Kennen Sie eigentlich schon Gottfried?
In den Anfangszeiten der Blogwiese haben wir behauptet, die Schweizer würden immer seltener fluchen (vgl. Blogwiese). Wir haben sie ganz einfach nie fluchen gehört. Das sollte sich schlagartig ändern, als wir die Bekanntschaft von Gottfried machten. Dürfen wir Ihnen Gottfried kurz vorstellen? Er heisst Gottfried, genauer gesagt „Gottfried Stutz“ und ist auch noch unter ein paar weiteren Decknamen bekannt:
Gopfriedstutz
Gopferdammi
Gopferdeckel
Gopfertammi
Gopferdammi
Gopfertori
(Quelle: Variantenwörterbuch des Deutschen S. 303)
Gefunden haben wir ihn neulich auf einem Werbeplakat für den BLICK .
Er muss beim Blick als Chef-Einkäufer oder Chef-Verkäufer tätig sein, und sich dort um die Superangebote kümmert. Denn auf seine Initiative hin gibt es dort als „Gopfried-Stutz-Aktion“ 147 Superangebote. Unser Freund Gottfried, der sich in der Schweiz oft mit „p“ schreibt, hat mächtig viel zu tun, denn es finden sich 109 weitere Gopfried-Stutz-Aktionen bei Google-CH.
Wie kommt er nur zu seinem Namen? Ganz einfach: „gopf“ ist in der Schweiz eine Interjektion:
Eine Interjektion (dt.: Empfindungswort) ist ein lenkender Ausdruck wie ach, aha oder au, der an die Mündlichkeit gebunden ist und meist aus der Hörerposition eingesetzt wird, um den Sprecher zu steuern. Interjektionen werden standardmäßig kleingeschrieben; nur weil sie eigentlich immer am Anfang des Satzes stehen, den sie selber bilden, findet man sie fast nur großgeschrieben vor.
(Quelle Wiki)
Fügen Sie also ruhig ab und an im Gespräch mit Schweizern ein freundlich artikuliertes „gopf“ ein, um die Situation aufzulockern und vertraulich werden zu lassen, und um Ihrem Gegenüber kund zu tun, dass Sie noch zuhören, und dass Sie voll und ganz bei der Sache sind. Woher das Wort stammt? Schwierig zu sagen. Der erste Teil ist sicherlich ein Überbleibsel von „Gott…“, vielleicht „Gott-sei-Dank„, oder „Gottvater„. Das abschliessende „-pf“ könnte dann eine onomatopoetisches Luftablassen darstellen, ein erleichtertes Ausatmen also, vielleicht im Sinne von „Mein Gott, jetzt muss ich aber erst mal tüchtig ausatmen, wenn ich Dir so zuhöre“.
Wenn sich unser Freund Gottfried ins Internet begibt, schlägt die grosse Stunde seiner vielen Decknamen und Pseudonyme:
Am seltensten fand wir Gopfriedstutz Google 402 Funde
gefolgt von Gopfertori Google 416 Funde
dann Gopfertammi Google 487 Funde
und jetzt kommen die echten Lieblingsnamen:
Gopferdammi Google 872 Funde
und Gopferdeckel Google 1100 Funde!
Grüssen Sie Gottfried von uns, falls Sie ihn mal sehen. Wie gesagt, meistens ist er schwer in „Aktion“ beim BLICK, dann sollten Sie ihn lieber nicht stören. Bis dahin üben Sie vielleicht einfach schon mal das laute und vernehmliche Ausatmen beim Wörtchen „Gopf….“
April 11th, 2006 at 0:30
hmm… ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, all die decknamen stammen von einem urvater ab, von gopferdammi nämlich.
und das ist eine verballhornung von „gott verdamm mich“
aber meist will man ja gar nicht, dass gott einen verdammt, deshalb folgt nach dem „gopf-“ in letzter zehntelssekunde noch der ausweg auf den „-deggel“ oder ähnliche 🙂
es gibt übrigens auch noch eine reihe fluch-cousinen: das „gopf-“ weglassen und einfach nur „verdelli“ sagen oder noch besser „verdellisiech“ oder „verdammisiech“
ah, ich seh grad du hast ja gopferdelli gar nicht in deiner liste drin. sehr beliebt in der region basel, aber wahrscheinlich nicht nur dort.
gr nih
April 11th, 2006 at 8:08
Ich stimme nih zu.
Gopferdammi heißt soviel wie „Gott verdamm mich“, und die anderen sind Ableitungen – ähnlich, wie aus „Scheisse“ in Deutschland manchmal „Scheibe“ wird.
Es gibt übrigens noch zahlreiche Möglichkeiten, den Fluch zu verstärken. Der bäuerliche Ärger entlädt sich dann in Formulierungen wie „Hueregopferdamminondedie“, wobei das letzte Anhängsel vermutlich ein etwas komisch ausgesprochenes „nom de dieu“ ist.
