-->

Wie arbeitet man „schweizerisch“? — Neue Geschichten aus dem Schweizer Spitalleben

  • Krankenschwestern gibt es hier nicht (mehr)
  • Die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ bzw. „Krankenpfleger“ ist in Deutschland gesetzlich geschützt. Sie galt bis zum 31.12.2003 und wurde dann durch die Bezeichnung „Gesundheits- und Krankenpfleger/in“ ersetzt [Danke für den Hinweis an Kiki]. Man darf sie nur mit entsprechendem staatlichen Examen, bei dem man eine Urkunde erhält, führen. In der Schweiz wird das Diplom für die Pflegekräfte nicht vom Staat, sondern von einer caritativen Einrichtung wie dem Roten Kreuz nach einer Prüfung vergeben. Damit verbunden ist der Nachteil, dass eine Schweizer Krankenschwester nicht so einfach in England oder Frankreich in ihrem Beruf arbeiten kann, ohne dort erst die Prüfung nachzuholen. Sonst kann sie nur als „unqualifizierte Pflegehilfe“ eingesetzt (und bezahlt) werden. In Gesprächen mit verschiedenen Schweizer Pflegekräften, die hier längst nicht mehr „Krankenschwester“ sondern „Dipl. Pflegefachfrau“ auf dem Namenschild stehen haben, fragte ich nach Geschichten und Erfahrungen mit Deutschen Kollegen auf Station. Eine Schweizerin erzählte, dass es da ziemliche Unterschiede gäbe, je nachdem ob man in einem kleinen ProvinzBezirksspital oder einer grosse Uni-Klinik arbeitet.

  • Dienstanweisung für Deutsche
  • So seien in der Nähe der Grenze deutlich mehr Pflegekräfte aus Deutschland beschäftigt, weil dorthin das Berufspendeln leicht möglich ist und nur eine Grenzgängerbewilligung gebraucht wurde. In einem solchen Bezirksspital unweit der deutschen Grenze erlebte sie einmal den Unmut unter den Patienten darüber, dass fast ausschliesslich Personal aus Deutschland eingesetzt wurde. Die Pflegeleitung startete dann eine anonyme Umfrage um zu erfahren, was die Patienten an den Deutschen Fachkräften denn störte. Das Ergebnis floss in eine „Dienstanweisung“ ein, die in Zukunft massregeln sollte, wie der Umgang mit den Patienten abzulaufen hat. Ziel war es, vermehrt „schweizerisch“ zu arbeiten, was auch immer damit genau gemeint war.

  • Kollektive Kündigung statt Konsensfindung
  • Deutlicher kann sich der Schweizer-Deutsche „Kulturkonflikt“ nicht manifestieren. Die Deutschen Pflegekräfte solidarisierten sich und organisierten Widerstand gegen diese „Zurechtweisung von Oben“. Es kam nicht zum Dialog oder zur Konsensfindung sondern zum grossen Knall. Schliesslich kündigt gleich sechs Deutsche Krankenschwestern auf einmal und verliessen das Spital. Die Schweizerin, die mir das erzählte, wurde von ihrer Pflegedienstleitung dazu verdonnert, über diese Geschichte nicht in der Öffentlichkeit zu reden. Schweigegelübte über Deutsch-Schweizer Dienststreitigkeiten. Sie haben sich im Team sehr wohl mit ihren deutschen Kolleginnen gefühlt, der Ärger war einzig durch die harsche Vorgehensweise der Pflegedienstleitung eskaliert.

  • Helvetische Höflichkeit muss erst verstanden sein
  • Ich fragte sie dann, was denn konkret so schwierig gewesen sei für die Deutschen Schwestern im Umgang mit den Patienten. Diese monierten die „forsche und direkte“ Art, und das „mangelnde Verständnis für Schweizer Höflichkeit“.
    Konkret gesagt: Als eine Patientin die deutsche Krankenschwester (auf Schwiizerdütsch) bat „Könnten Sie mir bitte bei Gelegenheit, wenn es Ihnen nichts ausmacht und Sie etwas Zeit haben, vielleicht einen Kaffee bringen?“, nahm diese die Aussage der Patientin wörtlich und wartete zu lange mit der Erfüllung des Wunsches.

