Sind Schweizer in Deutschland arrogant, wenn sie Hochdeutsch sprechen?

August 31st, 2006
  • Zweisprachigkeit ist klasse
  • Als Deutsche in der Schweiz erfuhren wir oft, wie lässig elegant die Schweizer zwischen ihrer heimischen Mundart, die wir auch gern als „Idiom“ oder „Idiolekt“ durchgehen lassen, zur Standardsprache, dem Neuhochdeutschen, zu wechseln vermögen. Die Frage: „Verstehen Sie Schweizerdeutsch“ hörten wir in den letzten Jahren zugleich immer seltener, entweder es wurde bei uns diese Fähigkeit vorausgesetzt, oder unser Schweizer Gesprächspartner wechselte automatisch zur Standardsprache, kaum hatten wir unsererseits einen Satz von uns gegeben.

    Schweizer, die permanent in Deutschland leben, stehen da vor einem ganz anderen Dilemma. Sollen Sie sich sprachlich anpassen und damit ihre eigene sprachliche Identität verleugnen, in dem sie so Hochdeutsch sprechen wie die Deutschen? Oder käme das einem Verrat an der eigenen Herkunft, der eigenen sprachlichen Identität gleich?

    Wir erhielten Mails von Schweizern, denen die „Schweizer Hochdeutschaussprache“ in der Schule regelrecht beigebracht wurde, mit der Betonung auf der ersten Silbe, um sich vom deutschen Hochdeutsch zu unterscheiden. Deutsch zu sprechen wie die Deutschen war nur in den seltensten Fällen offizielles Lernziel.

    Die Schweizerin Sarah schreibt in ihrem Blog „Zueri-Berlin“ über diese Problematik:

    Sage ich Velo oder Fahrrad? Betone ich CD und WM auf der ersten oder der zweiten Silbe? Darf es mich wunder nehmen, oder soll ich mich besser fragen? Benütze ich beim Schreiben das mysteriöse ß? Darf ich meinen Akzent dem in Berlin üblichen Tonfall anpassen oder soll ich „schweizerisch selbstbewusst“ tönen (oder doch eher klingen?)?

    Was die Frage mit dem scharfen „ß“ angeht, da sind wir gottfroh, in der Schweiz zu leben und diesen Buchstaben auf unserer Tastatur nicht mehr zu finden. Das Leben wird dadurch um einiges einfacher.

    Sarah schreibt weiter:

    Das Dilemma zwischen Schweizer Hochdeutsch und deutschem Hochdeutsch ist omnipräsent. Manchmal schäme ich mich für meine für Schweizer Verhältnisse sehr angepasste Aussprache und Redeweise, weil ich weiss, dass sie für viele Schweizer Ohren arrogant klingen würden. Andererseits reden ja die Schwaben und Bayerinnen in Berlin meist auch nicht schwäbisch oder bayrisch, sondern Standardsprache. Sogar Berlinerisch wird in formelleren Situationen und Kreisen tunlichst vermieden.
    (Quelle der Zitate von Sarah hier)

    Da war es wieder, das Zauberwort „arrogant“. Hochdeutsch klingt arrogant, wie oft mussten wir das schon lesen. Wie kann eine Sprache „überheblich“ sein? Französisch klingt „sexy“, will uns die Werbung suggerieren, Schweizerdeutsch kling „niedlich“, und Hochdeutsch eben „arrogant“, zumindest in den Ohren der Schweizer.

    Warum sollte ich dann, wenn schon nicht richtiges Schweizerdeutsch, nicht gerade so sprechen, damit es möglichst wenig zu erklären gibt? Zum Beispiel was Trottoir und Lavabo bedeuten, dass wir in der Schweiz Nadine und Nathalie wie auch Café und Milchkaffee anders betonen.

    Da geht sie los, die Identitätskrise. Nimmt Sarah die Sprache ihres Gastlandes an wie ein Chamäleon die Farbe seiner Umgebung, würde sie nicht mehr als Schweizerin erkannt. Ist das so schlimm? Die meisten Deutschen haben in der Schweiz nicht die Wahl, sich hinter einer perfekten Schweizerdeutschen Aussprache zu verstecken, obwohl es mehr gelungene Beispiele dafür gibt, als die Schweizer vermuten. Der oft von Schweizern geäusserte Wunsch: „Liebe Deutsche, bitte versucht nicht Schweizerdeutsch zu sprechen, es tönt so grusig“ übersieht, dass dies bereits mehr Deutsche in der Schweiz tun, als die Schweizer auch nur ahnen.

