Woher kommt diese Verachtung für alles Deutsche?
(reload vom 9.3.06)
Der zweite Weltkrieg endete für Deutschland am 8. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation. Das ist im Mail 64 Jahre her. So alt ist also auch die historische Erfahrung der Schweizer, vom nördlichen Nachbarn bedroht worden zu sein. „Die Schweiz das kleine Stachelschwein, das nehmen wir auf dem Rückweg ein“ soll das geflügelte Wort der Deutschen Soldaten gelautet haben, als sie Frankreich besetzten und dabei über das Elsass in Richtung Süden an der Schweiz vorbei marschierten.
Kommt aus dieser Zeit die Angst vieler Schweizer vor den Deutschen? Ist es wirklich Angst, oder ist es mehr „Verachtung“, die sich vor allem dann lautstark äussert, wenn die Deutschen Fussballer gerade in irgend einem Meisterschaftsspiel gegen eine fremde Nationalmannschaft spielen? Dann schlägt das Herz für den Gegner der Deutschen, ganz egal ob der aus Brasilien, England oder einem Afrikanischen Staat kommt. Definiert sich das nationale Selbstverständnis, das Selbstvertrauen vieler Schweizer in der Besinnung auf alles „Schweizerisch“, das vor allem dadurch gekennzeichnet ist, das es „nicht Deutsch“ sein darf?
Wie sagte der Schriftsteller Hugo Loetscher in dem Film „Kniefall & Karneval“
Das hat natürlich mit einem Nationalismus zu tun, der sehr hartnäckig ist. Aber den man insofern verstehen kann, aus der Geschichte heraus, es war eine Selbstbehauptung, nicht, vor allem war das eben doch in den Dreissigern und dem Zweiten Weltkrieg, das man sich gegenüber Deutschland, also dem Nationalsozialismus behaupten musste, also behauptet man sich eben per „schweizerisch“, und plötzlich hat man eben Sachen als schweizerisch bezeichnet, die Schweiz als Qualitätsbegriff und nicht als Eigenschaft, ja eben als Eigenschaft genommen.
(Quelle: Kniefall & Karneval)
Und der Schweizer Philippe schrieb in einem Kommentar:
Das Problem: Man muss sich abgrenzen von dem, das einem am nächsten ist. Deshalb sträuben sich den Schweizern, hören sie hochdeutsch, gleich die Nackenhaare.
(Quelle)
Abgrenzen von dem, was am nächsten ist. Darin liegt vielleicht das Problem. Die eigenen Schwächen, Fehler und schlechten Charaktereigenschaften kann man am besten dadurch bewältigen, dass man sich ein Ziel für die Übertragung sucht: Die Schweizer mögen an den Deutschen genau jene Eigenarten nicht, die sie an sich selbst auch nicht mögen. Aber so schafft es wenigstens Erleichterung, wenn man sie beim anderen verachten kann.
Vielleicht müsst Ihr Deutschen einfach lernen, dass die Schweiz ein ganz normales Nachbarland mit einer eigenen Sprache und einer eigenen Kultur ist. Niemand käme auf den Gedanken, den Norwegern vorzuwerfen, sie sprächen eigentlich Dänisch, nur irgendwie falsch. Und es würde wohl zu grösseren Irritationen führen, wenn die Russen plötzlich erklärten, die Ukrainer sollten wieder mehr richtiges Russisch sprechen, weil das doch ihre Sprache sei. Das Vorurteil, dass die Schweizer eigentlich Deutsche seien, die das nur noch nicht begriffen hätten, schwingt bei vielen dieser Diskussionen unüberhörbar mit.
(Kommentar des Schweizers Peter)
Wir haben diesen Vorwurf häufig gehört und gelesen: Die Deutschen nehmen die Schweizer nicht für voll, die Deutschen glauben, dass „die Schweizer eigentlich Deutsche seien“ usw.
Der Leser Jonny schrieb:
Die Schweiz ist eben nicht das 17. Bundesland und Schweizerdeutsch nicht einfach ein Dialekt, sondern eine Sprache und deshalb hinkt der Vergleich mit dem Hamburger, der in Ba-Wü kein Schwäbisch spricht.
(Quelle)
Wir glauben, dass hier zwei Dinge miteinander vermischt werden. Man muss schon ziemlich belämmert sein und ohne Schulbildung, um durch die Welt zu laufen mit der Auffassung, die Schweiz sei so etwas wie ein „Teil von Deutschland“ und kein eigenständiges Land. Wir glauben gern, dass bei den Ballermann-Strand-Deutschen auf Mallorca solche Meinungen kursieren. Dort werden garantiert auch Kanadier für Amis gehalten, und Slowenen und Slowaken kommen aus dem gleichen Land. Gegen Ignoranz ist kein Kraut gewachsen, ausser das der Aufklärung.
Der Satz, dass „Schweizer eigentlich Deutsche“ seien bezieht sich unserer Meinung nach nur auf die Sprache: Das Schweizerisch zum deutschen Sprachraum gehört. Ob nun eigenständig oder nicht, als eigene „Sprache“ oder nur als „Dialekt“, darüber mögen sich die Sprachwissenschaftler streiten. Der Begriff „Sprache“ kennt in der Linguistik zahlreiche Definitionen, da mag sich jeder eine passende aussuchen. Die Sprachwissenschaftler sprechen hier von „Höchst-Alemannisch“:
Höchstalemannisch ist eine Gruppe von Alemannischen Dialekten, die im äussersten Südwesten des deutschen Sprachraums gesprochen wird.