    Gemeint hatte die Patient nämlich: „Ich hätte jetzt gern einen Kaffee“. Viele Schweizer schütteln sich vor Widerwillen, wenn sie den den klassischen Satz hören, mit dem in Deutschland manchmal dieser Wunsch geäussert wird: „Ich kriege einen Kaffee!“. Wer dabei lächelt und freundlich guckt, wird deswegen nicht als schlecht erzogen betrachtet in Deutschland.

    Die Schweizerin führte ihre Kollegin ein in diese „helvetischen Höflichkeit-Codes“. Anderseits bemühten sich die deutsche Kollegin, beim Vokabular schnell auf den alemannischen Stand zu kommen. Es heisst nicht: „Könnten Sie bitte mal Ihren verlängerten Rücken anheben“, sondern „Täten Sie bitte das Füedli lupfe“. Und auch nicht: „Machen Sie bitte den Mund auf…“ sondern „ … das Muul uff“. Bei einer älteren Patientin einfach so vom „Maul“ zu reden, schockierte die Deutsche Kollegin erst mal. In Deutschland hört man das Wort bei Menschen nur im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Ruhe: „Halts Maul“. Doch alles ist lernbar, auch die „Finken“ an den Füssen an Stelle der teutonischen „Puschen“.

  • Willkommen beim Sport mit dem Spootdienst
  • Persönlich lernte ich im Spital auf Station noch einmal die feinen Unterschiede zwischen „Serviette“, „Tuech“, „Badtuech“, „Tuechli“ und „Nastuechli“. Alles kam vor, nur mein Wunsch nach einem „Handtuch“ wurde nicht gleich verstanden von der nur Schweizerdeutsch sprechenden ausländischen Pflegehilfe. Ein Anreiz mehr, in Zukunft meine Schweizerdeutsche Sprachkompetenz weiter auszubauen, damit solche Kommunikationspannen nicht mehr passieren. Und mit dem Satz „Ich bin der Spootdienst“ hat sich nicht der „Sportdienst“ vorgestellt, wie ich erst zu verstehen meinte, sondern die Kollegin vom „Spätdienst“ = Spätschicht, mit Heimatort Schaffhausen.

    

    31 Responses to “Wie arbeitet man „schweizerisch“? — Neue Geschichten aus dem Schweizer Spitalleben”

    1. Micha Says:

      Vielleicht oute ich – ein Deutscher – mich ja als mentaler Schweizer, aber auch ich finde den Satz „Ich krieg einen Kaffee“ ausgesprochen unhöflich, ob mit oder ohne Lächeln.

      Während meines Studiums habe ich einige Jahre lang in einer Tankstelle an der Kasse und im Service gearbeitet. Wenn dann von einem Kunden der Satz „Ich krieg …“ kam, war ich immer versucht, mit einem fiesen Lächeln zu fragen: „Sind Sie sich sicher?“ oder „Wollen Sie darauf wetten?“ Aber da ich ein höflicher Mensch bin (und die meisten Ich-krieg-Menschen diese Ironie wohl auch kaum verstanden hätten), habe ich es mir immer wieder schweren Herzens verkniffen.

      Auch in Deutschland ist meiner Ansicht nach ein „Ich hätte gern …“ oder „Ich möchte bitte …“ deutlich höflicher und unbedingt angebracht!

      P.S.:
      Diesen Kommentar hatte ich gerade schon einmal geschrieben, aber leider vergessen, das Ergebnis der Anti-Spam-Rechenaufgabe einzugeben. Danach war mein mit viel Liebe geschriebener Text weg. Das ist überaus brutal! Könnte man das nicht bitte irgendwie ändern, so daß zwar der Kommentar nicht abgeschickt wird, aber der eingegebene Text erhalten bleibt? Vielleicht sind ja noch andere Leser und Kommentatoren so schusselig wie ich …

    2. Brun(o)egg Says:

      Was die Ausbildung von Pflegepersonal angeht, sind Sie def. nicht mehr auf dem neuesten Stand. Das würde vor wenigen Jahren neu geregelt.
      Meine ältere Tochter schliesst diesen Sommer ihre Ausbildung als Psychiatrie Schwester ab. Knochenharte 3 Jahre, + ein freiwilliges Zusatzjahr um Top zu sein. Mit eidg. Fähigkeitsausweis. Nix rotes Kreuz!