    Einige unserer Landsleute haben uns erzählt, wie sie ihre Schweizer Umgebung damit schockierten, wenn sie sich plötzlich auf Hochdeutsch als Deutsche outeten. Keine Sprachvariante ist unlernbar, und selbst ein bekannter Vertreter eines Idioms, wie der „Walliser“ Patrick Rohr, hat seinen Dialekt erst mit 14 gelernt.

    Sarah meint schliesslich:

    Gibt es nicht ohnehin schon genügend interkulturelle Verständigungsprobleme? Zudem möchte man vielleicht auch einfach nicht immer „süüüß“ sein, sobald man die Schweizer Lippen auseinanderbewegt.

    Wir glauben, dass diese ewige Reaktion „ach ist das süss“ die meisten Schweizer dazu veranlasst, ihre schweizerische Aussprache unter Deutschen auf Dauer zu Grabe zu tragen, denn es nervt, immer dieses „Wie süss!“ Attribut angeheftet zu bekommen. Vielleicht entwickeln diese Schweizer in Deutschland dann auch ein Gefühl dafür, wie es nerven kann, ständig das „Ist das arrogant!“ Argument zu hören.

    Ach und der letzte Satz war nicht „weinerlich“ gemeint, dass ist nämlich das zweite Attribut, was wir als Deutsche in der Schweiz langsam leid sind. Egal was wir hier äussert, es ist stets und immer „weinerlich“. Drum greif ich mir nun ein Taschentuch um meine leicht geröteten Augen abzutupfen und ziehe mich still und traurig in mein Kämmerchen zurück, und übe dort weiter fleissig, wie man korrekt Bärndütsch ausspricht. Wäre doch gelacht, wenn das nicht klappt.

    Wir werden uns tarnen, wir werden uns anpassen, wir werden nicht mehr wiederzuerkennen sein, wenn wir es erst mal können. Wie war das noch gleich?:

    „Heit Der scho einisch probiert, e chli Bärndütsch z verstah oder z läse?“
    (Quelle: edimuster.ch )

    Aber immer doch!

    Bchym di!
    Batzechlemmer!
    I ha di unerchannt gärn.
    I wetti di ärfele.
    (Quelle: edimuster.ch)

    Kriegen wir alles noch hin.

    Die Schweizer und ihre Schusswaffen — Widerstand gegen die 3 Millionen Waffen in Schweizer Privathaushalten

    August 30th, 2006
  • 3 Millionen Waffen in Schweizer Privathaushalten
  • Gegen die Aufbewahrung des Sturmgewehrs in privaten Haushalten hat sich in letzter Zeit vermehrt Widerstand in der Schweiz organisiert. Zu oft wurde bei Familiendramen diese Waffe dafür eingesetzt, um Probleme radikal zu lösen. Die Zeitschrift „annabelle.ch“ lancierte dazu eine Petition:

    Die meisten Morde in der Schweiz geschehen innerhalb der Familie. Fast die Hälfte dieser Bluttaten werden mit Schusswaffen verübt. Bis zu drei Millionen Schusswaffen – Armeewaffen inklusive – lagern in privaten Haushalten. annabelle meint: Waffen gehören nicht in die Familie! In der Herbstsession steht das Waffengesetz im Nationalrat zur Debatte. Deshalb lanciert annabelle die Petition «Keine Schusswaffen zu Hause».
    (Quelle: annabelle.ch)

    Das Foto dazu finden wir extrem gelungen:
    Waffen gehören nicht in die Familie
    (Quelle Foto: annabelle.ch)
    Welch friedliches Bild einer Schweizer Familie!

