Sprechen Sie einfach mit einer Socke im Mund — Dänisch für Anfänger

März 23rd, 2010
  • Alles Endkonsonanten weglassen
  • Viele Skandinaven sagten mir, dass sich Schweden, Norweger und Dänen gegenseitig gut verstehen, wenn sie sich nur ein wenig anstrengen. Das muss man sich ein bisschen so wie die Unterschiede zwischen Niederbairisch, Schweizer Höchstalemanisch und vielleicht noch Saarländisch im Vergleich vorstellen. Geschrieben wird vieles ähnlich, aber die dänische Aussprache unterscheidet sich oft gewaltig vom norwegischen Bokmål . Leise lesen kann man das noch gut, aber ein geschriebener Satz wie „Det er lige meget“ = „Das ist gleich viel“ hört sich im Alltag nur noch wie „De-li-ma“ an. Aus Lima also, in Peru. Und aus dem geschrieben „Jeg kan ikke finde den“ (=ich kann das nicht finden) bleibt gesprochen „jei-ka- ig-fin-de“, sämtliche Endkonsonanten wurden verschluckt. Wie in dem Kinderlied „Auf der Mauer auf der Lauer liegt ne kleine Wanze“, was in der dritten Strophe nur noch „Auf der Mau auf der Lau liegt ne kleine Wa“ gesungen wird. Muss für Schulkinder in Dänemark höllisch kompliziert sein schreiben zu lernen. Im Arabischen nennt man die „Pausalform“, wenn die Endsilben verschwinden. Da- sollt- wi- ma- au- Deu- probie-, wäre sicher lustig.

  • Sprachkurse für alle
  • Zugezogenen Migranten bekommen 3 Jahre lang kostenlosen Sprachunterricht angeboten, um die Sprache zu lernen. Wenn sie die Prüfung nicht bestehen, wird es kritisch mit der Aufenthaltsbewilligung.
    Im Magazin vom letzten Dezember lasen wir dazu:

    David, ein Nigerianer, ausgebildeter Buchhalter, findet, Dänisch klinge immer so, «als hätte man grad eine Socke im Mund». Er wird sich damit anfreunden müssen. David hat eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis erhalten, weil er mit einer Dänin verheiratet ist, doch wie bei allen Nicht-EU-Immigranten, die durch Hochzeit oder Familiennachzug ins Land kommen, haben die Behörden mit ihm einen sogenannten Integrationsvertrag abgeschlossen. Er beinhaltet, wie David aufsagt, «einen individuellen Plan, um mich möglichst schnell zu einem aktiven Mitglied der dänischen Gesellschaft zu machen». Dazu gehören Dänisch-Kenntnisse. Zwar sprechen fast alle Dänen fliessend Englisch, «aber sie tun es nicht gern», sagt David.

    Alle drei Monate wird überprüft, ob er seinen Zielen näherkommt. Um eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, muss er mindestens zweieinhalb Jahre lang eine Vollzeitanstellung gehabt haben, er muss einen Integrationstest bestehen, und er muss den Dänisch-für-Fortgeschrittene-Kurs «Prøve i Dansk 2»abgelegt haben. «Das schaff ich schon», macht David sich Mut, er will bleiben, ein Leben lang, denn Dänemark, sagt er, «ist einfach das beste Land der Welt.»
    (Quelle: Das Magazin)

  • Ein vorbildliches Konzept für die Schweiz
  • Das wäre doch mal ein vorbildliches Konzept für die Schweiz. Wer hier bleiben will, muss einen Integrationsvertrag abschliessen und bekommt 3 Jahre lang kostenlosen Schweizerdeutschunterricht bezahlt. Alle drei Monate wird der Lernfortschritt überprüft. An Stelle von «Prøve i Dansk 2» müsste dann allerdings „Biwiis diin Züritüsch 2“ oder „Biwiis diin Bärndütsch 2“ stehen. Wer die Prüfung nicht besteht, muss wieder abreisen aus dem „besten Land der Welt“. Wo können wir den Vertrag unterschreiben?