(Quelle: Wiki)
Uns erstaunt bei dieser Diskussion oft die rigorose Abwehrhaltung mancher Schweizer gegenüber allem Deutschen. Die Angst, nicht für voll genommen zu werden. Die Angst, von Deutschen und ihrer Sprache vereinnahmt zu werden. Wir rätseln über die Herkunft dieses offensichtlichen Minderwertigkeitkomplexes, unter dem, Gott sei Dank, nicht alle Schweizer zu leiden scheinen, sonst gäbe es nicht 70.000 Auslandsschweizer in Deutschland, die auch in vielen Spitzenpositionen in Wirtschaft und Medien zu finden sind. (vgl. Blogwiese)
Diese Auslandsschweizer in Deutschland kommen wunderbar aus mit den nördlichen Nachbarn, sie werden auch nicht ständig als „Kuhschweizer“ belächelt, wenn sie nur ihren Fuss über den Rhein setzen. Den Ausdruck „Kuhschweizer“ kennt in Deutschland niemand.
Natürlich amüsieren sich die Deutschen, die neu in die Schweiz kommen oder nur zu Besuch hier sind, über echtes Schweizerdeutsch. Sie haben Freude dran, weil sie es nicht gewohnt sind, weil sie nur trockenes Hochdeutsch kennen und sonst wenig Varianten. Es gefällt ihnen auch ein deftiges Bairisch aus Oberbayern, oder sie gehen mit Freude in eine Vorstellung im „Millowitsch-Theater“ in Köln auf Kölsch. Wenn sie dann nicht mehr aufhören mit dem „Spass haben“, dann wird es erst kritisch. Der erste und wichtigste Satz, den man sich als Deutscher in der Schweiz merken sollte, lautet: „Denken sie immer daran: die Schweizer sprechen nicht so wie sie sprechen, damit Sie als Deutscher Spass haben“.
Doch zurück zur Ausgangsfrage:
Wir fanden einen gute Erklärung im neuen „Variantenwörterbuch des Deutschen“ (De Gruyter Berlin 2004), S.19:
Die Sprachsituation in der deutschen Schweiz ist geprägt vom Nebeneinander von Dialekt (Mundart) und Standardsprache (einer so genannten „Diglossie“). Im alltäglichen Verkehr unter deutschsprachigen Schweizerinnen und Schweizern wird fast ausschliesslich örtlicher Dialekt gesprochen. Nur in bestimmten formalen Situationen kommt die Standardsprache in ihrer spezifisch schweizerischen Ausprägung (Schweizerhochdeutsch) zur Anwendung. In vielen dieser Situationen stützen sich die Sprecher auf ein Manuskript. Das gilt für die Rede in einer Versammlung, die Voten der Politiker im Parlament, die Plädoyers der Anwälte vor Gericht, für die Predigt in der Kirche, Nachrichten und Kommentare im Radio und für die Vorlesung an der Universität.
So weit, so gut. Das hatten wir alles schon erwähnt und ausgiebig diskutiert. Jetzt kommt ein neuer Aspekt hinzu:
Das freie Gespräch in der Standardsprache ist fast ausschlieslich auf den Unterricht an Schule und Universtität und auf die Kommunikation mit Nicht-Dialektsprechern beschränkt. (…)
Das Standarddeutsche ist für die Schweizer jeglicher sozialer Herkunft vor allem Schul- und Schriftsprache. Dies hat grosse Auswirkungen nicht nur auf die Sprachfertigkeit in der Standardsprache, sonder auch auf den aktiven Wortschatz und die kommunikativen Fähigkeiten insgesamt. Die Schweizer und Schweizerinnen können sich in der Standardsprache relativ gut über alles unterhalten, was Thema des Schulunterrichts ist oder war. Dagegen fehlt vielen der präzise standardsprachliche Wortschatz, wenn es beispielsweise um das Essen oder die Küche, die Einrichtungsgegenstände in der Wohnung oder um das spontane Äussern von Emotionen geht (z. B. fluchen, trösten, loben, „Pillow-Talk“). Über solche, in schriftlichen Texten eher selten abgehandelten Belange sprechen die allermeisten deutschsprachigen Schweizer ausschliesslich im Dialekt, so dass die Umstellung auf die Standardsprache vielen schwer fällt. Mangelnde Übung mit der Erinnerung an Schulsituationen verursacht häufig eine gewisse Scheu vor dem Gebrauch der Standardsprache.
Wir finden das eine absolut überzeugende Argumentation: Negative Erinnerungen an fiese Lehrer, an Schulzwang, an Notendruck und das Gefühl, dabei überfordert zu sein, könnte der Grund für die negative Haltung zum Hochdeutschen sein. „Pillow-Talk“, das nennt man auch „Bettgeflüster“, darüber wurde im Deutschunterricht sicher nie gesprochen, das wurde auch nie aufgeschrieben, woher soll ein Schweizer das dann überhaupt auf Hochdeutsch können? Flüche schreibt man gleichfalls nicht auf, wie soll man sie also je auf Schriftdeutsch gelernt haben?
Jetzt sind wir erleichtert: Es hat weniger etwas mit der geschichtlichen Erfahrung zu tun, bei der jüngeren Generation schon gar nicht, als mit den persönlichen Erinnerungen an Schule und Lehrer, sowie dem Umstand, dass dort nicht alle Lebensbereiche gleich intensiv in der Standardsprache behandelt wurden, daher die Lücken im Wortschatz und die Ablehnung, sich auf Hochdeutsch zu äussern.
Januar 14th, 2009 at 0:50
Sorry, ich habe seltenst offene Ablehnung verspürt, das Thema ist primär ein Medienthema zur Auflagensteigerung und auch Herr Wiese nimmt im Vorfeld des 8. Februar gerne den ganz dicken Pinsel in die Hand. Ich betrachte mich als Fremder hier und verhalte mich entsprechend. Thats all.
