Bei den Schwiizlis in Berlin — Unterwegs in der Hauptstadt der Deutschen. Der Deutschen?
Vor einiger Zeit machen wir einen längeren Besichtigungstrip nach Berlin, die Stadt der Schweizer. Kaum stiegen wir aus dem frisch designten Hauptbahnhof, sahen wir bereits die erste Schweizer Flagge:
Ja, es ist die Schweizer Botschaft, als einziges Gebäude auf dem Gelände zwischen dem heutigen Bundeskanzerlinnenamt und dem Deutschen Reichstag.
Aber deutliche Spuren von Schweizer sahen wir noch mehrfach, zum Beispiel diese Ansichtskarte, zu kaufen bei einem Kiosk auf der Prachtstrasse „Unter den Linden:“
In was der Absender dieser Postkarte wohl verliebt ist? Doch nicht etwa in die Stadt Berlin?
Oder dieses merkwürdige Kreuz aus roten und weissen Luftballons mitten in Berlin Mitte. Ist das hier vielleicht ein geheimer Schweizertreffpunkt?
Dann trafen wir die „Schwiizlis“ in Berlin.
Sie stellen sich im Internet so da:
Was sind schwiizlis?
* Schwiizlis sind selbständige und kreative Schweizerinnen und Schweizer in Berlin.
* Schwiizlis haben einen Schweizerpass, eine Postkarte, eine Webseite und einen BLog.
* Schwiizlis sprechen mal mehr, mal weniger hochdeutsch.
* Schwiizlis essen gerne Rösti und Thailändische Reistafel, Nussstängeli und Mövenpickeis und freuen sich über die zunehmenden Marronistände im Winter.
* Schwiizlis haben oft Besuch aus der Schweiz. Sie lernen dann immer wieder ein neues Stück Berlin kennen. Zum Beispiel die Aussicht vom Fernsehturm, denn Schwiizlis lieben Panoramen.
* Schwiizlis sind spontan und unbürokratisch.
* Schwiizlis sind offen, tolerant und nicht immer neutral.
* Schwiizlis lieben die Ironie, das Spiel mit den Klischees und meinen es auch manchmal ernst.
* Schwiizlis treffen sich einmal im Monat und freuen sich auf weitere Schwiizlis.
(Quelle: Schwiizli.de)
Na na, ob die alle eine B-Bewilligung haben? Und sich auch ja so wie Gäste benehmen? Kein Böller am 1. August abfeuern und so, keine Ruhestörung im Gastland, oder?
Vor dem Heimflug vom Flughafen Tegel aus wollte man uns das hier als Souvenirs und Mitbringsel aus Berlin andrehen. So merkwürdige dreieckige Schokoladestangen und Lindt-Schokolade. Oder nachgeahmte Milchkannen mit Schweizerkreuz drauf. Ob das überhaupt jemand mag in der Schweiz? Wir haben es dann doch besser stehen gelassen.
Juli 22nd, 2008 at 7:47
nein, wie süss …. (nicht die Schokolade)
Juli 22nd, 2008 at 9:45
Aber Vorsicht! Berlin ist eine grosse Stadt!
Juli 22nd, 2008 at 10:07
… und freuen sich über die zunehmenden Marronistände im Winter.
Freude herrscht!!
Juli 22nd, 2008 at 10:08
Aufgrund der hier in der Blogwiese schon oft geschilderten Verwechslung zwischen Sanität/erste Hilfe (rotes Kreuz auf weissem Grund) und Schweiz (äh, wie nun schon wieder? Ah ja, etwa so wie die Stadt Wien, Dänemark und Savoyen, aber nicht bis zum Rand), gehe ich davon aus, dass die Postkarte (die vermutlich in den USA gedruckt und in verschiedene Sprachen übersetzt wurde) auf ein Sanitätskreuz abzielt. Das würde erst noch besser zum Text passen.
http://www.blogwiese.ch/archives/312
So ist die Skulptur aus aufgeblasenen Ghüdersäcken zweier verschiedener Schweizer Gemeinden (es gibt sicher Gemeinden in denen die offiziellen Säcke mit inbegriffener Sackgebühr nicht nur die mir bekannten Grau- Blau- und Gelbtöne führen) natürlich alles andere als geheim, sondern der auffällig und von weitem sichtbare Erste-Hilfe-Posten eines Open-Air-Konzerts. Da das gesamte medizinische Personal Deutschlands unterdessen in der Schweiz weilt, zeichnet sicherlich ein aussereuropäischer Sanitäter für die künstlerische Gestaltung dieses Werks verantwortlich. Oder aber, es ist viel profaner: der Azubi hat die Säcke je Farbe in der jeweils verkehrten Menge bestellt.
Weder von der Ansichtskarte noch von der Güselsackskulptur wird sich wohl ein Schweizer angesprochen fühlen. Man sieht nämlich schon von weitem, dass es kein richtiges Schweizer Wappen ist. Alle Helveten haben sie nämlich in der Primarschule gelernt, dass die Arme des Kreuzes um ein Sechstel länger als breit sind, sofern sie dies nicht schon wieder vergessen haben. Nachhilfe gibt es auch im Net:
http://www.blogwiese.ch/archives/384
Juli 22nd, 2008 at 11:38
Also ich finde wir übernehmen Berlin irgenwie schleichend. Mittels Schokolade und Ballonen.