    Fahrpläne sind relativ in Dänemark — Ach wie schön ist Schweizerpünktlichkeit

    März 19th, 2010
  • Fahrpläne sind relativ bei der Dänischen Bahn
  • Wodurch sich Dänemark von der Schweiz deutlich unterscheidet, ist die Pünktlichkeit der Züge. Ich habe in 10 Wochen nicht einen einzigen Tag erlebt, an dem ein Zug pünktlich abfuhr oder ankam. Fahrpläne scheinen grobe „Zeitraster“ zu sein, nach denen man sich ungefähr orientiert. Züge fahren einfach immer etwas später, dass können 3 oder 9 Minuten sein. Ist auch egal. Ich merke nur, wie man sich nach 10 Jahren Schweiz an sowas gewöhnen kann. Ansagen im Zug gibt es nur auf Dänisch. Der Zug zum Flughafen wird nicht besonders ausgeschildert. Man sollte schon wissen, dass der auf in Kastrup liegt und dass das die Strecke nach Malmö ist.

    Mit dem Skateboard-Helm auf dem Cyklen
    Die Kopenhagener fahren, ähnlich wie die Holländer, leidenschaftlich gern Fahrrad im Alltag. Sie tragen dazu oft schicke Skateboard-Helme, wahrscheinlich weil die billiger sind als die Hightech-Velohelme. In Wirklichkeit sind sie nur im Design ähnlich wie Skater-Helme, aber für Radfahren konzipiert:

    Bike Helme wie Skater Helme
    (Quelle Foto: smadso.co.uk)

    Es gibt auch schicke Kombinationen von Helm und Hut für die modebewusste Alltagsradlerin. In Kopenhagen fährt jede dritte Frau mit so einem Helm rum. Sieht doch super aus.Yakkay Helme oder Hüte.
    Die sind von Yakkay, in der Schweiz habe ich die hier gesehen.

    Können Sie sich vorstellen, wie das ist, morgens um 8:00 Uhr an einer roten Ampel in einem Pulk von 100 Alltagsradlern auf Grün zu warten? Jeden Tag ein Tour-de-France Feeling im Hauptfeld. Spezielle breite Radwege zwischen Bürgersteig und Fahrplan mache diese Art der Fortbewegung sicherer als in der Schweiz. Wenn nur nicht immer so viele zu gleich unterwegs wären!
    Alltagsradlerin mit Skaterhelm

  • Zum Anhalten bitte deutlich den Arm heben
  • Wer abbiegen oder anhalten will, hebt deutlich den Arm. Am Anfang habe ich das mehrfach vergessen, und damit eine Fluchkanonade hinter mir ausgelöst. Denn selbst wenn Sie glauben, ganz allein auf einer einsamen Strasse unterwegs zu sein, empfiehlt sich stets ein Blick über die Schulter nach hinten, denn oft klebt da ein zweiter Cyklist im Windschatten an ihrem Schutzblech. Windschattenfahren gehört zum Alltagsroutine, 5-10 Räder mit 20 Km/h folgen oft dicht auf dicht. Manchmal fühlt man sich wie im Hauptfeld der Tour de France, von so vielen anderen Alltagsradler umgeben.

    Massenauflauf an der Ampel
    (Photo privat: wartende Cykler an einer Ampel in Kopenhagen)

    Beleuchtet sind die Räder in der Nacht kaum, die meisten haben ein automatisches Licht, das sich in der Dämmerung von allein anschaltet. Es scheint fast in jeder Strasse ein Fahrradgeschäft zu geben in Kopenhagen, jedenfalls garantiert mehr als Bäckereien.

    Christiania Bikes
    (Christianiabike. Quelle Foto: ivajeanrides)

    Spezielle Transporträder mit einer praktischen Kiste vorn für die Kleinen heissen „Christianiabikes“, wie der beliebte Stadtteil von Kopenhagen mit dem gleichnamigen Freistaat Christiania, in dem alles erlaubt ist, ausser Fotografieren. Nie zuvor sah ich so grosse und viele Verbotsschilder „No Photo“ wie hier.

