei abwechselnd auf Hochdeutsch, Englisch und Schweizerdeutsch, schaut uns an, und brüllt alle paar Minuten via Headset verstärkt in die Runde „GOOATS EUCH GUUOT?“. Ich brülle stets spontan ein deutliches „JOOPS!“ zurück, obwohl ich am liebsten „SIR, NO SIR, ES GEHT MIR BESCHEIDEN, SIR“ gebrüllt hätte. Aber erstens steht da eine Trainerin vor uns und kein Sir, wie in einem amerikanischen Bootcamp, und zweitens wäre dieser Satz viel zu lang, und dafür reicht dann die Puste nicht.

    Jens beim Bodypump
    (Jens beim Bodypump. Quelle Foto: Les Mills)

  • Erst mal 2 Sekunden abwarten
  • Denn egal wie es kommt, ich bin zunächst immer der einzige Kursteilnehmer, der ein Feedback gibt. Meine Schweizerischen Mitturnerinnen und Mitturner brauchen stets 1-2 Sekunden länger, um dann zaghaft im Chor ebenfalls ein vorsichtiges „GUOT“ zu brüllen, nun ja, laut rufen bzw. nur „rufen“ ist die bessere Umschreibung von dem was da zu hören bzw. nicht zu hören ist. „Antönen“ trifft es am besten.

    Warum stets diese Verzögerungssekunde? Sind sie so angestrengt, dass sie erst mal Luft holen und über die Antwort nachdenken müssen? Die Frage der Instruktorin wurde auf Schweizerdeutsch gebrüllt, also kann es auch keine Verzögerung bei der Übersetzung sein. Ich reagiere immer sofort und spontan, die anderen warten 1-2 Sekunden und reagieren dann wie inner-seelisch abgesprochen im Chor.

  • Bloss keine spontane Zustimmung äussern
  • Ein Schweizer Freund erklärte mir dieses typische Verhalten damit, dass keine in der Gruppe die erste sein will, die etwas sagt. Frau will nicht aus der Menge herausstechen, den Eindruck vermitteln, man würde sich vordrängeln. Schweizerische Zurückhaltung also auch in der Muckibude. Einfach spontan eine Antwort in den Raum brüllen, das vermögen keine Schweizer. Jedenfalls nicht in dieser Stunde, die sich alle paar Jahre anders nennt. Zur Zeit heisst es „Bodypump“, die Körperpumpe, was wir da betreiben. Davor hiess es „Musclework“, wiederum ein paar Jahre früher war es „Langhanteltraining“, und vor 20 Jahren nannte man, es glaube, ich „Skigymnastik“ oder schlichtweg „Turnen“.

    Sollte ich in Zukunft lieber gar nicht mehr eine Antwort brüllen? Oder auch 1-2 Sekunden warten? Vielleicht macht dann auch niemand sonst mehr das Maul auf. Vielleicht brauchen alle diesen Vorbrüller, um überhaupt den Mut zu finden, etwas zu sagen? Als Deutscher lernt man also am besten auch das Maul zu halten oder man baut bei spontanen Beifallsäusserungen erst mal zwei Schweizerische Verzögerungssekunden ein: Ein-und-zwanzig, zwei-und-zwanzig, „JUHEE!“.

    Muni ist keine Munition — Ein Bulle nur in Deutschland?

    März 15th, 2010
  • Wenn ein Bulle auf einen Muni schiesst
  • Wir lasen auf News.ch am 7.01.2010

    Polizei erschiesst wildgewordenen Muni
    Eschenbach SG – Nach einer abenteuerlichen Verfolgungsjagd ist in Eschenbach SG ein wildgewordener Muni auf der Flucht erschossen worden. Das Tier war von einem Tiertransporter gesprungen, hatte eine Polizeisperre durchbrochen und war in einen Wald geflüchtet. (bert/sda)
    (Quelle: news.ch)

