Lassen Sie Haare oder Fäden? — Von guten Fäden, Bürzis, Mäusen, Stutz und Klötzen
Neulich berichteten wir über das Adjektiv „langfädig“, welches in der Schweiz als Synonym für „langatmig, langweilig“ verwendet wird. So ganz liess sich dessen Herkunft nicht klären, und die Anhänger der „Käse-Fondue-mit-langen-Fäden“ Theorie lagen sich schliesslich in den Haaren mit der Fraktion der Ex-Textilhersteller, welche mit langen Fäden Stoffe produzierten. Nun entdeckten wir ein weiteres Beispiel für ein sprachliches Überbleibsel aus der Schweizer Textilindustrie.
Der Tages-Anzeiger vom 23.01.07 schrieb über die Aussage von Mario Corti beim Swissair-Prozess in Bülach:
„Mario Corti liess keinen guten Faden an der Anklage und sagte, er sei nicht schuldig.“
(Quelle: Tages-Anzeiger 23.01.07. Seite 1)
Von einem „guten Faden“ hatten wir bisher nichts gehört. Lediglich die Redewendung „Kein gutes Haar an einer Sache lassen“ ist uns bekannt. Besonders schlecht ist dieses Haar als Haar in einer Suppe einzustufen. Oder ist in der Schweiz ein „Faden“ gleichbedeutend mit „Haar“, so wie man hierzulande statt „sich kämmen“ zur Strahlenpistole greift um sich zu „strählen“?
Die Haare der Schweizer werden sowieso sprachlich anders behandelt als in Deutschland. Ein gemeiner „Haarknoten“ oder „Dutt“, im Schwabenland und bei modebewusste Schweizern auch „Chignon“ genannt, ist in der Schweiz ein „Bürzi“ oder „Pürzi“. So fanden wir im Variantenwörterbuch den Beleg:
Ein paar weisse Fäden durchziehen ihr pechschwarzes Haar, dass im Nacken zu einem Bürzi geknotet ist.
(aus Susan Wyss: „Helle Tage Dunkel Tage“, Zürich, Ringier 1995)
In diesem Zitat aus einem Schweizer Roman haben wir beides: Das Bürzi und die „weissen Fäden“ mitten im Haar.
(Quelle Foto: flash-coiffure.ch)
Wer sonst noch keinen guten Faden lässt:
Keinen guten Faden lassen die Bürgerlichen an den Beschäftigungsprojekten für Sozialhilfebezügerinnen und –bezüger. Sie seien zu teuer, zu phantasielos, von der GGZ zu wenig gut überwacht etc.
(Quelle: GrünGründlichRot.ch)
oder hier:
Und jetzt diese Umfrage. Besteht da nicht die Gefahr, dass sich vor allem jene melden, die am Vertragswerk keinen guten Faden lassen?
(Quelle: Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband )
Bei Google-DE liessen sich lediglich Verweise auf Sprichwortsammlungen und Wörterbücher finden. Eine ältere Deutsche sagte mir, dass sie diese Redewendung zwar kennt, aber als „veraltet“ nicht mehr aktiv gebraucht. Da beisst die Maus keinen Faden ab. Auch wenn sie „mausarm“ ist. Übrigens ist auch dies ein echter Helvetismus. Gemeindeutsch wäre dafür „arm wie eine Kirchenmaus“.
Warum ausgerechnet Mäuse arm sein sollen, wenn doch der Begriff „Mäuse“ selbst ein Synonym für Geld ist bei den Deutschen. Neben den Mäusen finden sich in Deutschland auch die „Kröten“, „Möpse“, „Flöhe“ oder „Mücken“ als Wort für das Geld. Den Schweizern reicht ein lebloser „Stutz“ hingegen aus, selten mal als „Klotz“ oder etwas „Kohle“ umschrieben.