Januar 14th, 2009 at 0:50
Zur Erinnerung: In diesem Blog wurde mal behauptet, es sei nicht möglich, in Schweizerdeutsch, also Dialekt, über Kant zu diskutieren. Wenn ich mich nicht täusche, war sogar Jens-Rainer Wiese dieser Meinung. Das impliziert doch, dass Schweizerdeutsch eigentlich doch nicht für alle Situationen tauge.
Irrtum: Man kann alles, aber wirklich ALLES auch in Schweizerdeutsch ausdrücken, denn – was noch immer viele Deutsche kaum glauben – wir Schweizerdeutschen sprechen niemals in irgendeiner Situation miteinander Standardsprache.
Wird Standardsprache verwendet, ist es, weil uns sonst einer der Gesprächspartner nicht verstehen würde oder weil es eine Ansprache einer Person an eine (Halb-)Öffentlichkeit ist. Wenn aber am Schluss eines Vortrags, Referats, einer Vorlesung oder Ansprache ein oder mehrere Zuhörer – nach der allfälligen offiziellen Diskussion – mit dem Deutschweizer Redner diskutieren oder ihm eine Frage stellen, verwenden mit 100 Prozent Sicherheit beide Seiten den Dialekt.
Wer das nicht glaubt, nimmt das Schweizerdeutsche als hiesige Normalsprache nicht ernst.
[Anmerkung Admin: Ja, ich habe diese Frage mal provokativ gestellt, weil ich wissen wollte, ob sich Schweizerdeutsch auch als „Fachsprache“ eignet oder doch auf bestimmte Lebensbereiche (Familie, Freunde etc.) begrenzt ist. Ein paar Journalisten, ein Schriftsteller und ein Philosophie-Dozent der Uni haben mir bestätigt, dass sie sehr gern auch auf Schweizerdeutsch fachsprachliche Gespräche führen, es aber oft einfacher für sie in der Standardsprache ist, bzw in der „Fachsprache“, auf Hochdeutsch ausgesprochen. Ich denke dass die Frage, ob es Situationen gibt, für die Schweizerdeutsch mehr oder weniger gut taugt, für jeden Sprecher individuell beantwortet werden muss. Nicht alle sind wirklich zweisprachig, verfügen in beiden Varianten über das gleich Ausdrucksvermögen und das gleich grosse Vokabular. Viele Schweizer beklagen, dass das Wissen über die reichhaltigen Varianten des Dialekts mehr und mehr verloren geht.]
Januar 14th, 2009 at 9:35
Sollen die Deutsch-Schweizer nun auch daheim und umgänglich hochdeutsch sprechen damit die deutschsprachigen Zuwanderer kein Schweizerdeutsch lernen müssen? Verkehrte Welt.
Januar 14th, 2009 at 11:21
Ich denke auch, dass die gängigen Vorurteile auf sprachliche Differenzen und Abneigungen zurückgehen. Inwieweit der am Eingang zietierte Slogan deutscher Soldaten hierzulande überhaupt bekannt ist, bleibt sehr fraglich. Ein geschichtsbegeisterter Bekannter, der nach eigenen Aussagen nichts gegen Deutsche hat, bat mich kürzlich mit flehenden Augen, ihm etwas über den Zweiten Weltkrieg zu berichten, da er selbst während der Schulzeit ausschliesslich über das alte Ägypten orientiert worden war. Ehrlich gesagt, habe ich in 13 Jahren Schulzeit auch sehr wenig über die Schweiz gelernt, und das trotz 7 Jahren Geschichte, 5 Jahren Erdkunde, mindestens 5 Jahren Sozialkunde (hier verlässt mich meine Erinnerung) und 3 Jahren Gemeinschaftskunde. Hingegen waren die Deutschlehrer auf Zack und behandelten die Herren Frisch und Dürrenmatt ausführlich.
@ändu:
Dass Sie noch nicht angemacht wurden in diese Richtung, freut mich für sie. Meine Erfahrung ist gegenteilig. Gerade in letzter Zeit wurde ich verstärkt angepöbelt und zwar meistens aus dem Nichts heraus. Die Pöbler waren auch nicht unbedingt Schweizer, sondern auch gerne mal Leute aus einem nicht-alemanischen Umfeld, die glaubten, etwas besonders Schlaues von sich geben zu müssen.
Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Abneigung gegen Deutsch nicht automatisch mit der Bildung zusammenhängt, sondern mit der Weltoffenheit an sich. Ich habe viele Schweizer kennengelernt, denen die antideutsche Stimmung viel zu blöd ist, um sie permanent zu thematisieren. Und ich habe tatsächlich eine Reihe an Schweizern kennen gelernt, die meine vermeintliche Arroganz (spreche kein Schweizerdeutsch und sage direkt, wenn mir etwas nicht passt und wehre mich direkt gegen dreiste Anmachen) unmittelbar mit meiner deutschen Herkunft in Verbindung brachten. Letzteren kann ich nur sagen, dass ich sehr froh darüber bin, von ihnen nicht gemocht zu werden. Denn auf solche Leute verzichte ich gerne.
Januar 14th, 2009 at 11:32
Woher kommt diese Verachtung für alles Deutsche?
Starker Tobak. Natürlich verachte ich nicht alles Deutsche. Es gibt jedoch schon Dinge, die mich stören. Am meisten die überall durchschimmernde Selbstverachtung der Deutschen. Z.B als Koch in Hessen
Januar 14th, 2009 at 11:41
..ein Tabuthema angesprochen hat; was das auslöste! Die Medienlandschaft scheint komplett gehirngewaschen gehirnwäscherisch zu sein. Oder kürzlich, als die Polizei eine Wohnungstüre eintritt um eine Israelflagge zu demotieren: zum kotzen! Aber: Dies sind alles Tendenzen, die man leider auch in der Schweiz vorfindet.