    Die Kopenhagener können im Sommer in nach 15 Minuten Velo- oder Zugfahrt an weissen Ostseestränden baden, die Wasserqualität ist ausgezeichnet, und ganz Sportliche schwimmen kurz mal nach Schweden rüber.

    Die Dänische Judenrettung und Schweizer-Dänische Ausspracheverwandtschaft

    März 18th, 2010
  • Hvad fik du?
  • Dänemark ist wie die Schweiz auch ein „kleiner Nachbar“ von Deutschland. Es findet sich die ähnliche „Grosser Bruder – Kleiner Bruder“ Problematik. Kulturell ist Dänemark eng mit Deutschand verzahnt. Sucht man lange genug in der Etymologie eines dänischen Wortes nach, so findet sich immer eine germanische Wurzel. Es gibt auch zufällige Ähnlichkeiten mit dem Schweizerdeutsch: „Hvad fik du?“ ist keine Frage nach dem Geschlechtsleben des Gesprächspartners sondern heisst übersetzt „Was bekamst du?“ Denn „fik“ ist Vergangenheit von „få“ = bekommen. „Jeg skrev et brev“ = ich schreibe einen Brief hört sich an wie von einem Berner ausgesprochen, „skre-u bre-u“, mit sauberer Trennung der Dipthonge beim e und u am Wortende. Es gibt darüber hinaus ein besonderes „th“, das mit der Zungespitze an den unteren Schneidezähnen artikuliert wird. Für korrekte dänische Aussprache gewöhnt man sich einfach ein Dauerlispeln an und stellt sich vor auf einem „ss-pitzen Ss-tein zu ss-tehen“ wie die Hamburger.

  • Eng verzahnt mit Deutschland
  • Im Norden von Schleswig-Holstein gibt es eine dänische Minderheit, auch sonst fühlt man sich dort innerseelisch mit den Dänen mehr verbunden als mit Preussen oder Bayern, ähnlich wie Alemannen im Breisgau und Elsass die sprachlich-kulturelle Seelenverwandschaft zur Deutschschweiz empfinden.

  • Die dänische Judenrettung
  • Doch während man in der Schweiz zur Zeit der Naziherrschaft über Deutschland die Juden an der Grenze abwies und von den Deutschen das „J“ im Judenausweis verlangte (Hintergründe zum Schweizer J-Stempel), half in Dänemark in einer bespiellosen Nacht-und-Nebel Aktion die Bevölkerung, über 7‘000 Juden mit Fischerbooten und allem was sonst auf dem Wasser fährt hinüber ins neutrale Schweden zu retten, kurz bevor die Deportation in die Konzentrationslager begann. Eine Zivilcourage und Heldentat, die in dieser Form in Europa zur Zeit des Holocaust in dieser Grösse einmalig war.
    Dansk Jodisk Museum in Kopenhagen
    Die Geschichte dieser Judenrettung ist gut dokumentiert im Dansk Jødisk Museum, dem Dänisch-Jüdischen Museum, das vom Stararchitekten Daniel Libeskind einen ganz ungewöhnlichen Innenausbau erhielt:
    Daniel Libeskind Innenarchitektur
    Libeskind entwarf auch das Jüdische Museum in Berlin und lieferte den Entwurf für die Freedom towers am Platz des alten Word Trade Centers in New York.

    Die Rettung der dänischen Juden im Oktober 1943 während der Zeit des Nationalsozialismus ist in der Geschichte der im Zweiten Weltkrieg besetzten Gebiete in Europa ohne Beispiel. Sie wurde durch die Tat des deutschen Diplomaten Georg Ferdinand Duckwitz (1904–1973) möglich und verhinderte den Mord an vielen Juden im Zuge des Holocaust.