Ein Klotz ist in Deutschland etwas das behindert, wenn es am Bein hängt und beim Marschieren stört. Der Vers eines Marschlieds geht so: „Klotz. Klotz. Klotz am Bein, Klavier vorm Bauch, wie lang ist die Chaussee? Links ne Pappel, rechts ne Pappel, in der Mitte Pferdeappel, immer noch Chaussee“.
Im Variantenwörterbuch fanden wir ein Zitat aus der Zeitschrift CASH:
„Die Nationalbank, der AHV-Fonds, die Suva — Sie mal nachzählen, wie viele Klotz da sinnlos herumliegen“.
(Quelle: Cash 7.5.1999, zitiert nach Variantenwörterbuch S. 416)
Ist jetzt der Plural von „Klotz“ die „Klötze„, wie das in unserem Wörterbuch steht? Oder sagt man nur beim Thema Geld in der Schweiz „viele Klotz„, als eine Art geschriebene Dialektform ohne Umlaut? Wir müssen die Frage unbeantwortet lassen und warten auf versierte Kommentare von erfahrenen Klotz-Besitzern.
Januar 30th, 2007 at 1:25
Hmm.. zum Geld fragte mich letzthin eine deutsche Frau, woher denn wohl das Wort „Stutz“ komme… seither klebt ein Zettel auf meinem Notebook und ich weiss die Antwort noch nicht. Bekomme ich sie hier?
Und unser Berliner Dozent sagte doch letzthin immer so schön zum Thema Geld: „Und wo kommt die Asche her“
[Antwort Admin:
Also „Asche“ ist wie „Moos“ aus dem jiddisch-hebräischen abgeleitet für Geld. Da kommt auch „Knete“ her und viele andere Dinge.
Was den“Stutz“ angeht, da musst Du mal Gottfried fragen, der weiss das vielleicht. Siehe hier]
Januar 30th, 2007 at 1:49
Ich kenn „Da beisst die Maus keinen Faden ab“ zwar, aber inwiefern ist das denn sprachgeschichtlich zu interpretieren? Oder wie leitet sich das her? Ich mein die Redewendung heisst AFAIK soviel wie „da kann man nix machen, das ist halt so“ aber warum???
Da kann die arme Maus keinen dicken Faden, der sie nährt abbeissen. Nee, oder? Vielelciht kriegen wirs ja doch noch geklärt?
Januar 30th, 2007 at 6:45
Steine, sie zahlen auch mit Steinen.
Wieder so ein alter Begriff. Tatsachlich gibt es irgendwo in der Südsee ein Volk, dass bis in die Neuzeit mit Steinen bezahlte und damit sind nicht kleine Kiesel gemeint, sondern richtig schwere Brocken, von mehreren hundert Kilo.
Stellt sich mir wieder die Frage der Herkunft der Südseebewohner.
Januar 30th, 2007 at 8:27
Fäden und Haare.
In der Zentralschweiz hatten wir für Haare den Begriff Fäden verwendet. Ich gang mal go d Fäde schniide, war dann so eine Bemerkung kurz vor dem Coiffeur (Frisör).
Zum Thema Geld:
Stutz, Stütz, Chlötz und Chöle werden meiner Meinung nach eher oft verwendet in der Schweiz. Den Rest lernt man bei deutschen Serien im Fernsehen. Wobei die drei Begriffe ähnlich wie Asche funktionieren. Es geht nicht um eine bestimmte Menge zu definieren. Die Ausnahme bildet das Wort Stutz. „Hesch mer füf Stutz“ meint 5 Franken um Beträge zu benennen.
Wünsche dir eine gute Besserung. Ich wurde gestern in der M-Zeitung daran erinnert das du kürzlich im Spital warst oder immer noch bist.
Gruss SZ
[Anmerkung Admin:
Super! Damit hast Du meine Vermutung bestätigt, dass zumindestens in Teilen der Schweiz „Haare“ und „Fäden“ als Synonym gebraucht werden, was uns erklärt, warum „kein guter Faden“ an einer Sache lassen das Gleiche bedeutet wie „kein gutes Haar“ an einer Sache lassen.