    Muni? Ist das nun ein Maultier oder ein Muli oder Esel? Der freundliche Nachbar in der S-Bahn nach Zürich weiss Bescheid: „Das ist ein Rind“, genauer gesagt ein „Stier“, kein Ochse. Und richtig, im Variantenwörterbuch aus dem De Gruyter Verlag steht auf S. 514

    „Muni CH der; – s, – s Bulle D, Zuchstiere
    (Quelle: Variantenwörterbuch)

  • Warum heisst der Bulle in der Schweiz „Muni“?
  • Warum der so heisst? Wir denken da an eine einfache Eselsbrücke: Das Tier trägt die „Munition“ für viele weitere Bullenkinder grad bei sich, schweizerdeutsch „auf sich“, obwohl „unter sich“ eigentlich korrekter wäre. So voller „Muni“ ist de Bulle, dass er auch „Muni“ heissen darf. Der Muni von Eschenbach wurde leider erschossen, mit Muni(tion).

    Ein Muni ist ein Stier
    (Quelle: Filomenal.ch)
    Auf dem Blog „Filomenal.ch“ finden wir eine genauere Erklärung, was ein Ochse, ein Stier und ein Muni ist:

    Der Ochse ist ein kastrierter Stier. Meist werden sie im Alter von wenigen Wochen kastriert. Dies ist vor allem für die extensive Mast, da das Muskelwachstum im Gegensatz zum Stier langsamer ist und nicht so viel Kraftfutter benötigt.
    Der Stier ist ein Muni und umgekehrt. Meist spricht man im Bernbiet generell vom Muni. Für die KB (künstliche Besamung) eingesetzten männlichen Tiere werden aber meist als Stier bezeichnet, auch im Schweizerdeutschen. Die meisten Stiere gehen in die Munimast. Ein junger Stier ist ein Munikalb.
    (Quelle: Filomenal.ch)

  • Kein Bulle sondern der Schmier
  • Interessant finden wir am Eintrag im Variantenwörterbuch, dass „Bulle“ mit D wie Deutschland versehen ist, es sich bei diesem Wort also nicht um ein Wort der gemeinsamen Standardsprache, sondern um eine nur in Deutschland übliche Variante für „Rind“ handelt. Ob Schweizer wirklich nicht „Bulle“ sagen? Es findet sich diese Buchstabenfolge noch in der Ortsbezeichnung „Bulle“ (bei Freiburg). Den Begriff „Bulle“ kennt jeder Schweizer ansonsten garantiert dank des grenzüberschreitenden Bildungsauftrags von SAT1 und ORF in Form der Krimiserie „Der Bulle aus Tölz“ (wurde im März 2009 nach dem Tod der Hauptdarstellerin Ruth Drexel eingestellt).

  • Varianten für Bulle
  • Ähnlich wie für das Wort „arbeiten„, findet sich im Züri-Slängikon (das kräftig Anleihen bei vielen weiteren Mundarten zu machen pflegt) eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Herren Polizisten in der Schweiz anders zu betiteln. Ganz vorn ist auch ein aus Deutschland geliehener „d Bulle“ dabei:

    d Böögge, d Buebe in Blau, d Bulle, d Bullerei, d Luusbuebe, d Polänte, d Polüüpe, d Pozilei, d Rännleitig, d Schmier, d Schmier isch läufig (bei hoher Polizeipräsenz), d Trachtegruppe, d Zolipey, da mues es es Näscht haa (an jeder Ecke eine Kontrolle), eini, wo s Gäld uf de Strass verdient (Politesse), en bewaffnete Briefträger, en bewaffnete Pöschtler, en Blaue, en blaue Briefträger (Busszettel-Verteiler), en Bobby (engl.), en Buse-Scheriff (Politesse), en Chappe-Gloon (engl. Clown), en Chappe-Maa, en Chugelschriiber-Pilot, en Flic (franz.), en Flüügende (Polizist auf Motorrad), en Gorilla-Blauarsch, en Hilfs-Sheriff (Polizist, der nur Bussen verteilt), en Landjeger, en Lang-Fing-Fang (ein Langfinger-Fänger), en Lang-Fing-Fang-Wau (Polizeihund), en Länzgi (Landjäger), en Politschugger, en Polyp, en Schandarm (franz.), en Schlumpf, en Schlumpf (Polizist in Demo-Montur), en Schmierlappe (Streifenwagen), en Schmierlatz, en Schrooter, en Schugger, en Stadtmusikant, en Tschugger, en Zolipischt, es Blauröckli, es isch Bulle-Wätter (an jeder Ecke eine Kontrolle), es Streifehörnli, es Zädel-Lisi (Politesse), Klavier spile (sich Fingerabdrücke abnehmen lassen), Lang-Fing-Fang-Pang (Dienstwaffe), Polizischtli-Lumpechischtli
    (Quelle: Slängikon)