      [Anmerkung Admin: Es haben mir zwei Dipl. Pflegefachfrauen erklärt, dass ihre Prüfung beim Roten Kreuz abgenommen wurde. Mich hat das auch sehr verwundert. Eine Psychiatrie Schwester ist bestimmt eine 3jährige Zusatzqualifikation, genauso wie für die „Intensiv-“ oder „Kinder-Schwester“.
      Ich suche weiter nach genauen Informationen. Bis dahin kann ich mich nur auf die Aussagen von Leuten aus der Praxis verlassen. Und die erzählen alle von dem „Diplom durch das Rote Kreuz“.]

    3. KR Says:

      @Admin
      Wegen der vielen Kreuze in CH scheint das Personal wohl Schweizerkreuz mit Rotem Kreuz zu verwechseln. Pisa??

      PS: Der Beschwerde von Micha schließe ich mich an.

    4. Administrator Says:

      Wegen Probleme mit Spam – Schutz

      Leider hat der jetzige Spam Schutz einen relativ schnellen Timeout. Darum empfiehlt es sich, die Kommentare vorzuschreiben in einer Textverarbeitung und dann erst am Stück hochladen, damit es kein Timeout gibt. Wenn ich den Spam-Schutz abschalte, bin ich den ganzen Tag mit Löschen beschäftigt. Denn der Blog ist voll moderiert, nichts wird ungelesen freigeschaltet.

      Sorry, ich werde mich um eine bessere Lösung bemühen, sobald ich wieder daheim bin. Bis dahin halt dieser Workaround: Längere comments offline vorschreiben, mit copy & paste einfügen, dann gibt es keinen Timout und der Spamschutz mit der Rechenaufgabe funktioniert sofort.
      Gruss, Jens

    5. Pasci Says:

      Es ist nicht unüblich, dass private Organisationen die Berufsprüfungen abnehmen dürfen. Deshalb ist ja einer nicht weniger qualifiziert.

      Das Rote Kreuz mischt übrigens auch in der Landesverteidigung mit:
      http://www.rkd.ch/activities/rescue/rkd/index-de.php
      Ist das mal ein Beitrag wert?

      Ansonsten Gratulation zum Blog, es tut immer gut wenn man die nationalen Eigenarten humorvoll vorgehalten kriegt.

      Grüsse Pasci

      [Weniger qualifiziert? Bestimmt nicht, es geht eher um die Anerkennung einer nicht-staatlichen Prüfung durch das Ausland. Eine Pflegefachfrau erzählte ganz konkret, dass ihr vom Roten Kreuz in der Schweiz ausgestelltes Diplom in England nicht als „staatlich geprüft“ anerkannt wurde. Hingegen weiss ich, dass das deutschen Krankenschwesterexamen in der Schweiz anerkannt wird.]

    6. Thomas W. Says:

      @Micha: Das „Ich kriege einen Kaffee“ (oder, regional verbreiteter: „Ich bekomme einen Kaffee“ oder „Für mich bitte einen Kaffee“) ist nix anderes als eine sprachliche Vorwegnahme der häufigen Bedienungsfrage: „Und was bekommen Sie?“.

      Ich benutze diesen Satz normalerweise nicht, doch warum es Unhöflich ist, wenn man dies nett sagt, leuchtet mir nicht ganz ein. Schließlich läutet man nicht bei wildfremden Menschen an der Haustür und sagt, sich selbst einladend, „Ich bekomme einen Kaffee“, was wirklich unhöflich wäre.

      Sondern man befindet sich in einem Cafe, dessen Geschäftszweck es ist, Kaffee zu verkaufen. Ein Kunde muss also nicht darum bitten, doch aus Nettigkeit des Kellners einen Kaffee bitte, bitte bestellen zu dürfen, und wenn dem Kellner dann die Nase gefällt, dann bekommt er vielleicht auch einen. Wenn ein Verkäufer solch einen Satz beleidigend findet, dann gehe ich gerne ins Cafe nebenan, um ihm keine Mühe zu machen.

      Zudem: Manch eine gestresste Bedienung (ich kenne mehrere Leute, die schon im Lokal gejobbt haben) ist sogar dankbar, wenn die Bestellung prompt kommt. Die Floskeln „Könnte ich bitte eine Tasse Kaffee haben?“ oder „Könnte ich zahlen?“ werden nämlich ebenfalls gern von Bedienungen im Gedanken hämisch mit „Keine Ahnung ob Sie das können, ich hoffe es aber für Sie!“ kommentiert.