Bin seit Donnerstag daheim aber noch ne Weile nicht ganz so mobil. Braucht jemand einen gut erhaltenden Scooter?]
Januar 30th, 2007 at 9:58
Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch den Begriff „Kiste“ [Kischte], der wohl Million bedeutet (zumindest in der Ostschweiz). Mein SG- Kollege aus der Kreditabteilung hat den recht gern verwendet (-:.
Kann das jemand bestätigen?
Januar 30th, 2007 at 10:20
Fein, Jens, dass Du wieder zu Hause bist. Weiterhin rasche und vollständige Besserung (bei Euch heissts wohl Genesung).
Mit diesem Beitrag hast Du das Fuder fast etwas überladen. Hätte da allerlei beizutragen, aber heute kaum Zeit.
„Fäde“, abschätzig oder tiefstapelnder Slang, wird zwar fürs Haar oder die Frisur verwendet, dito „s Moos“: „d Fäde-n-abhaue“, „s Moos abhaue“ für Haare schneiden. z.B. „s Moos wäsche“ oder „läck, hät die Fäde!“ (eher bei langem Haar) bzw. „die hät ja es es Moos“ (eher bei unordentlichem, kurzem oder dann sehr dichtem Haar).
Ich denke, dass Dein erwähnter „guter Faden“ wirklich aus der Textilindustrie oder -heimarbeit kommt. Dass man nämlich über jemanden nur Schlechtes sagt und somit „keinen guten Faden an ihm lässt“.
Das „Bürzi“ heisst im Kanton Zürich „Ribel“ und ist ein mehr oder weniger kugelförmiges Gebilde, zu dem langens Haar am Hinterkopf oder dann im Nacken zusammengeknotet oder gewickelt und oft mit U-förmigen Haarnadeln rundum fixiert wird.
So viel für den Moment.
Januar 30th, 2007 at 10:47
Stutz = 1 Franken (> Fränkli = ein Deutscher versucht sich am Schweizerdeutschen 🙂
Stütz = mehrere Franken (Geld, Kohle, Mäuse)
Einmal auf der Bahnhofstrasse in Zürich kam eine junger Bettler zu mir mit „Oeppis zum Aesse!!“ I gave him a coin.
Ein paar Tage später bin ich in LA angekommen und ging auf Einkaufstour auf dem Wilshire Boulevard. Auf dem Trottoir sass ein junger Bettler cleanly-dressed in jeans & T-shirt, smiling to the passers-by). He was holding up a placard on which was written „Please help me, I’ve lost my job and my wife has run off (ist davongelaufen) with Louis Vuitton“.
Ja – das war ein Marketing-Gag der Extraklasse – ich gab ihm 10 Dollars.
Januar 30th, 2007 at 10:49
@Stephan: Ja, kann ich bestätigen. In Bankerkreisen ganz allgemein wird das Wort „Chischte“ für eine Million gebraucht. (Am liebsten natürlich im positiven Bereich der Börsentätigen. *g). Da muss man nicht mal St. Galler-Dialekt sprechen.
@ Jens Wiese: gestern erstmals in der Migros-Zeitung von diesem Blog gelesen; bin begeistert; wieder mal herzlich gelacht 🙂
Januar 30th, 2007 at 11:38
Kohle oder Chole:
als Mehrzahl hörst Du in Bern, ich denke je nachdem, woher die Eltern oder man selber kommt:
„viel Kohle oder Chole“, aber auch „viel Chöle“
Januar 30th, 2007 at 12:11
sehr gut, der/die das Bürzi.Aber mit wurde neulich noch „s Huppi“ diagnostiziert, als ich meine Haare hochgesteckt hatte. Mein Nachfragen ergab, dass die Person ein sog. „Brüdervereinhuppi“ meinte. Also ein langweiliger Dutt, den man wohl hier in einer gewisseen kirchlichen Vereinigung trägt.