(Sorry für die Unterbrechung, bin auf den falschen Knopf geraten)
Januar 14th, 2009 at 13:29
Na ja, Ablehnung des Hochdeutschen? Wie alle übrigen 6 Milliarden Menschen dieser Welt sprechen die Deutschschweizer halt auch die Sprache am liebsten, die sie am besten beherrschen: dieses Höchstalemannisch, wie es unter Fachleuten heisst. Und ich meine, dass die Schweizer ziemlich gut im sprachlichen Entgegenkommen sind. Sie beherrschen relativ gut Fremdsprachen und versuchen sich – wenn möglich – in Italien mit Italienisch, in Spanien mit Spanisch und in Frankreich mit Französisch. Und in Deutschland sprechen sie Hochdeutsch.
Werden sie in ihrem Heimatland von fremden Menschen in einer fremden Sprache angesprochen, versuchen sie eine Form der Verständigung zu finden. Und von einem Deutschen, der als Tourist kommt oder erst seit kurzem im Land ist, wird ja auch nicht erwartet, dass er Schweizerdeutsch versteht (sprechen muss er es sowieso nicht). Mit der Zeit kommen aber die Integrationserwartungen, die wir zurecht an Ausländer stellen.
Deucht mich alles in allem eigentlich recht unkompliziert.
Und verspüren Schweizer Verachtung für alles Deutsche? Für deutsche Sportwagen? sicher nicht. Für Bastian Schweinsteigers Fussballkünste? nein, höchstens Bewunderung bis Neid. Für Michael Schuhmachers Fahrkünste? nie im Leben. Für Deutschlands Arbeitslosequote? nein, Mitleid. Für Deutschlands Grundgesetz und politische Rechte? Es ist mal ein Anfang, aber es gibt noch viel zu lernen. Für Deutschlands Gewerkschaftsfunktionäre? ja, unbedingt.
„Dagegen fehlt vielen der präzise standardsprachliche Wortschatz, wenn es beispielsweise um das Essen oder die Küche, die Einrichtungsgegenstände in der Wohnung oder um das spontane Äussern von Emotionen geht (z. B. fluchen, trösten, loben, “Pillow-Talk”).“ Den Satz find ich auch recht bemerkenswert, weil da etwas entscheidendes vergessen geht. Es gibt die Schweizer Standartsprache, das Schweizer Hochdeutsch, in der es dann eben Randen statt rote Beete heisst und Ständerlampe statt Stehlampe.
Wir sind nicht nur Deutschsprecher, wir sind auch Deutschautoritäten.
Januar 14th, 2009 at 15:34
Deutscher ist nicht gleich Deutsch: Wer nach der Verachtung des Deutschen (als Sprache) fragt, darf nicht einleitend die Abneigung gegen den Deutschen (als Angehöriger eines Landes) thematisieren, anonsten eine vernüftige Diskussion nicht möglich ist, da Kategorien vermischt sind und bleiben.
Deutschland hat vor 61 Jahren ziemlich „Scheisse gebaut“ und die Wunden sind nicht verheilt. Aus persönlicher Erfahrung weiss ich, dass die Wunden des Krieges bis tief in zweite Nachkriegsgeneration hineinreichen (Stichwort: Familienroman). „Ist doch nun lange her“ zählt darum nicht.
Der Umgang mit der Sprache Deutsch ist ein ganz anderes Thema, das in der Tat im Zusammenhang mit Identität und Sprachbeherrschung zu sehen ist. Und natürlich überschneiden sich „Identität“ und „Abneigung gegen die Deutschen“, da die eigene Identität immer (auch) über die Ablehnung des Anderen definiert wird – was gerade der geschichtsbewusste Deutsche weiss.
Somit schliesst sicher der Kreis und ich mit ihm.
Januar 14th, 2009 at 16:13
Die Erklärung mit dem Standarddeutsch in der Schule, das Schuld ist an der Verachtung allem Deutschen, ist etwas banal. Leider habe ich auch keine abschliessende Erklärung. Aber ich bin sicher, dass es viel, viel komplizierter ist.
Und übrigens gibt es heutzutage, vor allem wenn man beispielsweise in Zürich lebt, noch ganz andere Gründe antideutsche Reflexe zu entwickeln.
Januar 14th, 2009 at 16:18
Da möchte ich mich Chrigel anschliessen. Es heisst hierzulande auch Rüebli oder allenfalls Karotten, aber niemals Möhren. Oder Kondukteur statt Schaffner. Dennoch interessiert es mich, wie Deutschsprachige aus Deutschland abweichende Begriffe verwenden oder was diese bedeuten.
Darum @Simone:
Du schreibst: … trotz 7 Jahren Geschichte, 5 Jahren Erdkunde, mindestens 5 Jahren Sozialkunde … und 3 Jahren Gemeinschaftskunde.
Geschichte kenne ich, Erdkunde heisst bei uns Geografie. Was aber wird in Sozial- und was in Gemeinschaftskunde unterrichtet bzw. gelernt?
Januar 14th, 2009 at 16:45
@ Ein Zuercher
Selten so gelacht.
Zimmerst Du Dir öfters so ein Schmus zusammen?
Januar 14th, 2009 at 18:14
@ Ein Zuercher
Du wirst immer besser!
Du argumentierst doch kontradiktorisch sowie tautologisch. Und das ist bekanntlich empirisch nicht überprüfbar. Aber egal. Real magst Du vielleicht ein netter Kerl sein, aber hier machst du eher einen zwanghaften Eindruck.
