Was ist ein Chlöpfer? — Klopfer ist der Freund von Bambi
(reload vom 18.6.07)
Den ersten Kinofilm, den ich im zarten Alter von 10 Jahren in Bochum-Hamme an der Dorstenerstrasse ohne Begleitung in der Sonntagsmatinee sah, war „Bambi“ . Es kostet 2.50 DM in der Loge mit Polstersitzen oder 1.50 DM im Holzparkett. Der Tod von Bambis Mutter bewegte mich unendlich:
Filmgeschichte schrieb die Szene, in der Bambis Mutter stirbt. Hier arbeiteten die Filmemacher mit der sogenannten Off-Camera-Technik: Der Tod von Bambis Mutter wird nicht im Bild gezeigt, ebensowenig der Jäger, der sie erschießt. Gerade deshalb hat er sich wohl jedem, der Bambi als Kind im Kino sah, so unvergesslich als früher „Kinderschock“ eingeprägt. Diese Szene wurde im Juli 2004 vom englischen „Total Film Magazine“ auf Platz 6 der 50 Top Movie Death Scenes (Die 50 berühmtesten Filmtode), (…)
(Quelle: Wikipedia)
Es folgten weitere sonntagmorgendliche „Godzilla vs. King Kong“ Filme, aber am besten von allen Filmhelden blieb mir Bambis Freund in Erinnerung.
Er hiess „Klopfer“, und trommelte mit dem Pfoten mächtig auf den Boden. Schweizer Kinder werden ihn 1964 bzw. 1973 bei der Wiederaufführung nur als „Thumper“ in der untertitelten Version erlebt haben. Falls doch eine schweizerdeutsche Fassung synchronisiert wurde, mutierte er sicherlich zu „Chlöpfer“. Und so verwandelt fand ich ihn wieder, Bambis Freund, in einem Artikel des Tages-Anzeigers mit dem angsteinflössenden Titel:
„Der Cervelat, wie wir ihn kennen, ist bedroht“
(Tagi 09.06.07, S. 25).
Nein, es ging nicht um ein „Reservat“ im tropischen Regenwald, auch wenn viel von Brasilien, Uruguay und Argentinien in dem Artikel die Rede war.
(Quelle Foto: ernestopauli.ch)
Es ging um die Wurst, bzw. die brasilianischen Rinderdärme, aus denen das 100% schweizerische Qualitätsprodukt „Schweizer Cervelat“ hergestellt wird:
Seit dem 1. April 2006 darf brasilianischer Rinderdarm nicht mehr importiert werden – weder in die EU noch in die Schweiz, die via ein Abkommen an die EU-Praxis gebunden ist. Schuld am Einfuhrverbot ist die Rinderseuche BSE. Weil die Brasilianer Präventionsvorschriften der EU nicht eingehalten haben, wurde den dortigen Farmern die Zulassung entzogen.
(Quelle: Tages-Anzeiger vom 09.06.07)
Nochmal ganz langsam: Die EU straft Farmer in Brasilien und in der Folge haben die Schweizer ein Problem mit der Wurst, denn:
Rinderdärme aus Argentinien sind zäh weil fettig, ausserdem würde der Cervelat damit viel zu dick. Jene aus Uruguay machen den Chlöpfer zu krumm, und die Schweizer Därme platzen zu schnell.
Und wir glaubten bisher, nicht der Cervelat würde zu dick, sondern der Schweizer, wenn er zuviel Wurst ist. Wenn sich Bambis Freund krumm machen soll, und die Därme der Schweizer dabei platzen, dann klingt eher nach einem unappetitlichen Splatter-Movie als Wurstwarenkonsum. Doch Chlöpfer kann, in der Mehrzahl auftretend, noch viel mehr in der Schweiz.
Durchstreift man die 2‘340 Fundstellen für „Chlöpfer“ bei Google-CH, so sind viele von ihnen sehr musikalisch, meistens in Guggenmusiken wie die „Mägi-Chlöpfer aus Mägenwil. Oft sind Chlöpfer nur in der Adventszeit aktiv, wenn sie die grossen Treichler Glocken und Peitschen schlagend durchs Dorf ziehen, wie die Trychler Chlöpfler in Malters.
Am Zürichsee gibt es einen Schaumwein, der so richtig pochend-klopfende Kopfgefühle bereitet, daher der Name „Zürichsee-Chlöpfer“.
Bei Bambi schiessen nur die Jäger, und Bambis Mutter wird erschossen. Bei einer Schweizer Schützengesellschaft entdeckten wir „Hobby-Chlöpfer“, die mit dem Sturmgewehr 90 klopfen.
Zuletzt entdeckten wir den Chlöpfer unter vielen anderen Schweizer Fahrzeugen mit zwei Rädern:
e Zwiback-Frääsi, en Affe-Ständer (Harley), en Arschbagge-Vibrator, en Bibelforscher-Traktor, en Blöff-Töff (Harley), en Böögge-Stuel (BMW), en Chlöpfer, en Füür-Stuehl, en Grad-uus-Töff (Harley), en Hobel, es Chlöpf-Schiit, es Guezli, es Rauchvelo, es Wäschpi (Vespa)
(Quelle: Züri Slängikon)
Ziemlich universal verwendbar, dieses Wort. Aber wenn „es chlöpft und tätscht“ in der Schweiz, dann sollte man lieber den Kopf einziehen.
Oktober 5th, 2011 at 18:11
Es fehlt hier noch der Hinweis auf den „Chlopfer“, mit dem bis nicht vor allzu langer Zeit eifrige Hausfrauen (-männer dürften schon nicht mehr zu dieser Generation zählen) ihre Teppiche bearbeiteten, die sie zuvor über eine meist im Hof befindliche Stange legten. Dieses Geschäft hat jeweils ganz schön „g’klöpft“! Das auch mit „K“ geschriebene Gerät wird bereits hier beschrieben: http://www.blogwiese.ch/archives/487
Oktober 5th, 2011 at 22:10
Es „Chlöpf-Schiit“ ist auch eine rässe weibliche Person
Oktober 6th, 2011 at 7:18
Achtung, der obige Text enthält eine Anstiftung zur Verwechslung: Wenn Bambis Freund zu Hochdeutsch „Klopfer“ heisst, ist das eben nicht mit „Chlöpfer“ zu übersetzen, sondern als „Chlopfer“, siehe Beitrag von Sprachnarr und Antworten zum Originaleintrag: http://www.blogwiese.ch/archives/609 .
Alles was „chlöpft“ (je nach Dialekt auch „chlepft“) müsste eher im Sprachfeld von „knallen“ zu suchen sein. So eben auch die Substantive davon, nämlich „der Chlöpfer (Chlepfer)“ (Knaller) und „der Chlapf“ (Knall). Letzterer wurde auf dieser Wiese auch schon behandelt. http://www.blogwiese.ch/archives/363
Oktober 6th, 2011 at 8:23
Nicht nur in der Schweiz gibt es Würste, die Chlöpfer heissen. Auch die Briten nennen ihre Lieblingswürste „Bangers“. Eines der populärsten Gerichte dort ist „Bangers and Mash“, wörtlich auf Deutsch „Knaller und Matsch“, sinngemäss Berndeutsch „Chlöpfer u Härdöpfuschtock“ und Standarddeutsch „Bratwürste und Kartoffelbrei“. Dazu viel Bratensauce mit Zwiebeln. Lecker 😉