Heute habe ich etwas „Neues“ ausprobiert, ich will ja nicht langweilig sein..lach…und irgendwo fälschlich zugeordnet auf Grund einer Frisur auch nicht .aber…Laut meiner Arbeitskollegin kein Huppi sondern ein écureuil . Bitte was?? nah ein Oichkatzelschwanz eben, sagte mein österreichischer Kollege. ach so.. ähm woher kommt eigentlich dieser Einordne und Beschreibungszwang hier?
Januar 30th, 2007 at 13:27
@Stephan: „Chischte“ für eine Million ist Bankersprache. Eine Tonne dagegen nur 1000 Stutz.
Ich bin mit den Begriffen Chole und Chlötz aufgewachsen. Betr. Stutz: De Gopfri weiss sicher meh.
Januar 30th, 2007 at 13:43
„keinen guten Faden…“ – definitiv Textilindustrie / Heimarbeit. Vgl „das geht ins [dicke] Tuch“, „Nach Strich und Faden“ etc.
„Fäden“ im Sinn von „Haare“ hat damit nichts zu tun. (das geht für mich eher Richtung „Putzfäden“, und so sehen sie manchmal auch aus…).
Januar 30th, 2007 at 13:54
@jessn
Chischte = 1 Mio, mir ist noch der Ausdruck „Tonne“ bekannt. 1 Tonne = 1000.-
Januar 30th, 2007 at 14:03
Wenn Haare Fäden sind, ist das eher ungünstig= dünnes Haar ohne Volumen und absolut nicht geeignet für die Taft Werbung.
Und for Schtitz gibts auch noch den Ausdruck „Chloibi“, denke soll Klebe heissen. Aber frag mich nicht woher das kommt.
Januar 30th, 2007 at 15:02
‚Chloder‘ und ‚Höger‘ ist auch noch gebräuchlich im Berndeutschen um Geld zu um- resp. beschreiben:)und ein Fünfliber ist ‚e Schnägg‘.
So eine oder so ähnliche Hochsteckfrisur(en) wie auf deinem Bild,beschreiben wir als ‚es Vogunäscht‘
Januar 30th, 2007 at 15:19
Kann mir jemand sagen, welche Stutz-Grössenordnung der „Hammer“ hat, meistens in der Mehrzahl gehört, z.B. „zwänzg Hämmer“. Sind das 20 oder 2000 oder 20’000 Franken? Und „en Rise“? Sind das 1000 Franken – oder nur 100?
„En Schnägg“ (1 Schnecke) ist vermutlich 5 Franken. „En Batze“ ist einerorts 10 Rappen, andernorts 20 Rappen.
Januar 30th, 2007 at 15:32
Da gab’s doch mal die Vico-Torriani-Schnulze „Silberfäden ziehen zart durch meiner Mutter Haar“ (oder so ähnlich): Das waren durchaus nicht abschätzig gemeinte Fäden. Abschätzig gemeint war, wenn man Haare mit „Putzfäden“ verglich.
In Solothurn gab’s doch noch das „Bürzi-Casino“ – ein „Tea-Room“ (auch so was Schweizerisches), das vor allem von älteren Damen besucht wurde.
Januar 30th, 2007 at 15:44
Auch gebräuchlich für eine Tonne ist das Ameisi
(Ameise, Banknotenaufdruck bei der tausender-Note 1976-1995)
Bild siehe:
http://www.snb.ch/d/banknoten/alle_serien/alle_serien.html
Gute Besserung !
Januar 30th, 2007 at 16:07
Dem „Bürzi“ sagte man bei uns „Hoppi“ oder „Huppi“ (o wie Brot kommt wohl am nächsten).
Januar 30th, 2007 at 16:52
@solar.