    In dem Artikel aus annabelle heisst es:

    Rekord bei Familienmorden
    Angesichts dieser ersten Ergebnisse der Nationalfonds-Studie zeichnet sich ein trauriger Rekord ab: Zwar kennt die Schweiz wenig Strassen- oder Gangkriminalität, wie sie in vielen Ländern üblich ist.Doch werden bei uns im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Tötungsfälle mehr Familiemorde begangen als etwa in den USA. Die Opfer sind vor allem Frauen sowie Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, die Täter fast immer Männer.Über die Motive der Täter ist wenig bekannt. Das
    liegt zum einen daran, dass sich viele Männer nach dem Mord an ihrer Familie selbst richten, zum anderen, dass die Akten in diesen Fällen oft zu schnell geschlossen werden.
    (Quelle: annabelle.ch)

    Foto Annabelle
    (Foto annabelle.ch)
    Wir haben dieses Thema auf der Blogwiese bisher ausgespart, wenn in regelmässigen Abständen wieder in den Zeitungen von einem Familiendrama berichtet wurde, bei dem diese Waffen zum Einsatz kamen. Zwar wird dann jeweils betont, dass es sich bei den verwendeten Waffen nicht immer um Sturmgewehre oder Armeepistolen handelte, beruhigen kann diese Feststellung jedoch nicht.

  • Auch bei Selbstmorden werden die Waffen verwendet
  • Auch dies ist eine Zahl, die in der Schweiz gern unter den Teppich gekehrt wird. Es ist ein Tabuthema, vom Selbstmord mit einer Armeewaffe zu sprechen. Wir haben im persönlichen Berufsumfeld erlebt, dass der Sohn eines Kollegen Selbstmord mit seinem Sturmgewehr beging. In den Zeitungen wurde von der Waffe danach nichts geschrieben.

    In annabelle heisst es dazu:

    Auch die hohe Suizidrate in der Schweiz scheint direkt mit der Verfügbarkeit von Schusswaffen zusammenzuhängen.In einer Studie,die im Herbst erscheinen wird,weist Gerichtspsychiater Andreas Frei nach, dass jeder dritte männliche Selbstmörder in der Schweiz eine Schusswaffe benutzt hat, zwei Fünftel davon waren Armeewaffen. Damit hat die Schweiz, zusammen mit Finnland, nach den USAdie zweithöchste Rate an Schusswaffensuiziden in der Welt.
    (Quelle: annabelle.ch)

    Nehmen die Deutschen den Schweizern die Arbeitsplätze weg? — Wie die Schweiz von deutschen Zuwanderern profitiert

    August 29th, 2006
  • Deutsche immer noch auf Platz vier
  • Seit der Liberalisierung durch die bilateralen Abkommen sind ungefähr 40.000 Deutsche in die Schweiz gekommen. Auf die Deutschen entfielen in den vergangen Jahren 56 Prozent der Nettozuwanderung, auf die ganze Schweiz bezogen rangieren sie mit 161’564 Personen immer noch auf dem vierten Platz hinter Italienern, Serben/Montenegrinern und Portugiesen.

    Wir lasen in der FAZ (Frankfurter Allgemeinen Zeitung) vom 7.8.06 in einer Analyse von Konrad Mrusek:

    Die Personenfreizügigkeit mit der EU war anfangs umstritten. Man fürchtete, Ausländer würden den Schweizern Stellen wegschnappen, die Löhne drücken und die Arbeitslosigkeit erhöhen. Diese Furcht war besonders gross, als 2004, zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Vertrags, auch der Inländervorrang entfiel. Dieser hatte die Einstellung von Ausländern zuvor nur erlaubt, wenn es für die Stelle keinen Einheimischen gab.
    Die Ängste waren offenbar unbegründet, wie jüngst ein zweiter Zwischenbericht des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und des Bundesamtes für Migration zeigte.
    (…)
    Eine Verdrängung von Schweizer Arbeitskräften gab es bisher nicht. In jenen Tätigkeiten, in den mehr Ausländer eingestellt wurden, nahm auch die heimische Beschäftigung zu.
    (Quelle: FAZ vom 7.8.06)

    Was nicht ausschliesst, dass im Wettbewerb um eine Stelle ein Schweizer Kandidat in unmittelbarer Konkurrenz zu einem Bewerber aus Süddeutschland das Nachsehen haben konnte. Der „Inländervorrang“ war hier bisher eine Schutzklausel, die es nun so nicht mehr gibt. Die Wirtschaft sucht sich den besten Bewerber aus dem Angebot heraus, der dann auch noch zu den günstigsten Konditionen zu arbeiten gewillt ist. Aber keine Angst, auch hier werden Angebot und Nachfrage die Lohnfrage über kurz oder lang regeln.