    Duckwitz, seit 1932 Mitglied der NSDAP, hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon lange vom Nationalsozialismus abgewandt und verfügte über gute Kontakte zu führenden dänischen Sozialdemokraten. Am 29. September 1943 erfuhr er vom deutschen Reichsbevollmächtigten für Dänemark, Werner Best von der für die Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 1943 bevorstehenden Deportation der dänischen Juden über Deutschland in die Konzentrationslager. Über seine dänischen Bekannten bei den Reedern informierte er den Oberrabiner von Kopenhagen, Marcus Melchior, einen aus dem oberschlesischen Beuthen geflüchteten Rabbiner. Dank eines jüdischen Feiertags verbreitete sich die Nachricht innerhalb kürzester Zeit unter den Juden in ganz Dänemark. Duckwitz reiste heimlich ins unbesetzte Schweden, wo er dortige Regierungsstellen über die bevorstehende Massenflucht informierte, so dass diese die Möglichkeit hatten, sich durch Bereitstellung der Ferienheime auf die Situation sehr kurzfristig einzustellen.

    7000 der 8000 dänischen Juden konnten damals in einer Nacht- und Nebelaktion über den Öresund, das Kattegat und die dänische Ostseeinsel Bornholm nach Schweden geschmuggelt werden. Vor allem Ärzte, Pastoren und Studenten konnten die allermeisten dänischen Juden verstecken, als am 1. Oktober mit der Deportation in Konzentrationslager begonnen werden sollte. Dänische Fischer spielten dann eine zentrale Rolle bei der Organisation der Flucht über das Meer in das sichere Schweden. Polizei und Küstenschutz der Dänen schauten bewusst weg.
    (Quelle: Wikipedia)

    (Teil 3 morgen: Fahrpläne sind relativ in Dänemark)

    Noch ein kleiner Nachbar von Deutschland — Warum Skandinaven Dänemark so lieben

    März 17th, 2010
  • Der Kaufmannshafen
  • Seit einigen Wochen arbeite ich von Montags bis Freitags in Kopenhagen, „København“, der „Kaufmannshafen“, der Hauptstadt Dänemarks.
    Kopenhagen im Winter 2010
    Alles ist anders als in Norwegen. Durch die Nähe zum Wasser blieben die Temperaturen auch in diesem Eiswinter 2010 meist um den Gefrierpunkt, während in Oslo das Thermometer schon mal auf Minus 20 Grad fiel im Januar. Das erste, was ich beim Verlassen des Hauptbahnhofs in der Stadt erblickte, waren Tanzbars und Stripteaselokale im Bahnhofsviertel. Die Mädels sind alle etwas blass, und natürlich durchweg blond.

    Nightclub in Kopenhagen

    Dänemark ist eine beliebte Rotlicht-Destination für Schweden und Norweger, denn im prüden Oslo ist jede Form von Prostitution verboten. Die Dänen sehen das gelassener. Nicht die Prositution ist verboten, sondern die Zuhälterei.
    Nightclub GOGO
    (Das ist ein Nightclub in Kopenhagen, kein CoOp)

    Weinverkauf in Kopenhagen
    Das nächste, was mir auffiel, war die grosse Auswahl an bezahlbaren Bieren und Weinen in jedem hundsgemeinem Supermarkt, oder spät abends in den SevenUp-Läden. Es findet sich jede Menge „Hvidvin“ (Weisswein) und “ rødvin“, sowie eine Auswahl Deutscher Biere. Was man hier allerdings überhaupt nicht kennt ist die Unart der Bayern und Franzosen, helles Bier mit Limonade zu vermischen und das als „Radler“ oder „Panaché“ zu verkaufen.

    Deutsche Biere auch in Kopenhagen
    In Oslo wäre dieser liberale Umgang mit Alkohol undenkbar. Alkohol gibt es dort nur bis 20 Uhr im Supermarkt oder in staatlichen Monopolladen, oder überteuert in der Bar.