    Gib Gutzi — Wie Werbung für Jung und Alt in der Schweiz funktioniert

    März 12th, 2010

    (reload vom 5.1.2007)

  • Die nervigen Herren mit den Schnurrbärten
  • Mit dem Jahreswechsel 2006-2007 ging in der Schweiz die traditionelle Telefonauskunft 111 in Rente. Eine Reihe von Anbietern wetteifern seither am Schweizer Markt um die Gunst der Kunden. Genauso eifrig wie nervig wurden die Schweizer von einem Anbieter mit Werbung bombardiert, der für Sunrise die Auskunft unter der Nummer 1818 betreibt. Von zahlreichen Plakaten lächelten zwei smarte junge Skifahrer im Look der Siebziger und priesen die neue Nummer an.
    Sind die Bärte echt?
    (Quelle Foto: skisstour.ch)

    Wir fanden dazu Hintergrundinformationen im Schweizer reklame-blog:

    Das amerikanische Unternehmen Infonxx führt darum ihre neue Auskunftsnummer 1818 ein. Infonxx bietet in verschiedenen Ländern solche Dienste an. Die Kampagne wird jeweils auf das Land adaptiert.

    Seit ein paar Wochen lernen uns zwei schräge Skihelden die neue Nummer: 1818, Doppel-18, 18 – 18, 2×18. Die Spots sind umwerfend. Wie im neuen Swiss-Clip ist hier der Soundtrack die halbe Miete. Dass die wilden Kerle in ähnlichen Skianzügen stecken wie die von Swisscom gesponserten offiziellen Swissski-Fahrer ist sicher kein Zufall.
    (Quelle: reklame.moblog.ch)

    Der Soundtrack ist eine Coverversion des Mega-Diskohits „Daddy Cool“ von Frank Farian alias „Boney M“ aus dem Jahr 1976. Nichts ist Zufall in diesem Clip, alles ist geplant. Dahinter steckt eine clevere Idee, die junge wie alte Kunden in der Schweiz gleichermassen ansprechen soll.

  • Keine Kekse sondern Vollgas geben
  • Auf den Plakaten tragen die beiden bärtigen jungen Männer gleichfarbige Skianzüge mit der Nummer 18 und geben „Guzzi“, auch manchmal „Gutzi“ geschrieben. Das sind jetzt keine „Guetslis“ Spender, denn diese beliebten Schweizer Kekse schreiben sich mit dem Diphthong „ue“. Werden wir bestimmt nie wieder falsch machen. Im Schwäbischen wären es „Guetsles“, also besonders feine und selbstgebackene Kekse. Hier in der Schweiz denkt man bei „gib guzzi“ eher an eine „Moto Guzzi“ und an den Gummiabrieb der entsteht, wenn bei angezogener Vorderbremse kräftig Gas für den Hinterradantrieb gegeben wird. „Gib guzzi“ findet sich 365 Mal bei Google-CH.