20 Hämmer = 20 Hebel = 20 Eier = 20 Stutz = 20 Franke.
was noch fehlt ist der Lappen. 1 Lappen à 100 Hämmer. 🙂
Folglich gilt für die Schweiz:
1 Kiste = 1000 Tonne = 10’000 Läppe = 1 Million Stutz.
Januar 30th, 2007 at 17:38
Es Schiit = Hunderternote
Es Pfund= Zwanzigernötli
Chischte, Tonne und Schnägg wurden schon besprochen.
Limmatblüten von Fritz Herti (oder Herdi ?) würde Ihnen gefallen, Helvetismen zuhauf. Ist aber nur noch Antiquarisch zu bekommen.
Januar 30th, 2007 at 18:07
„langfädig“ für „langweilig“? Ich habe „langfädig“ noch nie gehört und brauche es deshalb auch nicht.
„Keinen guten Faden lassen“ empfinde ich als Schweizer auch als falsch. „Kein gutes Haar lassen“ ist sicher geläufiger …
Sprichwörter und Redewendungen sind Glücksache. Sie werden häufig falsch verwendet und verwechselt. Bekanntestes Beispiel: „Das passt wie die Faust aufs Auge“. Ironie wird nicht verstanden, denn eine Faust aufs Auge tut einfach erst mal weh !! Wenn also ein Hemd zu einer Hose wie die „Faust aufs Auge“ passt, dann tuts einem beim betrachten weh…
Aber man glaubt es nicht, in Deutschland wird das Sprichwort tatsächlich so gebraucht, als würde etwas, was wie „die Faust aufs Auge passt“, sehr gut miteinander harmonieren !!??
Anderes Beispiel: „Sich mit Ruhm bekleckern …“ Hallo? bekleckern??
Und andere „weinen Krokodilstränen“ wenn sie wirklich tief traurig sind. Haben wohl nicht gemerkt, dass es Krokodilstränen gar nicht gibt …
Deshalb: Sprichwörter und Redewendungen sind Glücksache!
Januar 30th, 2007 at 18:11
@solar:
Ich glaube 1 Hammer=1 Franken, anders kenne ich es nicht.
Ausserdem vermute ich, dass „Stutz“ mit „Stütze“=Unterstützung zu tun hat, also das Geld vom Sozialamt.
Januar 30th, 2007 at 18:35
Mir im Bärnbiet sägä em Franke Ste(i) di(e) chame wenigstens we si nid zSchwär si no umetragä. Mit Höger oder Stütz bruchsch scho Bagger u Laschtwage drzue. 😉
Januar 30th, 2007 at 18:48
In Deutschland ist der Begriff „fadengerade“ sicher auch bekannt. Im wörtlichen Sinn (z.B. hier, in der Mitte der Seite:)
http://www.raschtextil.de/main/2b3e6e94cf7270b0eb068da0c7d0864a.php3
… oder im übertragenen Sinn, wie hier:
http://www.aargauerzeitung.ch/dyn/cms/article_print.cfm?print_send_dom=azonline&dom=2&rub=1037&arub=1037&nrub=-1&id=100238614&sda=1
Noch häufiger habe ich „eine Fadengerade ins Gesicht geschlagen“ oder so ähnlich gehört. Da wären wir wieder bei der Faust, die aufs Auge passt (Kommentar Micha)
Ich hätte bisher geglaubt, „fadengerade“ komme – im wörtlichen Sinn – aus der Bau- oder Gartenbranche, wenn man ein Bord, eine Rabatte oder ein Bandeli mit einer gespannten Schnur möglichst kurvenfrei anlegen will.
Zum Klotz:
Ausserdem hätte ich gesagt:
– „Wieviel Klotz (Dialekt: „wieviel Chlotz“) dort herumlieGT“ (mengenfreie Bezeichnung wie Geld, Kohle, Zaster) oder aber
– „Wieviele Klötze“ (Dialekt „wievil[i] Chlötz“) dort herumlieGEN“
Der zweite Satz bezieht sich aber eher auf ein Kinderzimmer und bezeichnet farbige, hölzerne (oder ev. Plastik-), Klötze.
