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400 Deutsche Turnerinnen und Turner müssen aushelfen bei der EM-Eröffnungsfeier

  • Die Welt schaut auf Basel
  • Am 7. Juni findet in Basel ein sportliches Grossereignis statt, das international Beachtung in den Medien finden wird. Wie bei solchen Massenveranstaltungen üblich, werden viele Fahnen und Fähnchen geschwungen, Musik wird gespielt, und Massen bewegen sich von links nach rechts über den Rasen. Nein, die Rede ist nicht vom nächsten Schwingerfest beider Basel, auch das Eidgenössische Jodlerfest und das Steinestossen sind dann bereits gelaufen. Die Rede ist von der Eröffnung der EM 2008. Schweizer haben da leider keine Zeit für, die müssen zu dieser Zeit beim „Public Viewing“ Bier verkaufen oder sind nach Österreich gefahren, keine Ahnung, jedenfalls fehlen ein paar hundert turnbegeisterte Schweizer für die geplante Choreographie. Was tun? Gibt es da nicht ein Nachbarland mit freundlichen Menschen, die für niedrigen Lohn und viel Ehr bereit sind, alles zu tun in Helvetia? Dramen schreiben über Nationalhelden oder Nati-Fussballer trainieren inklusive.

  • Die fangen ja früh an mit üben
  • Aus Freiburg im Breisgau erreichte uns diese interessante Mitteilung des Badischen Turner-Bunds e. V. Es ist nicht „Baden“ im Kanton Aargau gemeint, sondern der erste Teil von Baden-Württemberg:

    Knapp sieben Wochen vor dem Start der Fußball-Europameisterschaften in der Schweiz und Österreich suchen die Organisatoren der EURO 2008 noch Mitwirkende für die Eröffnungsfeier. Vor dem ersten EM-Spiel am Samstag, dem 7. Juni 2008, zwischen Gastgeber Schweiz und der Tschechischen Republik ist im Baseler St. Jakob-Stadion mit 800 Männern und Frauen eine Eröffnungsshow geplant. Alle Mitwirkenden gestalten gemeinsam ein großes Gesamtbild auf dem Rasen. Gesucht werden noch 400 Frauen und Männer ab 18 Jahre, die Spaß an der Bewegung und choreographischer Gestaltung haben. Hierzu finden mehrere Probetermine in Basel statt, wobei jeweils ab Freiburg ein Bustransfer vorgesehen ist. Der zuständige Regisseur Martin Arnaud hat für die gemeinsame Vorführung aller Mitwirkenden eine zwölfminütige Choreographie gestaltet, die weltweit im Fernsehen übertragen wird. Eine Mitgliedschaft in einem Turnverein ist keine Voraussetzung.
    (Quelle: Badischer Turnerbund.de)

    Das Basler St. Jakob Stadion
    (Quelle Foto: Basel.ch)

    Nicht einmal Turner muss man sein, nur freiwillig mehrfach nach Basel jetten und dann dort rumhüpfen auf Schweizer Kommando. Das Spiel dürfen die Teilnehmer nicht angucken danach, aber eine Mahlzeit gibt es als Dank. Warum fragen die Basler nicht die Zürcher Zünfte? Genug Mannen haben die ja, wie wir vom Sechseläuten her wissen. Und wer gut zu Pferd ist, kann doch auch zu Fuss ein paar Choreographien mitmachen, oder?

  • 56’000 Turner, und keiner kommt
  • Wieviele Einwohner hat die Schweiz? Wieviele davon sind in Turnvereinen organisiert? Beim letzten Eidgenössischen Turnfest in Frauenfeld im Juni 2007 kamen 56‘000 Turnerinnen und Turner. Genug, um das Basler St. Jakob-Stadion abzufüllen. Aber für die Eröffnungsfeier müssen Badische Turner angekarrt werden.

    Stefan Hupka von der Badischen Zeitung in Freiburg kommentiert genüsslich:

    Unversehens sehen sich Hundertschaften badischer Turner heftig aus der Schweiz umworben, um am 7. Juni dort die lichten Reihen der Einheimischen zu füllen. Es winkt als Honorar ein warmes Essen. Gewiss ist es nicht einfach, genug Bewegungswillige zu rekrutieren in einem Land, wo Kantone Solothurn heißen. Den Ausschlag aber gab wahrscheinlich etwas anderes: die aus helvetischer Sicht sicher lustvolle Vorstellung, dass endlich einmal größere Ansammlungen Deutscher ihr vorlautes Mundwerk hüten und nach einer Schweizer Pfeife tanzen. Doch die Stunde der Revanche naht: Im Spätsommer wechselt der Deutsche Ottmar Hitzfeld als neuer Fußballnationaltrainer in die Schweiz — samt Trillerpfeife. Das ist dann ausgleichende Gerechtigkeit.
    (Quelle: Badische Zeitung 22.04.08)

  • Dann noch 500 Polizisten
  • Die Turner sind nicht nicht die einzigen Aushilfen, die aus Deutschland anreisen. Auch Polizisten aus Baden-Württemberg werden ausgeliehen:

    Baden-Württembergs Landespolizeipräsident Erwin Hetger hat den schweizerischen Sicherheitskräften während der Euro die Unterstützung durch deutsche Polizisten zugesagt; die Kosten für ihren Einsatz trägt die Schweiz. Bis zu 500 Beamte, vorwiegend Bereitschaftspolizisten, werden an den jeweiligen Spieltagen nach Basel und Zürich reisen.
    (Quelle: Badische Zeitung 22.04.08)

    Aber danach alle wieder heimfahren und bloss nicht auf die Idee kommen, gleich bei der Schweizer Polizei um einen Dauerjob zu bitten. Das dürfen nur ausgebildete Bus- und Strassenbahnfahrer(innen) aus Deutschland, die in Zürich oder Basel als Tram-Chauffeusen und Chauffeure angestellt werden.

  • Anmelden bitte bald
  • Bis zum 27. April läuft noch die Anmeldung. Wer also aus dem armen von Steuern und Wirtschaftskrisen geplagten nördlichen Nachbarland stammt und sich am Samstag, den 7. Juni eine warme Mahlzeit verdienen möchte (Erbsensuppe mit Brot oder Brot mit Erbsensuppe, auch bei den Proben zuvor gibt es etwas zum Essen), der klicke auf diesen Anmeldeknopf. Polizeiliches Führungszeugnis, eine aktuelle Betreibungsauskunft und einen gültigen Reisepass für die Ausreise aus der EU unbedingt mit einstecken, bevor Sie den Schweizer „Car“ nach Basel besteigen, der in Freiburg am ZOB = Zentraler Omnibusbahnhof auf Sie wartet.

    

    15 Responses to “400 Deutsche Turnerinnen und Turner müssen aushelfen bei der EM-Eröffnungsfeier”

    1. Elli Says:

      oh oh… Baden im Kanton Zürich? Wie lange bist du schon in der Schweiz? Und du warst noch nie in der wunderschönen Altstadt von Baden im Kanton Aargau? Und soviel ich weiss, ist unser aargauisches Baden immer noch das einzige in der Schweiz 🙂

      Geh und sieh es dir an einem warmen und sonnigen Tag an! Ich verspreche dir, die Altstadt mit der darüberthronenden Burg wird dir gefallen 🙂

      Da chasch luäge: http://www.imagesoftheworld.org/baden/

    2. Adrian Says:

      Es ist nicht “Baden” im Kanton Zürich gemeint — Au, das tut einer Zürcher Seele aber sehr weh!

      [Anmerkung Admin: Jau, recht hast Du. Ich war plötzlich unsicher, ob das noch in Zürich oder schon im Aargau liegt, fragt jemand, der sich offensichtlich nicht auskannte, und erhielt die Antwort Zürich… musste prompt schief laufen. Ja, wir waren dort schon. Sehr hübsch, ausgezeichnetes Kunstmuseum. Mit dem Velo gut zu erreichen. Kann man sogar mit dem Boot hin, die Limmat runter. ]

    3. Thomas Says:

      Baden lohnt sich auch wegen der ‚Badenfahrt‘. Die nächste wird aber wohl erst wieder in 7 Jahren oder so stattfinden..

    4. boby Says:

      Die bestimmte Ecke des Vierwaldstättersees gibt es wirklich. Von Gersau mit dem Schiff in Richtung Luzern, beim passieren der schmalen Stelle liegt Vitznau vor Dir. Im Hintergrund der Pilatus, bei guter Sicht – bei Föneinbruch einmalig – von Gersau bewundern kann.Dann vergisst man rüsseln! Kommt etwas verspätet.

    5. Neuromat Says:

      „Die Kleinstadt Baden ist heute sowohl eine industriell-urbane Siedlung in der Grossagglomeration von Zürich mit modernen städtebaulichen Akzenten, wie auch ruhiger Thermalkurort und kulturelles Zentrum – eine Stadt der Gegensätze.“

      So wirbt die Aargauerin, so wirbt der Aargauer! Längst wissen dies selbst nicht mehr ob sie nicht doch heimliche Zürcher sind, zumindest sind sie Grossagglomeranten.

      Darum auf nach Basel (ist eh besser) 😉

    6. solanna Says:

      Ja die vielen Schweizer Turner. Warum nur wollen sie sich nicht an der Super-Euro produzieren?

      Weil sie Turner und nicht Tschütteler sind!

    7. Neuromat Says:

      Das mit den TurnerInnen ist sowieso langweilig. In ein Vorprogramm einer solchen Grossveranstaltung gehört der Schweizer Vierkampf:
      Jassen, Jodeln, Hornussen, Schwingen
      Alles andere ist Mumpitz. Moderiert wird das ganze von Mister und Miss Schweiz, Tenue Segelnation, Badebekleidung nur aufgemalt.
      Das gäb einen spanischen Architekten, wie noch nie dagewesen. Völlig versäumt, ja noch nicht einmal angedacht wurde die Möglichkeit, die Schiedsrichter statt mit der schnöden Trillerpfeife mit einem währschaften Alphorn auszustatten. „Abseits“ sollte stets direktdemokratisch entschieden werden; das diesbezügliche Regelwerk ist so kompliziert, dass es für einen Volksentscheid geradezu prädestiniert erscheint. Die Oesterreicher dürfen in Skischuhen spielen, die Schweizer mit einem Eishockeyschläger, bei dieser Gelegenheit liesse sich auch das Aufgabengebiet des Schweizer Goalies auf ein sinnvolles Mass zusammenschrumpfen. Das Endspiel findet nicht in Wien sondern auf dem Rütli statt, Elfmeterschiessen wird verboten.