  • Was wollen diese Typen eigentlich?
  • Wir fragten Passanten und Kollegen, was diese jungen Herren zu bedeuten haben, ob diese smarten Typen vielleicht auf irgend ein historisches Schweizer Ereignis anspielen wollten, das uns entgangen war, weil wir da noch nicht im Lande lebten. Das Ergebnis war niederschmetternd. Die jungen Schweizer finden die Werbung cool und lustig gemacht, vor allem die Filmchen, die es bereits bei YouTube oder hier zu sehen gibt. Mehr aber auch nicht. Keine Information über den Sinn dieser Aufmachung.
    zwei Mal Skianzug mit 18
    (Quelle: sunrise.ch)

  • Wen sprechen diese bärtigen Gesichter an?
  • Diese Werbekampagne richtet sich an eine ganz spezielle Zielgruppe. Wer braucht eine kostenpflichtige und nicht gerade billige Telefonauskunft (1.60 CHF nur schon für den Verbindungsaufbau), wenn es das Gleiche für umsonst im Internet bei tel.search oder auf den Weissen Seiten gibt? Richtig geraten: Die Generation ab 60, die prozentual nicht so häufig online unterwegs ist wie die unter 30jährigen. Und aus welcher Zeit stammen die Frisuren dieser beiden Herren? Aus den 70ern, als die heute Sechzigjährigen selbst um die 30 waren. Sie erinnern sich damit noch sehr gut an die Schweizer Skifahrerlegende Roland Collombin, der als Vorbild für die beiden Männer im Werbespot dient:

    Der Unterwalliser Roland Collombin aus Versegères ist ein ehemaliger Schweizer Skirennläufer, der zu Beginn der 1970er Jahre zur Weltspitze in der Abfahrt zählte. Seine grössten Erfolge sind der zweite Platz bei den Olympischen Winterspielen 1972 in Sapporo sowie der Gewinn des Abfahrtweltcups in den Jahren 1973 und 1974. Ausserdem wurde er 1973 Dritter in der Gesamtwertung. Insgesamt gewann der acht Weltcuprennen; dazu kommen drei zweite Plätze. Im Jahre 1975 stürzte Collombin in Val d’Isère so schwer, dass er einige Tage gelähmt war und danach seine Karriere beenden musste.
    (Quelle: matterhornvalley.ch )

    Roland Collombin 1972 in Sapporo
    (Quelle Foto: matterhornvalley.ch )

  • Von 11 zu 18
  • Fällt ihnen auf dem Foto etwas auf? Der Mann fuhr mit der Nummer 11! Und jetzt ist nicht mehr die 11 aus der 111 gefragt für die Auskunft sondern die 18 aus der 1818.
    Roland Collombin heute
    (Quelle Foto: tsr.ch)

    In einem Interview erzählt über sein erstes Rennen:

    Was war Ihr erstes Rennen in der Nationalmannschaft? Welche Erinnerungen haben Sie daran?
    Die Junioren-Europameisterschaft in Madonna di Campiglio mit 18 Jahren. Ich war Erster vor Gustavo Thöni und Grissmann. Damals wurde ich für das darauffolgende Jahr, für meinen ersten internationalen Lauf in Val d’Isère, ausgewählt. Ich erinnere mich daran, dass ich in Val d’Isère einen Rückstand von sechs oder sieben Sekunden hatte. Da verstand ich, dass ich trainieren musste.
    (Quelle: skisstour.ch)

    Mit 18 Jahren!!! Nein, Zufälle gibt es in der Werbung wirklich nicht. „Rückstand von sechs oder sieben“, das ergibt zusammen wieder 11!!! Das kann kein Zufall sein. Alles ist genau aufeinander abgestimmt. Die alten Schweizer freuen sich, die Skifahrerlegende Collombin wiederzusehen, die mit der 11 fuhr, jetzt im Doppelpack 18 + 18, die jungen haben Freude an dem „schrägen Outfit“ der beiden Sportskanonen.
    Collombin 11
    Die Herren 18
    (Quelle Foto: skinet)

    Die Ähnlichkeit von Collombins Fahrstil und dem Fahrstil der beiden bärtigen Herren wird beim direkten Fotovergleich besonders deutlich.