  • Kommt der Aufschwung durch die Deutschen?
  • Konrad Mrusek schreibt weiter:

    Die Schweiz, in den neunziger Jahren noch europäisches Schlusslicht, erzielt seit zwei Jahren höhere Wachstumsraten als Deutschland. Für 2006 erwarten Optimisten ein reales Wachstum von 3 Prozent. Bisher wurde kaum diskutiert, ob neben dem Exportschub auch die Zuwanderung gut ausgebildeter Ausländer das Wachstum beschleunigen half. Die Zurückhaltung ist verständlich: Es würden den Schweizer Stolz beeinträchtigen, wenn man feststellte, dass ausgerechnet die Deutschen die Wirtschaft produktiver machten.

    Also wollen wir diesen Gerüchten tunlichst keine zusätzliche Nahrung liefern und jede Art von Vermutung in diese Richtung verschweigen. Sehen wir es einfach pragmatisch:
    Gesteigerte Produktivität bedeutet höheren Umsatz und höhere Gewinne, die vielleicht auch höher sind, weil die zugezogenen Fachkräfte aus Deutschland günstiger arbeiten?

  • Die Ausbildung wurde von Deutschland bezahlt
  • Ein weiterer Faktor in dieser Gewinn & Verlust Berechnung sind die Kosten der Ausbildung. Ein Medizinstudium in Deutschland kostet ein paar Hundertausend, bezahlt von deutschen Steuerzahlern. Die in Deutschland ausgebildeten Fachkräfte bringen ihr Wissen und ihren Ausbildungsstand kostenfrei mit in die Schweiz. Ein Faktor, über dessen finanzielle Auswirkungen jetzt auch in Deutschland nachgedacht wird. Ein Hochschulstudium ist in Deutschland für jeden Studenten bis auf geringe Gebühren so gut wie kostenfrei. Je mehr Mediziner nach ihrer Ausbildung Deutschland verlassen, desto grösser wird dieses Verlustgeschäft für den deutschen Staat.

    In der FAZ heisst es dazu:

    Der Ökonom Hans-Peter Hausheer von der Grossbank UBS hält den Zusammenhang zwischen höheren Qualifikation der Migranten und höherem Wachstum für plausibel. „In ökonomischer Hinsicht hat das für mich eine gewisse Logik“.

    Die Seco-Studie verrät auch, dass es besonders bei Akademikerstellen einen parallelen Zuwachs gab:

    Hier hat sich die Zahl der Schweizer um 27’000 erhöht, die der EU-Ausländer um 9’000. Nur in die Riege der Führungskräfte schafften es die Ausländer bisher nicht: die 1’000 zusätzlichen Stellen in dieser Kategorie gingen allein an Eidgenossen.

    Tiefes Uffschnuufe, oder Einatmen, je nach Sprachvariante! Die Kaderstellen bleiben also in Schweizer Hand (darf man sagen „Schweizerhand“?)!

    Faktisch bleibt nicht viel übrig von der Befürchtung, dass alle Kaderstellen nach und nach von Deutschen eingenommen werden. Ausreisser ist in dieser Statistik die hohe Ausländerquote unter Konzernchefs: Nestlé führt ein Österreicher (Peter Brabeck) und Credit Suisse ein Deutscher (Oswald Grübel).

    Werde Sniper schon ab 12 — Jugendschiessen im Zürcher Unterland

    August 28th, 2006
  • Werde Sniper schon ab 12
  • Unsere Tochter erhielt eine Einladung zum 53. Zürcher Unterländer Jugendschiessen am 2./3. September 2006. Unsere Tochter ist ein friedlicher Mensch, und eine Waffe hat sie bislang noch nicht in der Hand gehalten. Wir wissen, dass in der Schweiz jeder wehrfähige Mann so ein Ding im Schrank stehen hat, oder im Keller, denn dort haben wir sie schon rumstehen sehen, diese Hochpräzisions-Sturmgewehre, mit denen man auf 300 Meter einen Apfel treffen und auf 1’000 Meter den Kofferraumdeckel eines Autos durchschlagen kann. Wichtige Fähigkeiten, die schon von früher Jugend an trainiert werden müssen. Neuerdings schon ab 12 Jahren, auch für Mädchen:

    Willkommmen beim Zürcher Unterländer Jugendschiessen!
    Ein Interessanter Anlass. Bist Du zwischen 12 uns 16 Jahre alt? Dann kannst Du dabei sein! Nimm Deine Kollegen mit und bilde eine Gruppe. Eine Gruppe besteht aus 3 Schützen. Diese können aus allen Bezirken und Orten induviduell zusammen gestellt werden. Natürlich darfst Du auch als Einzelschütz mitmachen.
    Und nicht vergessen; Ab diesem Jahr darfst Du bereits mit 12 Jahren dabei sein.
    (Quelle: zu-jugendschiessen.ch)