Good luck!
Januar 14th, 2009 at 20:52
@Kein Züricher
Hier ein Nachtrag zur Aussage wg. der Doppel-Sig-Runen-Taste.
Habe wg. der behaupteten Aussage betreffend der „SS-Rune“ an dt. Schreibmaschinen von 1933 bis 1945 eine Recherche durch geführt.
Die von mir postulierte Mutmaßung wg. der SS-Taste scheint zu stimmen, da im „Dt. Schreibmaschinenmuseum Bayreuth“ und im „Nixdorf-Museum Paderborn“ bestätigt wurde: Eine SS-Taste war eigentlich nur bei dienstlich genutzten Maschinen üblich, wie z. B. bei der Polizei, Reichsbahn, Wehrmachtsgliederungen, Gestapo, SS und Waffen-SS. Bei den dienstl. Fernschreibern wurde auch das einfache S verwendet.
Auch wurde allgemein gesagt: Viele Dienst-Schreibmaschinen sind nach dem Krieg in privater Hand aufgetaucht (geklauft bzw. organisiert) und hätten deshalb noch diese unsägliche SS-Taste gehabt.
Eine Standardisierung bei Zivilmaschinen mit dieser Taste ist nicht bekannt. Auch scheint eine historisch-technische Aufarbeitung in diesem Bereich noch nicht erfolgt zu sein.
Ein vereidigter Sachverständiger, Herr N.N., sagte mir:
Dies mit der Taste an ALLEN Maschinen ist halt so ein Märchen, ein Dauerbrenner der ganz Superschlauen.
Im Handel würde eine alte zivile Schreibmaschine aus der Zeit zwischen 1933 bis 1945 ca. 300 bis 500 Euro kosten, hingegen eine dienstlich genutzte und mit einer SS-Taste würde einen Preis bis ca. 10.000 € haben können.
Die Idioten für solches Schweinekram sterben halt leider nie aus!
PS:
Habe auch die Info gesteckt bekommen: Es gab und gibt für solch ein NS-Schwachsinn einen höheren Anteil am Kaufaufkommen, der über die Grenze in die Schweiz gehen würde.
Hoffentlich hast Du keine solche Schreibmaschine!
Januar 14th, 2009 at 21:56
natürlich haben wir in der Schule vieles über die Schweiz gelernt. Nur haben wir verpasst uns klarzumachen, dass es sich um eine sehr eigene kleine Schweiz handelt.
Wilhelm Tell dürfte so ziemlich jeder Gymnasiast zwischen 1965 und 1985 auf dem Lehrplan gehabt haben. Max Frisch „Homo Faber“ und „Stiller“ ebenfalls, Dürrenmatt: nicht nur wahrscheinlich in deutschen Schultheater AGs ganz häufig gegeben. Peter Bichsel und Adolf Muschg, Gottfried Keller und Robert Walser – bestimmt nicht nur Exoten für den Literaturleistungskurs, sondern gleichwertig neben Böll und Kafka.
Irgendwie wollten die Schweizer die selber nicht haben. Vielleicht waren es aber in den Augen mancher auch nur zu grosse Proleten. Wir Deutsche neigen etwas zu den einfachen Dingen, bei uns heisst Geographie eben einfach Erdkunde. Da kann sich jeder was drunter vorstellen.
Aber Pillow Talk. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals mit einem Kissen gesprochen zu haben. Höchstens reingeheult. Möglicherweise kurz nach der Einwanderung in die hiesigen Gefilde. Nein, nicht weil ich gemieden und ausgegrenzt wurde. Es war einfach so eine Enttäuschung am Anfang: So viele verschlossene, verbohrte trübe Tassen. Und dann ewig dieser angestrengte Tonfall, schlimmer als in jeder Kaserne. Jede Verrichtung wurde feierlich und getragen mit ernster Bestimmtheit angekündigt. Am Montag wurde man zur „neuen Woche“ begrüsst. Und das 52mal im Jahr, immer zackig, immer drahtig…so als gebe es nur diesen faschistoiden doppelmoraligen Schnauzbartbewaffneten Antitypen aus der Schweizermacher Geschichte.
Ewig wurde einem erzählt, wie toll man Englisch könne und Französisch und natürlich auch Italienisch. Immerhin liess man ein „risotto“ hören. Klasse, im Ausland dann immer ganz hinten anstellen … Du kannst doch vielleicht für uns gleich mitfragen. Klar und über die Welschen herziehen, die ja eigentlich Deutsch könnten aber ums Verrecken immer und ueberall ihr Französisch sprechen müssten.
Nur in der Bar, da fragte man doch auf einmal selbst nach Französisch. Bei Weissrussinnen und das in gestelztem umständlichen Hochdeutsch.
Zum Glück ist das alles anders geworden
Januar 14th, 2009 at 23:32
Was schreibt kein Zürcher?
Zitat: „..und sich ein Mindestmass an Hoeflichkeit und Charme zulegen.“
Na dann… viel Erfolg beim Selbstversuch.
Januar 15th, 2009 at 9:31
@Solanna:
Das Fach „Sozialkunde“ war bei uns so eine Art Mischung zwischen Politikunterricht und den Fach Ethik. Da man mit Schülern der 5. und 6. Klasse noch nicht unbedingt über Politik diskutieren kann und wenn überhaupt, dann eine kindgerechte Form finden muss, geht es allgemein um die Vermittlung sozialer Lebenswelten dieser Altersgruppe. Man lernt den Umgang miteinander. Ich halte es durchaus möglich, in Sozialkunde mal einen Blick über den Tellerrand der eigenen Landesgrenzen zu werfen.