    Leider konnten wir kein Foto von Collombin mit Bart finden. Nur diese Aufnahme aus der Veranstaltungsreihe „Erlebte Schweiz“ von der „Vereinigung zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz“.
    Russi und Collombin
    (Quelle Foto: MemoriaAV)
    Ja, diese Vereinigung gibt es wirklich. Sogar in vier Sprachen:
    MemoriaAV

    Der Name dieser Vereinigung ist ein Mix aus Latein „Memoria“ und Englisch „AV“=Audio Visual, und nicht „Alters-Versorgung“, für das „AV“ sonst stets gedacht ist in der Schweiz. Latein und Englisch also, wie immer passend zur den vier Landessprache der Schweizer.

  • Die Bärte sind bestimmt falsch
  • Uns kommt da noch so ein Verdacht: Die beiden Herren sind vielleicht gar keine Bartträger, keine echten Zwillinge und die Bärte sind nur angeklebt? Irgendwann werden sie sicher „inkognito“ erwischt und fotografiert. Ob sie dann dem Roland Collombin noch ähnlicher werden ohne Bart? Ach wie wenig wahrhaftig ist Werbung! Nicht einmal wenn es um eine Schweizer Ski-Legende geht. Wir bleiben dran.

    Finnisch für Anfänger mit der NZZ

    März 11th, 2010

    (reload vom 4.7.07)

  • Kein Hubschrauber sondern ein Helikopter
  • Aus der NZZ, dem ehrwürdigen Flaggschiff im Kampf zur Erhaltung der wahren helvetischen Sprache, haben wir viele interessante Schweizer Varianten gelernt in den letzten Jahren. Im Mutterhaus in der Falkenstrasse unweit vom Bellevue in Zürich wird streng darauf geachtet, dass kein „Hubschrauber“ die Redaktion verlässt, sondern nur ein „Helikopter“, dass niemand ins „Krankenhaus“ sondern ausschliesslich ins „Spital“ kommt, und dass die Bücher für den Leseabend nicht aus der „Bücherei“ sondern aus einer „Bibliothek“ ausgeliehen werden.

  • Gring aahii u secklä
  • In der Ausgabe vom 28.12.06 überraschte uns die NZZ nun in einer Glosse über Billigtickets der schweizerischen SWISS unter dem Titel „Ettikettenschwindel“ mit einem waschechten Finnisch-Kurs. Wir lasen:
    Gring aahii u secklä

    Lektion Nummer 1: Nicht immer ist drin, was draufsteht.
    Lektion Nummer 2: „Gring aahii u secklä“, denn der Flug wartet nicht. Immerhin warnt die Homepage von Blue1, dem finnischen Billigflieger, davor, zeitlich knapp am Flughafen zu sein.
    (Quelle NZZ 28.12.06, S. 9)

  • Finnisch hat viel Doppelvokale
  • Das muss Finnisch sein. Ist ja auch ein finnischer Billigflieger, der hat für Übersetzungen keine Zeit und erst recht kein Geld. Typisch und leicht erkennbar im Finnischen sind die gedoppelten Vokale wie in „aahii“ und die Konjunktion „u“.
    Finnisch erfreut sich in der Schweiz grosser Beliebtheit, wie die folgenden Beispiele beweisen. Nur mit der Schreibung scheinen sich die Schweizer Finnisch-Fans nicht immer ganz einig zu sein. Oder sind das etwas finnische Dialekte, die hier unterschiedlich verschriftet werden? Mal heisst es „abä“, mal „aahii“, mal „abe“ oder achä.