    7. aquado Says:

      Thomas` Aussage kann ich mich nur anschließen.

      „Ich krieg/ bekomm ein Bier/Kaffee“ habe ich auch schon oft gehört. Dies mag für Schweizer Ohren wie ein Befehlston für das Bedienpersonal und damit eine Herabwürdigung für dieses klingen, ist es aber n i c h t. Hat auch nichts mit Bildungsniveau oder Erziehungsqualität zu tun. „Ich bekomm einen Kaffee“, ja, das ist es, was ich eben bekommen möchte. Ich bekomm einen Teller Pommes, auch nichts anderes. In der gehobeneren Gastronomie drückt man sich dementsprechend auch gewählter aus. Das mit den Schachtelsätzen vieler Schweizer bei einer Wunschäußerung mutet in deutschen Ohren seltsam an. Abschließend, die Aussage „Hören Sie?“ am Telefon, wenn das Gespräch kurz unterbrochen werden musste und dann wieder aufgenommen wird, weil der andere Gesprächsteilnehmer etwas suchte oder Rücksprache hielt, ist auch nicht unhöflich. Es heißt nämlich hier immer „Hören Sie?“ und nicht „Hören Sie!!“, wie viele Schweizer das immer gerne als ein Beispiel für unhöflichen Umgang von Deutschen anführen.
      Und ganz zum Schluß: „Tschüss (Tschüß), ist auch keine flapsige Verabschiedungsformel, bei der man sein Gegenüber keinen oder nur wenig Respekt zollt. Hat auch nichts mit Bildungsniveau, Erziehung oder gesellschaftlichen Stand zu tun. Tschüß kann man zu einem guten Freund sagen, ebenso wie zu einem Fremden oder seinem Vorgesetzten. Auch der Jüngere zum Älteren, der Passant zum Polizisten, der (gemeine);-) Bürger zum Adligen, der Auszubildende zum Chef und der Polizist zum Passanten. Hoffentlich ist dies nun endlich mal geklärt und es soll sich bitte niemand mehr an diesen „Feinheiten“ zerreiben. Tschüß! 🙂 🙂

    8. renegade Says:

      Gehört zwar nur am Rande zum Thema, aber es ist doch interessant zu lesen, dass bald Roboter den Job des Pflegepersonals übernehmen sollen.

      Roboterkrankenschwestern schwirren ab 2010 durch die Gänge
      http://www.golem.de/0701/50150.html

      Forschungsprojekt der EU
      http://cordis.europa.eu/fetch?CALLER=FP6_PROJ&ACTION=D&DOC=9&CAT=PROJ&QUERY=1168578891284&RCN=80484

      @ Jens
      dann hast du sicherlich auch dein WLAN 😉

      [Antwort: Joops, 8 mbps Kabel und 54 kbps WLAN]

    9. Thomas Says:

      Lieber Jens
      als Verlobter einer Krankenschwester klär ich dich mal etwas auf, insofern ich selber durchblicke.
      Also: das ist von Kanton zu Kanton verschieden. NEIN, Scherz, ausnahmsweise nicht. 🙂
      Grundsätzlich vergibt das SRK die Diplome. Die Probleme mit dem Ausland gibt es aber nicht nur deswegen, es ist einfach von Land zu Land extrem unterschiedlich, in wie weitdie Befugnisse von Arzt und Schwester gehen. In einem Land darf nur ein Arzt ne Spritze geben, bei uns hängt die Krankenschwester die Chemo selber an.

      Zurück zur Ausbildung: Früher gab es verschiedene Ausbildungen:
      zB Psychiatrieschwester, Kinderkrankenschwester etc. Das nannte sich irgendwie AKP oder so.
      Dann wurde beschlossen, das ganze zu vereinheitlichen. Das ganze hiess ‚DN2‘, damit gab es nun eine 3 (DN1) und 4 (DN2) jährige Ausbildung. DN2 hiess, dass du im Abschlussjahr noch eine oder mehrere Arbeiten schreiben musstest. Besser Füdli putze hast auch nicht gelernt. Aber als DN1 warst/bist dann eher der Depp im Umzug.
      Wie auch immer, der Ausbildungswechsel war eine Katastrophe (wie immer, wenn nur Psychologen/Pädagogen und Didaktiker mitmachen). Nun ist bereits wieder eine andere Art Ausbildung an der Reihe und es gibt so ca. 8 bis 10 Jahrgänge dieser DN2/DN1 ‚ler. Ein Überbleibsel quasi.
      Bei meiner Verlobten arbeitet uebrigens ne Anke aus Berlin und es ist recht süss mitzukriegen, wie die Anke das Verstehen des Züridütsch mittlerweile gut vollbringt, beim Solothurndeutsch meines Schätzchens aber ihre argen Probleme hat. 🙂