  • Doppelt soviel saufen wie die Schweden
  • Die Norweger und Schweden kommen daher gern zum Saufen nach Dänemark, was den Alkoholverbrauch pro Kopf und Jahr nach oben treibt. Während die Deutschen bei 10.2 Liter im Europäischen Durschschnitt liegen (umgerechnet in reinem Alkohol pro Erwachsener und Jahr) und Frankreich zusammen mit Irland bei 13.4 Liter das Säuferfeld anführt, vernichten die Dänen immerhin 12 Liter pro Jahr, und damit doppelt soviel wie Schweden und Norweger (jeweils 6 Liter). Zwei der 12 Liter gehen garantiert auf das Konto der Besucher aus Schweden. Denn Malmö liegt nur eine Autostunde entfernt. Durch die 2000 eingeweihte Öresundbrücke sind Kopenhagen und Malmo quasi zu einer Megastadt zusammengewachsen. Der Service in Kopenhagen liegt in schwedischer Hand. Hotelangestellte und Servicepersonal in Restaurants sind oft aus Schweden. Das ist uns aus Zürich vertraut, wo in der gleichen Sparte vorwiegend Ostdeutsche arbeiten.
    Dänen gehen gern auf dem Stroget - Strich
    Die lange Fussgängerzone Kopenhagens heisst „Strøget„, zu Deutsch „Strich“. Und dort kann man anschauen, wie Einheimische und Touristen mit grossem Vergnügen „auf dem Strich“ gehen.

    (Teil 2 Morgen: „Hvad fik du“ ist keine Frage nach dem Sexualpartner)

    Zwei Wochen lang Schulsilvester — Der 17. Mai in Oslo

    Mai 19th, 2009
  • Ein Nationalfeiertag ganz ohne Feuerwerk
  • Am vergangenen Sonntag, dem 17. Mai, feierte Norwegen seinen Nationalfeiertag. Ein ähnlich wichtiger Tag wie der 1. August in der Schweiz. Doch alles ist anders. Der Tag erinnert an das Ende der Dänisch-Norwegischen Personalunion 1814, wodurch das Land unabhängig wurde. Anders als in der Schweiz gibt es kein Feuerwerk, aber eine prachtvolle Parade der Schulkinder in schmucken Trachten. In der Hauptstadt Oslo führt sie am Schloss des Königs vorbei, der mit seiner Familie stundenlang mit Grüssen und Winken beschäftigt ist.

    Norwegerin in Oslo mit Tracht
    (Quelle: Osloer Schülerin am 17. Mai — Privates Foto)

    Die meisten Frauen sind in traditionellen Trachten gekleidet. Die Männer tragen zum Teil ebenfalls Tracht, doch wer sich diese teuren Kleider nicht leisten kann, kommt zu mindestens im feinsten Tuch mit Krawatte und den angesteckten Nationalfarben zum Umzug. Würden Sie am 1. August rumlaufen wie bei einem Opernbesuch oder voll in Schale wie auf einer Hochzeit? Die Norweger tun dies mit Begeisterung, vom Nachmittag des Vortags bis spät in den Abend des Feiertags.

  • Keine anderen Flaggen erlaubt, aber Trachten
  • Wie in der Schweiz ist das Land mit Flaggen und Fähnchen übersät, an jedem Balkon steckt die norwegische Fahne, und Taxis fahren geschmückt umher wie sonst die Fussballfans in der Schweiz bei einer Fussball-Meisterschaft.

    Flaggen in Oslo
    (Quelle: Privates Foto)

    Es gab im Vorfeld des Feiertags eine grosse Diskussion darüber, ob die knapp 9 % im Land lebenden Ausländer nun ihre eigene Flagge neben der Nationflagge zeigten dürfen oder nicht. Es wurde abgelehnt, aber einige Peruaner liessen es sich nicht nehmen, ihre eigenen farbenfrohen Trachten aus den Anden anzulegen und mit Stolz zu tragen.