Gemeinschaftskunde wird erst in der Oberstufe (ab St. 11) unterrichtet und sollte sowohl nationale als auch internationale politische und gesellschaftspolitische Themen beinhalten. Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass mir trotz einer ganzen Reihe sozialwissenschaftlicher Fächer in neun Jahren Gymnasium leider extrem wenig über das Nachbarland „Schweiz“ vermittelt worden ist.
Januar 15th, 2009 at 11:11
Alle Aspekte abgedeckt und beide Seiten „zu Wort“ kommen lassen. Guter Artikel.
Aus eigener Erfahrung folgende Bemerkung an die deutschen Zuwanderer: Ein bisschen weniger Gralshüter der deutschen Sprache spielen und mehr auf die Schweizer Dialekte und Gegebenheiten eingehen – Stichwort Integration.
Januar 15th, 2009 at 13:05
@Zürcher:
Ich finde es klasse, wie Sie wieder einmal dieses Dschungel-Uga-Uga verteidigen, für das es nach wie vor keine einheitliche Verschriftlichung gibt. Gerade in der letzten Zeit bin ich doch sehr dankbar, dass mich noch niemand mit Kokosnüssen beworfen hat…
Januar 15th, 2009 at 14:25
@ Ein Zürcher
Hallo Opi! Chemnitz? Wie kommst du auf Chemnitz. Die haben einen Ausländeranteil von 2,67%, Tendenz fallend. Da scheint es sich wohl um Ihr Traumziel zu handeln. Ausserdem sind von den 250.000 Einwohnern 150.000 über 40 Jahre alt. Hier würden Ihre Ansichten auf Anerkennung stossen – wahrscheinlich auch ihr Tonfall.
Ausserdem Preussen jammern nicht. Bin aber keiner. Trotzdem: Die einzigen die ewig jammern sind eine gewisse Schar Eidgenossen. Zum Beispiel Ihr Jammergenosse Cocomere: „Und übrigens gibt es heutzutage, vor allem wenn man beispielsweise in Zürich lebt, noch ganz andere Gründe antideutsche Reflexe zu entwickeln“. Wer zwingt den, in Zürich wohnen zu bleiben, kann doch ins Emmen Center zügeln.
Du bist auch so ein Jammerlappen: „Uns Schweizern aber dauernd vorschreiben zu wollen, wie man zu gackern hat, grenzt an Menschenrechtsverletzung.“ Wem seine offizielle Landessprache nicht passt, der kann ja ins Tessin. Aber Warnung da wird auch hochdeutsch gesprochen. Die Schweizer Dialektvariante steht nicht gerade hoch im Kurs, schon gar nicht die aus Zürich.
Und die Antworten auf die Kommentare waren auch schon mal besser. Ganz nebenbei sind „kontradiktorisch“ und „Kontradiktion“ nicht dasselbe. Auch käme es bei der Tautologie darauf an, in welchem Sinne dies gemeint wäre. Du laberst nämlich ewig den gleichen Käse. Das nennt man Tautologie.
Was könntest Du daraus lernen: Gutgemeinte Ratschläge von vergreisenden Zürichern (Gratistipp: Nicht mit Fremdwoertli um sich schmeissen, die man nicht kapiert) werden hier nicht goutiert. Dieses mit den Ratschlägen ist sowieso so eine Angewohnheit einiger Helveten: „Kleiner Hinweis …. Kleiner Rat …darf ich Ihnen einen Gratistipp geben“
Zum Glück: wie die Jammerer („ach man kann ja kaum noch auf die Strasse, überall hört man Hochdeutsch“) sind auch die die Tippgeber („kleiner Fingerzeig … nach dem Stuhlgang schön wieder das weisse Kreuz auf die Pobacken pinseln. Schon wegen der Integration) eine aussterbende Spezies.
Zum Schluss der Schluss. Zum Schluss stand da nämlich: zum Glück ist alles anders geworden. Sieht man mal von Menschen ab, die allen Ernstes hier schreiben „die eigene Identität immer (auch) über die Ablehnung des Anderen definiert wird“ man beachte das „auch“ in Klammern.
nicht mehr für den Opi
Ganz zum Schluss noch ein Gruss, wenn ich darf.
Hallo Regula („Kanzlei“ letztes Weekend – Du liest auch diese Wiese hier), hast Du noch mein NYCE – T-Shirt (wahrscheinlich unterm Bett), wäre zu Underwater Love wieder „am Start“ – könntest es mitbringen. 😉
Januar 15th, 2009 at 18:29
„Gerade in letzter Zeit wurde ich verstärkt angepöbelt und zwar meistens aus dem NICHTS heraus.“
Daraus schliesse ich, dass Sie die Schweizer niemals provozieren oder sich für etwas Besseres halten.
„Ich finde es klasse, wie Sie wieder einmal dieses Dschungel-Uga-Uga verteidigen, für das es nach wie vor keine einheitliche Verschriftlichung gibt. Gerade in der letzten Zeit bin ich doch sehr dankbar, dass mich noch niemand mit Kokosnüssen beworfen hat… “
Daraus schliesse ich, dass man Sie aus unserem Land verweisen sollte.
Sie sind eine Lügnerin und eine Schande für Deutschland, denn ich habe keinen allgemeinen Hass auf Deutsche, aber Leute die in UNSER Land kommen und dann so darüber sprechen, haben es nicht verdient hier zu leben!
Januar 15th, 2009 at 19:51
@lukasm:
Besser als Sie auf jeden Fall! Sie schreiben ja sogar Ihren Namen klein. D hätten Sie in der Primarschule mal besser aufpassen sollen. Ich kann Ihnen gerne mal eine Nachhilfestunde in Deutsch geben. Aber da ich mein Einkommen hier ordentlich versteuere, dürfte das recht teuer für Sie werden. Also passen Sie auf!