    Natürlich ist Schiessen ein interessanter Sport, und es gibt auch in Deutschland auf dem Land fast überall neben dem Karnickel- und Kleintierzüchterverein einen Schützenverein, in dem sich jedes Jahr beim Schützenfest lustig bedresste Männer um die Ehre streiten, den Holzadler von der Stange zu schiessen.
    Schützenfest in Deutschland
    (Foto Quelle Schützenfest)

    Wem dies gelingt, den nennt man „Schützenkönig“, und der darf dann das Bier für alle bezahlen. Darum wird der zumeist vorher ausgeguckt, und wenn er dann schiesst, der ausgewählte Schützenkönig, wird kräftig mit dem Hammer von hinten nachgeholfen, dass der Adler dann auch fällt. Etwas billiger ist es, nur die Flügel links und rechts abzuschiessen. Beim Triumphzug am Ende des Schützenfestes werde diese als Trophäe mit dem Namen der Schützen versehen durch das Dorf getragen.
    Schützenkönig mit Adlerfigur
    (Foto Quelle Schützenkönig)

    In der Schweiz ist das anders, da schiesst auch die Jugend schon mit teuren Hochpräzisionsgewähren, wie wir auf diesem Bild erkennen können:
    Jugendschiessen

    Ja, wir wissen, das Schiessen hat eine ganz andere Tradition in der Schweiz als in Deutschland. Wenn ein Schweizer Jugendlicher mit Sturmgewehr in der Hand auf einem Schützenfest in einem niedersächsischen Dorf auftauchen würde, käme es sicher sehr schnell zu einem Grossaufgebot von Spezialeinsatzkräften der Polizei, denn diese Waffe sieht nicht ganz so aus wie die Jagdgewehre, mit denen die Schützen sonst auf den Holzadler zu schiessen pflegen.

    Licht an, Licht aus — Autofahren mit Licht in der Schweiz

    August 27th, 2006
  • Licht an, Licht aus
  • Wer in die Schweiz zieht oder als Tourist in der Schweiz unterwegs ist bemerkt es schnell auf den Strassen: Hier fährt man gern mit Licht, auch am Tage. Was wir in Deutschland nur als Vorschrift für Motorradfahrer (Schweizerdeutsch „Töfffahrer“, mit drei „f“) kannten, um deren Verkehrssicherheit und Erkennungsrate zu steigern, ist in der Schweiz Usus auch für jeden motorisierten Verkehrsteilnehmer. Zum einen ist es ein ein Stück weit Faulheit, denn in manchen Gegenden oder auf bestimmten Strecken kommt man vor lauter Unterführungen, Tunneln, Galerien etc. gar nicht immer dazu, das Licht ständig wieder auszuschalten, so oft wie es angeschaltet werden muss. Natürlich sind all diese Tunnel und Strecken mit „Deckel“ oben drauf auch am Tag gut ausgeleuchtet, aber es erhöht die Verkehrssicherheit, hier das Licht angeschaltet zu lassen.

  • FLT ist kein Kürzel für einen Flughafen
  • So wunderte es uns nicht, dass „Fahren mit Licht am Tag“, kurz „FLT“ in der Schweiz gesetzlich verankert wurde:

    Ab Januar 2002 wird die Verkehrsregeln-Verordnung (Art. 31 Abs. 5) um eine neue Soll-Vorschrift ergänzt, wonach alle Motorfahrzeuge auch am Tag das Licht einschalten sollen: “Fahren mit Licht am Tag” (FLT). Ziel ist, zunächst auf freiwilliger Basis, später verpflichtend, dass nur beleuchtete Fahrzeuge unterwegs sind. Begründet wird die Massnahme mit der Erhöhung der Verkehrssicherheit.
    (Quelle: fussverkehr.ch)

    Diese Regelung hat von Seiten der organisierten Fussgänger der Schweiz keine Gegenliebe gefunden, sie sehen die schwächsten Verkehrsteilnehmer hier im grossen Nachteil:

    Mehr Schaden als Nutzen für die Fussgängerinnen und Fussgänger
    Fussverkehr Schweiz hat die begründete Vermutung, dass FLT den zu Fuss Gehenden mehr schadet als nützt: Fahrzeug Lenkende beachten andere Fahrzeuge mit Lichtern stärker als die zu Fuss Gehenden. Unbeleuchtete verschwinden im “Lichtermeer”. Die Summe aller Wahrnehmungen im Verkehr wird durch FLT nicht erhöht, das heisst die Wahrnehmung der Fussgänger durch die Autofahrer wird insgesamt schlechter.
    (Quelle: fussverkehr.ch)

    Da hilft nur eins: Beleuchtung auch für Fussgänger vorschreiben!