An Surabi
Die Sprache ist wohl nicht nur in der Schweiz bildlich. Das hat nicht unbedingt mit Einordnen zu tun – im Gegensatz zu Musikstilen wie Rock, Pop etc. Aber der Vergleich mit etwas Bekanntem machen, was langes präzises Beschreiben (à la Polizeirapport) erspart, ist einfach schneller gesagt und erst noch witziger in der Vorstellung. Dafür müsste in deinem Fall natürlich das Wort „écureuil“ bekannt sein.
Januar 30th, 2007 at 21:22
keinen guten Faden an jem. lassen = schlecht über jem. reden
Das kenne ich obwohl ich kein älterer Deutscher bin (Jg. 1965) und genau wie der Autor sozialisiert bin (geb. in Wanne-Eickel, später 10 Jahre in Gelsenkichen und dann über Umwege in die Schweiz).
Jens, wohl in der Jugend nicht aufgepasst 🙂
Januar 30th, 2007 at 21:28
Auch im Schwarzbubenland sagt man dem Dutt „Riebel“.
Fadengerade mussten wir in der Handarbeitsschule jeweils den Einbuck und den Umbuck eines Saums machen. Das ging am besten mit einem „Gülfeli“ (Stecknadel), mit welchem man durch den Stoff kratzte.
Januar 30th, 2007 at 21:38
Als Zusammenhang zum heutigen und gestrigen Blogeintrag fielen mir noch die „Putzfäden“ ein. Ich kenne diese aus der Metallbearbeitungsbranche. Braucht man die sonst irgendwo? Auf Google sind sehr viele Einträge zu „Putzfäden“ aus der Schweiz (838) und nur wenige mit der Einschränkung Deutschland (140). Wie heissen die wohl in „richtigem“ Hochdeutsch? Wären die wohl ohne „Max Frisch: Biedermann und die Brandstifter“ in Deutschland gar nicht bekannt?
Hier gibt es noch ein Bild solcher Putzfäden:
http://www.beniline.ch/shop/search_prod.asp?Path=1;34;143
Dann gibt es hier noch das Video, das belegt, weshalb Haare und Fäden (hier die eines „Flumers“ – dient zum trockenen Staubwischen) durchaus die gleiche Funktion erfüllen können.
http://www.funnygames.de/video.php?id=593
(man muss leider alle Werbung wegklicken)
Januar 30th, 2007 at 22:43
@solar: „ä Batze“ oder „a Rappä“ kann, vor allem bei älteren Leuten, auch einfach Geld bedeuten. Meine Grosseltern sagten früher jeweils „chunsch no ä Rappä über zum Geburtstag“ = du kriegst noch Geld zum Geburtstag
Januar 30th, 2007 at 23:10
to Schwarzbueb (die mich immer wieder er-wischt mit ihrem Namen (weil sie nämlich eine Frau ist):
Das hatte ich total vergessen oder verdrängt, diese verd… Hand-Säumlerei, ehe man in der 6. Klasse erstmals die (Tret-)Nähmaschine benutzen durfte: für die ersten Kehrnähte (wie heisst das wohl in Deutschland???) am langen Baumwoll-Sommernachthemd.
Beispiel Schürze, 5. Klasse (1961/62):
völlig von Hand genäht, für alle Fünftklässlerinnen des damals rund 17’000 Einwohner zählenden Uster (Kt. Zürich) aus demselben rot/grün-karierten Stoffs, damit es beim Stoffeinkauf Mengenrabatt gab). Der Einschlag (= Stoff einmal umgebogen, wie Schwarzbueb beschreibt vorgekratzt mit einer „Gufe“ (Stecknadel) musste 5 mm breit sein.