Januar 15th, 2009 at 22:27
An Simone
Es erstaunt mich immer wieder wie lächerlich wenig es braucht, damit sie sich einer anderen Person intellektuell überlegen fühlen…
Januar 16th, 2009 at 7:38
@Oranje:
Nicht nur intellektuell, was ist das eigentlich? Habe den Ring der Nibelungen nie gesehen. Ich meine materiell, ideell, äußerlich betrachtet und auf der vollen Ebene. Ein klein geschriebener Nickname fordert meine ungezügelten Allmachtsphantasien geradezu heraus und wer nicht weiß, was Allmachtsphantasien sind, der möge bei Erdheim nachlesen. Das ist nämlich ein Schweizer, der Schweizer Gymnasiasten analysierte…und
@Zürcher:
keine Primaten und keine Primarschüler…
Januar 16th, 2009 at 10:38
@ alle
Ich finde, es reicht jetzt mit den Beleidigungen. Offenbar besteht das Vergnügen darin, diesem einen Troll beim Sich-Aufgeilen zu helfen. Kann ich nicht nachvollziehen.
@ Troll
Es gibt sicher Selbsthilfegruppen für in sich selbst gefangene Trolle. Falls nicht: Fachmännische Unterstützung leistet jeder Psychiater.
http://de.wikipedia.org/wiki/Troll_(Netzkultur)
http://www.granigg.net/index.php?templateid=news&id=4
Januar 16th, 2009 at 10:44
An simone
Schön, dann wäre das geklärt…
Januar 16th, 2009 at 17:38
😆
Ihr seit so Geil!
Besser als Kino, ganz ehrlich!
Jeder einzeln von euch Trollen schuldet mir
übrigens mindestens eine neue Tischkante!
Nur gut das die Menschheit das Internet erfunden
hat und man sich in dessen Anonymität so
richtig austoben kann! 😉 Dafür hat der ein oder
andere (IMHO) durchaus eine Merkbefreiung
verdient.
Januar 17th, 2009 at 18:20
Super! Ch-ristoph
Du darfst gerne in einem Jahr wieder hereinschauen. Möglicherweise hast Du dann auch Deine Rechtschreibung verbessert. Mal so ganz langsam:
ich bien, du pisst, er isst, sie liest, wir sint, ihr seit und sie sinnen (du bist wahrscheinlich völlig von denselben)
Das Zählen machen wir dann beim nächsten Versuch. Zwischenzeitlich hast Du 18 Punkte erreicht und Dir ist selber am besten klar, was das bedeutet:
„Befristete Merkbefreiung für 12 Monate. Der Kandidat braucht für den Zeitraum der Merkbefreiung nicht mehr zu merken als drei Hartkekse in löslichem Kaffee, sofern er das Merkbefreiungszeichen (ein olives Stoffstück mit weißem Rand auf jeder Schulter) deutlich sichtbar trägt.“
Das Stoffstück dürfte sich wohl noch in Deinem Gänterli finden, vielleicht unter der Wumme.
Januar 17th, 2009 at 19:26
was habt ihr denn für probleme? weder ich noch meine schweizer freunde haben schwierigkeiten mit dem deutschen oder den deutschen.
in einem busbetrieb kommts wie überall auf den charakter an, nicht auf die herkunft. es gibt gäbige und weniger gäbige typen, egal woher sie stammen.
und wenn man hochdeutsch schnorrt, dann macht man es halt. und?
entspannt euch mal und gebt dumpfbacken nicht immer antworten, ist ja peinlich hoch drei was da einer zusammenschreibt.
grüssli
wolfi
Januar 18th, 2009 at 13:23
Irgendwie werden mir die Deutschen in diesem Blog immer unsympathischer.
Dabei finde ich die Schweiz nicht sonderlich paradiesisch, aber was ihr hier so brabbelt, da schämt man sich, ein Deutscher zu sein. Obwohl dieses Fremdschämen ja eigentlich nur bei den Asis auf RTL vorkommt.
Und Pseudo-Ironie und Kritik an Rechtschreibung ist ganz ganz schlechte Argumentation.
Januar 19th, 2009 at 8:49
Nur ein kleiner Hinweis: Die allerwenigsten Deutschschweizer sprechen die höchste aller Alemannischvarianten. Die meisten sprechen „nur“ Hochalemannisch, die tiefergelegenen Basler schaffen’s gar nur zum Niederalemannisch.
So sehr gegen alles Deutsche sind die Helveten doch gar nicht. Vorzeigedeutsche usurpieren sie doch anstandslos.
Januar 20th, 2009 at 9:48
Mein Jahrgang ist 1946, und ich sehe es so:
Vor dem 2. Weltkrieg waren die Deutschschweizer viel mehr in die deutsche Kultur eingebunden – ganz natürlich und von beiden Seiten akzeptiert.
Während des Krieges und danach hatte man sich von den Deutschen abgrenzen und so etwas wie eine eigene, schweizerische Kultur erfinden müssen. Man wollte nicht mit ihnen in einen Topf geworfen werden.
Ich erinnere mich gut daran, wie wir Kinder daneben standen und lauschten, wenn die Erwachsenen flüsternd die in der Nazi-Zeit begangenen Schandtaten der Deutschen kommentierten, durch Medien und Bücher oft erst da glaubhaft ans Licht gebracht. Nie vergesse ich, dass auf den Bericht jeder Gräueltat ein ABER folgte: Man versuchte, die Deutschen in ein besseres Licht zu setzen, indem man anschliessend so viele gute deutsche Eigenschaften wie möglich aufzählte. Auch bleibt mir ewig haften, dass es meine ganze Kindheit hindurch bei jeder unrühmlichen Begebenheit hiess: Aber das wäre bei den Deutschen nie vorgekommen! Jeder meiner Generation wird diese ständige unsägliche Aussage bestätigen können.