  • Boom boom, out goes the light in England
  • Dies ist ein alter Blues-Song der amerikanischen Blueslegende Little Walter, der von von etlichen Musikern nachgespielt. Hier gibt es ein Hörbeispiel.

    Wir mussten an diesen Song denken, als wir in diesem Sommer mit dem Auto in England unterwegs waren. Hier herrscht die Devise, dass das Fernlicht nur in tiefster Nacht angeschaltet werden braucht. Der britische Autofahrer fährt ohne Licht, auch durch sämtliche Tunnel. Solche Tunnel führen in England nicht durch die spärlich vorhandenen Berge, sondern sie unterqueren die zahlreichen Buchten, Flüsse und „mouthes“ von Flüssen. Tunnel unter der Themse, Tunnel unter dem Mersey bei Liverpool, Tunnel unter den Tyne bei Newcastle, Tunnel und dem Hull bei Kingston. Meistens kosten diese Tunnel 3-6 Franken Mautgebühr und sind nur sparsam beleuchtet, was die britischen Autofahrer aber jetzt nicht dazu veranlasst, ihrerseits ihr Licht anzuschalten.

    Hier die Tunnelausfahrt des Mersey-Tunnels bei Liverpool.
    Mersey Tunnel ohne Licht
    Von sechs Fahrzeugen haben drei kein Licht an, ein Mini fährt mit Standlicht, und nur die Volvos fahren mit Licht, denn bei denen schaltet es sich automatisch ohne Zutun des Fahrers ein.

    Schilder, wie wir sie aus Deutschland oder der Schweiz kennen, die einen dazu auffordern, das Licht an oder auszuschalten, sucht man vergebens.

  • Für die Briten bedeutet mit Standlicht fahren Strom sparen
  • Wenn es ganz arg wird mit Nebel, Sprühregen oder der Abenddämmerung, schaltet der ein oder andere dann beherzt sein Standlicht ein. Muss reichen, solange man die Stossstange des voraus fahrenden Autos noch erkennen kann. Zum Ausgleich wird das so gesparte Benzin dann verpulvert, wenn auch bei Stillstand des Fahrzeugs während einer Pause der Motor laufen gelassen wird. Dabei kostet der Liter Benzin in Grossbritannien fast ein Pfund, d. h. 2.33 CHF

  • Licht aus, Spot an
  • In Deutschland haben wir das „FLT“ noch nicht erlebt, aber es wird sicherlich auch dort kommen. Dann heisst es auch dort: „Licht aus, womm, Spot an, jaaa!“. Die älteren Leser werden diesen Satz aus der Deutschen Fernsehgeschichte kennen, er wurde von Ilja Richter in der Kultsendung „Disco“ (lief von 1971-82) geprägt:

    Alle vier Wochen lockte die Sendung die deutsche Jugend vor die Bildschirme. Seine Sprüche („Licht aus, womm, Spot an, ja …“) sind zu geflügelten Worten geworden. Disco erreichte Traumeinschaltquoten. Wegen des großen Erfolgs kam die Sendung bald ins Abendprogramm. Das Außergewöhnliche an der Sendung war, dass Interpreten völlig unterschiedlicher Musikrichtungen (Schlager, Pop, Rock) nacheinander auftraten. Aufgelockert wurde das Programm von Einspielungen vorher aufgezeichneter Sketche, in denen Ilja Richter zusammen mit einem prominenten Gast auftrat. Während seiner Disco-Zeit hatte Ilja eine mehrjährige, vor der Öffentlichkeit verborgene Liebesbeziehung zu der Sängerin Marianne Rosenberg.
    (Quelle Wikipedia)

    Ilja Richter damals:
    Ilja Richter früher
    und heute:
    Ilja Richter heute
    (Quelle Foto: daserste.de)