  • Zwei statt vier Sprachen
  • Das Tagesprogramm beginnt zeitig. Bereits für 8:00 Uhr sind die ersten Gedenkfeiern an diversen Grab- und Mahnmalen angesetzt. Die Nationalhymne wird vielerorts gesungen, wie in der Schweiz, aber statt vier Sprachen finden sich nur zwei Sprachen auf dem Liederzettel. In Norwegen muss jeder die zweite Landessprache „Nynorsk“ (= Neu-Norwegisch) schreiben und verstehen können, denn es könnte ja sein, man arbeitet eines Tages in einer Verwaltung und ist verpflichtet, ein Bürgeranliegen in dieser Sprache, welche im Westen des Landes gesprochen wird, zu antworten. Die Hymne beginnt mit dem Satz „Ja, vi elsker dette landet“ = „Ja, wir lieben dieses Land.“

  • 387 Punkten für einen halben Norweger
  • In diesem Jahr gab es ausser den üblichen Bällen und privaten Festen in der Nacht zum Nationalfeiertag noch ein weiteres Highlight zu feiern: Der charmante russisch-norwegische Doppelbürger Alexander Rybak gewann das Eurovisionsfinale mit sensationellen 387 Punkten, einem neuen Rekord. Der bisherge Rekord lag bei 298 Punkten. Die Hälfte der 42 teilnehmenden Länder hatte ihm die höchstmögliche Zahl von 12 Punkten zugesprochen. Norwegen, sowieso schon in Feierlaune, flippte nun vollständig aus. 5‘000 vorwiegend weibliche Fans kamen am Abend zum Empfang ihres Lieblings zum Flughafen Gardemoen gefahren. Er hatte sie um Mitternacht im Fernsehen in Moskau vor 100 Millionen Zuschauern auf Norwegisch dazu aufgefordert. Der 23jährige leitete das grösste Jugendsymphonieorchester Norwegen und gewann mehrfach Preise in seinem Heimatland.

  • Die Rüsse kommen
  • Einen bunten Kontrapunkt zum feierlichen Treiben am Nationalfeiertag setzten die vielen tausend Abiturienten, alle Jahrgang 1990, die leicht an ihren roten Latzhosen zu erkennen. Sie nennen sich „Russe“, was „Rüsse“ gesprochen wird, und feiern zwei Wochen lang bis zum 17. Mai in umgebauten Partybussen und Fahrzeugen das Ende ihrer Schulzeit. Es gibt auch grüne, schwarze und blaue Latzhosenträger, aber die sieht man seltener. Grün steht für das „Landwirtschaftliche“ Abitur, Schwarz tragen die Informatiker, die Farbe ihrer Zukunft sozusagen, und blau.. nun, das sind vielleicht angehende Seeleute, so genau konnte mir das niemand erklären.

    Die Russen in Oslo
    (Quelle: Die Russen sind los in Norwegen — Privates Foto)

    Waschen dürfen sie die Latzhose in der Zeit nicht, und norwegische Kinder sind scharf auf die farbigen Phantasie-Visitenkarten, die jeder „Rüsse“ bei sich trägt und gern als Souvenir verteilt. Am 17. Mai morgens lagen in vielen Osloer Grünanlagen die roten Rüsse-Hosenträger und schliefen. Geschlafen wird in dieser Zeit wenig, das hat Zeit bis zum 18. Mai, doch dann beginnt die eigentlich Prüfungszeit.

  • Abitur kommt nach der Feier
  • Ja, Sie haben richtig gelesen, die Jugendlichen feiern paradoxerweise das Ende der Schulzeit ausgelassen, noch bevor sie ihren Abschluss geschafft haben. Permanente Streiche und Beschallung aus den mobilen Diskobussen sorgen für ein vierzehntägiges „Dauer-Schulsilvester“. Bei der Parade liefen ganze Horden von Latzhosenträgern „gegen den Strom“, mit Trillerpfeifen auch bei den lautesten Blaskapellen unüberhörbar.

    Spiegel-Online berichtete 2007 über die „Russen in Oslo“, wie sie zu wilden Parties in die Wälder vor Oslo mit ihren getunten Spezialbussen unterwegs sind, siehe hier.