      Noch was wegen der Höflichkeit:
      @Thomas W. : Wenn viele im Lokal sind und zB ne Gruppe was bestellt, so sagt ja der erste ‚Ig hätt gärn es Kafi‘, der 2. sagt nur noch ‚ig au‘ oder ‚zwe‘ und so witer. Und das mit dem ‚ig weiss nid ob du das chasch‘ hat schon mein primarlehrer 1983 gesagt. 🙂

    10. patrick Says:

      Dann gab es ja noch die schwangere Deutsche die in der Schweiz eine Bäckerei betrat. Sie sagte: „Ich krieg ein Brot“. Darauf antwortete der Bäcker: „Sachen gibts…!“

    11. SZündhölzli Says:

      @ aquado
      Hören Sie? = Sind Sie noch da?
      Ich krieg = Ich hätte gerne…
      Tschüss = Ciao [tschau]; und nur für Duzer.
      Tschüss kenne ich nur von: und tschüss, als wir im alter von 16 Jahren voneinander verabschiedeten.

      Mit viel Liebe zum Detail.

      In der Schweiz hab ich: „Ich krige“ noch nicht gehört. Meine Eltern haben es mir nicht so beigebracht. Meine Kollegen und meine Verwandten in der Schweiz machen es auch nicht. Und weil das so ist, wird es als „unhöflich“ empfunden, egal wie es gemeint ist.

    12. aquado Says:

      Hallo, SZündhölzli,

      Ich nehme mal stark an, dass Sie Bewohner der Schweiz und auch ein echter Schweizer (Schweizerin?) sind.

      Natürlich war der Sprachgebrauch meiner aufgeführten Beispiele auch nur auf Deutschland und deren Bewohner bezogen.

      Für Schweizer Ohren klingt es eben, trotz meines Erklärungsversuch, nicht nett genug und man kann sich also demnach nicht damit anfreunden, wenn ich Ihren Kommentar richtig interpretiere.

      Wenn ich als Tourist in der Schweiz mich mit einem „Tschüss“ aus der Bäckerei, vom Empfangschef im Hotel oder von einem Einheimischen, den ich nach dem Weg gefragt habe, verabschiede, habe ich mir dabei nichts gedacht und auch kein schlechtes Gewissen, da dieses Wort nunmal zu meinem (und dem deutschen) Sprachgebrauch dazugehört.

      Wenn ich dahingegen die Schweizer Begrüßungsformeln verwenden würde (Gruezi, Auf Wiederluege; ich weiß nicht, wie man das richtig schreibt), schleicht sich bei mir immer das Gefühl mit ein, ich würde mir den Unmut der Schweizer zuziehen, da ich ihre Sprache und Dialekt nachahme und sie somit veralbern würde; ja, dies ist durchaus möglich, da wir ja wissen, welche „Liebe“ viele Schweizer für uns Deutsche empfinden!

      Die typisch deutsche Formel „Auf Wiedersehen“ klingt meines Erachtens sehr formell und auch etwas „angestaubt“. Mit „Auf Wiedersehen“ kann man auch sehr schnell eine kühle Distanz zu seinem Gegenüber aufbauen, wenn man es sehr einfach mit einem Ausrufezeichen verwendet. (Sie verstehen?)

      Das italienische „Ciao“ als Begrüßungs- und Verabschiedungsformel verwandt, ist in Deutschland unüblich. Es wird nur von (Italienern) in den Mund genommen, die sich sehr nahestehen und dementsprechend auch duzen. Als Deutscher sollte man also dieses Wort zu einem Italiener, (wenn er nicht zur Familie gehört) immer vermeiden.

      Ich hoffe nun, lieber SZündhölzli, dass Sie uns groben Germanen unsere rauhen Umgangsformen nachsehen und hier Ihre allseits bekannte Freundlichkeit walten lassen! 😉

    13. KR Says:

      Tschüß/tschüss/tschüüüüss (!) ist typisch norddeutsch. In Basel kriege (!) ich stets schier die Krätze, wenn ich dort dieses inzwischen gebräuchliche (Un-)Wort höre. Von Barbaren, die ihren eigenen Dialekt nicht kennen, mir aber Vorträge halten, wie man richtig „Sandoz“ ausspricht. Grauenhaft.