In der ersten und zweiten Klasse der Primarschule, also 1953/54, hatten wir ein Sprachbuch „Deutsch – Schweizerdeutsch“. Man lehrte uns, es müsse nicht unbedingt deutsch tönen, bloss richtig geschrieben sein. Wir konnten – mühsam natürlich – einen Zeitungsartikel lesen und verstehen, kurz bevor wir zur Schule gingen, aber keinen einzigen Satz auf Hochdeutsch sagen, wohl aber auf Französisch oder Italienisch (ganz einfache natürlich).
Hingegen scheint mir, dass wir älteren Schweizer eine viel engere Beziehung zur deutschen Sprache und zu den Deutschen hatten. Die heutige Jugend ist vielleicht weltoffener – offener für Einflüsse aus der ganzen Welt. Für uns waren Deutschland – und bei uns am Jura-Südfuss auch Frankreich – etwas ganz Besonderes. Diese Länder bedeuteten für uns Tore zur Welt und die Verbundenheit zu beiden wurde zu Hause und in der Schule aktiv gefördert. (Von der heutigen Globalisierung fühle ich mich eher überfordert.)
So, um es gut schweizerisch auszudrücken: Jetzt habe ich meinen Mist geführt! (Will heissen: meinen Senf dazugegeben.)
s Margrit vo Soledurn
Januar 20th, 2009 at 19:40
@einZuercher
Da dies hier ziemlich off-topic ist, nur kurz: Es gibt sehr wohl ein breites Spektrum an Haltungen zur Nahostsituation bei den Grünen – aktive Mitglieder der Gesellschaft Schweiz-Israel sind genau so vertreten wie Sprecher der palästinensischen Sache. Und bei internen Diskussionen klingt’s beileibe nicht so eintönig und -seitig, wie es Kürzestmitschnitte vor laufenden Kameras vielleicht vermuten lassen.
Januar 21st, 2009 at 14:13
liebi düüütschi,
zur aulockerung, fürs die dies nicht kennen, die gute alte ‚clemens will schweizer werden‘ liste
Clemens will Schweizer werden
Don’ts
1. Nicht grossspurig auftreten. Zum Beispiel an der Bar nicht rufen: „Ich krieg ne Cola!“, sondern : „Könnte
ich ne Cola haben?“ Generell: Alles als Frage, nicht als Befehl, formulieren („Könnte ich zahlen bitte?“, statt:
„Zahlen, bitte!“
2. Nie laut lachen oder reden (vor allem nicht per Handy) in Tram oder Bus (nicht auf Schweizerdeutsch, erst
recht nicht auf Hochdeutsch).
3. Niemals Abfall-Säcke ohne Abfall-Marke verwenden und niemals zu früh auf die Strasse stellen.
4. In Zürich nie weisse Socken tragen und auf keinen Fall eine Wohnwand oder grosse Ledersessel kaufen
(Prolo oder Protz oder beides).
5. Nie über die Schweiz schimpfen (das dürfen nur Schweizer, die dafür permanent).
6. Waschküche: Niemals waschen, wenn sich ein anderer in die Liste eingetragen hat (auch wenn der dann
nicht wäscht).
7. Nie sagen, wie viel man verdient und sich nicht über vermeintlich hohe Preise beklagen.
8. Keine fremdländische Fahne hissen, aber auch keine schweizerische (Anbiederung).
9. Nie in ironischem Tonfall Schweizerdeutsch sprechen („äs Fränkli“, „Grützi“ etc.).
10. In Zürich nie sagen, man finde Aarau, St. Gallen oder Bern toll (auch nicht umgekehrt).
Dos
1. Lieber underdressed als overdressed. Generell: Bescheidenes Auftreten.
2. Falls Kompostanlage beim Haus: Immer erst Kompostierregeln studieren, auch wenn sie sehr komplex
scheinen.
3. Sehr vorsichtig bei Komplimenten gegenüber Frauen, etwa beim Türe aufhalten oder beim Bezahlen im
Restaurant (Galanterie kann leicht als machohaft aufgefasst werden).
4. Immer zuerst den Hausmeister („Abwart“) fragen, bevor man eine Parabolantenne montiert. Überhaupt
immer sicherheitshalber zuerst den Hausmeister fragen.
5. Falls Sie wildfremde Leute auf der Strasse um eine Auskunft bitten wollen, ist vorsichtige Annäherung
angezeigt, damit Ihre Anfrage nicht als Überfall oder Übergriff wahrgenommen wird.
6. Sich eher urchig-dumm stellen, als allzu geschliffen reden.
7. Aufpassen, dass man immer genügend Vorräte zu Hause hat, damit man die Nachbarn nicht allzu oft um
Salz oder Mayonnaise angehen muss – wird gerne als schamlos oder „profitieren wollen“ aufgefasst. Am
besten Selbstversorger (Stichwort: Autarkie, Anbauschlacht, Schweizer Landwirtschaft)
8. Recycling: Immer Glas nach weiss, grün und braun trennen. (Die blauen Proseccoflaschen gehören in
den braunen Container!)
9. Im Zweifelsfall mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen (vor allem bei Leuten aus der rotgrünen Ecke).
Falls Auto, nicht Mercedes oder BMW.
10. Eine „Stange“ bestellen, nicht einfach „ein Bier“.
Januar 22nd, 2009 at 11:46
Hallo thedude, solche Sorgen sollte die Menschheit haben, wie du sie verbreitest.