April 11th, 2006 at 8:14
@nih, geissenpeter
Also dann ist das „-pf“ in „gopf…“ am Ende gar keine gemächliches Luftablassen sondern ein Fluch? Man, waren wir wieder naiv…
Vielen Dank für die Erklärung!
April 11th, 2006 at 8:43
…das -pf ist eigentlich ein -tv, das aber durch den Zusammenzug wie ein -pf klingt. Also: Gottv…
April 11th, 2006 at 9:35
@geissenpeter
Wobei ich die Variante mit „Hueregopferdamminonemal“ kenne. Also ein „noch ein mal“ als verstärkendes Anhängsel.
April 11th, 2006 at 9:47
Ich würde auch abraten ein Gopf einfach als Interjektion zu benutzen, kann nach hinten los gehen. Ein Gopf kommt meistens dann wenn man seinen Unmut los werden will und wirklich aus der Fluchecke 😉 Tja die Schweizer fluchen halt doch 😉
April 11th, 2006 at 10:37
Hier noch eine Ergänzung zu „Stutz“:
Vielleicht kennt ihr tatsächlich eine Frau oder einen Herrn Stutz. Diesen Nachnamen gibt es tatsächlich.
Ausserdem bedeutet „der Stutz“ eigentlich so ungefähr „Steilhang“ (ein steiles Feld oder ein steiler Weg). Da es ein Dialektwort ist, kommt es vermutlich nicht einmal im Variantenwörterbuch vor. Auch Grimms Wörterbuch hat nur einen Hinweis auf „steil aufstehenden Federbusch“: http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GS53253
Wo „der Stutz“ allenfalls „d’Stütz“ allerdings am meisten gehört werden ist der Sinn von „Franken“ (eher restringierter Code – deshalb benennt auch ausgerechnet der Blick seine 1-Franken-Aktion als Wortspiel Gopfried-STUTZ-Aktion). Wer wurde noch nie angebettelt: „Sorry, häsch mer en Stutz?“
Ausserdem kann man mit der Wortwahl ausdrücken, ob man etwas teuer oder günstig findet: „Was, 70 Stutz für das mickrige Plastikteili?“ gegen „Er hät mer das Einzelstuck für nur 15 Fränkli verchauft!“ Hier steht übrigens der einzige erlaubte Anwendungszweck für „Fränkli“. Aufgepasst, „Frenkli“ klingt peinlich, ausser es werde von einem lupenreinem Ostschweizer-Dialekt eingerahmt. Für die akustische Wiedergabe anderer Dialekte muss das richtige „ä“ zuerst kräftig geübt werden.
April 11th, 2006 at 13:17
„Gottfried Stutz“ kommt von den fluchenden Christen, die sich nicht der Blasphemie schuldig machen wollen.
@Phipu
>
Lupenreiner Ostschweizer-Dialekt klingt immer peinlich *duckundrenn*
April 11th, 2006 at 16:01
Eine kleine Anmerkung:
Gottfried Stutz ist an jeder Chilbi (Jahrmarkt) in der Schweiz zu treffen. Er ist bekannt für sein wunderbares Magenbrot!!!
Der Fluch kommt aber eher nicht von ihm 😉
April 12th, 2006 at 11:05
Tammisiech 😉
April 13th, 2006 at 12:49
Die Zürcherische Abart von Gottverdammich, bezw. Gopf = Goppel
April 13th, 2006 at 21:09
fast alles korrekt, nur: Stutz wird abgeleitet von Stütze (Unterstützung, evt. staatliche) deshalb „heschmer en Stutz“ usw;o))
April 13th, 2006 at 21:27
Alles korrekt, nur. Nicht brücksichtigt wurde, dass der Ausdruck (nicht der Name) eigentlich von „Unterstützung, evt. auch staatlicher“ stammen könnte. Daher der geläufige Ausdruck „Hesch mer e Stutz“, anstelle von „hast Du mir einen Franken?“;-)) Was einer unbewaffneten Art (Kunst) von Betteln schon sehr nahe kommen kann.
Mai 4th, 2006 at 10:58
Noch eine Variante des Fluches:
„Tammilafrance“.
Stutz ist übrigens ein Familiennamen, der aus der Gegend von Blogwieses Wohnort stammt.
Im Osten des Aargaus kennt man die Variante: „Goppel namal“.
Die Basler sagen: „Gopferglemmi“.
Peter
August 28th, 2006 at 15:13
Gebräuchlich ist auch der „Gopf“ junior:
„Gopfriedli“
September 6th, 2010 at 22:56
Huere siech gits au no.. Dr bescht usweg isch us gopfertamm eifach hindedra es „ned“ azhänke.. gopferdammined.. also gott verdamme mich nicht.. 🙂 Danke 🙂