    14. SeL Says:

      Volle Zustimmung zu SZündhölzli von einem Norddeutschen (z.Z. in Zürich). Ich finde nicht, dass man sich mit Kürze oder mit Vorwegname von „Was bekommen Sie?“ über die Unhöflichkeit dieser Floskerl hinwegtäuschen kann. Woher weiss ich denn, dass der Kellner mich das fragen möchte, vielleicht hat er vor zu fragen „Was möchten Sie“? „Ich hätte gern einen Tee“ ist kaum länger. Und es entspricht der Wahrheit. Mit „Ich bekomme einen Tee“ mache ich eine Menge Annahmen über mein Gegenüber, wahlweise über den Satz, mit dem ich gefragt werde, oder über die Tatsache, dass mein Wunsch erfüllt werden wird. Das *ist* unhöflich. „Ich hätte gern/möchte“ ist dagegen kurz und wahrhaftig und höflich.

    15. Feustel Says:

      @patrick
      schön gesagt ich hau mich weg 🙂

      Wärend meiner Ausbildung hatten wir eine gewisse Abmeldungspflicht wenn wir auf das Klo wollten. Was dann häufig dazu geführt hat das man auf die Frage: Könnt ich mal auf’s Klo?
      Die Antwort bekommen hatt:
      Ob du kannst weiss ich nicht, aber du darfst.

    16. Thomas W. Says:

      @Thomas:
      „Ig hätt gärn es Kafi… kann ihn mir aber als armer Deutscher nicht leisten, daher bekomme ich nur den Tee – bitte!“
      😉

    17. Phipu Says:

      Um auch auf häufige Blogwiesen-Leser (wie mich) Rücksicht zu nehmen, möchte ich euch bitten, die Diskussion über „ich krieg/bekomm …“ erst weiterzuführen, nachdem ihr das hier gelesen habt. http://www.blogwiese.ch/archives/345 Ich danke euch im Voraus dafür. So freue ich mich jetzt schon auf die Kommentare mit den NEUEN Elementen, die in den früheren Aussagen nicht schon erwähnt wurden.

      – ich bin halt auch nur ein gewöhnlicher Egoist, dafür aber ein höflicher! –

    18. Branitar Says:

      „Ich bekomme…“ finde ich auch äußerst unhöflich, besonders Leuten gegenüber, die nicht ausschließlich dafür da sind, mir meine Wünsche zu erfüllen … also eigentlich allen gegenüber.

      Der oben angesprochenen Krankenschwester würde ich mindestens mit „Könnte ich bitte einen Kaffee bekommen?“ antworten, vorausgesetzt, ich wurde vorher gefragt, was ich möchte, ansonsten wäre in meinen Augen eine noch höflichere Form angebracht…

      @Admin
      Der Blog wird doch mit WordPress betrieben, bietet das nicht auch die Möglichkeit, mit Login und Passwort zu arbeiten?

    19. aquado Says:

      „Ich krieg die Krätze, wenn ich solch ein Unwort höre…“

      Wow, soviel also zum Thema Nachbarschaft und Toleranz. 🙁

      (Ich konnte es mir hierzu nicht verkneifen, mich wieder zu melden).

      Gut, das solche Aussagen, in umgekehrter Form, nicht von Deutschen kommen, aber, vielleicht soll gerade das herausgelockt werden?! Um Vorurteile zu bestätigen?

      Vielleicht habe aber auch ich mit einem meiner Kommentare (unbeabsichtigt) jemanden provoziert.

      Vielleicht halten es ja die Schweizer mit uns so, wie der Schriftsteller Mark Twain es einmal sagte:
      Es gibt nur ein Problem, das schwieriger ist als Freunde zu gewinnen: Sie wieder loszuwerden.