    8. Marroni Says:

      Neuromat, die Geistreicher treffen doch nicht mal auf 11 Meter.

    9. neuromat Says:

      Marroni, doch die Eckfahne …

      wollte doch noch etwas den Turnern sagen und dem Ganzen die Chance geben, dass vielleicht doch noch unsere berufenen Fachkräfte sich melden:
      Selbst wenn es keine Tschütteler sind, so ist das Ganze doch ein Turnier … und bei Wiki las ich:

      Während im engeren Sinne unter Turnen etwas anderes verstanden wird als unter Sport, so gebrauchen doch viele Menschen die beiden Bezeichnungen synonym, wenn sie damit ganz allgemein das „Sport treiben“ bzw. das „Sich-organisierte-Bewegen“ zum Ausdruck bringen wollen.

    10. Heidi K. Says:

      Könnte es sein, dass den Schweizern die Fussball-EM so ziemlich am Allerwertesten vorbeigeht? In unserer Mannschaft haben wir mehr Pfeifen als die versammelten EM-Schiedsrichter zusammen. Tickets gibt es sowieso nur für Promis und Adabeis und in der Fanzone teures Heineken bechern, wenn man zuhause vor dem eigenen TV sein Lieblingsbier schlürfen darf und auf dem Grill die Cervelat brutzelt, während in den Fanmeilen amerikanischer Fast food verkauft wird, für den es wiederum viel zu viele Sesterzen locker zu machen gilt . . . also ich weiss nicht. Die Deutschen sind ein fussballverrücktes Volk, die Schweizer waren das nie und werden es trotz aller Werbeanstrengungen auch nicht im Juni. Und da Deutschland ja als Europameister quasi schon gesetzt ist (spielt in der leichtesten Grppe und wird wohl auch so auf a little help from his freinds zählen dürfen) – ist es doch nur passend, wenn bereits bei der Eröffnung Deutsche die Beine schwingen. Viel Spass und schon jetzt herzliche Gratulation zum Titel.

    11. Kreis 7 Says:

      Finde es völlig korrekt, wenn da ein paar Deutsche mithampeln. Schliesslich sind sie auch sonst überall in der CH.

      War ICH nicht nach Basel fahre? Aus dem gleichen Grund warum ich nicht nach Büli wohnen gehe – ich weiss beim besten Willen nicht was ich dort soll!

    12. Cocomere Says:

      Und was ist an der ganzen Geschichte so speziell? Die Deutschen kommen ja nicht erst jetzt, fürs Turnen und Polizeilen, oder?

      [Anmerkung Admin: Nix besonderes. Ausser dass von den 56’000 Turner der Schweiz, die sonst jedes Jahr auf ihre Treffen fahren, diesmal nicht mehr als 400 Lust hatten nach Basel zu kommen, und Freiburg im Breisgau näher liegt als Zürich oder Bern]

    13. Heidi K. Says:

      Wir Schweizer können uns doch glücklich schätzen, dass hier so viele Deutsche, Franzosen, Italiener, Türken und Portugiesen leben, die die Kulisse für diese Grossveranstaltung bieten werden und kräftig mitfeiern. Wir haben wirklich nicht viele Gründe dazu. Eine miese Nati mit einem unfähigen Trainer, die wohl zum Gespött des Turniers werden wird. Dazu ein ergrauter Festfreude-General, dessen bisheriger Leistungsausweis im Debakel SBB besteht. Behördlich verordnete Festfreude, mit strengstens reglementierter, durchorganisierter Fröhlichkeit in streng abgeschotteten und bewachten Bereichen, die jegliche spontane Aeusserung schon im Keim erstickt, ist wohl nicht jedermanns Ding.

    14. Phipu Says:

      An Heidi K.

      Deine Schilderung der „Behördlich verordnete Festfreude, mit strengstens reglementierter, durchorganisierter Fröhlichkeit“ erinnert mich an den „Sauglattismus“.
      http://www.blogwiese.ch/archives/300

    15. Martää Says:

      Rein rationell gesehen, müsste man eigentlich die importierten Polizisten für das „Einturnen“ verwenden. Die braucht es nämlich sowieso.
      Der Vorteile wäre auch, dass die Gesetzeshüter dann auch schon etwas warmgelaufen sind, wenn sie justement nach dem Spiel ein paar Chaoten niederknüppeln müssen/dürfen/sollten/täten.

      Das Jodlerfest ist am 7. Juni übrigens noch nicht gelaufen … das findet dieses Jahr vom 26. bis 29. Juni in Luzern statt. Soll eine lange Bar geben dort – meide den Anlass aber trotzdem.