Juli 22nd, 2008 at 12:44
Von wegen schleichend … http://www.schweiztag.de … selbst hüpfend mittels Geissen!
Juli 22nd, 2008 at 12:51
Und von wegen Geissen … erst Recht blöckend mittels Schafen!
http://www.schwiizli.de/chumm-sassassaa-die-herde-2008/#more-174
Juli 22nd, 2008 at 13:22
Ich wohn zwar nicht in Berlin, aber auch bei uns in Ostwestfalen findet man das Schweizerkreuz. So wurden zuletzt bei einem der örtlichen Discounter vor einigen Woche eine Reihe von typischen oder scheinbaren schweizer Dingen angeboten. Das Highlight war aus meiner Sicht die Unterwäsche mit Schweizerkreuz drauf. 🙂
Juli 22nd, 2008 at 14:52
Stinkfrech diese Botschaft. Dazu passt die Eisenskulptur auf der Seite Neubau: „Zmitzt“. Treffender kann man das nicht ausdrücken.
Juli 22nd, 2008 at 15:32
Cüpplis und Bettmümpflis hani gär.
Fränkli = ein deutscher versucht sich am Schweizerdeutschen
Juli 22nd, 2008 at 16:20
Insgesamt mache ich mir schon ziemlich grosse Sorgen um die Schweizer in Berlin. Nicht nur, weil die Stadt so gross ist, sondern weil mit der sprichwörtlich gewordenen „Berliner Schnauze“ auch Restdeutschland ein Problem hat. „Ick gehe raus und kicke. Und wer steht draussen? Icke!“ Ich weiss zwar nicht, von wem dieser berühmte Spruch stammt, aber Helvitianer fühlen sich von einer solchen Direktheit bestimmt schnell überrumpelt…
Juli 22nd, 2008 at 17:31
Ick sitze da und esse Klops. Mit eenmal klopt’s.
Ick kieke hoch und wundre mir, mit eenmal jeht se uff die Tür.
Ick stehe uff und denk nanu, jetzt is se uff, erst war se zu.
Ick jehe hin und kieke: und wer steht draußen – icke!
Bloß keine Sorgen machen!
Davon fühl ick mir jar nich überrumpelt –
eine Berliner Schwiizli
Juli 22nd, 2008 at 17:43
Man darf sich von der scheinbaren Harmlosigkeit hier nicht überrumpeln lassen. Aufmerksame Beobachter werden nun erkennen, dass die eigentlche Gefahr der Ueberfremdung Deutschlands ganz offensichtlich von der Schweiz ausgeht. Dank Herrn Wiese konnte hier eine uebermässige Zunahme der fremden Einflüsse in Form von fremden Landessymbolen nachgewiesen werden. Der Kampf gegen die Ueberfremdung ist eine Aufgabe von nationaler Bedeutung. Offenbar kann man sich in der bundesdeutschen Hauptstadt schon nicht mehr bewegen, ohne ewig ein Schweizerkreuz wahrnehmen zu müssen. Dies aber bedroht die nationale deutsche Eigenart, welche die wichtigtse Grundlage unserer staatlichen Eigenständigkeit ist. Gerade schildertragende Ausländer passen nicht in unser Strassenbild. Wir haben ohnehin Schilderkriege nicht gerne…
Zunächst sollte als legitimes Abwehrdispositiv die für Helvetien kostenpflichtige Rücknahme von Schokladengütern aller Art ernsthaft geprüft werden. Notfalls könnte bei weiterer Klimaerwärmung eine Bodenanhebung der rheinischen Tiefebene ueber Alpenniveau durchgeführt werden, um dann die geschmolzene Schokolade zurückfliessen zu lassen.
Juli 22nd, 2008 at 19:26
@Animei:
Viiiiiieeeeeeeeeeelen Dank! Jetzt ist der Spruch vollständig! Die sekundäre Quellenberufung („Es wurde gesagt…“) zieht leider Ungenauigkeiten nach sich.
@Neuromat:
Wenn die Schokolade in die Schweiz zurückfließt, muss sie dort gegessen werden. Dadurch reduziert sich die Landesgesundheit in der Schweiz, sowohl bei der einheimischen Bevölkerung als auch bei den Inhabern diverser Bewilligungen. Berlin (und hier meine ich speziell Kreuzberg, von dem es schon Statistiken über den hohen Diabetikeranteil gibt) würde von jetzt auf gleich gesunden…Ist diese Entwicklung angedacht?