    Gring abe
    Gefunden haben wir dies via Internet in der „Jungfrau-Zeitung“, das Blatt für die unverheiratete Schweizer Frau.
    (Quelle:jungfrau-zeitung.ch)

    Oder hier:
    Gring achä
    (Quelle toscatours.ch)

    Schliesslich hier:
    Gring abä
    (Quelle complex-change.com)

    So weit, so gut. Nur leider ist das doch kein Finnisch, sondern ein geflügeltes Wort in der Schweiz, dass es sogar zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag gebracht hat:

    Gring ache u seckle
    Nach dem Gewinn der Bronzemedaille an der Weltmeisterschaft 1997 beantwortete Weyermann die Frage, was sie während des Endspurts des Laufs gedacht hatte, mit den berndeutschen Worten Gring ache u seckle, auf deutsch Kopf runter und rennen. Der Ausspruch entwickelte sich in der Schweiz schnell zum geflügeltem Wort, als Synonym für durchbeissen.
    (Quelle: Anita Weyermann auf Wikipedia)

  • Die Menschen in Greng hatten dicke Köpfe
  • Zum Wörtchen „Gring“ oder „Greng“ gibt es ebenfalls ein paar wilde Theorien, die die Herkunft erläutern sollen. Naheliegend scheint uns die Herkunft vom kleinen Namen des Ortes „Greng“, der im Kanton Fribourg, liegt:

    Die Entstehung des Wortes Gring kann nicht genau zurückverfolgt werden. Es lässt sich allerdings vermuten, dass diese Bezeichnung vor etwa 100 Jahren entstanden ist. Ausserdem könnten die Bewohner des freiburgischen Dorfes Greng (Schweiz) Greng genannt worden sein. Daraus könnte sich später im bernischen Dialekt das Wort Gring entwickelt haben.
    (Quelle: Wikipedia)

    Uns erinnert das Wort an „Grind“, zu dem Grimms Wörterbuch meint:

    GRIND, m.
    Sand, Schorf, Kopf; die Bedeutungen 1 u. 2 gehören zweifellos zusammen (…)

    Bei Grimm fanden wir auch ein mögliche Erklärung, wie das Dorf Greng (am Südufer des Murtener Sees gelegen) zu seinem Namen gekommen sein mag:

    GRINDEL, m.
    ein Pfahl, ein Baum von mittler Stärke
    Campe s. v. grendel; grendel paxillus
    (Quelle: Grimms Wörterbuch)

    Pfahlbauten am Seeufer waren in stürmischen Zeiten äusserst beliebt und halfen gegen nasse Füsse genauso wie gegen unerwünschte Besucher.

    Wikipedia erwähnt zwar die Pfahlbauten in Greng, führt aber den Namen auf „Grangia“ = Scheune zurück:

    An den Ufern des Murtensees wurden Spuren von Pfahlbauten aus dem Neolithikum gefunden. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes erfolgte 1314 unter dem Namen Gruein; 1349 erschienen die Bezeichnungen Gruent und Grangiis (von lat. grangia (Scheune) abgeleitet).
    (Quelle: Wikipedia)

  • Daheim im Blätzlidechi-Land
  • Die Gegend südlich des Neuenburger Sees heisst zwar „Seeland„, ich würde es aber passender als als „Flickenteppich-Land“ bezeichnen. Die Schweizer würden „Blätzlidechi“ dazu sagen. In keiner anderen Gegend der Schweiz verlaufen die Kantonsgrenzen so chaotisch, gibt es soviele „Kantonsinseln“ wie hier. Die Schweizer sprechen von „Enklaven„:
    Fleckenteppich-Land
    Wenn man dort mit dem Velo, Bike oder Fahrrad unterwegs ist, überquert man praktisch alle paar hundert Meter eine Kantonsgrenze. Der Kanton Vaud, Fribourg, Neuchâtel und Bern hatten in der Vergangenheit sicherlich ziemliche Mühe, sich auf eine einheitliche Grenzziehung zu einigen. Wir stellen uns vor, was das für die Schulkinder dort bedeutet, die von Dorf zu Dorf andere Ferien haben. Wie das mit den Behördengängen abläuft oder Bewilligungen, wenn z. B. ein Hof auf einer Kantonsgrenze liegt. Erschwerend kommt hinzu, dass quer durch dieses Gebiet auch noch der Röstigraben mit der Sprachgrenze verläuft.