      Und damit herzliche Grüße nach Deutschland und in die Schweiz! 🙂

    20. Thomas W. Says:

      Macht doch mal die Fenster in der Schweiz auf, zum Lüften, macht Euch mal locker – oder lutscht ab und an mal ein Ricola-Kräuterbonbon und atmet den belebenden Sauerstoff ein, der dann in die Lungen und ins Hirn strömt. Ich bekomme dann auch eines davon, aber bitte für ein „Fränkli“ (Achtung, Ironie!) weniger, denn als Deutscher feilscht man gern und befiehlt stets, wohl aus Neid, weil wir nicht so fleissig und qualitätsvoll arbeiten wie dies südlich des Bodensees geschieht.
      Allmählich dämmert es mir, warum französischsprachige Schweizer wiederholt erleichtert waren wenn sie merkten, dass ich ein Deutscher bin und nicht aus Zürich oder Basel komme. Und mir für irre hielten, wenn ich ihnen sagte, dass ich die deutschspachigen Schweizer eigentlich ganz sympathisch fände.

      [Anmerkung Admin: Und wenn Du jetzt noch behauptest, als Deutscher auch Französisch zu sprechen, dann zerstörst Du gleich ein weiteres Klischee. Deutsche können niemals Fremdsprachen und gehen in der ganzen Welt davon aus, dass alle Menschen Deutsche können, denn sie fahren nur zum Ballermann nach Mallorca etc. 🙂
      Deine Erfahrung mit den Westschweizern enstpricht meiner Erfahrung: „L’ennemi de mon ennemi est mon ami„. ]

    21. Kiki Says:

      „Krankenschwester“ und „Krankenpfleger“ sind in Deutschland inzwischen auslaufende Berufsbezeichnungen, die nicht mehr vergeben werden.

      Pflegekräfte, die nach dem neuen Krankenpflegegesetz ausgebildet wurden bzw. werden, welches seit dem 1. Januar 2004 gültig ist, führen die Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Krankenpfleger/-in“.

      [Anmerkung Admin:
      Danke für diese Richtigstellung. Habe sowas vermutet, aber nicht prüfen können. Als wir vor 6 Jahren fortzogen, hiess der Titel auf dem Examen noch „Staatlich geprüfte Krankenschwester / Krankenpfleger“. Dann wurde seit dem 1.1.04 also auch in Deutschland eine neue Berufsbezeichnung eingeführt. Werde es gleich im Text korrigieren]

    22. awo Says:

      Ich glaube, dass mit dem „ich kriege einen….“ ist in D regional unterschiedlich! Wir haben diesen Satz nie benutzt! Ist aber sicher nicht so gemeint wie er klingt! Andererseits habe ich in der Schweiz Wörter gelernt, die auch für uns aus D hart klingen, wie z.B. „Wo sind meine Goofe?“,
      I gang uff`d Schiiiiese!“ und „Putz Dir`s Muul ab“!
      Es ist alles nur Gewohnheit!

    23. mare Says:

      @awo
      Ich finde als Schweizerin „goofe“ ebenfalls furchtbar und wir hätten auch nie „Schiissi“ sagen dürfen und ich korrigiere es auch meinen Kindern bzw. Jugendlichen.
      @admin
      Mir ist allerdings schon von Deutschen gesagt worden, mein Französisch töne falsch, anders als sie es gelernt hätten, nur: Ich war lange in Frankreich und dort hat sich nie jemand beklagt über meine Aussprache.

    24. Georges Says:

      noch was zum Thema „Tschüss“:

      Wenn man auf die Hotline von internationalen Konzernen anruft, so wird man oft mit einer CH-Telefonnummer gleich ins deutsche Call-Center verbunden. Da warte ich dann immer gespannt auf das Ende der Beratung, die einen Callcenter haben nämlich ihren Mitarbeitern offenbar eingeschärft, dass man den Schweizern nicht Tschüss sagen darf, die anderen tun’s eben doch.

      hat jemand eine Statsitik zu diesem Thema?

      @Admin
      Könntest Du bitte so nett sein und beim Reply-Fenster den Text hinschreiben, dass man die Eingabe vor dem submitten sicherheitshalber noch kopieren soll?

    25. Minute Says:

      Das Schweizer Nachrichtenmagazin Facts wird in der nächsten Ausgabe einen grossen Artikel dem Thema „Deutsche in der Schweiz“ widmen.

      Und zwar mit Themen-Schwerpunkt „Mobbing von Schweizern gegenüber Deutschen“. Deutsche, die deswegen sogar wieder die Heimreise antreten, etc.