Juli 22nd, 2008 at 23:39
@ neuromat
Geniale Idee, die Schokolade in die Schweiz zurückfliessen zu lassen. Anstatt der Erhöhung der Rheinebene schlage ich allerdings vor, die Schweiz zu vertiefen. Die lieben Nachbarländer würden das Projekt mit Begeisterung mittragen, wenn man es ihnen unter dem Titel «Erniedrigung der Schweiz» verkaufen würde. Der dafür erforderliche Abbruch der Alpen würde sämtliche Arbeitsplatzprobleme in Europa auf unabsehbare Zeit hinaus lösen. Im Nachhinein würde zudem eine zentrale Forderung der Zürcher Jugendbewegung der 1980er Jahre erfüllt: «Nieder mit den Alpen, freie Sicht aufs Mittelmeer!» Die Volksgesundheit hierzulande würde gefördert, denn Schokolade ist – entgegen anders lautenden Gerüchten – gesund, wie ein bahnbrechender Artikel in einer führenden ausländischen Forschungsplattform beweist:
http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/geniessen/schoko-tipps/gesund-naschen_did_11371.html
(Nur so am Rande: Schoggigenuss wirkt hochgradig politisch. Derselbe Text meldet auch, Schokolade bändige «die gefürchteten freien Radikalen». Man sollte also radikale Freiheitsjunkies von Politsekten wie SVP, PNOS, ANUS etc. auf Schokolade «umpolen». Die erwähnten Vereine würden sich auflösen, und alles wäre wieder gut.)
Juli 23rd, 2008 at 13:27
Nun, die Entwicklung einer sich reduzierenden schweizerischen Volksgesundheit ist natürlich nicht angedacht, nur weiss im Moment niemand, wer diese „freien Radikale“ eigentlich sind. Würde man die Betonung auf frei legen, fänden sich etliche Helvetier, die dies für sich in Anspruch nehmen würden. Andererseits sind die freien Radikale alles mögliche schuld, womit es sich dann doch eindeutig um Ausländer, und im speziellen vielleicht sogar um Deutsche handeln muss, zumindest solange es sich um frei Radikale in der Schweiz handelt.
Freie Radikale sind zudem aggressiv. Sie gelten als sehr reaktionsfreudig. Sie entreißen anderen Verbindungen ein Elektron oder geben eines ab, wodurch Kettenreaktionen ausgelöst werden und neue Radikale entstehen. Aber wir brauchen diese Dinger, die keiner so genau kennt, denn wir brauchen für vieles Sauerstoff.
Oxidation heisst das Zauberwort. Das passiert dann, wenn ein Elektron abgegeben wird und die freien Radikale habe nur eines. Daher versuchen sie immer irgendwo anders eines zu bekommen. Also nehmen wir mal an, ich will einen Tunnel bauen und habe keine Tunnelarbeiter, möchte ein Restaurant betreiben brauche aber Kellner, unterhalte Spitäler, aber ohne Pflege- und ärztliches Personal oder auch eine Buslinie ohne Fahrer. Dann fehlt mir da so ein Elektron und das entreisse ich dann anderen, denen fehlt dann eines und sie nehmen es sich auch irgendwo, das wäre dann die Kettenreaktion. Möglicherweise sind es also doch Schweizer.
Nur warum Schokolade jetzt gesund sein soll, habe ich nicht verstanden. Da muss es dann um die Antioxidantien gehen. Da dachte ich immer, das seien die Vitamine. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Schokolade „gesund“ ist. Die Deutschen essen am meisten Schokolade und die sind bekanntlich ja alle krank. Die sind so krank, dass sie sogar schon ein krankes Gesundheitssystem haben. Zumindest sagen sie es handele sich um einen Patienten. Die Schweizer müssen aber immer alles nach machen, essen auch viel Schokolade und behaupten jetzt auch das Gesundheitssystem sei krank. Muss dann doch wohl an der Schokolade liegen.
Was die schweizerische Tieferlegung anbetrifft, so könnte man dies vielleicht in einer Autowerkstatt vornehmen lassen. Einwände ergeben sich jedoch im Hinblick auf visuelle Kommunikationsmöglichkeiten, da von schweizerischer Seite sehr gerne betont wird, dass allfällige Auseinandersetzungen auf „Augenhöhe“ stattfanden und -finden. Daher ist davon auszugehen, dass die etwa 100 Millionen Jahre in Anspruch nehmende alpidische Gebirgsbildung, in der Lage war einen marginalen Grössenunterschied der Bevölkerungen und Kommunikationspartner auszugleichen. Würde man nun die Schweiz auf Meeresspiegelhöhe absenken, so würden die nördlichen Nachbarn direkt – wie das so deren Art ist – mit den südlichen Nachbarn kommunizieren, gewissermassen über die Köpfe der sich selbst gelegentlich der hunnischen oder auch wieder römischen Abstammung bezichtigenden Helvetier hinweg.
Ein erster Versuch scheiterte bereits. In der Nähe von Basel entstand ein riesiges Bohrloch, in welches die Schweiz eingefüllt werden sollte. Dieser Versuch musste kläglich scheitern, da sich die inneren Erdschichten heftigst zur Wehr setzten und bei Bekanntgabe des Plans in Unruhe gerieten. Dass sich hier niemand etwas aus den Fingern saugt, kann daran abgelesen werden, dass vergleichbare geologische Eskapaden schon Eingang in die Schweizer Literatur fanden. Daher sollte dieser Comment entsprechend ernst genommen werden.