Dafür hatte man ein selbstkonstruiertes „Määssli“, einen Halbkartonstreifen, dem man im Abstand der gewünschten Millimeter eine Dreieckkerbe einschnitt.
Für den Umschlag (Bruchkante wieder vorgeritzt) brauchte man dann seitlich ein „15- mm-Määssli“ und für den untern Saum ein 50-mm-Määssli (damit man die Schürze bei Längenwachstum verlängern konnte). Der Umschlag musste mit „Gufe“ (Stecknadeln) im Abstand von ca. 2 cm „gesteckt“und dann mit „Fadeschlaag“ (Heftfaden, ein billiger Faden, der sich notfalls auch ohne Schere abreissen lässt) „z Fade gschlage“ werden.
Der fertig geheftete Saum musste mit dem seitlichenn Daumen flachgestrichen werden, ehe man den Umschlag mit feinem Saumstich „ansäumelte“. Zum Schluss zog man den Fadeschlaag heraus – und fertig war der Saum. Wenn sorgfältig gearbeitet worden war, war die Bruchkante des Saums (also der Schürzenrand) noch immer „fadegraad“.
Januar 30th, 2007 at 23:38
Aus meiner Kindheit in BL ist mir der Begriff „Chlütter“ für Geld bekannt… vor wenigen Jahren, als ich mich noch zur Jugend zählen durfte, war zudem in der Region Basel „Böhne“ bzw. „Böhnli“ (Bohnen) sehr beliebt. Mittlerweile höre ich nur noch die oben genannten „Hämmer“, „Chöle“, „Stutz“ oder ganz neudeutsch „Cash“.
Januar 31st, 2007 at 0:10
An Phipu :
mit der bildlichen Sprache hab ich kein Problem. Mir ist nur aufgefallen, dass z.B. Äusserlichkeiten recht rasch mit irgendwas verglichen werden. Eben eingeordent, und das kenne ich nciht so in der Art. Das „écureuil“ ist mir bekannt. Ich hatte Französich und Englisch in der Schule. Aber witzig? Eher eine Verniedlichung. Habe aber wohl jetzt verstanden wie du es meinst.Es liegt wie immer an meinem Humor. Ich bin Norddeutsche, und zwar by nature.
Januar 31st, 2007 at 0:36
@Phipu
Vielleicht „Putzwolle“?
Januar 31st, 2007 at 16:10
@solar
Wir zählen offenbar zur gleichen Generation.
Januar 31st, 2007 at 18:32
Also das mit den Fäden als Synonym für Haare wird generell im Schaffhauserischen auch verwendet.
„Ich gah mini fäde go abhaue“. etc..
Zum Geld, im Schaffhauserischen
1 Schnägg = 5 Franken
en batze – wird hauptsächlich noch von älteren leuten verwendet, beschreibt meist aber nicht eine bestimmte Menge, kann also mal 1 Fr oder 50 Fr sein.
Hämmer wird eigentlich nur von der jüngeren Generation verwendet und hat sich wohl aus dem Deutschen reingeschlichen. Hier muss jedoch die Menge mit angegeben werden. Hämmer alleine ist nichts.
Desweiteren wird auch gerne das wort Chöle, Stei und Chluri verwendet.
wobei Chöle und Chluri wieder für eine unbestimmte Menge verwendet wird, bei Stei jedoch eine Mengenangabe gemacht werden muss.
Februar 7th, 2007 at 17:01
An Mare
Vico Torriani sang von den Silberfäden, die seine Mutter als Alterssymbol wahrscheinlich am liebsten nicht im Haar gehabt hätte.
Man kann solche silbernen Fäden aber durchaus wollen. Nur heisst dieser andersfarbige Streifen in der Frisur dann „es Mesch“ (frz. „une mèche“ = Zündschnur/Docht. Womit wir auch wieder beim Faden wären) Prominentestes Beispiel ist wohl die heurige Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey
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