      Mehr zum Thema aus erster Hand:
      http://plusquamperfekt77.blogspot.com/2007/01/facts-gemobbte-deutsche-in-der-schweiz.html

      [Anmerkung Admin: ist doch mal ein nettes Thema, aber verdammt schwer, dazu vernünftiges Material zu finden. Rate mal welchen Blogger mit Thema „Deutsche in der Schweiz“ sie auch dazu befragt haben 😉
      Auch Pino Aschwanden wollte eigentlich ein DOK drehen über frustrierte Deutsche, die zurück kehrten nach Deutschland weil sie hier zu stark gemobbt wurden. Es kam aber ein ganz andere Film dabei raus, siehe hier.]

    26. Minute Says:

      @Jens: Ja das habe ich mir schon gedacht, wobei Du bist ja immer noch hier 😉

      Leider funktioniert Dein Link zum Film nicht…

      Grüsse aus „Palm Beach“

      [Antwort Admin: Der Link funktioniert, wenn Du Real-Player installiert hast.
      Geht mal auf diese Seite ganz nach unten: http://www.sf.tv/sf1/dok/index.php?docid=20070125_2000_SF1
      und klick dort auf „Video“, mit Real Player installiert sollte der Film dann starten]

    27. Surabi Says:

      Ey alder nu ma gaaanz sutsche . und mach mia ma n kaffee..

      also, ich hab beim telefonieren aufgahängt, als am anderen Ende einer tschüs sagte.tja, aber das heisst ja hier sowas wie hallo..tse tse. und wenn ich schon vieles geschafft habe, aber das geht für mich als Norddeutsche gar nich.nix da mit tschüs heisst hallo!
      Mein absoluter Favorit ist aber das: „abtauschen“.

    28. surabi Says:

      Als ich einen Freund im Spital besucht habe, sagte sein Bettnachbar:
      i ga ans brünnli go wäsche u nachher wieder in mies näschtli.
      ein Erwachsener der in sein Nestli geht? naja…dann darf ich wohl auch weiterhin zum Abscheid tschüs sagen…

    29. Phipu Says:

      an Surabi
      mehr zum Thema „Näscht“ hier:
      http://www.blogwiese.ch/archives/133

    30. Livi Says:

      Hallo ihr!

      Ich bin Schweizerin mit deutschen Großeltern und kenne in der Schweiz nur nette Deutsche. Die waren auch immer sehr höflich und passten sich den Schweizer Gegebenheiten sehr gut an. Immerhin ziehen sie in der Schweiz auch ihre Kinder groß, die werden dann dieses typisch Schweizerische auch aufnehmen und Schwitzerdüütsch sprechen. Ich denke, Deutsche, welche in der Schweiz bleiben, mögen die Schweizer und umgekehrt. Dann passt es einfach. Die Chemie muss eben stimmen.

      Aber ich muss sagen, dass ich als Schweizerin nicht alle Schweizer mag, ganz im Gegenteil. gg

      Vielleicht sollte man davon wegkommen zu pauschalisieren.

      Tschüß sag ich auch viel, aber schon zum Abschied und eher in Du-Form, finde es aber angenehm, wenn Deutsche es sagen, weil ich sowieso eher ein You-Mensch bin, der innerlich keinen Unterschied macht zwischen Sie und Du, sondern einfach den Menschen sieht.

      Es gibt aber schon einige sprachliche Barrieren zwischen Deutschland und der Schweiz, nur werden diese unwichtig, wenn beide – Deutsche und Schweizer – ähnliche Typen sind.

      Lieben Gruß
      Livi

    31. Gerhard Schindler Says:

      Forsche Deutsche Direktheit (und nicht selten Barschheit) ist weder scheinbar noch angeblich unhöflich und arrogant, sondern IST unhöflich und arrogant!
      Es ist die bekannte Verweigerung (und Indoktrinierung) von Kindesbeinen an, eine Antenne für Grenzen zu entwickeln, um sich entsprechend dem zu verhalten, was weltweit der Inbegriff dessen ist, womit Zivilisation anfängt: dem Kennen und Respektieren von Grenzen!
      Nichts sorgt effektiver für die Wahrnehmung von Demütigung, Erniedrigung und Verletzung als die Konfrontation mit Deutscher Herrenmenschen-Arroganz!
      So behalten wir zuverlässig auch weiterhin das Label des „Ugly German“, bei dem man sich vor Ekel schüttelt, nachdem man „deutsch“ behandelt worden ist. Das ist der Preis.